Hallo,
Was erwartet ihr als Regelschullehrer für Hilfen von den Förderschulkollegen?
Und an alle gerichtet: Wie läuft Inklusion bei euch an der Schule?
Ich bin als Sonderschullehrerin zur Zeit als Teilzeitkraft zu einer Sekundarschule abgeordnet. Nun geht es mir so, dass ich mich in den Stunden, in denen ich die Schüler/innen im Unterricht mit unterstützen soll, teilweise frage, wie ich hier wirklich sinnvoll helfen soll.
Jeder Klassenlehrer der Schüler wird pro Woche zu einem festen Zeitpunkt von mir etwa 15 min beraten. Ich erstelle auf Anfrage der Lehrer benötigtes Material (z.B. vereinfachte Arbeitsblätter) und habe auch schon Klassenarbeiten für die Förderschüler entsprechend verändert und korrigiert. Soweit so gut.
Ich biete grundsätzlich an, den Klassenunterricht mit vorzubereiten oder mit der halben Klasse zu arbeiten. Dies Angebot wurde bislang nicht angenommen, da meistens seitens der Lehrkräfte die einzelnen Unterrichtsstunden kurzfristig geplant werden oder manchmal parallel gar kein zweiter Raum zur Verfügung stünde, in den man mal eben ausweichen könnte. Verstehe ich schon. Nur, so kann ich natürlich da nichts mit vorbereiten, wenn ich nicht weiß, welcher Stoff in der nächsten Stunde überhaupt vermittelt werden soll. Ich bin ja nicht kontinuierlich z.B. in jeder Mathestunde anwesend, da jedem Kind nur eine einzige Stunde Unterstützung pro Woche bewilligt wurde. Die Schüler/innen sind auf mehrere Klassen verteilt, so kann ich auch nicht durch die Zusammenfassung der Stunden mehrerer Kinder etwas herausholen...
Aus dem Klassenraum gehen soll ich auf Anweisung der Schulleitung nicht mit den Förderschüler/innen. Einen Nebenraum zum Klassenraum gibt es nicht. Genausowenig gibt es in den kleinen Klassenräumen einen zusätzlichen Arbeitstisch, an den ich ausweichen könnte. Im Gegenteil: Die -viel zu kleinen- Räume sind so vollgestopft mit benötigten Tischen und Stühlen (also ein Stuhl pro Kind) dass man hinter den Stuhlreihen und der Wand kaum hergehen kann. Ich sitze also mittendrin.
An der Sekundarschule findet letztendlich viel Frontalunterricht statt: Lange lehrerzentrierte Unterrichtsgespräche und andere frontale Arbeitsphasen, sei es sowohl bei Einführung neuer Unterrichtsinhalte an der Tafel oder bei der Arbeit mit dem Schulbuch im Klassenverband. In solchen Phasen empfinde ich meine Anwesenheit ehrlich gesagt nicht als sinnvoll, ich kann den Schülern schließlich nicht die Antworten vorsagen bzw. es würde generell stören, wenn ich mit ihnen überhaupt viel spreche, während der Fachlehrer spricht/fragt. Sie sollen generell ja die Inhalte mitbekommen - da kann ich nebenbei nichts anderes vermitteln, indem ich ihnen etwas zuflüstere…Ich finde es aber unbefriedigend, nur dabeizusitzen...
In Arbeitsphasen kann ich natürlich den Kindern und anderen Schüler/innen helfen, indem ich mit herumgehe, erkläre etc. oder ggf. an anderen Stoff anknüpfe, den sie erarbeiten sollen. Aber ganz realistisch betrachtet nehmen diese Arbeitsphasen den kleinsten Teil der Unterrichtsstunden ein. Und für die Vermittlung individueller Inhalte ist die Zeit viel zu knapp. Um dort anzusetzen, wo z.B. zieldifferent geförderte Schüler/innen in Mathe stehen, kann ich nicht mit einem Bruchteil einer einzigen Mathestunde pro Woche auskommen. Die Zeit, um etwas zu erklären, ist viel zu kurz. Gerade diese Schüler/innen können aber nicht selbständig den Rest der Woche mit Arbeitsblättern oder einem anderen Mathebuch arbeiten. Sie müssten die zu bearbeitenden Aufgaben anschaulich erklärt bekommen.
Natürlich kann und will ich den Lehrern nicht vorschreiben, wie sie ihren Unterricht gestalten Nur eins steht fest: In Grundschulen, in denen fächerübergreifend und auch differenziert an Wochenplänen oder z.B. an Stationen o.a. gearbeitet wird, ist es wesentlich einfacher zu fördern.
Die Sekundarstufenlehrer können nichts für die Umstände, sie unterrichten ihr Fach. Es liegt generell an der Organisation der weiterführenden Schulen (Fachunterricht) und den viel zu wenigen Förderstunden pro Kind.
Die Sek I - Lehrer unterrichten die Förderschüler/innen den Großteil der Woche. Ich kann durch die eine einzige Wochenstunde pro Förderschüler/innen nicht dazu beitragen, dass die Schüler/innen den Rest der Woche in allen Fächern mitkommen und sogar noch in allen Fächern gefördert werden. Das ist unmöglich. Für jeden Schüler, der sonderpädagogisch gefördert wird, pro Woche 30 verschiedene Unterrichtsstunden (Fachunterricht, da sind Fächer dabei, von denen ich auch keine Ahnung habe) vorzubereiten, ist genausowenig meine Aufgabe wie letztendlich die der Regelschullehrer, den Stoff für Förderschüler in allen Stunden kleinschrittig "herunterzubrechen" bzw. ihm ganz andere Inhalte beizubringen. Denn dafür sind diese nicht ausgebildet und -der ungerechten unterschiedlichen Besoldung der Lehrer gemäß- werden diese sagen, sie werden dafür auch nicht bezahlt.
Soweit meine Sicht.
Letztendlich tun mir "meine" Förderschüler/innen leid, dass sie Opfer der Sparmaßnahmen werden.
Ich bin gespannt auf eure Erfahrungen.
Viele Grüße
Cat1970