Heilige Schriften im Unterricht

  • Hallo,


    habt ihr Ideen wie man Schülern die Bedeutsamkeit der Heiligen Schriften näher bringt? Ich hätte da an einen Vergleich ihrer Lieblingsbücher bzw. Bücher gedacht, die sie selbst nutzen.

  • ?? zumindest für den koran völlig ungeeignet. zumal du vermutlic haufenweise schüler hast, die nicht gern lesen, geschweige denn ein "lieblingsbuch" haben. eine heilige schrift hat eine metaphysische bedeutung, wird vielleicht sogar als wort gottes begriffen. das hat mit "lieblingsbuch" wenig bis nichts zu tun.


    du kannst zumindest die lebensweltliche erfahrung von "heilig" vielleicht zugänglich machen, wenn du z.b. schilderst (oder eins der kinder schildern lässt), dass man z.b. den koran auf arabisch auswendig lernt, besonders schmückt (bedeutung der kalligraphie im islam), vergleich mit mittelalterlichen bibeln, schwören auf einen heiligen text vor gericht, in der politik... etc.

  • Hallo,


    habt ihr Ideen wie man Schülern die Bedeutsamkeit der Heiligen Schriften näher bringt?


    Wenn du "Bedeutsamkeit" sagst, legt das nahe, dass du von einer wie auch immer gearteten besonderen intrinsischen Wertigkeit mythologischer Schriften gegenüber anderer fiktionaler Literatur ausgehst.


    Ich hoffe doch sehr, dass du das nicht tatsächlich meinst, geschweige denn im Ethikunterricht vermittelst!


    Nele

  • Ja,ich meine auch eher Bedeutung der Heiligen Schriften für die Religionen. Mir fällt dazu kein wirklich geeinigter Einstieg ein. Also meint ihr ich solle eher auf den Begriff "heilig" eingehen?

  • Wie wäre es mit einem Vergleich verschiwedener Schöpfungsmythen um die Funktion mythologischer Welterklärungsansätze angesichts fehlender tatsächlicher Erkenntnisquellen zu erklären? Z.B. der Seherin Gesicht, den babylonischen Mythos, das 1.Buch Mose, den japanischen Mythos, die Theogonie des Hesiod...


    Nele

  • ...ich glaube, da geht es mehr um kulturelles wissen, und vor allem um empathie und verständnis für die sichtweise anderer, in diesem fall gläubiger menschen, für die diese texte eben "bedeutsam" im sinne von 'heilig' sind. meine fünftklässler wären mit schöpfungsmythen völlig überfordert, zumal viele davon in ethik aus sehr gläubigen haushalten stammen (moslems, zeugen jehovas, juden). es ist unmoralisch, sie mit einer anti-gott-haltung zu überwältigen (ähnlich beutelsbacher konsens in sozialkunde) und zudem zumindest mit unserem ethik-lehrplan in keiner weise vereinbar. die persönliche glaubens- oder nichtglaubenshaltung der lehrkraft hat im ethikunterricht nicht relevant zu sein. hier geht's um grundschüler!


    als einstieg würde ich die texte mitbringen und die oben genannten praktiken thematisieren, motto "wieso machen die das?".

    2 Mal editiert, zuletzt von kecks ()

  • Ja, es geht um Grundschüler. Welche Texte meinst du? Ich stehe gerade auf dem Schlauch.


    Du meinst,dass ich den Koran oder eine Bibel mit in den Unterricht nehme?

  • was ist denn das ziel der stunde? ich würde einfach die bibel oder was du sonst hast mitbringen und zeigen... realien sind immer gut.

  • Ziel der Stunde ist, dass die Schüler die der Bedeutung der Heiligen Schriften für die Religionen bewusst sind, aber auch das Verwandtschaftsverhältnis der Heiligen Schriften.

  • Was heißt das Verwandtschaftsverhältnis "der" heiligen Schriften? Das Tao Te King und die Veden sind miteinander genauso wenig verwandt, wie mit dem Koran oder dem Buch Mormon. Gleiches gilt für die Grundsatzschriften des Shintoismus, des Sikh-Glaubens, des Neuheidentums oder, bei weiter Definiton, den Erzählungen Ron l. Hubbards.


    Du solltest nicht den Fehler begehen, einen unberechtigten Fokus auf die abrahimitischen Religionen zu legen - Jahwe ist nur eine Gottheit unter ungefähr 5000 und aus einer Außenperspektive haben die drei Zweige der Jahweverehrung sehr viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede; ihre Schriften kann man ganz gut als unterschiedliche Teilmengen eines gemeinsamen, historisch gewachsenen Textkanons verstehen.


    Ich denke, auch Grundschulkinder verdienen nicht, dass man ihnen über die Hintertür eine abermalige Privilegierung bestimmter Religionen inklusive eines Besonderheitsanspruches unterschieben sollte.


    Nele

  • ...ich glaube, da sollte man dem lehrplan und nicht der eigenen politischen agenda folgen. und der lehrplan arbeitet, je jünger die kinder sind, sinnvollerweise umso näher an ihrer lebenswelt, und die ist nun mal wenn durch religion, dann durch die abrahamitischen religionen geprägt, wenn wir von grundschulkinder in deutschland sprechen (und nicht in z.b. indien).

  • Und - Bingo! - sind wir wieder beim traditionellen Religionsunterricht unter anderem Etikett... :S


    Natürlich muss man sich an den Lehrplan halten; aber als Ethik-Lehrer sollte man eine etwas übergeordnete Perspektive haben und die Ursachen für ganz bestimmte Formulierungen und Schwerpunktsetzungen der Lehrpläne kennen. Und auf jeden Fall muss man sich als Ethiklehrer bewusst sein, dass die erdrückende Dominanz der drei abrahimitischen Religionen keine intrinsischen sondern historische Gründe hat und das auch in seinen Unterricht einfließen lassen; das hat nämlich nichts einer "politischen Ideologie" sondern mit fachwissenschaftlicher Redlichkeit zu tun.


    Nele

  • ...und deshalb willst du bei viertklässlern oder noch kleineren vom lehrplan abweichen oder was unterrichten, was so gar nicht ihrer lebenswelt entspricht? das ist doch kein "religionsunterricht unter anderem etikett"! wir beten nicht im unterricht, wir singen auch keine kirchlichen lieder, wir sind kein fach, für das man irgendwelche kirchlichen lehrerlaubnisscheine braucht. ich weiß ja, dass du (oft zu recht) gegen privilegien der hier verbreiteten religionsgemeinschaften anschreibst, aber man kann's auch echt übertreiben. hier wird ein einstieg für eine stunde zu tanach, bibel und koran gesucht, nicht grundsätzlich nach der sinnhaftigkeit dieser im lehrplan vorgesehenen themen für grundschüler im ethikunterricht gefragt.


    noch anders: wir vermitteln religionswissenschaftliche und philosophische grundkenntnisse, wenn wir von fachanbindung reden, orientiert am lehrplan (je kleiner die schüler, umso mehr lebenspraktisches ist dabei, stichwort "ich werde erwachsen" oder "konflikte lösen" usw.). wir vermitteln keine theologischen grundkenntnisse. dafür ist der konfessionell gebundene reliunterricht da. und ja, das ist ein gewaltiger unterschied, der viel, viel, viiiiel tiefer geht als es ein neues etikett auf der veranstaltung tun würde.

  • Und - Bingo! - sind wir wieder beim traditionellen Religionsunterricht unter anderem Etikett...

    Ja, genau das dachte ich mir auch, als an der Schule meines Sohnes nun Ethik eingeführt wurde.
    Ich als Relilehrerin mache genau diese Inhalte sowieso.
    "Bekehrung" und ein zu großes Maß an Frömmigkeit verbietet der Lehrplan.
    Ethik muss denke ich völlig losgelöst von den Religionen sein.
    Tierschutz, Umweltschutz (heißt in Religion "Schöpfung bewahren") ...
    Aber wozu die hlg. Schriften? Finde ich didaktisch heikel.
    Oder du zäumst das Pferd von hinten auf.
    Was bringt Menschen dazu, auf die Erde aufzupassen? Intrinsische Motivation. Wer die nicht hat, findet es als "Gebot" in der Bibel. Haben alle Religionen eine Bibel? Hl Schriften als Grundgesetz und Lebensratgeber für die Gläubigen, ...

  • Ich denke, man sollte zunächst mal klären, was Ethik ist und dann kann man die Heiligen Schriften auch auf ihren ethischen Gehalt hin untersuchen.


    Oder man stellt ein Wertesystem, z.B. das Grundgesetz, den Wertesystemen der Heiligen Schriften gegenüber.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Die "Heiligen Schriften" haben keinen ethischen Gehalt jenseits dessen, was man ihnen in der Antike zugewiesen hat. Alles, was der heutige Religionsunterricht an "Gutem" und "Wichtigem" in ihnen sieht ist nur das Resultat von Umerzählerei und Hineininterpretiererei. Der Ethos der Bibel ist ein Ethos, in dem Frauen und Sklaven rechtlos sind, in dem der Tod von Menschen bedeutungslos ist, in dem - im NT! - nicht einmal Familienbeziehungen einen Wert haben. Diese inhaltliche Manipulation zur "Guten Nachricht" im heutigen Ethos funktioniert normalerweise darüber, dass sämtliche Beteiligten weder die Bibel oder anderes genau gelesen haben, noch darüber tiefer nachgedacht haben. Deshalb wird in der Grundschule z.B. die Noah-Geschichte mit dem Regenbogen auf intellektuell erbärmlichste Art und Weise als "Hoffnungeschichte" fehlgelesen - was daran liegen mag, dass Religionslehrer in der Grundschule sehr oft nicht so wirklich am Lesen und kritischen Denken interessiert sind.


    Im Ethik-Unterricht darf das einfach nicht passieren, denn der Ethik-Unterricht ist von der Grundanlage her der Unterricht, der außerhalb der christlichen Propaganda zu liegen hat. Das gilt übringens auch für Bayern, so schwierig es in Bayern sein mag, ein Leben jenseits des Diktats des Christentums überhaupt zu denken.


    Nele

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