Interessant: "Warum man für seinen Job nicht brennen muss"

  • Aus Spiegel-Online:


    Zitat


    [Der Mythos vom "Beruf als Berufung" suggeriert], dass niemand sich im Arbeitsleben mit weniger als dem makellosen Glück zufrieden geben dürfte. Dass jeder etwas ändern muss, der seinen Job nicht mit bis an Besinnungslosigkeit grenzender Leidenschaft ausübt. Über Generationen hat dieser Leidenschaftszwang einen Schleier des Unglücklichseins gelegt. Millionen Menschen sitzen jeden Tag im Büro, stehen am Fließband oder kriechen für ihren Job auf dem Boden herum und fragen sich: "Was läuft falsch bei mir, wenn ich dabei keine Leidenschaft verspüre?" Sie suchen, grübeln und trauern, weil in ihrem Leben offenbar "etwas nicht stimmt". [...]


    Die Unternehmen tragen ihren Teil dazu bei: kein Leitbild ohne Leidenschaft. Autos bauen, Überweisungen ausführen, Hoteltoiletten schrubben - all das wird heute "mit", wenn nicht gar "aus Leidenschaft" gemacht. Als Kundenversprechen war das schon immer zweifelhaft, denn Leidenschaft hat nichts mit einem guten Arbeitsergebnis zu tun.

  • Hier aus dem Forum habe ich den Spruch: "Ich bin Profi, ich arbeite für Geld." (evtl. sogar von Nele)


    So versuche ich das zu halten und alles andere (das mit der Leidenschaft und so) ist Hobby.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Dazu passt, dass ich gerade in einem anderen Forum las, dass es Leute gibt, die zugunsten der ausführlicheren Unterrichtsvorbereitung lieber in TZ arbeiten und damit auf Geld verzichten, d.h. ja dann eigentlich unbezahlt trotzdem so viel arbeiten.

  • Hier aus dem Forum habe ich den Spruch: "Ich bin Profi, ich arbeite für Geld." (evtl. sogar von Nele)


    So versuche ich das zu halten und alles andere (das mit der Leidenschaft und so) ist Hobby.

    Der Spruch gefällt mir auch sehr gut. Und ich versuche mich auch schon daran zu orientieren.


    Würde ich Millionen gewinnen würde ich wohl auch was anderes arbeiten. So lange die Millionen noch nicht da sind finde ich Lehrer sein ganz OK.

    Sei konsequent, dabei kein Arsch und bleib authentisch. (DpB):aufgepasst:

  • Coolness finde ich ja prinzipiell beneidenswert, aber: Wer hat hier denn wirklich wegen des Geldes Lehramt studiert? Ich verdiene mir als Angestellte ganz sicher keine goldene Nase und werde zudem noch ein paar Jährchen Bafög abzahlen.
    Nach einer 6,5 jährigen Ausbildung (und 8 von 24 Stunden, die man auf Arbeit verbringt) würde ich mir schon wünschen, dass der Job zumindest Spaß macht, sonst hätte ich gleich was anderes lernen können, ganz unabhängig von ner gebotenen Million :cash:

  • Ich bin ganz klar ausschließlich wegen des Geldes Lehrer geworden. Ich habe niemals Lehramt studiert sondern bin gelernter Literaturwissenschaftler und Historiker. Da ich keine Lust mehr hatte, als Möbelträger und -monteur zu arbeiten, und noch weniger Lust darauf, mich von Zeitvertrag zu Zeitvertrag oder Drittmittel zu Drittmittel zu hangeln, habe ich mir halt meine Abschlüsse anerkennen lassen und ein Referendariat begonnen.


    Ansonsten wäre ich jetzt eben kein Lehrer und würde es auch nicht vermissen. Es gibt eine ganze Menge andere Dinge, die ich mir als Beruf vorstellen kann. Würde man mich nicht dafür bezahlen, würde ich auch nicht unterrichten. Es gibt sehr viel interessantere Hobbys.

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin nicht nur wegen des Geldes Lehrerin gworden. Habe vorher mehr verdient. Wollte etwas machen, wo ich nicht jedem Kunden in den Hintern kriechen muss und wo ich meine beiden Interessen-Fächer an den Mann/die Frau bringen kann.
    Bin zum Glück an eine Schule gekommen, wo ich professionell arbeiten konnte. Mit insgesamt tollen (= bunt gemischten) Schülern. Das hab ich nie bereut.


    Allerdings gibt es nichts, was ich 35 Jahre lang gleichförmig machen kann. Trotz der Tatsache, dass ich echt gerne unterrichte und das feedback echt gut war, war mir nach 10 Jahren langweilig, der Tellerrand wurde zu klein, die Fragestellungen immer dieselben, ich hatte das Gefühl, fachlich unterfordert zu sein.


    Jetzt bin ich 1/2 in der Schule, 1/2 in der Personalvertretung - ein großer Bezirk, alle Schulformen, alle denkbaren Rechts- und Verwaltungsfragen, professionell arbeitende Kollegen, total gut. Kann jetzt erstmal 10 Jahre spannend bleiben. Danach...schaun wir mal.


    Nur das Geldkriterium reicht auch nicht, jedenfalls mir nicht.


    Aber diese Brennenden ohne Selbstwertgefühl, die Aufopferer ohne professionelle Distanz - *seufz*. Das sind dann immer die Kollegen, die ich dann beraten muss.


    Meist sind die dann auch noch beratungsresistent :/

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Klar mache ich den Job wegen des Geldes. Eigentlich liegt mir rgelmäßige Erwerbsarbeit nicht so (das kostet einfach sooo viel Zeit!).
    Aber wenn ich schon arbeiten muss, finde ich Lehrerin sein gut.


    Ich denke aber, ich könnte auch in anderen Jobs aufgehen. Ich bin flexibel.
    Aber: Ich würde niemals - auch nicht för noch so viel Geld- einen Job machen, det mich unglücklich macht.
    Und das sehe ich durchaus bei Kollegen. Die hassen ihren Beruf. Die finden Schüler doof.
    Man muss nicht "brennen". Aber man sollte das, was man tut, schon leiden können.
    Sich selbst zuliebe. Und den anderen zuliebe.


    Klar habe ich auch Tage, wo ich ich frage, warum ich denn nichts anders mache. Aber meist mag ich meinen Job.

  • Ich wünsche mir für unseren Berufsstand sehr viel mehr Gelassenheit wie bei Nele.
    Die Kollegien, die ich so kennengelernt habe, sind häufig zu aufgespalten in die leuchtende-Kinderaugen-Fraktion und in die wir-werden-alle-nur ausgebeutet-Fraktion. Man kann seinen Job auch ernst nehmen, ohne sich aufzuopfern. Und trotzdem kann man professionelles Engagement zeigen, wenn man für sich einen Mehrgewinn darin sieht (Karriere, persönliches Interesse oder was auch immer), dann kann man auch mal mehr Engagement zeigen als strikt gefordert ist. Aber als (hoffentlich) intelligenter Mensch muss ich auch eine gewisse Fürsorgepflicht für mich selbst übernehmen.

    Einmal editiert, zuletzt von WillG () aus folgendem Grund: Tippfehler

  • Ja also ... wir brennen schon hin und wieder mal. Dann kommt die Feuerwehr und wir sind 900 CHF ärmer. Das hat unsere Chefin nicht so gern, das mit dem brennen ;)


    Spass bei Seite ... im Moment mache ich schon noch viel "einfach so", weil ich es selber spannend finde. Aber ich muss sagen, ich finde mein Gehalt mehr als angemessen und dann fällt es mir auch nicht besonders schwer, mal eben irgendeinen Kram auszuprobieren, der gerade nicht zwingend sein muss.


  • Aber diese Brennenden ohne Selbstwertgefühl, die Aufopferer ohne professionelle Distanz - *seufz*. Das sind dann immer die Kollegen, die ich dann beraten muss.


    Meist sind die dann auch noch beratungsresistent :/

    So ist das, wenn Lehrer "Beratungskompetenz" mit "für-andere-alles-besser-wissen" verwechseln :/

  • Also ich mach den Beruf nicht des Geldes wegen. Da gibt es in meinen Fächern sehr deutlich besser bezahlte Jobs.


    Das "Brennen"-Bild halte ich für beknackt. Es ist genauso eine Übertreibung wie das "Dienst nach Vorschrift"-Beamtenbild oder das "Ich tu es nur fürs Geld"-Bild. Keine dieser Gruppen will ich in Reinform als Kollege haben.

  • Welche besser bezahlten Jobs bei ähnlicher Planungssicherheit gäbe es denn wirklich, die eine echte Chance böten?


    Ich meine diese Fragen durchaus ehrlich und gar nicht provokativ: In meinem Fachbereich drängen sich nämlich keine Betätigungsfelder auf, in denen man zu ähnlich guten Konditionen ähnlich viel verdienen würde.


    Mich würde insgeheim in diesem Kontext eigentlich auch interessieren, was Meike vorher gemacht hat, das mehr Einkommen ermöglicht hat. Denn sie hat die gleichen Fächer wie ich und ich wüsste im Moment nicht, wo ich ich in der "freien Wirtschaftt" ähnlich verdienen könnte.
    (Disclaimer: Das war kein pseudo-subtiler Aufruf an Meike, sich und ihren Lebenslauf zu outen. Ich jedenfalls würde es nicht tun, um nicht erkannt zu werden. Ich wolle mit dem Verweis nur zeigen, dass ich außerhalb des Schuldienstes weniger Perspektiven sehe als manche Kollegen. Gleichzeitig erkenne ich aber eben auch an, dass ich nicht alle Optionen im Blick habe!)

  • Welche besser bezahlten Jobs bei ähnlicher Planungssicherheit gäbe es denn wirklich, die eine echte Chance böten?

    Ich hab tatsächlich einige alte Studienkollegen, die hier im Grossraum Basel in der Industrie arbeiten. Ich würde mich da am ehesten mit einem Gruppenleiter in der Produktion vergleichen, die haben noch einen relativ gediegenen und auch einigermassen sicheren Arbeitsplatz. Einstiegsgehalt ist da etwa 120000 CHF, als Lehrer sind es bei voller Arbeitszeit 112000 CHF. Ich würde behaupten, dass ich für die 8000 CHF Unterschied wohl noch etwas mehr "Sicherheit" habe denn einen Chemielehrer ohne wirklich triftigen Grund rauszuschmeissen wäre für jedes Gymnasium in der Region mit ziemlichem Stress verbunden. Also summa summarum stehe ich bei gleicher Ausbildung am Ende etwa ähnlich gut da wie einer, der einen vom Arbeitsaufwand ähnlichen Job in der Industrie hat.

  • Welche besser bezahlten Jobs bei ähnlicher Planungssicherheit gäbe es denn wirklich, die eine echte Chance böten?

    Für mich als Historiker und Literaturwissenschaftler nicht. Und jetzt mit 47, hätte ich ohnehin außerhalb des Schulsystems nur noch minimale Chancen, meinen bisherigen Lebensstandard zu halten. Würde ich meinen Lebensunterhalt nicht finanzieren müssen, wäre ich ganz klar kein Lehrer. Also bin ich am Ende Lehrer nur des Geldes wegen.


    Das heißt ja nicht, dass ich meinen Job nicht ok. finde und auch Spaß daran hätte. Gewönne ich in der Lotterie einen Haufen Geldsäcke, wäre ich allerdings nur noch so lange an der Schule, bis die Schulleitung Planungssicherheit hat; aus kollegialer Fairness.

    • Offizieller Beitrag

    Ich nicht. Ich würd bei Lottogewinn auf halbe Stelle gehen und genau das weitermachen, was ich jetzt mache :) Ohne Witz. Ich geh echt gerne hin, sowohl zur Baustelle 1, als auch zur Baustelle 2. Aber ich will wirklich gerne mal normale Arbeitszeiten haben, das wäre toll. Bei ne 1/2 Stelle wär das gut drin.
    Und wenn dann die SL wechseln würde oder mir was anderes noch gewaltiger auf'n Keks ginge, als derzeit einiges aus dem KuMist, dann würd ich mein Millionenkonto nutzen um andauernd den Spruch "Wissen Sie, ich muss das hier nicht machen!" zu roppen und mich völlig anarchistisch zu verhalten. Hübsche Vorstellung ... :P :D

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