Nachteilsausgleich LRS und Dyskalkulie - Was heißt das eigentlich genau?

  • Wann genau gebe ich wie nachteilsausgleich? wann tritt das auf?


    -in den klassenarbeiten gebe ich mehr zeit, klar!


    -erkläre ich lrs-kindern oder dyskalkulie-kindern die textaufgaben in mathe genauer bzw. lese sie nochmal leise vor?
    -was ist wenn lrs oder dyskalkulie in der z.B. 2. Klasse thema war/diagnostiziert wurde oder vermutet wurde und das kind nun (4.klasse) normal mitarbeitet und 3er schreibt? verfällt das dann irgendwann weil es sich "auswächst"?
    -bleibt die zusätzliche lrs oder dyskalkulie-formulierung auf dem zeugnis erhalten? alle vier jahre der grundschule? wie ein abo (also ein stempel fürs leben bzw. die akten?)
    -was ist, wenn die eltern (verständlicherweise) diesen eintrag entfernen möchten (weil es besser läuft)? geht das?
    -muss diese diagnose nicht auch mal aktualisiert werden? so nach dem motto: ist das immer noch so oder hat sich das evtl. erledigt?


    fragen über fragen
    danke im voraus
    j
    ps: wattn driess

    • Offizieller Beitrag

    mein Kenntnisstand: sobald ein "Ausgleich" (wie auch immer) gegeben wird, muss es aufs Zeugnis. Wer die zusätzliche Zeit / Unterstützung nicht mehr braucht und nicht mehr bekommt, braucht ja also keine Bemerkung auf dem Zeugnis. Es ist aber nicht so, dass man "im Nachhinein" argumentieren kann, à la "aber Peter hat bei der letzten Arbeit frühzeitig abgegeben", sondern man klärt, unter welchem Status man quasi läuft.
    chili

  • Hallo J.,


    wenn ich die Werbe-/Affiliatelinks in deinem Profil richtig interpretiere, dann bist du in NRW?
    Da hilft dann googlen: Dies sind deine Suchbegriffe "nrw lrs erlass"
    Dann finden sich die passenden Dokumente, hier ein Auszug:


    Für Schülerinnen und Schüler, die einer zusätzlichen Fördermaßnahme bedürfen, gilt für die Klassen 3 bis 6 und in besonders begründeten Einzelfällen auch für die Klassen 7 bis 10 zusätzlich:
    4.1 Schriftliche Arbeiten und Übungen Bei einer schriftlichen Arbeit oder Übung zur Bewertung der Rechtschreibleistung im Fach Deutsch und in den Fremdsprachen kann die Lehrerin oder der Lehrer im Einzelfall eine andere Aufgabe stellen, mehr Zeit einräumen oder von der Benotung absehen und die Klassenarbeit mit einer Bemerkung versehen, die den Lernstandaufzeigt und zur Weiterarbeit ermutigt. In den Fremdsprachen können Vokabelkenntnisse durch mündliche Leistungsnachweise erbracht werden. Die Erziehungsberechtigten sind über den Leistungsstand ihres Kindes zu informieren. Die Rechtschreibleistungen werden nicht in die Beurteilung der schriftlichen Arbeiten und Übungen im Fach Deutsch oder in einemanderen Fach mit einbezogen.
    4.2 Zeugnisse
    Der Anteil des Rechtschreibens ist bei der Bildung der Note im Fach Deutsch zurückhaltend zu gewichten. In den Zeugnissen kann in der Rubrik „Bemerkungen“ aufgenommen werden, dass die Schülerin oder der Schüler an einer zusätzlichen LRS-Fördermaßnahme teilgenommen hat.
    4.3 Versetzung Bei Entscheidungen über die Versetzung oder die Vergabe von Abschlüssen dürfen die Leistungen im Lesen und Rechtschreibennicht den Ausschlag geben.
    4.4 Übergang zu Realschulen und Gymnasien Besondere Schwierigkeiten im Rechtschreiben allein sind kein Grund, eine Schülerin oder einen Schüler für den Übergang in die Realschule oder das Gymnasium bei sonst angemessener Gesamtleistung als nicht geeignet zu beurteilen.

  • Für Sek 1 in NRW gilt:


    Nachteilsausgleich (z.B. mehr Zeit, andere Aufgaben) wird von der Klassenkonferenz beschlossen. Kann, ist aber keine Pflicht.


    Was sofort in Kraft tritt ist, ist die sog. "Schutzmaßnahme", sprich Rechtschreibung wird nicht gewertet. Das ist KEIN Nachteilsausgleich.

  • Guck an guck an,
    Bei uns in Brandenburg dürfen Teilleistungsstörungen nicht auf dem Zeugnis erwähnt werden genauso wenig wie daraus resultierende gewährte Nschteilsausgleiche. Lediglich, wenn von die Rechtschreibnote ausgesetzt wird, wird dazu formuliert ... Es wurde eine Abweichung von der Leistungsbewertung vorgenommen. Das finde ich gut so, damit genau dieser Stempel wegbleibt. Wenn das Kind aber auf die weiterführende kommt und das Problem weiter besteht, sollte den Eltern geraten werden, es der neuen Schule mitzuteilen, damit das Kind zu seinem Recht kommt. Ansonsten muss vom Gesetz her der Status nicht neu überprüft werden, ich fänd es aber auch in manchen Fällen z.B. Unter Hinzuziehung der Schulpsychologen sinnvoll.
    Je nach Situation soll der Fachlehrer über einen sinnvollen Nachteilsausgleich, der auch passend zum Problem des Kindes ausgewählt werden soll, entscheiden. Flexibel und angemessen halt. das kann also vom vorherigen Besprechen und Startpunkt festlegen, Zeitzugabe, Beispielrechnung oder 1mal1-Tafel bis zu mündlich statt schriftlich, Probearbeit u.ä. gehen. Ich kann dir gern bei Bedarf noch genauer Auskunft geben.

  • Noch als Ergänzung: Der Status muss jedes Jahr wieder überprüft werden. Die Schule ist der erste Förderort, ihr müsst also eine Förderung anbieten. Für Dyskalkulie gibt es keinen Nachteilsausgleich.

  • Wenn du in NRW bist, hier ein Dokument zum Nachteilsausgleich: http://www.brd.nrw.de/schule/g…ausgleich_an_Schulen.html


    Auf dieser Seite findet sich auch folgender Passus: "Hinweis zu Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (LRS) und Dyskalkulie:
    Nachgewiesene Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (LRS) werden analog zu den Regelungen des LRS-Erlasses vom 19.07.1991 berücksichtigt.
    Im Bereich Dyskalkulie wird kein Nachteilsausgleich gewährt."


    Schau auch mal hier: http://www.bbgbonn.de/_downloa…RW_1_12_2010_markiert.pdf

  • In Brandenburg müssen die Eltern dann aber auch so einen Zettel unterschreiben, wenn das Kind auf die weiterführende Schule kommt. Steht drauf, dass z.B. LRS vorliegt, eine Förderung und ich glaube auch ein Nachteilsausgleich stattfindet. Das wird aber dann auch auf dem Zeugnis vermerkt.

  • S

    In Brandenburg müssen die Eltern dann aber auch so einen Zettel unterschreiben, wenn das Kind auf die weiterführende Schule kommt. Steht drauf, dass z.B. LRS vorliegt, eine Förderung und ich glaube auch ein Nachteilsausgleich stattfindet. Das wird aber dann auch auf dem Zeugnis vermerkt.

    stimmt nicht, aber eigentlich ist es müßig, da es um NRW geht. Aber vielleicht ist es ja für Andere trotzdem interessant. Für mich als Multiplikatorin für Rechenschwäche ist besonders interessant, dass in einigen Bundesländern die RS wohl noch immer nicht als TLS anerkannt ist und den betreffenden Kindern damit riesiges Unrecht wiederfährt ... Aber dafür können ja die Lehrer nichts.
    Zu keinem Zeitpunkt müssen die Eltern irgendwas unterschreiben diesbezüglich, im Gegenteil, bestimmte Dinge hängen vom Einverständnis der Eltern ab.
    http://bravors.brandenburg.de/verwaltungsvorschriften/vvlrsr


    Auch interessant, da auch für viele Lehrer wichtige (zum Teil nicht ausreichend bekannte) Informationen drin stehen
    http://www.mbjs.brandenburg.de…Erlernen_des_Rechnens.pdf


    Viele Schulen denken sich irgendwelche Zettel und Bemerkungen fürs Zeugnis aus, oder legen bestimmte Passagen der VV anders aus ...

    Einmal editiert, zuletzt von cubanita1 ()

  • Grundsätzlich müssen die LRS-Bescheinigungen nach einem Zeitraum erneuert werden und zwar von entsprechenden Fachkräften, also KJP-Psychiatern (oder Psychologen? da müsste ich noch mal nachsehen). Jedenfalls hat keine Bestätigung, die über zwei Jahre alt ist, in Bayern noch bestand. Das ist der längst mögliche Zeitraum, da bei der Testung ja nur die Lese-Rechtschreib-Differenz zur normalen Zielgruppe gewertet wird. Zwischenzeitlich können ja neue Rechtschreibstrategien erworben werden und die Differenz wird ausgeglichen.
    Kurz: Die LRS-Bescheinigungen in Bayern sind immer nur für maximal 2 Jahre gültig, dann muss wieder getestet werden.

    • Offizieller Beitrag

    in Thüringen muss die Bescheinigung jedes Jahr aktualisiert werden, wenn die Eltern einen Nachteilsausgleich geltend machen möchten.
    Parallel sind die Eltern verpflichtet, ihrem Kind eine geeignete Therapie zukommen zu lassen.


    Also offenbar gibt es so viele verschiedene Vorschriften wie es BL gibt....

  • In Berlin darf ich bei einem LRS Nachteilsausgleich angepasste Klassenarbeiten anbieten, Aufgaben durch mündliche Abfrage ersetzen, Wörterbuch zur Verfügung stellen, den Umfang an sich reduzieren, die Noten ganz aussetzen...je nachdem, was vorher in der Klassenkonferenz beschlossen wurde.

  • Für Dyskalkulie gibt es keinen Nachteilsausgleich.


    Es gibt bisher leider keinen Erlass, das heißt aber nicht, dass man als LehrerIn keinen Nachteilsausgleich geben darf/sollte. Im Rahmen des individuellen Ermessensspielraums ist vieles möglich - von mehr Bearbeitungszeit bis hin zu eigenen Aufgaben und eigenen Klassenarbeit oder Benotung nach dem individuellen Lernfortschritt.
    Letztendlich sind wir verpflichtet individuell zu fördern - egal an welcher Schulform wir unterrichten und das heißt eben auch, dass man einem Kind ggf. andere Aufgaben geben muss, wenn die Teilleistungsstörung so gravierend ist, dass es dem Regelunterricht nicht folgen kann.
    Zum anderen gilt Dyskalkulie als Behinderung (zumindest wenn sie so gravierend ist, dass vom Jugendamit Eingliederungshilfe bewilligt wurde) und niemand darf aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wir verpflichtet sind, einen Nachteilsausgleich zu geben auch wenn es bisher im Schulgesetz nicht verankert ist.
    Es macht auch Sinn mit den Dyskalkulietherapeuten zu kooperieren und sich bezüglich des Niveaus und der Aufgaben abzusprechen. Wenn man ein Kind einfach so im Unterricht mitläuft, hat es nicht nur nichts davon, da es nicht folgen kann sondern man verschlimmert die Situation mit großer Wahrscheinlichkeit noch, da das Selbstswertgefühl immer weiter sinkt. Damit kann man so viel kaputt machen und gerade wenn die Therapie im Rahmen der Eingliederungshilfe seitens den Jugendamtes gewährt und somit finanziert wird (es geht dabei um mehrere Tausend Euro Steuergelder) wundere ich mich, dass es immer noch keinen dem LRS Erlass vergleichbaren Erlass für Dyskalkulie gibt.

  • also wenn ein Nachteilsausgleich für LRS durch die Klassenkonferenz beschlossen werden muss, würde ich mich hüten da auf eigene Faust irgendwelche Ausgleiche für Dyskalkulie zu erfinden. zumindest in. NRW.



    Mir ist es übrigens schleierhaft, warum es für viele Lehrer anscheinend zu schwierig ist mal in diesen LRS-Erlass. (Für NRW) reinzuschauen. Da steht nämlich alles drin.

  • Karl- Dieter, vielleicht ist der Fragende gar nicht in NRW?


    Ich weiß, dass in Berlin Nachteilsausgleiche für Dyskalkulie gewährt werden dürfen. Wenn dem in NRW nicht so ist, dann frage ich mich, wer sich da beschweren soll, denn die Eltern wären doch dumm, wenn sie es machen würden, da es ja nur Vorteile für's Kind hätte?

  • Die anderen Eltern könnten sich beschweren... aber das sollte einen nicht davon abhalten so zu handeln wie wir es pädagogisch vertreten können.
    Hier ist noch ein interessanter Artikel zu
    Nachteilsausglich bei Dyskalkulie


    Die meisten LehrerInnen kennen sich zu wenig aus mit Dyskalkulie. Da nehme ich mich gar nicht aus. Bei mir selbst war es nicht viel anders und ich wusste vor einigen Jahren als Fachlehrerin nicht wirklich mit einer Dyskalkulie-Schülerin umzugehen.

  • Zumindest in der Sekundarstufe I: Andere Eltern oder andere Kinder, aufgrund von willkürlicher Ungleichbehandlung.

    Ah, verstehe. Wenn aber Schüler X Dyskalkulie hat und Schüler Y nicht, dann sind Schüler Y's Eltern damit einverstanden, dass Schüler X trotz Nachteil schlechtere Noten schreibt, weil dann ja vermeintlich das eigene Kind nicht aus dem Wettbewerb fällt? Das macht Sinn, liebe Länder ohne Dysk.- Nachteilsausgleich!

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