Minusstunden bei Schulausfall!

  • Moin,


    wir haben einen neuen Schulleiter.
    Dieser hat uns mitgeteilt, wenn die Schule wetterbedingt ausfällt sollen wir zu Hause bleiben.
    Wir bekommen dann Minusstunden, allerdings auch wenn wir trotzdem zur Schule kommen.
    Wie sieht die Sache rechtlich aus? Unsere alte Schulleiterin hatte uns keine Minusstunden gegeben, wenn wir in die Schule gekommen sind und dort Aufgaben erledigt haben.
    Gehen wir mal davon aus, es fällt eine Woche die Schule aus, dann hätte ich 23,5 Minusstunden, die ich während meiner regulären Unterrichtszeit nachholen müsste.
    Das empfinde ich schon als starke Zusatzbelastung. Gibt es Vorschriften, die das regeln?

  • Hallo Sawe,


    Personalrat und Schulleitung sollten hierüber eine Dienstvereinbarung abschliessen.
    Sieh dir mal das hier an: GEW-Zeitung Niedersachsen, Mai 2011 insbesondere Seite 9, linke Spalte, Mitte.
    Dort heißt es, dass ausgefallene Stunden durch wenn unvorhersehbare Abwesenheit der Schülerinnen und Schüler (z. B. Unwetter, eisfrei) als erteilt gelten können, wenn die Lehrkraft auf Weisung des
    Schulleiters während dieser Zeit andere dienstliche Aufgaben in der Schule wahrnimmt.


    Wenn man dies nun umkehrt, könnte daraus folgern das in dem von Dir beschriebenen Fall die Stunden als nicht erteilt gelten können, wenn der Schulleiter anweist, keine Aufgaben in der Schule zu erledigen, sondern zu Hause zu bleiben.


    Gruß
    Nitram

  • Schon seltsam, wie mittlerweile mit Arbeitnehmern umgegangen wird.


    Als Arbeitnehmer stellt man seine Arbeitskraft zur Verfügung. Wenn in der Industrie oder im Handwerk wetterbedingt (oder weil der Chef es versemmelt hat) Rohware für die Produktion fehlt, wurde früher eben die Maschine gereinigt oder Kaffee getrunken. Heute existieren auch dort (wo es keine starken Gewerkschaften gibt) Zeitkonten und die Arbeitnehmer werden nach Hause geschickt und müsen diese Zeit später wieder aufarbeiten.


    Dazu gibt es jedoch auch eine dezidierte Rechtsprechung:
    https://www.verdi.de/service/f…fc-11e0-74d6-00093d114afd
    http://www.meub.de/Inhalte/arb…f/10_unversch_ausf/01.pdf



    Hat der Arbeitgeber - hier die Schule - für die angebotene Arbeitsleistung keine Verwendung gilt die Regel, dass er die angebotene Arbeit bezahlen muss, selbst wenn er keine Verwendung dafür hat.



    Zitat


    Der Arbeitgeber hat hier für die tatsächlich mögliche Arbeitsleistung lediglich (teilweise vorübergehend) keine Verwendung mehr. Es entspricht den allgemeinen Grundsätzen des Schuldrechts, dass der Gläubiger eines vollkommen zweiseitigen Schuldverhältnisses auch dann seine Vertragspflichten noch erfüllen muss, wenn die Durchführung des Vertrages für ihn wirtschaftlich sinnlos geworden ist (Grenze: schwerwiegende Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, Opfergrenze erreicht).


    Dieser Grundgedanke findet selbstverständlich auch auf Arbeitsverhältnisse Anwendung. Dementsprechend muss der Arbeitgeber immer das Wirtschaftsrisiko selbst tragen, mit der Folge, dass er in solchen Fällen in Annahmeverzug nach §§ 615, 293 ff BGB gerät, wenn er die Arbeitsleistung des arbeitsbereiten Arbeitnehmer nicht annimmt. Als Folge hieraus bleibt der Arbeitgeber - im Gegensatz zum Betriebsrisiko - zur vollen Lohnzahlung auch im Falle einer Existenzgefährdung verpflichtet.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Ich sehe es so wie alias. Ihr bietet eure Arbeitskraft an, und wenn die Schule (vertreten durch den Schulleiter) dafür keine Verwendung hat, ist das nicht euer Problem. Wenn der SL meint, dass ihr zuhause bleiben sollt, dann darf er euch dafür keine "Minusstunden" aufschreiben. Ihr schuldet eurem Dienstherr letztendlich die Erfüllung der "planmäßigen" Unterrichtverpflichtung. Fällt die weg aus Gründen, die ihr nicht zu vertreten habt, muss er euch trotzdem bezahlen. Ihr seid ja keine Freiberufler oder Selbstständige.


    Gruß !

  • Ohne das Thema kapern zu wollen habe ich hierzu eine Frage.
    Laut Arbeitszeit Modell in Hamburg habe ich eine feste Vertretungsstunde im Plan. Muss ich dort aufgrund der aktuellen Situation nicht vertreten, habe ich ja auch meine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, aber die Schule hat diese nicht in Anspruch genommen. SL ist aber der Meinung, man müsse dann die Stunde an anderer Stelle in der Woche nachholen, da man ja im Minus wäre.
    Wie beurteilt ihr diese Situation?

    • Offizieller Beitrag

    schließe eine ähnliche Frage gleich an:


    wenn eine Klasse z.B. einen mehrstündigen Unterrichtsgang macht, meine Stunde dadurch ausfällt, ich in der Schule sitze, weil es keine Randstunde ist -- dann bekäme ich nach alias keine Minusstunden??? Zu schön um wahr zu sein.....

  • Rechtssicherheit wird es wohl erst geben, wenn ein Kollege, der sich das nicht gefallen lässt, vor das Verwaltungsgericht geht.


    @Siobhan: Wenn eure feste Vertretungstunde Präsenzpflicht beinhaltet, würde ich mir das nicht gefallen lassen.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Moin,


    wir haben einen neuen Schulleiter.
    Dieser hat uns mitgeteilt, wenn die Schule wetterbedingt ausfällt sollen wir zu Hause bleiben.
    Wir bekommen dann Minusstunden, allerdings auch wenn wir trotzdem zur Schule kommen.

    Würde ich mir nicht gefallen lassen. Schließlich bietest Du Deine Arbeitskraft an. Es wundert mich immer wieder, was für komische Sitten sich im Lehrerberuf eingebürgert haben. Würde mir schriftlich eine Anweisung geben lassen, was Du in der Zeit tun sollst. Wenn Du trotzdem Minusstunden bekommst bleibt noch zu remonstrieren.
    Auch würde ich sagen, da lehnt sich der neue Schulleiter aber ganz schön aus dem Fenster. Kommt neu an die Schule und will dem alt eingesessenen Kollegium ans Bein pinkeln. Wenn ihr einen guten Zusammenhalt habt, dann lasst ihn mal schön auflaufen. Echt unglaublich, wie mit Lehrern umgegangen wird.

  • wenn eine Klasse z.B. einen mehrstündigen Unterrichtsgang macht, meine Stunde dadurch ausfällt, ich in der Schule sitze, weil es keine Randstunde ist -- dann bekäme ich nach alias keine Minusstunden??? Zu schön um wahr zu sein.....

    Natürlich gibt es keine Minusstunden. Du bist ja schließlich da und kannst nichts dafür, dass die Klasse nicht da ist. Stell dir vor da gäbe es Minusstunden, dann würden deine Kollegen, wenn sie Ausflüge machen, über Deine Arbeitszeiten bestimmen. Ich würde dann jeglichen Ausflug meiner Klassen blockieren ("ganz wichtige Übungsstunden etc."). Ein anderer Fall ist, wenn es eine Randstunde ist und ich früher gehen kann. Da biete ich ja meine Arbeitskraft auch nicht an, wenn ich dann früher nach Hause gehe oder später komme. Diese Stunde nachzuholen ist in Ordnung. Aber mir Hohlstunden einzubrocken und dann noch zu verlangen, dass ich die wann anders nachhole, das ist schon mega dreist.
    Im Übrigen, wann gibt es denn mal Plusstunden? Wenn die Mutter eines Problemkinds ständig Gespräche sucht und ich deshalb extra Gesprächstermine anberaume? Wenn ich auf einer Klassenfahrt ganztägig arbeite und nachts auch noch Bereitschaft habe (in anderen Berufen gibt es dafür Zulagen!). Nein, dafür gibt es nichts, das gehöre alles zum Lehrerberuf. Zum Lehrerberuf gehört es aber nun einmal auch, dass Klassen auf Ausflügen etc. sind. Dann fällt das eben aus. Mehrarbeit leistet man so ja auch genug. Eine absolute Frechheit, diese Minusstunden.
    Unser Schulleiter hat so etwas angeblich auch schon mal probiert, aber nachdem dann die Krankheitswelle bei Kollegen, die Minusstunden abbauen sollten, ausbrach, hat er sich das wohl noch einmal überlegt. Als ich an die Schule kam war dann die Regelung da, dass Stunden nur nachgeholt werden, wenn es Randstunden sind und die Person früher nach hause kann oder später kommen kann deshalb. Alles andere wäre auch eine ziemliche Frechheit.

    • Offizieller Beitrag

    upps, das kenne ich anders. :ohh:
    bei uns werden solche Stunden als M inusstunden gerechnet, bzw. du wirst dannals Vetretung eingesetzt in den Klassen des Kollegen, der mit der Klasse unterwegs ist.


    Plusstunden gibt es sehr wohl, jede Vertretungsstunde, die du hältst, ist eine Plusstunde


    Da werd ich mich jetzt doch mal genauer schlaulesen ;)

  • Ein Schulleiter, an dessen Schule sich zeitnah nach seinem Dienstantritt die Versetzungsanträge stapeln, bekommt sehr schnell einen Termin bei der Dienstaufsicht.
    Lehrerkollegien haben zudem in Konferenzen zahlreiche Mitbestimmungsmöglichkeiten und können Anträge zur Tagesordnung stellen - z.B. zur Darlegung der rechtlichen Grundlagen der Verrechnung von Minusstunden. Da könnte der Schulleiter - nach Lektüre der entsprechenden Verordnungen und Entscheidungen - sein Verhalten durchaus überdenken.


    Bei der Anordnung von "Nacharbeitsstunden" würde ich auf die Schriftform mit Einzelfallbegründung bestehen.
    Wenn das vom gesamten Kollegium konsequent eingefordert wird, wird er bald seine eigene Arbeitszeitbelastung gegenrechnen :pirat:

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • upps, das kenne ich anders. :ohh:
    bei uns werden solche Stunden als M inusstunden gerechnet, bzw. du wirst dannals Vetretung eingesetzt in den Klassen des Kollegen, der mit der Klasse unterwegs ist.

    Das ist ja auch rechtens, hat der Schulleiter also Arbeit in der Zeit für dich, dann musst du die natürlich auch ausführen.

  • Ich hab etwas Probleme mit der Formulierung "Arbeitskraft anbieten" (von Mikael) und auch mit dem von alias zitierten Urteil.
    Ich kann als Lehrer meine Arbeitszeit ja nicht zu beliebiger Zeit anbieten, sondern der Arbeitgeber - vertreten durch die SL- legt meine ("gebundene") Arbeitszeit - eben die von mir zu haltenden Stunden - fest.


    Nun legt die SL halt fest, dass Montag von 8 bis 8:45 für eine LK keine Unterrichtsstunde statt findet. (Sei dies nun, indem die einen Stundenplan aufstellt, in dem eine LK zu dieser Zeit eine Freistunde hat hat, oder indem sie dies einmalig für eine Woche (oder für zwei, oder für drei...) zum Beispiel aufgrund der Witterung anweist.


    In dem von alias verlinkten "ver.di-Beispielen" sind die Arbeitnehmer ja bereits am Arbeitsort.
    In dem von alias verlinkten "meub.de"-Artikel finde ich beim Überfliegen gar keine Parallele zu dem von Sawe geschilderten vorgehen.


    (Für die anderen Diskussionbeiträge:
    Auch hier die Bundesländer beachten. In SH gibt es Plus- und Minusstunden, über die Thüringischen Regelungen weiß ich nichts. Hier in Rheinland-Pfalz gibt es sie nicht, aber es gibt Gerüchte (oder Berichte), dass etwas in der Art eingeführt werden soll.)


    Gruß
    Nitram

  • Wenn Du trotzdem Minusstunden bekommst bleibt noch zu remonstrieren.

    In diesem Fall kann man NICHT remonstrieren.
    Man remonstriert, wenn der Dienstvorgesetze eine Handlung anweist, die der Beamte für einen REchtsverstoß hält. In diesem Fall remonstriert der Beamte bei der nächsthöheren Stelle, um sich bezüglich der Konsequenzen abzusicher. Die Anweisung muss er in der Regel (- bis auf bestimmte Ausnahmen) dennoch durchführen.


    Im beschriebenen Fall weist der Vorgesetzte keine Handlung an sondern handelt selbt, möglicherweise gegen geltendes Recht. In diesem Fall bleibt die Dienstaufsichtsbeschwerde des einzelnen Kollegen oder die dienstliche Beschwerde des PR stellvertretend für das Kollegium, wenn es sich um ein generelles Fehlverhalten des SL handelt.


    Es ist gut und wichtig, aktiv und selbstbewusst für seine Rechte einzustehen. Dabei sollte man aber fachlich abgesichert sein und über die richtige Terminologie verfügen, sonst macht man sich leicht lächerlich und schadet seiner Sache.

  • Wenn dein Stundenplan besagt, dass du Montags um die Zeit Unterricht hast, dann bietest du deine Arbeitskraft an, wenn du hinkommst. Er kann nicht in eigener Entscheidung das kurzfristig ändern oder vorübergehende, das geht nur mit deinem Einverständnis.


    Somit bietest du deine Arbeitskraft an, genauso mit Stunden eben mitten drin, eine Klasse ist weg, es gibt Vertretung, das ist ok, es gibt keine Vertretung, auch ok, dann gibt es aber auch keine Minusstunde.


    Wobei das natürlich nur für Angestellte gilt, weil Beamte ja eigene Regelungen haben.

  • Ich kann als Lehrer meine Arbeitszeit ja nicht zu beliebiger Zeit anbieten, sondern der Arbeitgeber - vertreten durch die SL- legt meine ("gebundene") Arbeitszeit - eben die von mir zu haltenden Stunden - fest.

    Der Arbeitgeber (hier vertreten durch den SL) kann aber auch nicht die Arbeitsleistung zu beliebiger Zeit abfordern. Das Äquivalent zum Stundenplan wäre in der "freien" Wirtschaft der Dienstplan. Wenn der Arbeitgeber aber kurzfristig keine Arbeit hat (was der Arbeitnehmer nicht zu vertreten hat!), dann trägt dieser das "Betriebsrisiko" und muss den beschäftigungslos herumsitzenden Arbeitnehmer trotzdem bezahlen. Da kann er nicht einfach sagen: "Geh mal nach Hause und arbeite das später nach". Das lässt sich m.E. eins zu eins auf den Schulbetrieb übertragen (Schüler nicht da wegen Schnee und Eis, Lehrer bietet seine Arbeitskraft trotzdem an).


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • wenn eine Klasse z.B. einen mehrstündigen Unterrichtsgang macht, meine Stunde dadurch ausfällt, ich in der Schule sitze, weil es keine Randstunde ist -- dann bekäme ich nach alias keine Minusstunden??? Zu schön um wahr zu sein.....

    Natürlich gibt es dafür keine Minusstunden. Du kannst in der Zeit natürlich für Vertretung usw. herangezogen werden, aber wenn das nicht genutzt wird, ist das nicht dein Problem.

  • Mikael:
    Dem Vergleich mit dem Dienstplan in der "freien" Wirtschaft stimme ich zu. Allerdings kann der AG die Arbeitszeit festlegen, wenn sie nicht Vertraglich o.Ä. geregelt ist (Gewerbeordnung).


    § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers
    Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. [...]


    Für uns als Lehrkräfte ist der Umfang der "gebundenen" Arbeitszeit festgelegt. Fraglich ist, wie kurzfristig eine Änderung dieser Zeiten erfolgen kann (Anruf morgens "Bleiben Sie heute zu Hause." vs. Stundenplan, der bereits 3 Jahre vorher bekannt sein muss...).


    Deshalb zitiere ich mich mal selbst:
    "Personalrat und Schulleitung sollten hierüber eine Dienstvereinbarung abschliessen.".


    Gruß
    Nitram

  • Und es entspricht eben nicht dem "billigem Ermessen", dass die Lehrkraft unter Anrechnung von Minusstunden wieder nach Hause geschickt wird, wenn sie schon in der Schule ist oder sich auf dem Weg dahin gemacht hat. Anders würde ich die Sache beurteilen, wenn z.B. am Montag verbindlich angekündigt wird, dass für den Rest der Woche (Di-Fr) die Schule ausfällt (was aber wohl praktisch nicht passieren wird, da sich das Wetter auch wieder verbessern kann und dann wieder die Schulfplicht greift..., d.h. es dürfte unmöglich sein, für den Rest der Woche verbindlich die Stunden ausfallen zu lassen).


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

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