Notengebung BaWü (Wechsel BL)

  • Hallo zusammen,


    ich hab im Februar mein Referendariat in Bayern (Gymnasium) abgeschlossen und zum neuen Schuljahr vollkommen überraschend eine Planstelle in Baden-Württemberg erhalten. Ich freue mich natürlich tierisch, andererseits scheint mir dort jede Menge anders zu sein als im, wie es mir vorkommt, ziemlich stark reglementierten Bayern. Vor allem, was die Noten betrifft. Demnentsprechend nervös bin ich nun. In Bayern werden die zu erbringenden Leistungen ja in große und kleine Leistungsnachweise (umgangssprachlich auch als mündlich bezeichnet) aufgeteilt, zu Letzteren zählen dann auch Stegreifaufgaben, die ja eigentlich schriftlich sind.
    Die Notenverordnung hab ich natürlich gelesen, aber wirklich schlauer bin ich nicht. Nun sind es ja noch gute drei Wochen, bis die Schule wieder anfängt, aber irgendwie hätte ich die Sache mit den Noten jetzt gerne geklärt, zumal ich ja auch den Schülern zu Beginn offenlegen muss, wie sich die Noten zusammensetzen und welche Kriterien ich für mündliche Noten anlege. Das macht man jetzt hier in BY ja eher nicht so. Und meine zukünftigen Kollegen kann ich auch erst bei der Konferenz befragen, was mir ehrlich gesagt ein bisschen zu spät ist.


    Meine (möglicherweise recht unintelligenten) Fragen sind nun:
    1) Die Gewichtung mündlich/schriftlich ist mir soweit klar, das wird an meiner Schule eh fachschaftsintern geregelt. Aber was zählt nun alles zur schriftlichen bzw. mündlichen Note? Die schriftliche Note setzt sich aus den Klassenarbeiten zusammen, das ist klar. Wie verhält es sich aber nun mit diesen schriftlichen Wiederholungsarbeiten, von denen ich gelesen hab? Wie zählen die zur schriftlichen Note? Man sagte mir, ich kann auch einige Kurztests schreiben und diese als eine Klassenarbeit zählen. Das ist dann aber wohl eher nicht das gleiche wie eine schriftliche Wiederholungsarbeit? Und wo wir schon dabei sind: Gibt es unangekündigte Tests, also Stegreifaufgaben, in BaWü überhaupt?
    2) Was zählt zur mündlichen Note? Tatsächlich nur die Unterrichtsbeitragsnote? Oder auch Sachen wie Abfragen, Lesenoten, Gedichtvorträge, Referate? Oder sind Referate dann schon praktische Leistungen?
    3) Gibt esbestimmte Richtlinien, nach welchen die mündliche Note=Unterrichtsbeitragsnote zu ermitteln ist? Damit meine ich jetzt weniger die Kriterien, anhand derer eine Note vergeben wird, sondern eher die Art und Weise der Benotung. Wir haben im Seminar gelernt, uns in einer Woche oder auch über einen längeren Zeitraum pro Klasse drei oder vier (oder wie viele man halt will) Schüler rauszupicken und diese dann intensiver zu beobachten. Für diesen Zeitraum wird eine Note vergeben. Könnte ich das so machen oder spräche da schulrechtlich was dagegen? Ich muss dazu sagen, dass ich "das" System für Unterrichtsbeitragsnoten für mich noch nicht gefunden hab.


    Das war's erstmal, aber mir fällt sicher noch mehr ein!
    Gibt's noch etwas, auf das ich eurer Meinung nach achten muss?


    Danke schon mal für eure Hilfe!


    Stella

  • Hey!
    Mir ging es auch so, ich habe vor einem Jahr von Bayern nach BaWü gewechselt. Völlig überrascht haben mich die Noten - aus Bayern kannte ich 1,2,3,4,5,6 und manchmal halt auch +/-. Hier mit der 'offiziellen' 3-4 /4-5 usw. stand ich erst mal vor einem Rechnungsproblem ;)


    Zu deinen Fragen:
    1) Ich mache es in Englisch so, dass alle Tests zusammen wie eine 5. Klassenarbeit zählen. So machen es Kollegen, ich hab mich angepasst.
    Wiederholungsarbeiten sagt mir ehrlich gesagt nichts. Ich habs jetzt gegoogelt - das ist das, was der Bayer als Ex/Stegreifaufgabe kennt, also ein Test.
    Unangekündigte Tests schreibt an meiner Schule wohl keiner. Also hab ich mich da auch angepasst, finde es aber bescheuert. Ich überlege ernsthaft, da ab dem nächsten Schuljahr aus dem Rahmen zu fallen. ;)


    2) Abfragen macht (an meiner Schule) auch keiner. Auf die verzichte ich jetzt also auch.


    3) Ich muss offen zugeben, dass mir das perfekte System da auch noch fehlt. Vielleicht hat ja jemand da bessere Ansätze... es gab hier glaube ich auch mal nen Thread dazu.


    Viel Spaß auf jeden Fall in BaWü :)

  • Hey,


    schon mal danke für deine Antwort. Das mit den halben Noten bzw. Viertelnoten war mir schon bekannt. Wie funktioniert das dann in der Praxis? Also, mal angenommen, ich hätte folgenden Punkteschlüssel für eine Arbeit:


    20-18 = 1
    17,5-15,5 = 2
    15-13 = 3
    12,5-10 =4
    9,5-7,5 = 5
    7-0 = 6


    Jemand, der 15,5 Punkte hätte, hätte dann eine 2-. Das wäre dann in BaWü eine 2,25? Jemand mit 12,5 Punkten eine 3+, also 2,75? Oder ist das jetzt völliger Schmarrn? Und wo kommen die halben Noten her? Wann hat jemand beispielsweise eine 2-3 (rechnerisch 2,5?) in einer Arbeit?


    Spaß werde ich sicher haben, sobald alle Unklarheiten beseitigt sind. Bin schon gespannt, wie's wird! :)


    Stella

  • Hallo!
    Zu deinem Punkteschlüssel: Den fände ich für Englisch für eine KA in US und MS eher strenger (bei einem Vokabeltest dagegen recht nett), sofern ich einen ordentlichen Teil freies Schreiben dabeihätte. Gut kommt man klar mit Vielfachen von 6, z.B. 24 Punkte in der KA, dann geht es mit den Viertelnoten gut auf. Wenn es nicht gut aufgeht, achte ich darauf, dass eine breitere Punktespanne bei den ganzen Noten da ist und evtl. auch die 1 noch besser zu erreichen ist. Bei Tests etc. mit wenig Punkten gebe ich z.B. bei ,5 die Viertelnoten. Hier für 50% = Note 4 ein simples Beispiel (du musst dir dann noch überlegen, ob du bei ,5 aufrundest oder nicht):
    24 = 1
    23 = 1,25
    22 = 1,5
    21 = 1,75
    20 = 2
    19 = 2,25
    18 = 2,5
    17 = 2,75
    16 = 3
    15 = 3,25
    14 = 3,5
    13 = 3,75
    12 = 4...


    In der Kursstufe kannst du natürlich den Abimaßstab als Grundlage nehmen. Bei Notenberechnen am Schuljahresende bitte beachten: Kappen nach der ersten Stelle nach dem Komma, nicht runden.
    Im Grunde muss man alle Schülerleistungen den Bereichen Mündliches oder Schriftliches zuordnen. In deinen Fächern sind keine "praktischen Leistungen" vorgesehen. Du hast dabei aber auch gewisse Freiheiten. Ausnahme: GFS = gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen. Jede/r S in Kl. 7-10 muss eine pro Schuljahr in EINEM Fach erbringen (jede Schule regelt selbst, wie viele GFS die Fachlehrer annehmen müssen). Die soll gleichwertig wie eine KA sein und zählt deshalb genau so viel wie eine KA, d.h. ein/e S kann also 5 KA-Noten in deinem Fach haben und alle anderen nur 4.
    Du als Fachlehrerin kannst darüber hinaus eine "GFS" für die gesamte Klasse ansetzen, die dann auch wie eine weitere KA gezählt wird (zu GFS siehe NVO §9 Absatz 5)
    Zur Aufteilung in schriftlich/mündlich:
    Ich zähle Tests (offiziell "Schriftliche Wiederholungsarbeiten", NVO §8) auch als 5. KA (Fachschaftsbeschluss in einem meiner Fächer) -- heißen "schriftlich", müssen also Teil der schriftlichen Note sein. Zu "mündlich" zählen z.B. bei mir die klassische Unterrichtsbeitragsnote (bei mir ca. 2 pro Halbjahr), mündliche Abfragen (wo sollen die auch sonst zählen, sind ja mündlich) u.a. mündl. Einzelnoten wie Lesenoten, Vorträge (ist doch beides "mündlich"), auch Referate und Gruppenarbeiten, auch wenn da teils Handouts oder Poster schriftlich angefertigt werden.
    Unangekündigte Tests sind rechtlich völlig in Ordnung, so lange die Vorgaben (max. 20min, vorangegangene Stunden bzw. Hausaufgaben, auch Vokabeln) eingehalten werden. Mir erschließt sich übrigens der Sinn nicht, aber egal. Das handhabt bei uns jede/r anders.
    Für Unterrichtsbeitragsnoten nehme ich inzwischen ein Raster, das ich im Lauf der Zeit auch noch optimiere. Wurde in einem anderen Thread schon mal diskutiert. Aber frag doch erstmal in deinen Fachschaften nach deren Material und Beschlusslage.

  • Danke!
    @blabla: Der Punkteschlüssel war einfach nur ein Beispiel, da werde ich ohnehin noch fragen, wie das an meiner Schule gehandhabt wird (ich kenne es so, dass bestimmte Schwellen manchmal von der Fachschaft vorgegeben werden). Also, ich sehe schon, dass das um einiges zahlen- und rechenlastiger ist als ich es gewohnt bin. Aber gut, macht natürlich Sinn, wenn es Zwischennoten gibt, dass das dann auch in Abhängigkeit der erreichten Punktzahl geschieht. Heißt das, dass du bei einer höheren Gesamtpunktzahl keine halben Punkte vergibst? Oder meintest du das mit "bei ,5 gg. runden"?


    Danke auch für die Infos bezüglich der Zurdnung der Leistungen. Irgendwie hatte ich da ein ziemliches Brett vor dem Kopf. Was die GFS betrifft, ist das bei uns so geregelt, dass man so viele GSF annimmt, wie man Stunden in der Klasse unterrichtet. Aber da brauche ich eh noch mehr Infos, wie das dann genau abläuft. Damit pressiert's mir aber nicht so sehr wie mit der Notenfrage.
    Du hast jetzt jedenfalls ziemlich viel für mich geklärt, also danke dafür!


    Was die unangeküdigten Tests betrifft: Ich hab Klassen gehabt, die sich nie auf die Folgestunde vorbereitet bzw. den Stoff wiederholt haben, abgesehen von vereinzelten Schülern, die vermuteten, abgefragt zu werden. Die brauchten den (Noten-)Druck eines möglichen, nicht angesagten Tests, um kontinuierlich zu lernen und nicht nur Saisonarbeit zu leisten. Ich hatte aber auch schon Klassen, bei denen war das nicht nötig, da hab ich die eine pro Halbjahr verlangte Ex geschrieben und gut war's. Die blieben immer am Ball, zumindest die meisten. In Deutsch find/fand ich Exen auch oft überflüssig, in Englisch hingegen schon.


    cassiopeia: Damit muss ich mich mal in Ruhe auseinandersetzen! Danke!


    Jetzt hab ich aber doch noch eine Frage wegen der Unterrichtsbeiträge: Muss ich da wirklich immer alle Schüler auf einmal bewerten/beobachten oder kann ich das über einen bestimmten Zeitraum auf einige Schüler beschränken? Ich kann mir nämlich sonst nicht vorstellen, wie ich mir bei geschätzten 210 Schülern nach jeder Stunde Notizen machen soll.


    Eigentlich hab ich das Gefühl, nochmal ein Ref in BaWü zu brauchen. Aber mein neuer Chef versicherte mir, dass die Umstellung nicht schwer wird. Na, dann glaub ich ihm das mal!


  • Heißt das, dass du bei einer höheren Gesamtpunktzahl keine halben Punkte vergibst? Oder meintest du das mit "bei ,5 gg. runden"?

    Keine halben Punkte zu vergeben ist natürlich die einfachste Möglichkeit. Allerdings kommt das auf die erreichbare Gesamtpunktzahl an und die Art der Aufgaben. Manchmal sind halbe Punkte praktisch. Ich meinte, dass ein S z.B. 16,5 Punkte erreicht hat nach obiger Skala und die Frage auftaucht, ob ich aufrunde auf 17 und damit die bessere Note 3+ gebe oder aber bei der 3 bleibe. Da wärst du aber völlig frei.
    Unangesagte Tests: Ich habe und hatte oft Schüler, die sich mit oder ohne Ansagen standhaft weigern, Vokabeln zu lernen - kein Effekt. Außerdem geben die meisten Kollegen, die unangesagte Tests schreiben, doch bedeutsame Winke mit dem Zaunpfahl oder aber der Zeitpunkt ist sehr vorhersehbar; dann kann ich auch gleich ansagen.
    Unterrichtsbeiträge:



    Unterrichtsbeiträge: Muss ich da wirklich immer alle Schüler auf einmal bewerten/beobachten oder kann ich das über einen bestimmten Zeitraum auf einige Schüler beschränken? Ich kann mir nämlich sonst nicht vorstellen, wie ich mir bei geschätzten 210 Schülern nach jeder Stunde Notizen machen soll.

    Nein, nein, keine Sorge! Alles ganz entspannt. Du folgst deinem bewährten System.

  • Nachtrag: Natürlich gerne geschehen!
    Du bekommst das schon hin. Man sagt, dass man in BW als Lehrer recht viel Freiheit hat im Vergleich zu andern Bundesländern.

  • Willkommen in Baden-Württemberg!


    Einen kleinen Tipp möchte ich geben: Die bayerischen termini technici "Schulaufgaben" und "Exen" musst Du Dir abgewöhnen, weil die bei uns völlig unbekannt sind. "Klassenarbeiten" und "Tests/ Kurztests" sind hier üblich.


    Die von blabla92 angesprochene Freiheit wirst Du genießen: Es gibt keine Verpflichtung, von jeder Klassenarbeit drei Exemplare dem Fachabteilungsleiter zur Kontrolle vorzulegen.

  • Was machst du dir den Terz mit halben und Viertelspunkten?
    Da bekommst du beim Zusammenrechnen doch die Krise.


    Es spricht nichts dagegen, in einer Klassenarbeit 85 Punkte zu vergeben.
    Mit einer passenden Exceltabelle ist die Umrechnung und/oder Erstellung einer Notenskala dann ein Kinderspiel.


    Beispiele findest du beim Lehrerfreund oder hier:
    http://www.autenrieths.de/links/linkdiagnose.htm#zeugnis


    Deine "Bibel" zur Notenvergabe ist die Notenverordnung:
    http://www.landesrecht-bw.de/j…od.psml&max=true&aiz=true


    Zentral ist Abschnitt 3, §7:


    Satz (2) gibt dir die Freiheit (und die Vorgabe) bei Bedarf und mit pädagogisch-fachlicher Begründung von der rein arithmetischen Berechnung abzuweichen.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Alias, danke für den Link, das ist genau das, was ich gesucht habe!
    Es ging ja nicht um Viertelpunkte (das macht hoffentlich keiner), sondern nur um halbe Punkte bei KAs/Tests. Ich finde halbe Punkte nämlich schon ganz praktisch.


    Beziehzt sich Satz (2) der NVO nicht nur auf die End-/Zeugnisnote des Faches? Kann mir nur schwer vorstellen, dass das auch bei KAs und Tests zur Anwedungen kommen soll. Oder doch?


    In BY unterliegen einfach sehr viele Dinge festgelegten Regeln, sodass sich die eigene Freiheit in Grenzen hält. Daher bin ich momentan ein kleines bisschen überfordert, weil ich natürlich auch nichts falsch machen möchte. Zudem mache ich mir gern über ungelegte Eier Gedanken, was jetzt nicht wirklich die beste Kombination ist.


    Danke für eure Hilfe!

  • Beziehzt sich Satz (2) der NVO nicht nur auf die End-/Zeugnisnote des Faches? Kann mir nur schwer vorstellen, dass das auch bei KAs und Tests zur Anwedungen kommen soll. Oder doch?

    Das bezieht sich nur auf die Zeugnisnote. Bei KA's und Tests müssen die Maßstäbe (eigentlich) für alle gleich sein.
    "Eigentlich" bezieht sich auf die Gemeinschaftsschule, in der auf verschiedenen Kompetenzniveaus unterrichtet und beurteilt wird.
    Aber das ist ein eigenes Kapitel.


    "Eigentlich" bezieht sich auch auf Schüler, die wegen LRS, Dyskalkulie oder anderer Handicaps einen Nachteilsausgleich erhalten.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

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