Ich kann meine SuS ganz stupide Stöchiometrie und pH-Werte rechnen lassen, das kann jeder bzw. wer es wirklich nicht kann, der gehört wohl auch wirklich nicht ans Gymnasium. Ich kenne leider immer noch viele Kollegen "vom alten Schlag", die Chemie genau so unterrichten und sich dann wundern, warum keiner Bock drauf hat. Halte ich jetzt nicht für besonders geistreich. Oder nehmen wir die Physik ... was ist so wahnsinnig intellektuell dran, die ganze Stunde Aufgaben rechnen zu lassen, für die man jeweils nur den richtigen Buchstaben in der Formelsammlung finden muss? "Suche F = m x a und stelle die Formel nach einem beliebigen Buchstaben um". Da ich sowas eben schon oft genug bei den Kollegen gesehen habe, wage ich mich nicht nicht mich selbst allzuweit aus meinem MINT-Fensterchen rauszulehnen um die Phil-I-er zu verhöhnen.
Auf der anderen Seite gibt es auch Chemielehrer, und den Eindruck bekommt man beim Lesen dieses Abschnitts, die sich um Formeln, Rechnungen, Reaktionsmechanismen und komplexere Modelle wenig scheren und auch in der Oberstufe noch sehr phänomenologisch unterrichten. Habe auch so Kolleginnen, da ist wirklich alles schön bunt, es werden im Chemieunterricht Rollenspiele gemacht und in erster Linie spannende Showexperimente durchgeführt.
Von tiefgehender Auswertung dann aber keine Spur, da müsste man ja rechnen oder Formeln verwenden.
Auch werden da unzählige Stunden damit verbracht Internetrecherche zu betreiben und dann in weiteren Stunden bunte Plakate darüber zu erstellen, die in weiteren Stunden dann präsentiert werden.
Dadurch bleibt das Verständnis für Chemie sehr oberflächlich.
Man sollte mich nicht falsch verstehen, auch ich setze die von mir so negativ dargestellten Methoden ein, aber sehr punktuell.
Zur Chemie gehören Formeln, Rechnungen und Modelle. Man sollte diese natürlich in einen Kontext einbetten, sich eine Aufgabe überlegen, ein Problem, das es zu lösen gilt. Aber pH-Wert Berechnungen zu diskreditieren halte ich für falsch.
Sich mündig über chemische Sachverhalte äußern zu können, und das ist eine Kompetenz die SuS erlernen sollen, kann man nur, wenn man auch versteht was da chemisch vor sich geht. Um zu verstehen was passiert, muss man eben auch einen pH-Wert berechnen können.
Ist natürlich jetzt etwas off topic, aber was findest Du intellektuell fordernd, wenn nicht, dass SuS in Physik und Chemie auch Aufgaben rechnen?
Motivation ist nicht alles, es geht auch um den konkreten Erwerb von Kompetenzen.
Ein Beispiel aus dem Sportunterricht: Wir hatten einen Lehrer, der mit uns ganz viel Ballsportarten einfach nur gespielt hat, keine Vermittlung von Technik. Da konnten wir Jungs einfach Fußball zocken und hatten tierisch Spaß und haben uns wie Bolle auf die Sportstunden gefreut. Unbeliebte Themen wie Stöchiometrie äh ich meine Bodenturnen wurde da ganz klein gehalten. Dann gab es einen Lehrerwechsel und wir hatten jemanden der "alten Schule", nix mit einfach nur Spielen, höchstens zum Abschluss als Belohnung. Da ging es vor allem darum Übungen zu machen, Techniken (z.B. beim Volleyball) zu erlernen, das war "langweilig, anstrengend", wir wollten doch viel lieber einfach rumdaddeln.
Ich verstehe nichts von Sportdidaktik, aber auch dort kann man offensichtlich die Motivation auf Kosten der zu erwerbenden Kompetenzen erhöhen.
Auch dort macht es sicher die Mischung, die von Dir verunglimpfte "alte Schule" mit den "motivierenden Methoden" auszubalancieren.