Siezt ihr eure Schüler?

  • Da ich nicht in der Sek 2 unterrichte, kann ich nur von meinen eigenen Erfahrungen berichten. Bei uns wurde ab der Oberstufe gesiezt. Da ich nach der 10. Klasse vom normalen Gymi auf ein berufliches Gymi (nur Sek 2) wechselte, war es dort noch deutlicher: Dort wurde durchgehend gesiezt.


    Ich würde es auch versuchen, kann mir aber vorstellen, dass es schwer durchzuziehen ist, gerade wenn man die Schüler schon länger kennt.


    In der Grundschule gibt es ja noch das umgekehrte Phänomen: Die Schüler duzen die Lehrer. "Du, Frau Nomegusta, kannst du mir mal helfen?" Ich kenne das aus allen Grundschulen, an denen ich unterrichtet/ hospitiert habe. Ab Klasse 5 werden Lehrer gesiezt.


    Witzig war es dieses Jahr in der Projektprüfung (Klasse 9). Die Schüler zu uns (Prüfungskommission): "Nun stellen wir euch unser Thema vor." Das Siezen im Plural haben sie nicht hinbekommen. :S


    Wie ist das bei euch?

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Sooo viele Links wegen einem kleinen Tippfehler.


    Die Schullinksammlung hab ich aus beruflichen Gründen immer parat, das kostet mich nur nen Klick ... wenn's dir mal langweilig ist, kannste ja mal durchgucken.

    Zitat

    Bleibt aber trotzdem meine Frage (-
    die wahrscheinlich jetzt erst wirklich Sinn macht): Worin unterscheiden
    sich denn die Oberstufenschulen von den FOS? Oder gibt es die, also die
    FOS, in Hessen dann gar nicht?


    FOS gibt es bei uns - ob es aber dasselbe ist, wie in Bayern? - hier ist die FOS eine (berufsorientierte) Fachoberschule, in der man die Fachhochschulreife erwerben kann, sie haben meist bestimmte Richtungen "Technik", "Soziales" , "Gesundheit" usw. Abitur kann man dort nicht (direkt) machen.
    Die GOS - die gymnasialen Oberstufen - sind reine Gymnasialen Oberstufen, wie der Name schon sagt, und ursprünglich für diejenigen gedacht, die
    aus anderen Schulformen weitergehen, um Abitur zu machen: Realschule, erweiterter Hauptschulabschluss, Mittelstufengymnasium, IGS ohne
    Oberstufe, usw. Oft wechseln aber auch Schüler durchgängiger Gymnasien auf die reinen Oberstufen, aus diversen Gründen: Neuanfang, konsequente
    Abiturorientierung, usw.

    • Offizieller Beitrag

    Worin unterscheiden sich denn die Oberstufenschulen von den FOS? Oder gibt es die, also die FOS, in Hessen dann gar nicht?

    Auf dem Oberstufengymnasium bzw. Beruflichen Gymnasium macht man das Abitur, auf der FOS die Fachhochschulreife. Auf dem Abendgymnasium und Hessenkolleg kann man ggf. ein Jahr vor dem Abitur abgehen und je nach Berufserfahrung sofort oder später (z.B. nach einer Ausbildung) die Fachhochschulreife erwerben.


    PS: Jetzt erst gesehen, dass Meike schon geantwortet hat.

  • Die FOS scheint tatsächlich in etwa dasselbe zu sein wie in Bayern.

    Die GOS - die gymnasialen Oberstufen - sind reine Gymnasialen Oberstufen, wie der Name schon sagt, und ursprünglich für diejenigen gedacht, die
    aus anderen Schulformen weitergehen, um Abitur zu machen: Realschule, erweiterter Hauptschulabschluss, Mittelstufengymnasium, IGS ohne
    Oberstufe, usw. Oft wechseln aber auch Schüler durchgängiger Gymnasien auf die reinen Oberstufen, aus diversen Gründen: Neuanfang, konsequente
    Abiturorientierung, usw.

    DAS klingt richtig gut! Ich bin ja kein großer Verfechter der Gesamtschulen, das dreigliedrige Schulsystem macht für mich viel mehr Sinn. Ein Problem dabei ist in Bayern aber die große Selektion. Ich habe in meinem Leben noch keinen Förderplan schreiben müssen. Schüler, die es nicht packen, werden immer nur nach "unten" weitergeschoben. Im Sinne einer "Elitenförderung" am Gymnasium hat das durchaus auch seine Berechtigung, allerdings bleiben Spätentwickler und Schüler mit rein temporären Problemen gnadenlos auf der Strecke. Und das ist natürlich völlig indiskutabel.
    Die GOS scheint dafür genau die richtige Lösung zu sein. Die SuS gehen auf eine Schulform, die ihnen im Moment eher entgegenkommt, dafür haben sie nach dem mittleren Schulabschluss eine echte Möglichkeit, nochmal neu anzufangen und das Abi zu machen. Find ich super!
    Das brauchen wir in Bayern auch!

    • Offizieller Beitrag

    Ich arbeite auch mehr als gern da. Extrem heterogenes Publikum, sehr erwachsenes, kooperatives Kollegium, wenig Kindergeburtstagsgedöns. Schüler und Lehrer ziehen überwiegend an einem Strang: alle wollen, dass so viele wie möglich das Abi schaffen.


    Natürlich haben wir auch vereinzelte Quertreiber und Wahnsinnige hüben wie drüben, aber vergleichsweise ist das alles extrem professionell.


    Man muss aber leider auch sagen, dass es für Schüler von nichtgymnasialen Schulformen trotzdem schwer bleibt. Die Stofffülle ist da, die wissenschaftlichen Arbeitstechniken werden zwar im Rahmen eines recht ausführlichen Förderkonzepts angeboten - aber das Tempo ist hoch und es fehlt doch einigen an Selbstständigkeit. Die man eben auch nur begrenzt vermitteln kann - das ergibt ja schon der Wortsinn.

  • Also, bei uns an der Schule ist das offenbar unüblich... Im Ref habe ich die SuS der E-Phase geduzt (auf Anraten von... weiß ich nicht mehr? Irgendwer von dem ich annahm, dass er/sie schon Bescheid wisse. Und es vermutlich noch täte, wenn ich wüsste, wer es war. ^^ ). Dann an meiner jetzigen Stelle (ab 15 aufwärts) habe ich es allen angeboten und als Reaktion... haben die SuS unsicher gelacht. Naja, wenigstens mich nicht ausgelacht. :victory:
    Manchmal wünsche ich mir zwar ein distanziertes Sie, aber andererseits habe ich das Gefühl, dass ich meistens die SuS so besser ansprechen kann.


    @ fehlende Selbstständigkeit: Manchmal denke ich mir nur, Wow, so reif wäre ich gerne in dem Alter gewesen, sehr oft aber auch das Gegenteil. :sterne:

    Quiet brain, or I'll stab you with a Q-Tip!

  • Oft wechseln aber auch Schüler durchgängiger Gymnasien auf die reinen Oberstufen, aus diversen Gründen: Neuanfang, konsequente
    Abiturorientierung, usw.


    Ja ... DAS trägt meiner Meinung nach auch extrem zum "gross werden" bei und sicher nicht, ob jetzt ein Lehrer ab der Oberstufe plötzlich vom "Du" aufs "Sie" wechselt. Wir haben bei uns im Kanton Kurzzeitgymnasien, d. h. die SuS wechseln nach der obligatorischen Schulzeit erst mit dem 10. Schuljahr aufs Gym und damit auch das Schulhaus bzw. oft dann auch noch komplett den Ort des Geschehens. Da ändert sich dann extrem viel auf einmal für die jungen Leute:


    - Sie sind jetzt freiwillig an der Schule, d. h. es liegt komplett in ihrer Verantwortung, ob sie kommen und was lernen wollen oder es eben bleiben lassen. Wer das nicht schnallt, wird auch relativ zügig und konsequent wieder aussortiert (natürlich freundlich und begleitet mit Beratung für einen "Plan B" - falls gewünscht ...). Es gibt keine Pausenaufsicht mehr und wir können unseren SuS auch nicht ernsthaft ans Bein pinkeln, wenn sie zu spät oder gar nicht kommen. Solange das Jahreszeugnis am Ende "genügend" ist, haben wir keine rechtliche Handhabe gegen derlei Vergehen. Natürlich haben wir ein Absenzenwesen und versuchen "problematische" SuS auch so gut es geht zu triezen, aber schlussendlich läuft es bei vielen Kollegen einfach so, dass man versucht eine Unterrichtsstunde derartig mit Stoff vollzustopfen, dass sich die SuS gar nicht erst trauen zu schwänzen.
    - Sie wechseln ins reine Fachlehrer-System. Die Sek-I-Kollegen studieren bei uns "auf Lehramt" an der PH mit bis zu 5 verschiedenen Fächern, die Pädagogik steht viel mehr im Vordergrund, als die Vermittlung von Fachwissen. Am Gym stehen dann Fachpersonen vor den SuS, die häufig irgendeine Art von beruflichem Leben vor der Schule vorzuweisen haben. Selbstverständlich kümmern wir uns bei Bedarf um unsere SuS auch ausserhalb des Unterrichts, aber es wird eben nicht mehr betüddelt, kontrolliert, getrieben, gerügt wenn Hausaufgaben nicht gemacht wurden etc. sondern es läuft alles nach dem Motto - Eure Verantwortung, es braucht dann auch keiner heulen, wenn die nächste Prüfung schlecht rauskommt.
    - Die Klassen werden neu gebildet, bei uns an der Schule kommen speziell sogar SuS aus zwei Kantonen zusammen. Alle wissen, dass jetzt nur noch die mit den guten bis sehr guten Abschlusszeugnissen vom Progym bzw. der Bezirksschule zusammensitzen. Ich würde schätzen, dass über 80 % unserer SuS mit dem festen Vorsatz an die Uni zu gehen und zu studieren zu uns ans Gym kommen. Diejenigen, die es gerade eben so geschafft haben und eigentlich keinen richtigen Plan haben, sind mit grosser Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich die, die das erste Jahr nicht überleben und dann eben nach unten durchgereicht werden. Unsere SuS müssen nach der 9. Klasse eine ernsthafte Entscheidung treffen: entweder eine Lehrstelle antreten, oder eben ans Gym bzw. Fachmittelschule. Wer an die FMS geht, muss sich für ein Berufsfeld (Gesundheit, Pädagogik, Gestalten oder Soziales) entscheiden, wer ans Gym geht, wählt ein Schwerpunktfach, das häufig schon konkret nach dem Studienwunsch ausgesucht wird (ich habe z. B. viele im SPF Bio/Chemie sitzen, die Medizin studieren wollen).


    Das ist für so junge Menschen alles ziemlich viel und gewichtig, was man da so entscheiden muss und ich finde, das hat auf die meisten von ihnen einen ziemlich krassen Effekt. Ich denke mir sehr oft, wenn ich unsere schweizer Jugendlichen mit gleichaltrigen deutschen Jugendlichen vergleiche "meine Güte ... sind die hier erwachsen und selbständig". Da fällt es mir dann auch wirklich nicht mehr schwer, 15- und 16-Jährige zu siezen, es sind halt oft einfach schon junge Erwachsene :)

    • Offizieller Beitrag

    Nach ihrer Meinung befragt, gibt es übrigens solche und solche Schüler bei uns: die einen empfinden es als ungewohnt/ungewollt große Distanz und hätten's lieber anders, die anderen (ich würde sagen 60% Mehrheit, jedenfalls nach den letzten, etwas länger zurück liegenden Umfragen) warten da schon sehrnsüchtig drauf und empfinden es als ein Zeichen von Respekt und Erwachsensein.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Ich glaube würde man sie fragen, würden sich die meisten unserer SuS auch duzen lassen. Im Eifer des Gefechts wechseln sie uns gegenüber auch hin und wieder auf das Du ("Wart mal schnell ...") und bekommen dann schnell rote Ohren ;)

  • Neben der angeblich so wichtigen Kleiderordnung halte ich das Thema dieses Strangs für das meistüberschätzte Thema aus dem Schulbereich überhaupt.


    Ich war auf einer Integrierten Gesamtschule, wo sich alle (!) duzten und bin auf einem Gymnasium, wo ab E gesiezt wird.


    Der Respekt bzw. dessen Mangel war gegenüber allen KollegInnen gefühlt -- identisch!


    Mein Lehrer-Ich schert sich wenig um Anzug oder T-Shirt bzw. Siezen oder Duzen.

  • Zu G9 Zeiten habe ich in der Oberstufe konsequent gesiezt, was mir damals schon schwer fiel, wenn ich Schüler vorher schon unterrichtet hatte und dann nach sechs Wochen Ferien das fremde "Sie" kommen sollte. Deshalb hatte ich mir schön auf meinen Laufzettel oben etwas größer "siezen!" in die Ecke geschrieben. Das hat die erste Reihe gesehen und sich gnadenlos amüsiert und es war endgültig vorbei mit dem Siezen...
    Heute im G8 sind es ja wirlich noch Kinder.

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

  • Ich glaube würde man sie fragen, würden sich die meisten unserer SuS auch duzen lassen.


    Die Schüler sollten aber lernen, dass sie mit 16/17/18 keine Kinder mehr sind, sondern als (junge) Erwachsene mit anderen Erwachsenen auf einer beruflichen/professionellen Ebene kommunizieren. Und da ist das gegenseitige "Sie" die verpflichtende Ansprache.


    Deshalb sieze ich grundsätzlich alle Schüler der Sek II mit Nachnamen, ganz genauso wie ich selbst auch von allen Schülern erwarte angesprochen zu werden. Das sage ich auch in allen meinen Kursen zu Beginn der Sek II.

  • Wie du meiner Anfangsfrage entnehmen kannst, ging es mir nicht um gegenseitiges Duzen oder Siezen oder fehlenden Respekt des Schülers gegenüber dem Lehrer, sondern um das Siezen der Oberstufenschüler durch den Lehrer.

  • Und da ist das gegenseitige "Sie" die verpflichtende Ansprache.

    Nein, ist es in der Schweiz tatsächlich nicht. Hier wird viel schneller und viel selbstverständlicher geduzt, als in Deutschland. ;)

  • Beim Vornamen bleibe ich allerdings. Ist die Ansprache mit Nachnamen bei Euch üblich?

    Sprechen die Schüler Dich mit Vornamen an?


    Ich fände es etwas seltsam, wenn ein Schüler zu seinem Lehrer sagte:"Thomas, könnten Sie das bitte nochmal erklären?"

  • Nein, ist es in der Schweiz tatsächlich nicht. Hier wird viel schneller und viel selbstverständlicher geduzt, als in Deutschland. ;)

    Ich empfinde es als äusserst unhöflich, einen Fremden unaufgefordert zu duzen oder mit Vornamen anzusprechen. Besonders im beruflichen Kontext zeugt so ein Verhalten meiner Meinung nach von mangelnder Professionalität und fehlendem Respekt.


    Selbst im Lehrerkollegium wird nicht grundsätzlich geduzt.

  • Andere Länder, andere Sitten ;) Ich duze ja nicht grundsätzlich jeden Fremden, dem ich begegne. Grundsätzlich erst mal Sie und dann abwarten was passiert ...


    Aber mein Eindruck ist - je höher der Bildungsgrad, desto schneller das Du. Zumindest habe ich auch in Deutschland an der Uni 12 Jahre lang fast ausschliesslich das Du gebraucht. In Genf dann eher mal das Sie bzw. das französische vous eben, aber das liegt dann wiederum am kulturellen Einfluss des Französischen im Allgemeinen.


    Jetzt an der Schule sind wir im Kollegium alle per Du, vom Hausmeister bis zur Rektorin. Mit den Schülern ist das so eine formelle Sache mit dem Sie ... Man macht es eben so. Für mich hat es aber nicht primär was mit Respekt zu tun. Da gehört viel mehr dazu. Ich kann auch meine Chefin mit Du ansprechen und sie bleibt trotzdem meine Chefin. Der Inhalt der Gespräche definiert für mich das professionelle Verhältnis.

  • Andere Länder, andere Sitten ;) Ich duze ja nicht grundsätzlich jeden Fremden, dem ich begegne. Grundsätzlich erst mal Sie und dann abwarten was passiert ...


    Ja so mache ich das auch. Das "Du" biete ich ausschliesslich Personen an, mit denen ich einen relativ vertraulichen Umgang pflege, der auch über die rein berufliche Zusammenarbeit hinausgeht.


    Auch die Kollegen sieze ich erstmal mit Nachnamen. Zu einigen Kollegen habe ich freundschaftlichen, teilweise auch privaten Kontakt, da duzt man sich mit der Zeit gegenseitig. Zu anderen Kollegen habe ich keinerlei Verbindung, die über die rein beruflich-professionelle Ebene hinausgeht. Die sieze ich natürlich mit Nachnamen. Ich finde das selbstverständlich und höflich.


    Von Schülern erwarte ich grundsätzlich gesiezt und mit Nachnamen angesprochen zu werden. Und denselben Respekt bringe ich auch meinen Schülern der Sek II entgegen. Ich fände ich absolut komisch, wenn ich meinen Schüler "Peter" nenne und er mich mit "Herr X" anspricht. Das ist keine Kommunikation auf Augenhöhe.

  • Im Kollegium: im zweiten Bildungsweg in NRW herrscht generell eine Duzkultur. Ich duze mich it allen, vom Schulleiter bis zu den Hausmeistern oder Praktikanten.


    Den Schülern gegenüber: Ich unterrichte an meiner Schulform ja nur Erwachsene ab Anfang 20 aufwärts, deswegen stellt sich bei mir (und den meisten anderen Kollegen) die Frage nach dem "Sie" gar nicht erst. Es gibt aber auch Kolleginnen und Kollegen, die das anders praktizieren.


    Die meisten bei uns verwenden das "Sie" plus Vornamen. Das mache ich dezidiert nicht, ich rede meine Schüler so an, wie sie mich anreden, als Herr oder Frau Hugendubel. Meine Überlegung dahinter ist, dass ich über die Anrede betone, dass ich eine Beziehung auf Augenhöhe unter reifen Menschen erwarte. Rein subjektiv glaube ich meiner Erfahrung nach, dass das auch funktioniert. "Frau Meier" benimmt sich erwachserner als "Nadine", wenn ich mit ihr rede.



    Nele

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