Den Titel habe ich mit Absicht so provokativ gewählt. Ich bin immer noch neu an der Grundschule und im Beruf an sich. Bisher musste ich mich nur mit der Frage nach gutem Unterricht beschäftigen und füge mich absolut inkompetent im Umgang mit derartigen sozialen Problemen. Ich arbeite an einer Schule mit fast ausschließlich bildungsfernen Elternhäusern. Ich beobachte und unterhalte mich mit vielen Kindern und weiß, dass die Kinder allesamt arme Schweine sind, die für ihr Verhalten eigentlich nichts können.
Es geht hierbei um eine Klasse 5, die ich nur im Fachunterricht habe. Bei der Klassenlehrerin erlauben sie sich z.B. offene Beleidigungen im Unterricht nicht, obwohl ich mein Vorgehen mit der Klassenlehrerin absprach und genau das Gleiche wie sie machen. Sie hat, dank guter Raumsituation, sogar mal verdeckt einer Stunde zugehört und gab mir als Rückmeldung, dass ich das in der Konsequenz sehr gut gemacht habe. Daher denke ich: irgendwas muss ich ja ausstrahlen, dass die Kinder sich solche verbalen Ausfälle untereinander bei mir meinen erlauben zu dürfen.
Meinen Unterricht passe ich fortwährend an die Situation an: ich stelle so viel Transparenz wie möglich her, damit die Kinder einschätzen können, was auf sie zu kommt in der jeweiligen Stunde. Da Klassenunterricht durch Störungen fast unmöglich ist, muss ich die Balance finden zwischen kurz und knapp erklären und eigenständiger Erarbeitung finden. Das gelingt mal mehr, mal weniger gut. Ich glaube, dass ich da für mich auf dem richtigen Weg bin. Doch was mich viel mehr stört ist, dass das Soziale in dieser Klasse nicht stimmt.
Ich suche nach Wegen um bestimmte Verhaltensmuster aufzubrechen. Viele Kinder explodieren wahnsinnig schnell bei Kleinigkeiten, die sie oft nicht mal selbst betreffen (z.B. regen die sich wahnsinnig schnell auf, wenn ich nicht sofort bemerke, dass ihr jeweiliger Nachbar heute kein Arbeitsheft o.ä. dabei hat und empfinden das als ungerecht). Dann gibt es Situationen, in denen die Kinder sich einfach gegenseitig weiter beleidigen in einem Jargon, von dem ich noch neue Wörter lernen kann. Sie merken auch nicht, dass nie nur einer Schuld ist und bocken, wenn man sie bei Seite nehmen will um ein klärendes Gespräch zu führen. Sie verstehen nicht, dass es erst mal NICHT um Strafen geht, sondern um ein "Kind aus der Situation nehmen; erklären lassen, was passiert ist" geht. Sie fühlen sich grundsätzlich ungerecht behandelt.
In Gesprächen habe ich oft bemerkt, dass sie mich zwar anschauen, aber nicht verstehen, was ich sage. Die wiederholen dann nur den Grund für ihre Frustration - ja, einerseits sind sie dann noch zu wütend um halbwegs zu denken, andererseits haben sie in 10 Minuten schon wieder vergessen, was die Ausgangssituation war. Und wenn man dann halbwegs mit ihnen sprechen kann, dann kriegt man als Antwort meistens patzige Antworten aus Selbstschutz. Denn die Kinder wissen alle, dass sie sich nicht richtig verhalten, aber sie können es nicht ändern, auch wenn man ihnen konkret Vorschläge macht.
Gestern hatte ich 5 Stunden in einer bestimmten Klasse und dachte mir in der 6. Stunde: "Man, warum hassen die sich gegenseitig eigentlich so?" Mir ist bewusst, dass der Hass und alles Verhalten nicht auf den jeweiligen Gegner bestimmt ist, sondern vielmehr ein Ausdruck von Hilflosigkeit und Aufmerksamkeit sein wird. Da findet viel an Projektion statt. Ich habe gestern solche Spiele für mehr Sozialkompetenz versucht - ging oftmals gehörig schief, weil eben null Hilfsbereitschaft, Frustrationstoleranz und dieses Gefühl von "Ich komme zu kurz" dabei war und gleichzeitig war die Reflexion fast nicht existent, weil die Kinder noch nicht darüber nachdenken können.
Der Knaller gestern war: "Geh weg aus Deutschland, du bist hier nur Gast, du scheiß Türke!" Der Junge schrie dann völlig aufgelöst, dass er hier geboren wurde. Das Ganze hat am Montag noch ein Nachspiel, von dem ich jetzt noch nicht ganz weiß, wie es aussehen wird, da ich wohl eher die Eltern der Täter herzitieren müsste, die aber wahrscheinlich selbst nicht verstehen, was das Problematische an solchen Aussagen ist.
Klar gibt es keine Rezepte für den Umgang mit solchen Kindern, aber habt ihr vielleicht Anregungen, wie man solche Kinder dazu bringt, dass sie sich weniger körperlich/verbal attackieren? Selbst im Spaß raufen sie, weil sie nichts anderes zu kennen scheinen und alternative Vorschläge finden sie langweilig.
Nun bin ich auf eure Antworten gespannt.