Ich habe mein Ref auf einem Gymnasium gemacht, habe nun meine erste Stelle an einer Gesamtschule in Brandenburg angetreten. Die Verbeamtung ist fast durch, deshalb bin ich umso verzweifelter.
In je einer 7. Klasse, die ich 6 Stunden pro Woche sehe, und einer 8. Klasse, die ich 5 Stunden pro Woche sehe, ist Unterricht nicht möglich.
Anrufe bei den Eltern? Sinnlos. Fühlen sich nicht zuständig, ganz im Gegenteil.
Worum geht es konkret? Es kann keine Ruhe hergestellt werden, egal ob ich mich da vorne 15 oder 45 Minuten hinstelle und zur Ruhe ermahne, Einträge machen, abschreiben lassen (ausdrücklich von der Schulleitung erwünscht!), Nachsitzen etc. pp. Störenherde sind aber von 23 Kindern mindestens 13! Spreche ich den einen an, quatscht der andere los und ich habe den Eindruck, dass bei keinem der Ansatz zur Reflexionsfähigkeit vorhanden ist. Das muss man sich vorstellen, als wenn man mit Kleinkinder spricht, die den Mund voll Schokolade beschmiert haben und die Frage ob sie Schokolade gegessen haben verneinen.
Ich habe schon Gespräche mit Kollegen geführt und einiges über die Klasse erfahren (häufige Lehrerwechsel, schwierige Klassenleitung (sagen Schulleitung und Kollegen), elterliche Beschwerden über Lehrer vom größten Störenfried.) Ich habe gute Tipps bekommen, wie ich die Respektlosigkeiten emotional nicht so sehr an mich heranlasse.
Ganz wichtig und es hört sich wirklich komisch an für mich, aber: Mir wurde gesagt, dass man an dieser Schule keinem Schüler mit Leistungsdruck kommen braucht, da es sie schlichtweg nicht interessiert. Und da fehlt mir nun wieder die Vorstellung, dass es jemanden wirklich nicht juckt, wie viele 5en und 6en auf dem Zeugnis sind.
Die Schulleitung wünscht sich von mir bis zu den Ferien, dass ich "das Soziale" wiederherstelle. Nur - wie?
Ich wache morgens schon mit hohem Puls und Übelkeit auf und möchte nicht in diese Klasse gehen. Das ist doch irgendwie ironisch/lächerlich, wenn man bedenkt, dass es sich hier um einen Haufen sozialbenachteiligter Kinder dreht, die sich im Prinzip auf nichts was einbilden dürften.
Das Problem ist nun, dass ich ab nächster Woche wahrscheinlich nicht einfach so mehr kündigen kann und mein Glück an einem Gymnasium versuchen kann. Denn die Verbeamtung auf Probe ist bald durch und damit wäre ich drei Jahre an diese Schule gebunden und die sofortige Freigabe bezweifle ich auch, da diese Schule auf jeden einzelnen Lehrer angewiesen ist.
Ja, es ist nur ein Job, aber ich sehe nicht ein, mir die Nerven innerhalb kürzester Zeit kaputt machen zu lassen. Ich hätte auch nie gedacht, dass ich mal Verständnis für dauerkranke und vom Burnout befallene Lehrer habe.
Ich frag mich, wie ich in diesen Klassen Klassenarbeiten schreiben soll, wenn schlichtweg kein Unterricht möglich ist!? Und es geht nicht nur mir als Junglehrer so. Das habe ich schon von den Kollegen erfahren. Dennoch zweifle ich stark an meiner Berufswahl. Noch ist die Verbeamtung nicht durch, aber wenn sie durch ist, sehe ich mich im Moment nicht in der Lage in so einem Umfeld zu arbeiten. Das wäre dann auch blöd für die Lebenszeitverbeamtung.
Was soll ich tun? Wie soll ich diese Kinder in den Griff kriegen?