Welche Maßnahmen?

  • Mir platzt jetzt echt der Kragen. Schülerin A ist 11 Jahre alt. Sie sitftet Mitschüler zum Klauen an, lässt sich selbst nicht erwischen. Sie bedroht Mitschüler so, dass diese sich nicht in die Schule trauen und Stunden später erst auftauchen! Sie zockt Schwächeren das Taschengeld auf dem Schulweg ab, was ich weiß, da mich Eltern anrufen und darum bitten, etwas zu machen. Das Kind fehlt unentschuldigt, kommt, geht wann es will mitten am Vormittag, pöbelt rum, die Eltern beschimpfen mich am Telefon oder legen einfach auf. Freunde der Eltern erscheinen in der Schule und bepöbeln dort Kollegen und Kinder.


    Nun wäre das nicht der erste schwierige Fall in meiner Laufbahn als staatlich geprüfter Justizvollzugssozialpsychiater. Nur ist meine Schulleitung ein kleines Häschen, das sich mit niemandem anlegen möchte. Aus "Schulausschluss" wird ein Brief an die Eltern, aus "Versetzen in die Parallelklasse" wird "oh, liebe Mutter, da muss ich aber noch mal mit der Kollegin reden, natürlich muss ihr Sohn nicht..." und ich darf hinterher ein Jahr lang kämpfen, weil mir die verzogenen Scheißgören dann sagen: "ich muss hier gar nichts, die Schulleitung/ meine Mutter haben gesagt..."


    So, das musste jetzt mal raus. Am Samstag um 7 aufwachen und sich ein Magengeschwür anärgern geht gar nicht.


    Falls noch jemand einen Tip hat- (ihr erinnert euch, das letzte Mal ging es um Suchtmittel, die vor der Schule rumgereicht werden, Kind, 12 Jahre alt) dann bitte her damit. Alles was über "du, du, du das darfst du aber nicht" hinausgeht ist nicht erwünscht. Und mehr als sie im Klassenzimmer wahlweise zusammenfalten oder lass-uns-drüber-reden-Gesprächsrunden abhalten darf ich nicht machen :tot:

    Einmal editiert, zuletzt von Pausenbrot ()

  • Es ist denke ich unstrittig, dass das Verhalten der Schulleitung auf der kollegialen und auf der pädagogischen Ebene höchst fragwürdig ist.
    Die Frage, die sich mir beim Lesen Deines Textes stellte ist, ob das Verhalten der Schulleitung noch juristisch einwandfrei ist.
    Verletzt der Schulleiter in diesem Fall seine Dienstpflichten? Was steht im Schulgesetz Deines Bundeslandes?
    Inwieweit macht er sich zu einer Art Mittäter, wenn er diese - hoffentlich juristisch nachweisbaren - Handlungen toleriert? Welche Straftatbestände liegen vor? Inwieweit gefährdet er das Wohl der Kinder, die zu Opfern wurden wenn er keinerlei Maßnahmen einleitet?
    Wenn die Schulleitung sich nicht nur ethisch sondern auch juristisch etwas vorzuwerfen hat, fallen mir folgende Möglichkeiten ein:
    1. Remonstrieren
    2. Personalrat einschalten
    3. höhere Stellen einschalten.
    und vor allem zu Deiner eigenen Absicherung: ALLES DOKUMENTIEREN!

  • Es gibt da eine Möglichkeit, die zumindest in unserer Schule gute Früchte trägt:
    Wir haben ab der 5 die Polizei im Haus, sei es für Verkehrserziehungsmaßnahmen, frühe Suchtprävention, Workshops über soziale Netzwerke, Cybermobbing und co oder Prävention von Diebstählen.
    Jede Klasse nimmt mindestens einmal im Jahr an einer solchen "Fortbildung" teil.
    Wir Lehrer ziehen daraus gleich mehrere Vorteile:
    1) Wir haben immer und sofort mindestens 2 Ansprechpartner bei der örtlichen Polizei, die sofort zur Schule kommen, falls irgend etwas vorfällt.
    2) Die Kinder lernen die Polizei als staatliches Vollzugsorgan kennen, werden sehr früh dafür sensibilisiert, was geht und was nicht.
    3) Die Kinder entwickeln Respekt, ohne Angst vor der Polizei zu haben.
    4) Sollte wirklich mal etwas vorfallen (und ja, das passiert!) und wir schalten die Polizei ein, sind plötzlich auch die Eltern daran interessiert, dass ihr Kind dies nicht noch mal macht.


    Tatsächlich handelt es sich bei einigen Dingen, die Schüler so tun, um Strafdelikte, die auch gern als solche geahndet werden dürfen. Selbst wenn der betroffene Schüler erst 11 ist und somit noch nicht strafmündig, so darf man ihm gerne zeigen, dass das, was er tut, nicht okay ist und in spätestens 2 Jahren eine sehr lange Kette von Problemen für ihn nachzieht, die auch seine Eltern betreffen werden.


    Als Lehrer darfst Du insofern eigenmächtig an der SL vorbeihandeln, dass Du das Kindeswohl im Auge hast und so auch argumentieren kannst. Du musst die SL zunächst nicht über einen "Polizeieinsatz" in Deiner Klasse informieren (wir reden hier ja nicht von der GSG9, sondern von Polizisten, gern auch in zivil - und nein, bei uns kommen sie sehr selten bewaffnet zu "Fortbildungen"). Im Übrigen zwingst Du die SL auch, in angemessener Form zu reagieren und zwar nicht mit kleinen Briefchen, sondern mit dem vollen Paket zu handeln, welches ihr zur Verfügung steht.


    Glaub mir, die Zusammenarbeit mit der Polizei hat unendliche Vorteile. Ich weiß nie, warum gerade wir Lehrer uns so sehr davor scheuen, mit der Polizei zusammenzuarbeiten.

    I wonder which mistake I'm going to try to learn from today.

  • Eine Sache, die mir noch in den Kopf gekommen ist:
    Wie einig seid Ihr Euch als Kollegen in Bezug auf das Verhalten der Schulleitung?
    Wenn Du als Einzelkämpfer Maßnahmen durchsetzen willst, dann ist das eine sehr anstrengende Sache, bei der Du letztendlich vielleicht in die Rolle des Querulanten gedrängt wirst. Wenn Du auf möglichst breite Allianzen zurückgreifen kannst, ist das deutlich leichter. Nicht nur, weil man dann vielleicht Arbeit verteilen kann, sondern auch weil beispielsweise der Beschwerde beim Personalrat einfach mehr Kraft beiwohnt: mehr Zeugen, mehr Fürsprecher, mehr kritische Nachfragen. Ihr seid als Kollegium nur so stark wie Ihr einig seid.
    Idealerweise trägt die SL zu dieser Einigkeit bei, stützt Euch gegenüber beratungsresistenten Eltern und zieht angedrohte Maßnahmen nur zurück, wenn sie rechtlich angreifbar wären (Kopfnoten waren bisher einwandfrei, Schülerakte wiegt nur 5 Gramm, Eltern wurden nie informiert). Aber selbst dann würde sie als kompetente SL Euch darauf hinweisen, dass für einen Schulausschluss Verhalten dokumentiert sein muss, dass die Eltern nicht nur kontaktiert, sondern auch Maßnahmen angedroht worden sein müssen, die Akte ungefähr den Umfang des Frankfurter Telefonbuchs braucht und dergleichen mehr. Sie sagt Euch in solch einem Fall auch recht deutlich, dass sie nur dann hinter Euch stehen kann, wenn das Material belastbar ist.
    Wie ich Pausenbrots Eingangspost verstehe, ist es aber so nicht gelaufen. Es gab Gespräche mit der Schulleitung, in der eine Ordnungsmaßnahme beschlossen wurde, es gab ein Gespräch von Pausenbrot mit den Eltern und/oder der Schülerin, in denen genau dies kundgetan wurde und dann gab es besagtes Gespräch mit SL und Eltern, in dem genau diese Entscheidung gekippt und den Lehrerkollegium Autorität genommen wurde.
    Deswegen: rottet Euch als Kollegium zusammen. Bindet so viele Kollegen und so viele Mitglieder der Schulleitung ein wie möglich. Sprecht Euch ab, damit Ihr anderen wenigestens mit einer Stimme sprecht, wenn der Fisch schon vom Kopf her stinken muss.


  • Schülerakte wiegt nur 5 Gramm

    :)


    Nein, Mangel an Aktenstärke ist nicht das Problem. Eher die Angst, einen Fehler zu machen. Eltern "drohen" beispielsweise mit dem Anwalt in den luftleeren Raum und um Gottes Willen! ein Anwalt!


    Im Gegenteil, da werden alle von-woanders-Versetzten mit Kusshand aufgenommen, nur abgegeben wird nie einer.


    Ja mit dem einig sein ist das so eine Sache. Beim Kaffetrinken natürlich, aber in der Gesamtkonferenz? da müsste man ja eine eigene Meinung vertreten. Es will ja auch der SL niemand was Böses, menschlich ist er/sie wirklich in Ordnung. Aber vielleicht könnte man sich in einer offiziellen Stufenkonferenz auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen.


    Nun denn, ich danke euch auf jeden Fall ganz doll fürs Zustimmen. Das tut gut und bestärkt mich, weiterhin hartnäckig am Ball zu bleiben.


    Und die Idee mit der Polizei ist auch gut, das ist was, was ich ohne große Zustimmung "präventiv" machen kann. Alles was ich ohne Extraerlaubnis machen kann, hilft mir momentan weiter.


    ...hatte schon überlegt, ob wir eine Klassenfahrt in die JVA machen :sauer:

  • Ja mit dem einig sein ist das so eine Sache. Beim Kaffetrinken natürlich, aber in der Gesamtkonferenz? da müsste man ja eine eigene Meinung vertreten. Es will ja auch der SL niemand was Böses, menschlich ist er/sie wirklich in Ordnung. Aber vielleicht könnte man sich in einer offiziellen Stufenkonferenz auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen.

    Das ist eine Sache, die man beim Kaffeetrinken für die nächste Gesamtkonferenz besprechen sollte. Deine Rolle wäre dabei vielleicht klarzumachen, dass es nicht um die Demontage des SL geht - wo er doch mit seinem wachsweichen Rückgrad soooo in Ordnung ist - sondern darum, für ALLE Schüler zu einem pädagogisch und juristisch sauberen Vorgehen zu gelangen. Wenn das Rückgrad der Kollegen allerdings ähnlich biegsam wie das des Schulleiters ist, sehe ich auch den Sinn einer Stufenkonferenz nicht, es sei denn der Stufenleiter hätte die vielzitierten Kahnschen Eier.

  • Aus meiner Sicht gäbe es aber auch für die Eltern der Schülerinnen, die unter diesem Mädchen zu leiden haben, noch andere Möglichkeiten, als sich nur bei der Lehrkraft zu beschweren.
    Vielleicht sollten die der Schulleitung mal mit dem Anwalt drohen, wenn es der Schule nicht gelingt, ihre Kinder zu schützen?


    Das Mädchen fehlt unentschuldigt? Muss die Schule das Jugendamt einschalten oder kann das auch die "einfache" Lehrkraft?

  • Aus meiner Sicht gäbe es aber auch für die Eltern der Schülerinnen, die unter diesem Mädchen zu leiden haben, noch andere Möglichkeiten, als sich nur bei der Lehrkraft zu beschweren.


    Ja, in diese Richtung hab ich auch schon gedacht. Vor allem, wenn Mobbing über die asozialen Netzwerke passiert, haben die Eltern noch em ehesten die Möglichkeit, einen Beweis mitzubringen.



    Das Mädchen fehlt unentschuldigt? Muss die Schule das Jugendamt einschalten oder kann das auch die "einfache" Lehrkraft?


    Faustregel: "Kindeswohlgefährdung ist Chefsache", rein theoretisch kann aber m.E. jeder eine Meldung machen, wenn ihm was spanisch vorkommt. In dieser Familie ist allerdings bereits Hilfe installiert- fragt sich nur, ob diese sich durchsetzen kann.

Werbung