Hallo an alle
Ich studiere momentan im 3. Semester Geschichte und Philosophie und überlege, da ich nicht genau weiß was ich hinterher beruflich machen soll, auf Lehramt Geschichte/Ethik oder Englisch zu wechseln. Ich habe schon viel dazu im Netz gelesen und auch hier im Forum. Alles was ich las war eher abschreckend. 60 Stunden Woche, kaum Urlaub, man ist schnell ausgebrannt nur Stress usw. Ich bin daher sehr unentschlossen ob ich zu Lehramt wechseln soll. Besonders was ich zum Referendariat lese ist sehr schlimm. Ich würde mich freuen was was ihr mir konkret dazu sagen könnt. Ich würde auch gerne wissen wie die Jobaussichten für meine Fächer sind. Ich habe schon oft gelesen das besonders Geschichte überlaufen sein soll, aber ist das denn wirklich so schlimm? Was mich auch interessiert ist was mit psychischer Stress gemeint ist von dem hier immer wieder geschrieben wird. Ich kann mir nicht genau den Alltag eines Lehrer vorstellen und vlt kann den jemand beschreiben.
Vielen Dank
Lehrer werden?
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Ich würde auch gerne wissen wie die Jobaussichten für meine Fächer sind.
Nicht so der Brüller, muss man sagen. Sind halt zwei Nebenfächer. Kommt aber auch aufs Bundesland an.
Englisch ist natürlich deutlich bessere Chance.
Tipp: Mach ein freiwilliges Praktikum
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Was mich auch interessiert ist was mit psychischer Stress gemeint ist von dem hier immer wieder geschrieben wird. Ich kann mir nicht genau den Alltag eines Lehrer vorstellen und vlt kann den jemand beschreiben.
Das ist für jeden anders und zu kompex für einen Forenbeitrag.
Fakt ist, es hängt in einigen Schulformen sehr stark von der Fächerkombination ab, wie schlimm die Arbeitszeiten sind. Auch vom Einsatz in der Oberstufe, als Klassenlehrer/Tutor, von anderen Zusatzaufgaben.
Der Stressfaktor wiederum hängt nicht nur an der Arbeitszeit. Man kann hohe Arbeitszeiten ohne schädlichen Stress haben - geht mir derzeit so. Wenn man an einer gut organisierten, gut geführten Schule ist, mit einem Kollegium, das an einem Strang zieht und sich gegenseitig stützt und nicht zwischen die Beine grätscht, ist hohe Arbeitszeit nicht gleich hoher Stress. Ich habe wohl die ultimative Fächerhorrorkombination für jemanden, der nur Oberstufe unterrichtet und habe mit deutlich über 70 Stunden angefangen und nur korrigiert - tag ein, nacht aus. Mit Routine und einem super koordinierenden und kooperierenden Kollegium habe ich mich innerhalb von 3-4 Jahren runtergeschafft auf um die 55 Stunden, das war gut akzeptabel. Jetzt arbeite ich mit der halben Stelle in der Personalvertretung, und bin wieder bei über 60, aber auch da wurschtele ich mich langsam in effizientere Strukturen und Abläufe rein.
Was man wissen muss, ist, dass man eine hohe Selbstverantwortung hat bei der Gestaltung solcher Arbeitsabläufe, man muss also extrem organisiert und reflektiert sein, sonst wurschtelt man ewig im Chaos herum, die Arbeit staut sich an allen Ecken und Enden und man schafft immer nur den nächstgelegenen Hügel zu übersteigen, hat aber keine Navigation durch das Gesamtgebirge. Es hilft einem kaum einer, aber die Erwartungen sind hoch. Man hat überwiegend Termingeschäfte und steht dauernd unter Beobachtung, durchaus sehr kritischer Beobachtung. Da muss man schon sehr klare Vorstellungen und durchdachte Konzepte haben. Die man auch erstmal selbst entwickeln muss. Die "Rezepte" aus dem Referendariat passen nicht auf die reale Welt.
Der Stress kommt eher in einem gespaltenen, zerstrittenen Kollegium von Einzelkämpfern, in einer Schule mit schlechter Führung im Gutshofstil, in lauten und zu großen Chaotenklassen, bei ungünstigen Eigenschaften in der Lehrperson selber und am schlimmsten in einer Kombination aus all dem. Wenn man sich z.B. nicht organisiert kriegt, der Arbeit keinen Anfang und kein Ende setzen kann, nicht weiß was wichtig und was nicht wichtig ist, nur die nächsten Stunden, aber keien Reihen im Blick hat, keine Effizienz in der Datenverwaltung hat, kein klares Konzept, so dass es zu Begründungsschwierigkeiten im Gespräch mit Schülern oder Eltern kommt, kein günstiges Kommunikationsverhalten, keine Sicherheit im Auftreten, usw. usf. - es gibt viele, viele Faktoren und Kompetenzen, die weit über "ich mag Kinder/Jugendliche" hinausgehen, die Stress erzeugen, wenn nicht vorhanden. Aber selbst wenn du eine Persönlichkeit hast, die perfekt auf den Beruf passt, hilft dir das nichts, wenn du mit Leuten zusammen arbeiten musst, die nicht kooperieren, wo jeder auf seinem Material hockt, evtl noch ein Konkurrenzverhältnis da ist, die Kommunikation nicht klappt. Oder wenn der Führungsstil schlecht ist, Spaltung betrieben wird, die SL dir nicht den Rücken stärkt, Entscheidungen intrasparent und Arbeitsbelastung ungleich verteilt ist - und so weiter.
Kurz: es gibt nicht "den Lehreralltag". es hängt an vielen, vielen Faktoren, von denen du nur einige beeinflussen kannst, ob das ein großartiger Job ist, oder der Horrortrip ...
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Liebe Meike,
vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht. Das klingt alles sehr verwirrend für einen Aaussenstehenden, jedoch auch interessant.Ich denke ich werde zum kommenden Semester ins Lehramt wechseln und das BA-Praktikum absolvieren und mich dann festlegen.
Was ist denn deiner Meinung nach die stressigste und die entspannteste Schulform und die stressigste und entspannteste Fächerkombination?
Was die Schulformen angeht hat man hier in Berlin keine Auswahl (mehr), da hier die Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen abgeschafft wurden. Es gibt nun nur noch Sekundarschulen und Gymnasien, die auf lange Sicht auch abgeschafft werden sollen und daher ist das Studium für beide Schulformen identisch und man kann mit diesem an beiden Schulformen unterrichten was ich eigentlich ganz praktisch finde da ich mir dadurch besser Jobchancen ausrechne.
Meike. was sagst du zu meiner Fächerkombination? Es wäre schon sehr unbefriedigend wenn ich nach dem Studium keinen Job bekäme. Also ich weiß, dass es schwerer sein wird als z.B. mit Mathe oder Deutsch, aber sind die Aussichten sooo extrem schlecht, das ich hier in Berlin (ich bin gebürtiger Berliner und würde gerne in meiner Heimat bleiben) über mehrere Jahre keine Stelle bekäme oder immer nur kurze Verträge? Du wirst sicher nichts zu der Situation in Berlin sagen können aber vlt aus deiner Erfahrung in Hessen.
Die Wahl für Englisch wäre nur eine Vernunftslösung
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Hi Kimo,
ich bin Referendarin und halte daher natürlich auch ein Auge auf die Stellensituation. Meine persönliche Einschätzung:
- Englisch bietet mittlere Einstellungschancen - es werden an jeder Schule viele Englischlehrer benötigt, zugleich gibt es aber auch relativ viele Leute, die mit diesem Fach eine Stelle suchen. Das ist also kein Fach, das dich für eine Schule unattraktiv macht, aber eben auch nicht attraktiv. In der Kombi mit Englisch ist also das Zweitfach recht wichtig.
- Geschichte: Maue Aussichten. Klar, du kannst Glück haben, dass gerade eine Schule die Kombi Geschichte+dein Zweitfach sucht, aber wenn man ehrlich ist: Geschichte wird dir in den seltensten Fällen zu einem Job verhelfen. In Kombination mit Englisch böte es sich an die Quali für Geschichte bilingual zu machen, das wäre immerhin ein kleiner Bonus um einem Allerweltsfach einen attraktiven Anstrich zu verpassen.
- Philo: Ich kenne viele Schulen hier in der Gegend, die in Philo unterbesetzt sind, "dich" mit diesem Fach also bräuchten. Aber: trotzdem sind die Einstellungschancen nur geringfügig besser als mit Geschichte, denn viele Fachschaften sind unterbesetzt und man kann eben eher mal Philo (gerade in der Unterstufe) fachfremd unterrichten lassen als sagen wir Französisch, Bio oder Musik. Auch hier kommt es also aufs Zweitfach an.Für die Kombi Geschichte+Philo sehe ich mehr oder minder schwarz. Zu sagen "ich würde es nicht machen" wäre gelogen, denn auch ich habe wider die Vernunft meine Herzensfächer studiert und bin offenen Auges in eine eher ungewisse Zukunft gestartet. Aber der vernünftige Rat wäre eben doch: Lass es. Erst Recht wenn du nicht örtlich extrem flexibel bist. Du könntest natürlich auch andenken, alle 3 Fächer zu studieren, damit wärst du schon wieder besser dran. Dauert aber eben (bei gleicher Studienqualität) auch länger.
Gerade was Philo angeht mag es aber in Berlin auch anders aussehen - ihr habt ja nicht einmal "(praktische) Philosophie", sondern "Ethik" wenn ich es richtig im Kopf habe, und war es nicht auch Berlin in der zumindest mal diskutiert wurde Religionsunterricht abzuschaffen und "Ethik" verpflichtend für alle Schüler anzubieten? Wenn dem so wäre, könnte die Situation natürlich ganz anders aussehen, aber irgendwie sagt mein Bauch mir, dass das zu schön wäre um wahr zu sein
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Zur Threadausgangsfrage : Nein !
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Hallo MIdnatsol,
Danke für deine Antwort.Ja Ethik ist in Berlin verpflichten und ein reguläres Fach mit 2 Stunden pro Woche Kl. 7-10. An wenigen Schulen gibt es auch das Wahlpflichtfach Philosophie Kl. 7-10 und an recht vielen Philosophie in der Sek II als Grundkurs und an einigen als Leistungskurs. Philosophie im Lehramt in Berlin heißt daher auch Philosophie/Ethik.
Religionsunterricht ist in Berlin dagegen freiwillig, wobei es nach meiner Einschätzung Religion so gut wie nicht an Berliner Schulen gibt. Man muss schon gezielt nach Schulen suchen wenn man wert auf Religionsunterricht legt und besonders im Ostteil der Stadt gibt es so gut wie keine Schulen die Religion anbieten. Ich zumindest war in meiner berliner Schulzeit nie auf einer Schule die Religion angeboten hat und ich wusste als Schüler nicht mal das es so etwas wie Religionsunterricht überhaupt gibt.:D
Ich vermute das es daher auch zur Diskussion kam diesen gleich ganz abzuschaffen.Ich hab hab auch mal im Netz gesucht und da hieß es, dass letztes Jahr in Berlin alle Fächer außer Geschichte, Erdkunde und Sozialkunde zu Mangelfächern erklärt wurden und eben auch besonders Ethiklehrer gesucht werden. Gibt es denn den Fall das man als Lehrer nur ein Fach unterrichtet wenn das 2. nicht gefragt ist?
Gibt es Stellen an die man sich zu dieser Frage wenden kann was die Aussichten der Fächerkombination betrifft? Uni? Arbeitsamt? Senat für Bildung?
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Man wird auf jeden Fall in beiden Fächern ausgebildet und geprüft. Das steht - bestimmt auch außerhalb meines Bundeslandes Hessen - in Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen. Weiterhin wird man mit seiner Fächerkombi nach Bedarf angestellt. Ob man dann im Laufe seines Lehrerdaseins regelmäßig beide Fächer unterrichtet, steht auf einem anderen Blatt. Ich unterrichte zum Beispiel seit locker 4 Jahren fast nur Englisch und werde bevorzugt bei den wild Pubertierenden eingesetzt. Das ist aber absolut ok für mich, auch weil ich nicht ständig irgendwelche Räder neu erfinden muss, sondern mittlerweile auf einen recht ansehnlichen Pool an Arbeitsmaterialien zurückgreifen kann. Klar, die Korrekturen sind doof, aber da muss man halt durch. Es gibt keinen Beruf, der nicht auch irgendwelche Nachteile hat.
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Meike. was sagst du zu meiner Fächerkombination? Es wäre schon sehr unbefriedigend wenn ich nach dem Studium keinen Job bekäme. Also ich weiß, dass es schwerer sein wird als z.B. mit Mathe oder Deutsch, aber sind die Aussichten sooo extrem schlecht, das ich hier in Berlin (ich bin gebürtiger Berliner und würde gerne in meiner Heimat bleiben) über mehrere Jahre keine Stelle bekäme oder immer nur kurze Verträge? Du wirst sicher nichts zu der Situation in Berlin sagen können aber vlt aus deiner Erfahrung in Hessen.
Deine Fächer müssen dir Spaß machen und du musst fit darin sein. Das ist erstmal viel, viel wichtiger für die spätere Berufszufriedenheit, als eine ohnehin nicht über mehr als 2 Jahre auch nur halbwegs verlässliche Prognose. Die Kommunikation zwischen Unis und den zuweisenden Ministerien ist traditionell schlecht bis non-existent, irgendwie hat den XY-Lehrermangel keiner kommen sehen, es gibt keine (!!!) verlässlichen Prognosen über die Einstellungsquoten in 3 Jahren, was heute Mangelfach ist, ist 2018 total überlaufen. Vergiss das.
Viel wichtiger für dein späteres Leben ist deine Kompetenz. Werd bitte nicht Englischleher ohne richtig gut Englisch zu können. Warst du ein Jahr oder mehr im Ausland? Kanst du jeden Schüler, der ein Jahr im Ausland war und flüssig daher plappert, locker abhängen? Sonst bist du dauerhaft das Gespött, deine Noten werden nicht akzeptiert, die Vorbereitung jeder Stunde ist ein Kampf und Korrekturen dauern ewig.
Wenn nicht - fix ein Jahr als teaching assistant nach GB. Danach weißt du auch mehr übers Lehrersein.Im Ernst: lass das mal mit den Einstellungquoten nach Fächern. Kümmer dich drum, dass du weißt, was du tust und es nicht nur willst, sondern KANNST! Da haste mehr von. Und gute Leute finden auf Dauer immer was. Ehrlich.
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Zitat
Im Ernst: lass das mal mit den Einstellungquoten nach Fächern. Kümmer dich drum, dass du weißt, was du tust und es nicht nur willst, sondern KANNST! Da haste mehr von. Und gute Leute finden auf Dauer immer was. Ehrlich.
Kann man gar nicht dick genug unterstreichen, auch den letzten Satz. Man muss sich halt zutrauen, in seinen Fächern gut zu sein. Und sich auch zutrauen, zäh zu sein.Ganz schlecht: Das hier (obwohl sympathisch und sicher nicht ganz falsch):
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Die Einstellungschancen in Berlin sind derzeit relativ gut, man muss aber im Moment (wenn man keine Mangelfächer hat) damit rechnen, in anderen Fächern und/oder Schularten eingesetzt zu werden, als die, in denen man ausgebildet wurde.
In den meisten anderen Bundesländern sieht es schlecht aus und ich bin der Meinung - auch wenn die Prognosen nie hundertprozentig stimmen - dass sich das in den nächsten Jahren eher noch verschlimmern wird. Hier im Süden stehen Leute mit Notendurchschnitten von 1,1 auf der Straße. Ich bewerbe mich selbst gerade wieder einmal (bin nun im zweiten Jahr nach dem Ref), ich bin räumlich und schularttechnisch flexibel, habe gute (wenn auch keine sehr guten) Noten und zwei Hauptfächer und es ist sehr sehr schwer, etwas Unbefristetes zu finden, von einer Verbeamtung ganz zu schweigen! Die Einstellung "Mach, was dir Spaß macht, gute Leute finden immer etwas" hatte ich auch mal. Inzwischen sehe ich das ein bisschen anders. Vorsicht auch bei deiner gewünschten Fächerkombination mit zwei Nebenfächern: Damit kannst du dich nicht in allen Bundesländern bewerben.
Ich würde mir an deiner Stelle folgende Fragen ehrlich beantworten: Bist du bereit, dich bundesweit zu bewerben? Bist du bereit, dich nach dem Referendariat zwei, drei, vier oder mehr Jahre mit befristeten und eher schlecht bezahlten Verträgenverheizen zu lassenzufriedenzugeben? Bist du bereit, schulartfremd und fachfremd zu unterrichten? Schaffst du einen sehr guten (d.h. besser als 1,5) Abschluss? Bist du bereit, dich notfalls auch komplett umzuorientieren, wenn im Lehramtsbereich kein Job zu finden ist?Zu deiner anderen Frage bzgl. des Stresses: Es gibt solche und solche Phasen, wie wohl in den meisten Berufen. Ich habe zwei Korrekturfächer und man muss sich schon sehr gut organisieren, aber es ist machbar. Ich habe keine 60-Stunden-Wochen. Psychischer Stress (z. B. sich selbst zu sehr unter Perfektions-, Zeit- oder Leistungsdruck zu setzen oder sich zu sehr für alles veranwortlich zu fühlen, Probleme mit nach Hause zu nehmen etc.) ist sicherlich eine Typsache sowie abhängig von der jeweiligen Atmosphäre in Schule und Kollegium. Aber da kann man in jedem Job gute oder schlechte Umstände antreffen.
Mein Referendariat war zwar oft anstrengend und nervig, aber bei weitem nicht so schlimm, wie man oft in diversen Horrorgeschichten liest! Ich hatte nette Mitreferendare und einige nette sowie einige weniger nette Betreuer/Seminarlehrer.Mein persönliches Fazit ist: Ich mag meinen Beruf, würde ihn aber aufgrund der sehr mauen Einstellungschancen nicht mehr bzw. nicht noch einmal mit meinen jetztigen Fächern wählen. Die Ausbildung dauert nunmal sehr lange und der Abschluss ist außerhalb der Schule nicht viel wert. Ich würde mir das an deiner Stelle gut überlegen und - wenn du dich für das Lehramt entscheidest - auf jeden Fall neben dem Lehramtsstudium ein zweites Standbein aufbauen (z. B. ausführliche Praktika in anderen Bereichen o. ä.).
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ich bin räumlich und schularttechnisch flexibel, habe gute (wenn auch keine sehr guten) Noten und zwei Hauptfächer und es ist sehr sehr schwer, etwas Unbefristetes zu finden, von einer Verbeamtung ganz zu schweigen!
Schau mal in NRW. Verbeamtung und für Haupt-,Real- und Gesamtschulen ziemlicher Lehrermangel. Wir hatten kürzlich z.B. eine Stelle ausgeschrieben (im grünen Rand vom Ruhrgebiet, da haben sich nur zwei Leute drauf beworben. Und das war jetzt nicht Physik/Mathe-Kombination.
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Der Lehrerberuf kann ein schöner und interessanter Beruf sein, auch mit eineinhalb Korrekturfächern wie bei mir, der nicht zu viel Lebensstress und Arbeitsstunden bedeutet. Dafür muss man den Beruf aber gut lernen und immer den Blick auf Arbeitsökonomie und eigene Gesunderhaltung richten. Bis ich das gut konnte, sind bei mir fünf bis sechs Jahre (nach dem Referendariat!) vergangen.
Nele
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Im Ernst: lass das mal mit den Einstellungquoten nach Fächern. Kümmer dich drum, dass du weißt, was du tust und es nicht nur willst, sondern KANNST! Da haste mehr von. Und gute Leute finden auf Dauer immer was. Ehrlich.
Das würde ich unterschreiben: wenn die Situation schlecht ist, dann meistens für viele Kombis. Wenn es aber in irgendeiner Form Stellen gibt, dann kommt man auch irgendwie rein, wenn man gut war. Allerdings würde ich trotzdem eine Einschränkung/Ergänzung machen: Ich würde bei der Wahl meiner Fächer auch auf die spätere Arbeitsbelastung achten. Korrekturen sind die Hölle, zwei Korrekturfächer (Sprachen! V.a. Deutsch!) deshalb wirklich eine nicht zu unterschätzende Belastung für die Arbeitszufriedenheit. Das heißt jetzt nicht, dass man sich ein auf Teufel komm raus ein Nebenfach suchen soll, auch wenn man dazu keinen Bezug hat. Wenn man aber ohnehin - wie die meisten - eine gewisse Wahlmöglichkeit hat, ist es durchaus sinnvoll, diesen Aspekt einzubeziehen. Und zwar nicht nur sekundär!
Bis ich das gut konnte, sind bei mir fünf bis sechs Jahre (nach dem Referendariat!) vergangen.
Auch das würde ich (für mich) unterschreiben. Die ca. fünf Jahre nach dem Referendariat sind auch eine Zeitspanne, die mir von vielen Kollegen so bestätigt wurde. Bei vielen - auch bei mir - wurde es aber interessanterweise dann nicht nach und nach und beinahe unmerklich besser, sondern es ging ganz plötzlich, quasi über Nacht. Plötzlich ist man souveräner, lässt sich nicht mehr so stressen etc.
Voraussetzung ist aber dafür, dass man in seinen Fächern auch fachlich fit ist und nicht zu der Gruppe gehört, die im Lehrerzimmer gerne mal blökt, dass einem "die Inhalte des Studiums für den Schuldienst gar nichts bringen..." -
Ohne jetzt einigen anderen Kommentaren in die Parade fahren zu wollen - Apfelkuchen hat dir einige bedeutende Anstösse gegeben, die ich hier zur Bekräftigung noch einmal zitiere:
- Bist du bereit, dich bundesweit zu bewerben?
- Bist du bereit, dich nach dem Referendariat zwei, drei, vier oder mehr Jahre mit befristeten und eher schlecht bezahlten Verträgen zufriedenzugeben? (Ergänzung: und dich in der Zeit mit Zusatzaktivitäten zu überladen, um Punkte zu sammeln)
- Bist du bereit, schulartfremd und fachfremd zu unterrichten? (Ergänzung: in Berlin bedeutet das Grundschule in Neukölln oder Marzahn)
- Schaffst du einen sehr guten (d.h. besser als 1,5) Abschluss? (Ergänzung: denkst du, dass du inklusive Referendariat besser als 70% deiner Mitstudenten bist?)
- Bist du bereit, dich notfalls auch komplett umzuorientieren, wenn im Lehramtsbereich kein Job zu finden ist? (Ergänzung: und du in all den Jahren kein Praktikum außerhalb der Schulsystems absolvierst)
Die Kombination Geschichte-Philosophie ist einfach extrem ungünstig. Der Arbeitsmarkt für Geschichtslehrer ist keinen Deut besser als der Arbeitsmarkt für Historiker - bei einer unterstellten hälftigen Aufteilung des Deputats hat man für BW vor 2-3 Jahren ausgerechnet, dass dort 5 mal so viele Personen im Ref. sind, wie am Ende benötigt werden. 80% der Junggeschichtslehrer nach dem Ref. konnten dort entsprechend rechnerisch prinzipiell nie eine Stelle bekommen. In Bayern und NRW sieht es aktuell noch düsterer aus.Das mit den Prognosen ist zudem nicht ganz richtig - diese gibt es, und sie sind sogar einigermaßen zuverlässig, was den relativen Fächerbedarf betrifft. Nur kümmert sich in der Politik niemand darum, Konsequenzen aus den Prognosen zu ziehen. Beispiel Bayern: es wurde bereits 2010 gewarnt, dass es bald einen de facto Einstellungsstop gibt - trotzdem hat man Seitens des Kultusministeriums noch unbegrenzt Referendariatsstellen in aussichtslosen Fächern besetzt, obwohl klar war, dass viele davon in Bayern (und auch andernorts) nie eine Stelle bekommen können. Beispiel Thüringen: die Hälfte der Junglehrer hat Geschichte oder Sozialkunde in der Kombination, trotzdem seit Jahren klar ist, dass diese keine Stellen bekommen http://www.thueringer-allgemei…ten-importieren-960913740 ... Hier ist die Prognose für Berlin:
http://www.gew-berlin.de/publi…gnose_Berlin_bis_2021.pdf
die letzte Seite gibt den relativen Einstellungsbedarf nach Fächern an, aufgeteilt in Gymnasien (Studienrat) und sonstige Schulen (Lehrer). Ein paar Zahlen:
5% relativer Bedarf für Geschichte+Sozialkunde+Politik kombiniert (!) an Gymnasien (keine 50% wie es bei den Absolventen in Thüringen der Fall ist) und nur 1% an übrigen Schulen. Für Philosophie/Ethik sind die entsprechenden Zahlen 4% und 1%. Für Physik allein ist der Wert dagegen ca. 7% und 4%, für Mathe 12% und 18%.
Es ist nun aber nicht so, dass entsprechend der Nachfrage nur 5% der Lehramtsstudenten Geschichte/Sozialkunde/Politik in der Kombination haben und 7% Physik (dann würden es mehr Lehrämter mit Physikkombis geben als solche mit Sozialkunde oder Geschichte in der Kombination). Im Gegenteil - es gibt auch in Berlin sehr viel mehr Lehrämter mit Geschichte, als Berlin verkraften kann (in Thüringen sind es sogar 50% der Junglehrer, die Ge oder Soz kombinieren). Noch dazu strömen die abgelehnten Bewerber aus allen anderen Bundesländern nach Berlin, da man dort aktuell noch die besten Chancen hat. Anekdotisches Beispiel: ich als Physik-Quereinsteiger habe sofort eine Planstelle mit berufsbegleitendem Ref. bekommen, während es bei uns bereits zuvor und noch aktuell 2 voll ausgebildete befristete Geschichts-/Sozialkunde-Vertretungslehrer gibt. Und das ist Berlin auf dem Zenit des Lehrermangels. Kurzer Sinn:
Lass die Finger von Geschichte. Philo vielleicht ok, aber dann ein sinnvolles anderes Kombinationsfach - oder gleich Grundschullehramt (dort ist aber aktuell Mathe als Kombinationsfach Pflicht).
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Nettmensch hat da schon recht - ich habe damals erst den Wehrersatzdienst und danach eine Ausbildung gemacht, die anderen sind alle studieren gegangen.
Nun bin ich im Studium und die anderen sind im Ref oder mittlerweile fertig geworden. Einer von denen mit Deutsch/Sport wird nun Altenpfleger,
ein anderer mit einer ähnlichen Kombi wie deiner (Kath. Religion/Geschichte) arbeitet mittlerweile als Leiharbeiter bei der DHL.
Und allen anderen ohne MINT-Fach, künstlerisches Fach oder berufliche Fachrichtung blüht das Gleiche. Das ist ziemlich bitter nach 7 Jahren Ausbildung.Ich habe mir mal die Mühe gemacht und nachgeschaut: https://www.hu-berlin.de/de/studium/beratung/merk/laba_html
An der HU könntest du Wirtschaftspädagogik mit Sozialkunde oder mit Sonderpädagogik kombinieren,
an der TU wiederum z.B. die Fachrichtungen Ernährung oder Agrar- und Gartenbauwissenschaft studieren.Ich bin beileibe kein Mensch mit höherer MINT-Veranlagung (Berufliches Lehramt Fachrichtung Sozialwesen), aber warum gerade so etwas fruchtloses wie Geschichte/Philosophie?
Lass das besser mit der Romantik sein im Sinne dass das alles schon irgendwie wird und dass man auf sein Herz und den Bauch hören sollte,
das Lehramt an beruflichen Schulen wäre eine sinnigere Alternative für dich, das ist bei Weitem nicht so tot wie andere Schulformen.Oder du wählst dieses "Lehramt an Integrierten Sekundarschulen und Gymnasien" und kombinierst Philosophie/Ethik
mit einer sonderpädagogischen Schwerpunktsetzung wie Lernen oder ESE (bei diesem Unterrichtsfach besser ESE) - das ist laut HU möglich. -
Lass die Finger von Geschichte. Philo vielleicht ok, aber dann ein sinnvolles anderes Kombinationsfach - oder gleich Grundschullehramt (dort ist aber aktuell Mathe als Kombinationsfach Pflicht).
Tja... hier ist Geschichte Pflichtfach bis Q4 und wir hatten vor ein paar Jahren einen eklatanten Mangel, wo den Absolventen egal welcher Durchschnittsnote der rote Teppich ausgerollt wurde...Ich behaupte nach wie vor, dass der Schweinezyklus nicht berechenbar ist. Aber natürlich gibt es ein paar sichere Bänke, die einem auch bei Berufsalternativwahl weiterhelfen: Mathe, Informatik, Englisch.
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In Berlin kann man sich bei exotischeren (das ist schon Geografie und WAT) Kombinationen vor allem auf die Pendelei zwischen HU und TU oder TU und FU oder HU und FU einstellen.
In Berlin nehmen sie derzeit übrigens fast jeden, der bereit ist fachfremd zu unterrichten. Allerdings sollte man für bestimmte Schulformen (also leider alles, was nicht Gymnasium ist) abgehärtet sein. Mir wurde unlängst gesagt, dass es an meiner brandenburgischen Gesamtschule noch nett zugeht im Gegensatz zum angrenzenden Berliner Pflaster. -
Schau mal in NRW. Verbeamtung und für Haupt-,Real- und Gesamtschulen ziemlicher Lehrermangel. Wir hatten kürzlich z.B. eine Stelle ausgeschrieben (im grünen Rand vom Ruhrgebiet, da haben sich nur zwei Leute drauf beworben. Und das war jetzt nicht Physik/Mathe-Kombination.
In NRW habe ich mich auch bereits beworben, leider hat es dort bisher noch nicht geklappt. Aber vielleicht ergibt sich ja noch etwas.Ich behaupte nach wie vor, dass der Schweinezyklus nicht berechenbar ist. Aber natürlich gibt es ein paar sichere Bänke, die einem auch bei Berufsalternativwahl weiterhelfen: Mathe, Informatik, Englisch.
Dem kann ich nicht zustimmen. Mathe ist z.B. hier in Bayern leider kein Garant mehr. In meinem Seminar hatten mehrere Mitreferendare Mathe in der Kombi, die waren genauso arbeitslos wie wir Sprachler.
Und mit Englisch ist man sowieso in den meisten Bundesländern von sicheren Bänken sehr weit entfernt, leider. Ich habe Englisch und kann davon nur abraten. Alternativen gibt es damit auch nur wenige, wenn man keine lehramtsfremden Qualifikationen aufweisen kann. Und auch dann ist es schwer bis unmöglich, etwas zu finden, was vernünftig bezahlt und unbefristet (oder wenigstens länger als ein paar Monate) ist. Das ist zumindest die Erfahrung, die ich gerade machen muss.
Ja, wahrscheinlich rutscht man irgendwann irgendwie irgendwo in irgendeinen Job hinein - die Frage ist nur, will man sich das zumuten oder studiert man nicht lieber etwas mit mehr Perspektive. Es ist auch eine Geldfrage: Jobs für Geisteswissenschaftler sind meist nicht sehr gut bezahlt - dagegen ist das Angestelltengehalt als Lehrer oft fürstlich!
Ich stimme aber zu, dass Mathe und Informatik einem bei einer Berufsalternativwahl weiterhelfen können. -
es gibt im Lehrerarbeitsmarkt ausgeprägte Wellen, das ist durchaus richtig. Und natürlich kann es sein, dass man bald G8 rückgängig macht und flächendeckend auf G9 umsteigt - das ist nicht berechenbar. Wir sollten, wenn hier gelegentlich ein junger Mensch ohne viel realweltlichen Berufskontakt vorbei kommt, aber vorsichtig mit solchen Relativierungen sein. Gerade weil diese ihre Fächer so gut finden (oder die anderen so schlecht), klammern sie sich nicht selten an solche Aussagen, nach dem Motto "wird schon alles gut gehen" - egal wie objektiv aussichtslos die Lage ist.
Geschichte ist ja nicht erst seit gestern ein prekärer Fall, von Einmal-Alle-25-Jahre-Einstellungsschüben mal abgesehen. Und mit hunderten GE-Junglehrern aus Bayern und hunderten GE-Junglehrern aus NRW die allein aus den aktuellen Prüfungsjahrgängen keine Stelle bekommen haben (+ eine atemberaubende Quote von fast 50% der Ref-Absolventen in Thüringen, die GE oder Soz kombinieren) - und in den meisten anderen Bundesländern sehen die Chancen nicht besser aus - ist der GE-Lehrermarkt auf absehbare Zeit vollkommen überfüllt. GE bringt einem für das finden einer Stelle de facto rein gar nichts.
Alles darüber hinaus ist pure Spekulation und kann nicht Basis einer derart bedeutenden Lebensentscheidung sein (es geht hier schließlich um das berufliche Schicksal junger Menschen, mit allen Folgen für ihr Privatleben in den kommenden 40 Jahren). Der TE hat bereits 3 Semester Geschichte studiert und wird psychologisch entsprechend nach jedem Funken an Rechtfertigung suchen, dieses in das Lehramtsstudium einzubringen (so funktionieren Menschen). Relativierende Aussagen sind angesichts der Lage da leider nicht hilfreich.
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