Ich bin schon seit einiger Zeit am Überlegen, wie ich die Hausaufgaben für meine Grundschüler produktiver und effektiver gestalten könnte. Ich unterrichte an einer internationalen Schule in Südostasien, wo der Unterricht auf Englisch gehalten wird, und erteile den deutschen und Schweizer Kindern Deutschunterricht (jeweils vier bis fünf Stunden pro Woche). Ein relativ großer Anteil der SchülerInnen hat nur einen deutschsprachigen Elternteil, so dass diese Kinder mit zwei oder sogar mehr Sprachen aufwachsen. Die Deutschkenntnisse sind auch aufgrund des Aufwachsens in einer englischsprachigen Umgebung nicht unbedingt so, wie man es dem Alter entsprechend erwarten würde.
Bei den Hausaufgaben ist es nun so, dass v.a. die Kinder die Hausaufgaben oft nicht machen, für die Deutsch eher die Zweitsprache ist und wo auch nur ein Elternteil bei den Aufgaben helfen kann. Häufiger sind diese Elternteile auch zeitweise nicht zu Hause, da sie berufsbedingt verreisen müssen, d.h. das Kind steht dann alleine mit den Hausaufgaben da. Umgekehrt profitieren die leistungsstarken SchülerInnen viel mehr von den Hausaufgaben, wodurch sich die Spanne in den Klassen noch weiter vergößert.
Letzte Woche hatten wir eine Fortbildung zu der Studie von Professor Hattie, die u.a. besagt, dass Hausaufgaben in der Grundschule nur einen relativ kleinen Anteil am Lernzuwachs der SchülerInnen hätten.
Nun bin ich am Überlegen, ob ich für meine Grundschüler die herkömmlichen Hausaufgaben, wie Arbeitsblätter, Schreibaufgaben etc. abschaffe. Die gewonnene Zeit sollen die Kinder dann bspw. zum Lesen nutzen (Kind liest ein Buch, stellt dieses dann der Klasse vor), Kinderfilme oder Kindernachrichten schauen und hierüber der Klasse berichten o.ä. Ich bin mir noch nicht sicher, wie das genau aussehen würde. Aber ich wüsste gerne, ob jemand von euch schon die herkömmlichen Hausaufgaben komplett abgeschafft hat und wie ihr dann weiter vorgegangen seid und welche Erfahrungen ihr damit gemacht habt.
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Ich finde eine begrenzte Menge an Hausaufgaben sinnvoll: es gibt Dinge, die müssen zuhause gelernt werden wie Vokabeln. Schüler müssen auch außerhalb der Schule lesen üben und lernen, sich auf Tests und Arbeiten vorzubereiten. Das kann man vorher wiederum in der Schule üben, wie man z.B. Inhalte für einen Sachunterrichttest wiederholt oder wie man Vokabeln üben kann etc.
Aber Hausaufgaben sollten meiner Ansicht nach nur wenig Zeit in Anspruch nehmen und so gestellt sein, dass die Kinder sie alleine lösen können. Aufgaben zum 1 mal 8 zuhause rechnen würde ich beispielsweise aufgeben, eine Sachaufgabe dazu z.B. nicht, weil da wirklich die Kinder im Nachteil sind, die selbst keine Lösung finden und zuhause keine Hilfe haben.
Wenn bei dir das Problem ist, dass einige Kinder die HA nicht machen und du deswegen anders geartete HA stellen willst: Ein Buch lesen - klappt bei denen, die gerne lesen und bei denen, die nicht gerne lesen und deren Eltern dahinter stehen und drängen, dass sie es lesen. Die anderen werden auch eine solche HA nicht machen.
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Ich glaube das komplette Abschaffen der Hausaufgaben wäre bei uns gar nicht so einfach, aber ich verstehe dein Problem.
Du hast anscheinend eine Mischung von Kindern, die Deutsch als Erstsprache und Deutsch als Zweitsprache haben. Da kann die Schere nur weiter auseinander gehen. Aber es bringt ja auch nichts, die stärkeren Kinder künstlich zurück zu halten.
Möglichkeiten, die ich momentan sehe:
1. Differenzierte Hausaufgaben: Die stärkeren Kinder bekommen mehr Futter, die schwächeren etwas, was sie auch ohne Hilfe bewältigen können.
2. leichte Hausaufgaben für alle, bei denen die Hausaufgaben von allen Kindern alleine bewältigt werden können
3. Du startest wirklich Lesehausaufgaben. Solche wöchentlichen Lesehausaufgaben gibt es oft in deutschen Grundschulen. Die Kinder müssen z.B. eine bestimmte Zeit den Eltern etwas vorlesen und die Eltern unterschreiben dafür.
Kennst du die Website von Antolin? Dort können die angemeldeten Kinder Fragen zu den gelesenen Büchern beantworten und bekommen Punkte dafür. Das ist hier oft eine zusätzliche Kontrollmöglichkeit für die Lehrer und eine zusätzliche Motivation für die Schüler. Ich weiß nur nicht, wie gut deine Schüler an die passenden Bücher herankommen. -
leichte Hausaufgaben für alle, bei denen die Hausaufgaben von allen Kindern alleine bewältigt werden können
Ich denke mal, Hausaufgaben, die die Mehrzahl der Schüler ohne Hilfe nicht bearbeiten können, sind grundsätzlich mal falsch konzipiert!
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da gebe ich dir Recht, aber genau das wurde ja oben von Nordseekrabbe beschrieben.
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Ich sehe das ähnlich. Das Problem, dass bestimmte Kinder nie Hausaufgaben machen hab ich auch, allerdings liegen die Gründe dafür in Verwahrlosung. Ich habe sie nachmittags in der Schule nacharbeiten lassen, andere Kollegen verteilen 6en für soundsoviel nichtgemachte Aufgaben. Ich habe weniger aufgegeben, ich habe Sammelpunkte mit Schatzkisten probiert, Hefte mit Aufkleberchen... Fazit: sie machen immer noch keine. Und: "lest jeden Tag 10 min." schon gleich gar nicht, das lässt sich ja nicht mal kontrollieren.
Meine Erfahrung an einer deutschen Schule war übrigens auch: wenn Deutsch nicht Muttersprache ist und die Kids noch nie in Deutschland waren ist der Bezug zum Deutschen oft negativ belastet. Das fängt bei den Frühblühern im Sachkundebuch an, die sie noch nie in echt gesehen haben und hört beim Frust nicht auf, dass es einfach anstrengend ist, eine weitere Sprache zusätzlich lernen zu müssen.
Deswegen entweder keine mehr aufgeben oder nur freiwillige (Buch vorstellen, wer mag) oder etwas ganz Simples, sich Wiederholendes, wo jeder weiß, was zu tun ist: http://jandorfverlag.de/
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Erstmal danke für die Rückmeldungen! Sillaine, du hast mich irgendwie falsch verstanden oder vielleicht habe ich mich auch missverständlich ausgedrückt. Es gibt natürlich keine Hausaufgaben, die die Kinder nicht alleine machen könnten. Der ganze Unterricht ist auch differenziert und angepasst an den jeweiligen Lernstand der Kinder. Aber so wie Pausenbrot ja auch schrieb, es gibt Kinder, die ihre Hausaufgaben einfach nicht machen und das sind halt meist die, bei denen zu Hause nicht genügend Unterstützung da ist. Danke für den link zu dem Verlag, da werde ich gleich mal reinschauen.
Mir ging es auch mehr darum, zu erfahren, wie andere Schulen sich ohne Hausaufgaben organisieren. Wenn man im Internet schaut, scheint es davon bereits einige zu geben, aber leider kenne ich keine Kollegen, die dies bereits praktizieren. Manche Eltern wären sicherlich nicht damit einverstanden, wenn ich einfach die Hausaufgaben abschaffe. Das muss ja schon durchdacht und begründbar sein. -
bei uns gibt es in Klasse 5 und 6 in den Hauptfächern keine HA. (Ausnahme: Vokabeln lernen).
Dafür gibt es pro Hauptfach eine Wochenstunde im Plan, in der Übungs- und Vertiefungszeit ist.
Funktioniert so:
die Hauptfachlehrer legen Lernziele fest.
Sie stellen Material zur Verfügung, damit die Schüler diese Ziele erreichen können.
Die Schüler arbeiten in diesen besonderen Stunden selbstständig und eigenverantworlich mit dem Matreial. Es ist immer einer der Hauptfachlehrer anwesend, damit die Kinder Fragen stellen können.Am Ende des Vertiefungszeitraums, den der jeweilige Fachlehrer festlegt, gibt es einen kleinen Test um zu schauen, ob die Ziele erreicht worden sind.
Klappt ganz gut, allerdings entsteht bei den Schülern leicht der Eindruck, es gebe nie Hausaufgaben. In Klassse 7 werden HA wieder in allen Fächern aufgegeben
