Gewalttätiger Förderschüler - Rechtliche Möglichkeiten

  • Hallo,


    Kind XY mit Förderbedarf Emotionale und Soziale Entwicklung wird im Rahmen des GL an einer weiterführenden Schule unterrichtet. Es hat sich schon mehrfach gewalttätig gezeigt, Schülern gegenüber und einmal gegenüber einer Lehrkraft. Jetzt kam es zu einer weiteren Verletzung eines Schülers und Lehrers, der Schüler wurde willkürlich Opfer bei einem Wutanfall. Ohne beherztes Eingreifen eines Lehrers, der sich dabei selbst blaue Flecke zuzog, wäre zudem ein zweites -im Grunde unbeteiligtes Kind- schwer verletzt worden. Das Kind rastet so aus, dass zwei Erwachsene Mühe haben, andere vor den Gewaltausbrüchen zu schützen. Anlässe sind m.E. nicht zu verhindern. XY ärgert Mitschüler im Unterricht (Zwischenruf). Mitschüler antwortet. XY rastet aus...


    Gibt es rechtliche Möglichkeiten das Kind auch gegen der Willen der Erziehungsberechtigten an die Förderschule für Emotionale und Soziale Entwicklung zu schicken? Wir Lehrer bekamen die Auskunft, dies wäre nicht möglich. Aber "nur" ein Schulverweis und dann kommt das Kind XY wieder zur Schule löst das Problem nicht. XY ist an der Schule durch die große Gruppe offenbar überfordert. In ärztlicher Behandlung ist XY seit Jahren - scheinbar erfolglos…


    Viele Grüße

  • Wir haben das in der Grundschule gerade auch. Klassenkonferenzbeschluss: bei schwerwiegenden Verstößen gegen den Schulfrieden sofortige Suspendierung für 1 Tag; muss morgens Aufgaben holen und dann wieder abgeben mittags. Hat bisher 1x statt gefunden und geklappt, weil dieser Schüler leider nur zu hause arbeiten kann. manchmal ist das mit der Schulpflicht so eine Sache.


    Da Inklusion ein Menschenrecht ist und die Eltern freie Schulwahl haben, wird das so nicht möglich sein, was ihr euch vorstellt.

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  • Deine eigentliche Frage müsstest du für dein Bundesland recherchieren. Frag mal die Kollegen
    an der EH. Möglicherweise bestimmt das Schulamt über den Förderort und die Eltern können dann wiederum Schritte einleiten, wenn sie damit nicht einverstanden sind und es entscheidet ein Gericht.


    Ich hätte im oben beschriebenen Fall den Notarzt rufen lassen und dafür gesorgt, dass das Kind erst mal in die Psychiatrie kommt. Es ist offenbar selbst- und fremdgefährdend. Auf jeden Fall Kollegen und Eltern Anzeige wegen Körperverletzung nahe legen.


    Ansonsten Ordnungsmaßnahmen durchforsten: Nach Schulausschluss kommt normalerweise Überweisung auf eine andere Schule. Das löst das Problem natürlich nicht, aber ihr hättet ggf. eine Diskussionsgrundlage mit den Eltern. Denn schulpflichtig bleibt er natürlich.


    Bei uns gibts auch die Möglichkeit, der zweitweisen verkürzten Beschulung (z.B. 1.-4. Stunde), bis dies oder jenes geklärt ist (Psychiatrieplatz z.B.).


    Manchmal hilft auch gutes Zureden, die Eltern sind vermutlich selbst am Ende mit ihren Kräften, zu Hause werden sich furchtbare Dinge abspielen. Wenn ihr sie dazu bewegen könnt, sich die EH-Schule mal anzusehen, wendet sich vielleicht das Blatt. Preise die Vorteile der EH an und prophezeie auf der anderen Seite Gefängnis und Psychiatrie, wenn sie nicht bereit sind, jetzt die Reißleine zu ziehen.


    Ich würde ihnen (falls Vorwürfe an die Schule kommen) auch ganz klar sagen, dass sie sich nicht selber belügen brauchen und in diesem Alter des Sohnes nicht mehr auf die Schule schimpfen müssen, weil ihr Kind bald nicht mehr in die Schule gehen wird und dann auf dem Arbeitsmarkt bestehen muss. Es sollte klar werden: der Kampf gegen die Schule ist nicht vonnöten, ihr wollt gar nicht kämpfen. Ihr wollt retten, was noch zu retten ist. Und bald gibt es keinen mehr, gegen den sie kämpfen können, bald wird ihr Sohn in eine Ausbildung geworfen, die er nicht durchstehen wird und schneller raus ist, als er Stühle werfen kann.


    Was sagt eigentlich die Schulleitung?

  • Wir hatten das an der Grundschule leider auch schon.
    Das Kind einfach auf die Förderschule schicken, geht ja heute leider gegen den Willen der Eltern nicht mehr.


    Bei Selbst- und Fremdgefährdung hilft nur, das Kind sofort abholen zu lassen bei solchen Vorkommnissen und dann natürlich eine Ordnungsmaßnahme nach der anderen durchziehen, mit mehrwöchigen Schulverweisen. Das kann hingehen bis zum Schulausschluss, das wäre dann ja quasi euer Ziel. Aber das ist natürlich nicht so einfach und geht auch nicht so schnell. Parallel dazu nicht nur den Eltern, auch dem Schulamt ganz gehörig auf die Nerven gehen und Druck machen. Natürlich alles dokumentieren. Hilfreich ist auch, wenn Eltern der betroffenen Kinder oder Kollegen selbst zum Schulamt gehen und dort die Situation schildern.


    Alternativ kann man es ja auch mal versuchen mit sachlichen Argumenten (kleinere Klassen auf Förderschule etc.) und gutem Willen, vielleicht lenken die Eltern von sich aus ein, wenn der Leidensdruck zu groß wird.

  • Bei Fremd- und Selbstgefährdung hat man Aussichten auf einen fachlichen Schulbegleiter. Müssen die Eltern beantragen. (Werden sie vermutlich tun, wenn die Alternative die Unbeschulbarkeit an der gewünschten Schule ist.)

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Schulbegleiter gibt es doch kaum. Zumindest bei uns gibt es kaum welche für die richtig klaren Fälle (Autisten), und alle andere kriegen zumindest bei uns in HH kaum jemanden. Leider haben wir kaum Möglichkeiten. Wenn wir Eltern anrufen und die sagen sie kommen nicht, oder erst in 1 Stunde, tja was dann? Temporärer Schulwechsel ist bei uns nur mit Einverständnis der Eltern möglich.

  • notarzt und/oder polizei rufen, wenn kind wirklich akut andere und sich selbst gefährdet und ihr das nicht verhindern könnt.

  • ...vor allem ist der Schulbegleiter nur für diese und jene Stunde bewilligt, schwierig ist aber gerade die 7. Stunde in Fach x oder der Pausenhof.



    Wenn wir Eltern anrufen und die sagen sie kommen nicht, oder erst in 1 Stunde, tja was dann?

    Die Ausgangsfrage drehte sich ja um einen mindestens 11-jährigen Schüler, den zwei Erwachsene festhalten mussten, ein Kind schwer verletzt worden wäre, wenn nicht ein weiterer Erwachsener dazwischengegangen wäre, der sich dabei blaue Flecken zugezogen hat. Da wartet man nicht auf Eltern.


    Auf offener Straße würde man doch auch nicht nach der Telefonnumer der Mama eines Gewalttäters fragen, sondern die 112 wählen. An bestimmten Schulen ist man ja so einiges gewöhnt, aber man muss sich ab und an vergegenwärtigen, dass das nicht normal ist, dieses Kind dringend selbst Hilfe braucht, weil es zu Hause Misshandlung oder Missbrauch erlebt und wir uns auch selbst und andere Kinder im Akutfall schützen müssen.

  • Tja unser Einzugsgebiet ist gar nicht so schwierig, dennoch gibt es immer mehr Kinder mit ernsthaften Verhaltensproblemen und da frustriert es mich immer mehr, dass wir quasi keine Handhabe haben. Wie gesagt, wenn wir Eltern anrufen kriegt man gerne mal die Antwort "sie sind doch die Pädagogen" oder "gerade bin ich beim Friseur, später komme ich gern" und das sind bürgerliche Elternhäuser.


    Naja ist am Thema vorbei... :)

  • Bei uns in Ba-Wü gibt es die Möglichkeit, einen Schulausschluss zu erwirken, wenn ein Schüler eine Gefahr für Erziehung, Unterricht, Gesundheit oder Sicherheit der anderen darstellt. Das ist im Schulgesetz geregelt (im Bereich Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen) und läuft über die Schulleitung. Vielleicht habt ihr etwas Ähnliches?

  • Für die Grundschule ist eine solche Maßnahme nicht vorgesehen. Man kann bei Eigen- und Fremdgefährdung eine Art Behörde einschalten. Faktisch passiert da nach vielen runden Tischen schlichtweg nichts...

  • Da hilft nur eine knallharte Linie: Bei jedem Vorfall den Unterricht sofort abbrechen (dann kommt Druck über die anderen Erziehungsberechtigten), den SL in den Unterricht holen lassen (den muss das selber anfangen zu nerven), bei eigenen Verletzungen (und seien es "nur" blaue Flecken) am gleichen Tag noch zum Arzt gehen und diese Dokumentieren lassen, dann das Ganze mit einem Schreiben an den SL, dass man sich außerstande sieht, den Schüler wegen Gefährdung von Eigen- und Fremwohl (andere Kinder!) weiter zu unterrichten, Kopie an Personalrat. Reagiert der SL nicht, bei vorgesetzter Behörde remonstrieren. Ebenso Übergriffe auf andere Kinder durch den Schüler dokumentieren und an SL und in die Schülerakte. ALLES MUSS AKTENKUNDIG WERDEN! Das "System" setzt darauf, dass solche Vorfälle unter den Teppich gekehrt werden und die Lehrkräfte alles widerspruchslos hinnehmen. Das darf man sich nicht gefallen lassen.


    Und: Der SL hat über das das Schulgesetz (in Niedersachsen §43 Abs. 3) auch die Möglichkeit, einen Schüler, der andere gefährdet sofort vom Unterricht auszuschließen und die entsprechende Ordnungsmaßnahmen-Konferenz "nachzuholen". Und man sollte ihm klar machen, dass er die "Fürsorgepflicht" für die Lehrkräfte (und Schüler) an der Schule trägt und ggf. haftbar gemacht werden kann bei Unterlassen notwendiger Maßnahmen!


    Da Inklusion ein Menschenrecht ist...

    Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist sogar ein Grundrecht (Art. 2 Abs. 2 GG) und damit in der Normenhierarchie höher anzuordnen. Von "Inklusion" steht nichts im Grundgesetz...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    Einmal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Mikael, I see what you did there. Aber es ist in der Tat spannend, dass ein bestimmtes Menschenrecht nicht im GG stehen soll (too tired to look it up)

  • Vielen Dank für eure ganzen Antworten!


    Das Kind hat die gesamte Grundschulzeit an einer Förderschule ESE verbracht, war zeitweise unbeschulbar und in der Kinderpsychiatrie. Schulbegleiter ist bereits beantragt - da wurden wir von den Erziehungsberechtigten anfangs lange hingehalten, die das Ganze wollen müssen, ohne deren Unterschrift geht das ja nicht. Die Erziehungsberechtigten sind absolut uneinsichtig und sehen selbst die Probleme nicht. Die Schule sei schuld…Vorher die Förderschule -zu der sie mit XY nicht wieder wollen- jetzt die weiterführende Schule an der es immer schlimmer wird.


    Mich ärgert dreierlei: Die Mitschüler/innen und Lehrkräfte haben meiner Meinung nach ein Recht auf körperliche Unversehrtheit und müssten geschützt werden! Das Kind könnte sich bei seinen Ausrastern selbst verletzen und braucht genauso Hilfe. Ich finde es schlimm, dass das einfach so laufen gelassen wird! Der ganze Unterricht leidet natürlich mittlerweile durch Anwesenheit des Kindes, dass man wie ein rohes Ei behandelt, damit es bloß nicht wieder so austickt. XY selbst lernt in kleinen Gruppen z.B. beim Förderunterricht viel besser und ist dort weniger auffällig und wäre daher an der Förderschule ESE in jedem Fall besser dran. Die Realität ist aber für XY: Unterricht in einer Klasse mit 28 anderen und kleiner beengter Klassenraum, wechselnde Fachlehrer und Raumwechsel, demnächst noch immer mehr Kurse, wo der Klassenverband aufgehoben wird - kommt XY nicht entgegen. Weder XY kann so vernünftig lernen noch die anderen.


    Ich werde mal bei der SL nachhaken, ob man nicht die Schulfähigkeit überprüfen lassen kann. Vom Unterricht ausgeschlossen ist er vorerst, aber das ist nur eine Lösung für einen kurzen Zeitraum. Die Vorfälle werden sich wiederholen.


    XY ist übrigens erst 12.

  • Mikael, I see what you did there. Aber es ist in der Tat spannend, dass ein bestimmtes Menschenrecht nicht im GG stehen soll (too tired to look it up)

    Inklusion, jedenfalls wie hier, ist einfach ein Hirngespinnst. Das ist wie wenn der Mensch ohne Arme und Beine doch bitte das Recht haben soll beim FC Bayern spielen zu dürfen.
    Keiner verwehrt irgendwem den Schulabschluss o.Ä. aber für wirklich beeinträchtigte Menschen (jetzt nicht er sitzt im Rollstuhl, ist aber sonst 100% fit) gibt es Förderschulen, auf die diese deutlich besser "Passen" und auch eine viel bessere Chance haben einen (guten) Abschluss zu machen.


    Sagen wir doch mal, XY will studieren (jetzt nur mal als Beispiel). Sein Studiengang hat einen NC; zwar nicht so hoch aber 2,0. Er geht ganz "normal" in die normalen Schulen, macht da sein Realschulabschluss mit 3,0 und dann sein Abitur wegen Problemen mit 3,2. Zack ENDE


    Oder er geht auf eine Förderschule, wird da eben gefördert, bekommt seine Probleme in den Griff, macht sein Abitur deswegen mit 1,8.


    Inklusion, sofern es nicht um "leichte" Behinderungen geht ist ein Wunschtraum.

  • Wolltest du dich kurz einfach nur zu Inklusion auskotzen? Habe ich irgendwas von "Deutschland kann Inklusion ganz toll umsetzen!" gesagt?


  • ...Oder er geht auf eine Förderschule, wird da eben gefördert, bekommt seine Probleme in den Griff, macht sein Abitur deswegen mit 1,8.

    Das Beispiel ist schon ein bisschen an den Haaren herbeigezogen. Jugendliche, die an der Förderschule für Erziehungshilfe landen sind so kaputt, da schafft keiner ein Abi, geschweige denn ein Studium.


    Und wenn du beim Beispiel "Mensch ohne Beine und Arme" bleibst, dann hätte dieser nicht das Recht auf einen Arbeitsplatz auf dem Spielfeld des FC Bayern, dieses Recht hat auch sonst niemand. Aber er hat das Recht, einem Fußballverein beizutreten, wenn ihm danach ist.


    Du malst diese ganze komplizierte Debatte in schwarz-weiß, es gibt aber nicht nur "Rollstuhlfahrer" und "ganz fit" und "Schulen, die besser passen", sondern bei jedem Kind, das irgendwie auffällt, steht ein langer Diagnostikprozess an, eine schwierige Einzelfallentscheidung und lauter Fremde, die das Kind kaum kennen, treffen eine Entscheidung, die das Leben dieses Kindes sehr verändern kann. Ob das immer zum Positiven ist, sei mal dahingestellt.


    Stell dir z.B. vor, jemand hätte die Entscheidung für eine Förderschule für dich gestellt, als du 13 warst. Oder würde sie für dein Kind treffen. Alles nicht so simpel.

    • Offizieller Beitrag

    Stell dir z.B. vor, jemand hätte die Entscheidung für eine Förderschule für dich gestellt, als du 13 warst. Oder würde sie für dein Kind treffen. Alles nicht so simpel.

    auch das ist sehr an den Haaren herbeigezogen. Im ersten Fall wäre Morale nach (nicht nur ) deiner Erklärung hier ja nie als <lehrer aufgetaucht.


    Und für mich kann ich nur sagen: Ja, wenn eines meiner Kinder in die Förderschule gesollt hätte, weil es dort besser hätte gefördert werden können: Ja! Da wäre ich dabei gewesen. Meinem Kind hätte ich nämlich den Stress nicht antun wollen, als einziges Problemkind in einer Klasse "anderer" zu sein. Es wäre immer der/diejenige gewesen, welche. Immer der totale Außenseiter.
    Aber okay, das ist meine persönliche Denkweise. Wollte nur auch diese Sicht zu bedenken geben ;)

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