Lehrer auf dem Land oder in der Stadt

  • Ich wohne in der Stadt und unterrichte auf dem Land. Grund: Basel ist nicht Einzugsgebiet unserer Schule, daher kaum Schülerkontakt im Privatleben. Finde ich persönlich extrem wichtig. Ich mag meine Jungs und Mädels, aber nach "Dienstschluss" ist's auch mal gut.


    Da bei uns das Öffi-Netz extrem gut ausgebaut ist, ist es mobilitätstechnisch fast egal wo man wohnt. Vielleicht spielt es irgendwo im Appenzell eine Rolle, aber da würde ich aus ganz anderen Gründen nicht wohnen wollen ;) Ich kann noch nicht mal Auto fahren.


    Die Schülerklientel finde ich hüben wie drüben ziemlich gleich. Hängt stark von der Schule ab. Irgendwie etablieren sich hier gerne gewisse "Schulmythen" und die bestimmen dann das Klima. So sind wir im Kanton trotz Land z. B. das Gym mit dem grössten Ausländeranteil. Dazu kommen noch viele Kinder einfacher Arbeitereltern. Ich finde das ganz schick so, die sind alle sehr brav. :)

  • Leben auf dem Dorf? Jenseits jeglicher Zivilisation und Kultur? Da, wo die Dorf"gemeinschaft" jeden kontrolliert, beschnüffelt, sanktioniert, der irgendwie anders als das gewünschte ist?


    Unerträglich. Niemals würde ich auf dem Land unterrichten und noch weniger da leben.

  • Ich bin heilfroh, in der Stadt zu wohnen! Dieses Übernzaungucken-und-Rasenhöhe beurteilen- ich würd die Krise kriegen.


    Meine Mitmenschen dürfen ihr Sexualleben gestalten, wie sie es für richtig halten, Kinder kriegen oder es sein lassen, arbeiten oder Kinder betreuen, so lange sie das möchten, keinem Schützenvereinzwang unterliegen, Rastas tragen oder Glatze und Auto oder Straßenbahn fahren, wie sie es sich leisten wollen oder können, zu Hause Kisuaheli reden oder Plattdeutsch.


    Und genauso möchte ich auch, dass mir das zugestanden wird- daher: Stadt.

    • Offizieller Beitrag

    ganz ehrlich: das dürfen sie auch bei uns auf dem Dorf!


    Die Frage ist eher die eigene Einstellung. Wenn man sich beobachtet fühlt, egal ob in der Stadt oder auf dem Dorf, und sich daran stört --- dann kann man nirgendwo glücklich werden.

  • Die Frage des Lebensstandards finde ich nicht gerade unwichtig.
    Ich ziehe hier auch mal die Parallele zur freien Wirtschaft:
    Ich kenne einen Unternehmensberater, der in Frankfurt lebt und arbeitet. Er hat ein verdammt hohes Gehalt, zahlt aber für seine Wohnung in guter Frankfurter Gegend verdammt viel, zahlt für seine beiden Kinder extreme Kindergartenbeiträge und die Lebenshaltungskosten sind enorm.


    Gleichzeitig ist ein entfernter Verwandter von mir Meister in einem Industrieunternehmen in Lippstadt. Dort zahlt er für ein freistehendes Haus weitaus weniger, als der Unternehmensberater für seine Wohnung, der Kindergarten ist günstig und unterm Strich würde ich sagen, er hat das bessere Leben und ist der eigentliche Gewinner.


    Wenn ich das nun auf unseren Beruf übertrage muss ich sagen, dass man in vielen Großstädten nicht weit kommt, auf dem Land aber definitiv zur oberen Einkommensschicht gehört.
    Das spielt schon eine erhebliche Rolle, finde ich.


  • Wenn ich das nun auf unseren Beruf übertrage muss ich sagen, dass man in vielen Großstädten nicht weit kommt, auf dem Land aber definitiv zur oberen Einkommensschicht gehört.

    Gut, bei mir bedingt die berufliche Fachrichtung bereits eine gewisse ländliche Orientierung, aber wenn ich das mit Freunden und Kollegen vergleiche, dann würde ich alleine aus Kostengründen das Landleben bevorzugen. Freunde haben gerade in Hannover ein Reihenendhaus gekauft. 140 qm mit 40 qm Garten für 280.000 € zzgl. Renovierung. Kategorie: "Pst, ich höre nicht was Meyers zwei Häuser weiter gerade sagen". Mit der gleichen Wohnfläche ging im Solling unlängst die Försterei der Forstgenossenschaft eines Kollegen (Ortsrandlage; 2.000 qm Garten; freistehend; in den letzten Jahren vollständig saniert; Heizung: Pellets, zwei Jahre alt; Kindergarten, Grundschule und Supermarkt fußläufig in zehn Minuten erreichbar) über den Tisch. Preis 50.000 €.


    Leben in der Stadt oder auf dem Land ist immer eine gewisse Typfrage. Ich fahre für die paar Kinobesuche gerne in das Kleinstadtkino 14 km weiter und bin bereit für alles zu das Auto zu nehmen, was der Tante-Emma-Laden im Dorf nicht hat. Theater, Oper, etc. - dafür sind es eben 85 km (eine Strecke). Aber wie oft nutze ich das? Dafür gehe ich täglich mit meinen Hunden, habe die Pferde und Ziegen am Haus und gucke in drei Richtungen auf Wälder, Felder und meine Weiden. Das bei mir der Rasen etwas höher steht, hat zwar den einzigen Nachbarn sowie Spaziergänger aus dem Dorf anfangs etwas irritiert, andererseits wird das bei einem Lehrer hingenommen. Da darf es scheinbar etwas "alternativer" sein. Unter unserem Dach brüten mittlerweile sieben Vogelarten, die größten davon sind ein Turmfalkenpaar. Unser halbzahmer Waschbär lebt seit vier Jahren auf dem Dachboden des Stalltrakts, regelmäßig kommen Schwarzstorch, Uhu und Wildschweine ans Haus. Vor drei Monaten saß nachts sogar ein verliebter Luchskater hinter dem Zaun. Das ist für mich Lebensqualität.

  • Was für mich da auch wichtig wäre, unabhängig von Stadt oder Land: Die Verfügbarkeit vom Einzelhandel in der Nähe. Wenn ich in der absoluten Pampa wohne, kann ich mich jetzt noch ins Auto schwingen. Bin ich 80 - muss ich für jede vergessene Butter gleich meine Kinder anrufen, die mir das vorbeibringen. (Oder ich fahre noch Auto, was ich nicht hoffe)

    • Offizieller Beitrag

    Bin ich 80 - muss ich für jede vergessene Butter gleich meine Kinder anrufen, die mir das vorbeibringen. (Oder ich fahre noch Auto, was ich nicht hoffe)

    Darüber würde ich mir jetzt noch keine allzugroßen Gedanken machen.
    1. Wer weiß, ob es den jetzt vorhandenen Einzelhandel bis dahin bei dir im Ort noch gibt
    2. Wer weiß, ob nicht deine Schule geschlossen und du versetzt wirst
    3. Wer weiß, ob du überhaupt bis in alle Ewigkeit dort wohnen bleiben willst (auch aus anderen als den Einkaufsgründen)
    4. Wer weiß, wie du mit 80 noch drauf bist: 80 ist das das neue 70. :D --heute schon
    5. wer weiß, ob du überhaupt 80 wirst.


    nein, wenn ich etwas plane, dann mittelfristig für meine jetzigen Bedürfnisse. Ob ich in 30, 40oder gar 50 Jahren nicht etwas völlig Anderes brauche, möchte, plane, denke...... wie soll ich das vorhersehen können?
    Weiter als 10 oder 15 Jahre kann man m.E. nicht vorherplanen.


    Dafür ist bei mir in den letzten 10 Jahren viel zu viel völlig Unerwartetes, Lebensveränderndes passiert

  • Leben auf dem Dorf? Jenseits jeglicher Zivilisation und Kultur? Da, wo die Dorf"gemeinschaft" jeden kontrolliert, beschnüffelt, sanktioniert, der irgendwie anders als das gewünschte ist?


    Unerträglich. Niemals würde ich auf dem Land unterrichten und noch weniger da leben.

    So hat jeder seine Vorurteile. Und in unseren Dörfern gibt es sehr wohl Zivilisation und Kultur.

  • Ich bin auf einem südoldenburger Kuhkaff aufgewachsen. Ich weiß, wovon ich spreche.

    Du weisst, dass es in Deinem südoldenburgischen Kuhkaff blöd war und das auch nur Deiner persönlichen Ansicht nach. Auf Basis dieser Erfahrung gleich die allgemeine Zivilisations- und Kulturkeule auszupacken ist vielleicht ein wenig ... naja ... übertrieben.

  • Also...mir gefällt es auf meinem "ostdeutschen Kuhkaff". Keine lauter Verkehr, nur 10 min mit dem Auto zur Arbeit, keine Parkplatzprobleme, 3.000 qm Garten mit Bäumen und Teich, Auslauf für den Hund, Edeka + Penny + Apotheke + Hausärztin + Grundschule in 10 min Gehzeit erreichbar, nächstes Kino + Bowlingbahn + Fitnessstudio in 15 min, Oper + Theater in 45 min.

  • Ich arbeite in einem Städchen und lebe auf dem Land. 15-20 Minuten Arbeitsweg, angenehme Umgebung, niedrige Kosten. Unsere SuS sind durchaus auch gemischt, manche Stadt, manche Land. Und sind ganz ordentliche Schüler - meistens ;)


    Mein "Dorf" ist ein richtiges Lehrernest, hier leben auch einige meiner Kollegen. Auch das hat Vor- und Nachteile, spricht aber für den Standort.

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