Promovieren als Lehrer

  • Ich bin seit ein paar Jahren mit halber Stelle in der Schule tätig sowie mit halber Stelle an die Uni in die Fachdidaktik abgeordnet. Vor meinem Job an der Uni habe ich höchste Hochachtung. Fachdidaktik als Schnittstelle von Fachinhalten, Methoden, usw. ... gerade auch in Bezug auf die Kompetenzorientierung hat sich im Bereich Philosophie/Ethik in den letzten Jahren enorm viel getan ... und zwar als Chance und Möglichkeit, Unterricht analytisch zu hinterfragen, reflektieren, etc..


    Ach ja, und ich habe ein tolles Kollegium sowohl an der Schule als auch an der Uni ...

  • Hallo nele,


    Hilbert Meyers Ertrag jahrzehntelanger Forschung, die Prinzipien des "was ist guter Unterricht", ist von 2004 und eine völlige Umkehrung seines vorherigen Denkens. (Was daran liegt, dass er endlich mal empirische anstatt ideologische Methoden angewandt hat.)


    das interessiert mich wirklich. Ich kenne von Meyer nur "Was ist guter Unterricht?" (aus dem Studium und auch jetzt im Ref arbeiten wir damit). Was hat er denn vorher, als er noch 'ideologische Methoden' angewandt hat, so postuliert?



    Zitat

    Ja. Universitäre Didaktik ist weiterhin inhaltsleeres Geplapper von Amateuren ohne praktische Erfahrung, die dem Steuerzahler auf der Tasche liegen.


    Zum Teil stimme ich dir hier zu. Die allgemeine Didaktik habe ich auch öfter nicht als besonders sinnvoll für den Unterricht erlebt, vor allem wenn es inhaltlich nicht tiefer als um solche schönen Sinnsprüche geht.


    Was die Fachdidaktik anbelangt, komme ich zu einem anderen Urteil. In meinen Unterrichtsfächern habe ich da durchaus sehr sinnvolles im Studium gelernt (nicht nur Methoden, sondern wirklich sinnvolle Prinzipien mit wissenschaftlicher Begründung) und vor allem ohne die sonderpädagogische und sprachtherapeutische Didaktik wäre ich jetzt manchmal ziemlich aufgeschmissen. Gut, dann würde ich es halt jetzt lernen. Aber sicher nicht mehr in einer solchen Tiefe, wie es im Studium (mit Praxis-Verzahnung) möglich war.


    Das mag bei meiner Schulform aber auch etwas anderes sein als bei den Sek-II-Lehrern.

  • Ich bin seit ein paar Jahren mit halber Stelle in der Schule tätig sowie mit halber Stelle an die Uni in die Fachdidaktik abgeordnet. Vor meinem Job an der Uni habe ich höchste Hochachtung. Fachdidaktik als Schnittstelle von Fachinhalten, Methoden, usw. ... gerade auch in Bezug auf die Kompetenzorientierung hat sich im Bereich Philosophie/Ethik in den letzten Jahren enorm viel getan ... und zwar als Chance und Möglichkeit, Unterricht analytisch zu hinterfragen, reflektieren, etc..


    Ach ja, und ich habe ein tolles Kollegium sowohl an der Schule als auch an der Uni ...


    Gratuliere, du lebst schon mein Ziel. Darf ich fragen, wie du an die Stelle in der Uni gekommen bist - über Abordnung oder Initiativbewerbung und wo hast du die Ausschreibung gefunden ? Bist du in der Fachdidaktik Philosophie ? Könntest du mir ein, zwei wichtige Lektüren nennen, die man da behandelt ? Viele Grüße !

    Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen. (Heraklit)


  • Irgendwie fühle ich mich hier in Rechtfertigungshaltung und frage mich allmählich warum eigentlich. Nein, ich war nie ziellos, ich habe meinen Magister bereits mit 30 gemacht und dann - neben voller Berufstätigkeit - die Diss. vorangetrieben. Und jetzt habe ich eben vor, dass ich nicht bis zur Rente in einer Brennpunktschule ausbrennen möchte, sondern schlicht mehr fachlich unterrichten und weniger disziplinieren möchte. Weiterbildungskolleg wäre auch eine Option, ist mir aber zu popottig irgendwie, obwohl ich jahrelang in der Erwachsenenbildung gearbeitet habe und mir das mehr liegt als mit den schreienden Kids. An die Uni zu gehen, ist in der Tat ein alter Lebenstraum von mir. Ich nehme in Sek II das Abitur in Deutsch und Philosophie ab, ich habe einen hochkarätigen Doktorvater aus Tübingen für meine externe Diss. gewinnen können, ich habe mit 50 jahren den Seiteneinstieg in den Schuldienst gemacht - also ganz bescheuert und naiv kann ich wohl nicht sein, auch wenn ich in der Tat keine Ahnung habe, wie die Wege sind, an der Uni Stellen zu ergattern. deshalb stelle ich hier ja ganz bewusst dumme Fragen. Du unterstellst hier 1000 Sachen, obwohl du mich gar nicht kennst. Nein, ich habe bislang keine Ahnung von Fachdidaktik und habe mich dafür auch nicht sonderlich interessiert bisher, das kann aber durchaus noch kommen, wer weiß. Vielleicht kann man in der Tat genial Praxis und Theorie verbinden, ich habe weder mit dem einen noch mit dem anderen Probleme. Wenn ich vorab aber sehe, dass Fachdidaktik mir zu öde ist, werde ich mich ganz bestimmt nicht für einen Posten in der Fachdidaktik bewerben, nur, um an der Uni zu sein. Ich sondiere gerade einfach nur die Lage, was geht und was nicht geht. Und ich greife generell bei der Lebensplanung immer nach dem Stern, der mich am meisten inspiriert, damit bin ich bislang immer sehr gut gefahren und auch schon recht weit gekommen. Was dagegen ?

    Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen. (Heraklit)

  • Ich halte es für keine gute Idee, wenn jemand, der Schüler öffentlich als "tumbe (!) Pappnasen" bezeichnet, angehende Lehrer ausbilden soll. Und wenn er noch so viel Praxiserfahrung hat. Schon Kurt Tucholsky wusste: "Man kann seine Sache auch 20 Jahre lang falsch machen."


    Meine Güte, wie humorlos. Dann komm mal an meine Brennpunktschule mit 90 Prozent asozialen Schülern. Da fallen dir noch ganz andere Schimpfworte ein, glaub mir ! Aber bevor der Shitstorm hier wieder los geht: Ich mag zum großen Teil sogar diese Schüler, aber man sollte sich schon überlegen, wo man die nächsten Jahre seine Energie (verpuffen) lässt. Wenn man lieber Sozialpädagoge als Lehrer ist, ist das ja ganz o.k., aber mich interessiert vor allem die fachliche Vermittlung und ich würde in diesem Bereich schon ganz gern mal etwas anspruchsvoller arbeiten, weil es mich einfach langweilt, Klausuren zu korrigieren, in dem noch nicht mal in der 13 drei Sätze mit richtigem Satzbau zu lesen sind. Gruß aus der Praxis ! 8)

    Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen. (Heraklit)

  • An solche Lehrer kann ich mich noch erinnern- aus meiner eigenen Schulzeit. Lehrer, die sich eigentlich zu Höherem berufen fühlten und für die wir Schüler eben, tja, das tumbe Schulpöbelvolk waren. Die uns das auch immer spüren ließen, weswegen man sich mit dem Unterrichten natürlich auch besonders wenig Mühe geben musste. Ob du auch dazu gehörst, C.B., will ich dir natürlich nicht unterstellen. Wenn man aber von den Bedingungen der Arbeit an einer Uni so derartig wenig Plan hat außer dass man da unbedingt hin muss, finde ich das schon....irgendwie traurig :( Hoffe, vom Unterrichten weißt du mehr.


    Ja, ich fühle mich zu Höherem berufen ! Und nu ? :teufel:

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  • Meine Güte, wie humorlos. Dann komm mal an meine Brennpunktschule mit 90 Prozent asozialen Schülern. Da fallen dir noch ganz andere Schimpfworte ein, glaub mir !


    Ich bin gerade im Referendariat für das Sonderschullehramt und habe hier etliche Schüler mit sozio-ökonimischen Benachteiligungen und vielen weiteren Baustellen. Ich möchte gar nicht wissen, wie du die betiteln würdest ... Klar, ich ärgere mich oft genug über ihr Verhalten, aber trotzdem bemühe ich mich, egal ob ich mit ihnen oder über sie spreche, immer respektvoll zu bleiben. Ich denke, eine solche Wortwahl verrät sehr viel über die tatsächliche Einstellung. Und es passt ja auch zum restlichen Duktus deiner Beiträge. Auch wenn ich jetzt humorlos bin ... damit kann ich leben.

  • Dumme Fragen kann man natürlich stellen; aber ob man mit einem breiten Pinselstrich Schüler als "tumbe Pappnasen" und Lehrer als "nett aber geistlos" malen sollte, wenn die eigenen Fragen ein wenig den Eindruck einer - wie soll man sagen? - generell uninformierten und unbeholfenen Naivität machen, weiß ich nicht so wirklich...


    Nele


    P.S. Hättest du tatsächlich Zeit in einem Universitätsinstitut verbracht, würde das auch deine Vorstellungen vom sprühenden Esprit und dem geistreichen Austausch unter waschechten Akademikern in den Geisteswissenschaften relativieren.



    Ad 1) Ich tu nur so naiv, damit ihr mir hier mal was erzählt, klappt doch ganz gut, Ziel erreicht ...:) :zungeraus:


    Ad 2) zu P.S.: Das mag in der Tat sein. Aber man muss dort gearbeitet haben, um es beurteilen zu können. Ich habe nie behauptet, dass ich alles schon weiß. Vielleicht finde ich Uni, falls es klappt, ganz scheußlich (lauter arrogante Affen ?) und krieche reumütig wieder in meine Brennpunktschule zurück, wo das Kollegium sehr nett ist (obwohl zum Teil recht bieder). :sterne:

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  • ...es gibt viele, sehr viele nette, geistlose lehrer. es gibt aber auch durchaus tolle kollegien, wo die leute nicht durch die bank ständig erzählen, dass sie "ihr examen nicht mehr gebraucht haben" im schuldienst und andersrum die fachlich fitteren nicht ständig das gefühl haben "an der schule zu versauern".


    Hab ich nie bestritten. Ich gehöre auch nicht zur Jammersorte Marke "Ich bin ein wissenschaftliches Genie, holt mich aus der Brennpunktschule", aber ich spüre immer mehr meine mangelnde Bereitschaft, mich dort verheizen zu lassen bis zur Rente. Da gibts ja vielleicht noch andere Optionen ! Und die gucke ich mir jetzt mal an, teste sie aus ...

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  • So manchem dürfte das reichen. So nebenbei beim Küchengespräch auf der Party fallengelassen, macht das schon was her.


    Und erst der Doktortitel ! Das schmückt ungemein :grins:

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  • Tja, daran sieht man mal wieder, wie verschlungen Lebenswege sein können ... Ist doch toll, dass er doch noch an der Uni gelandet ist, wenn er dorthin wollte !

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  • Ja, aber zu denen gehöre ich nicht. Auch ich habe einen guten Draht zu meinen Schülern und das Unterrichten macht mir generell Spaß, auch der Kontakt mit Jugendlichen sehr. Aber dennoch gibt es einen Unterschied, ob man an einer Brennpunktschule unterrichtet oder am Gymnasium oder mit Erwachsenen im Weiterbildungskolleg. Es macht auch etwas mit einem selbst. Ich fühle mich an meiner Brennpunktschule (noch) sehr wohl, aber zum Beispiel die langen Ganztage nerven mich schon und die ständig - zumindest in Sek I - extrem notwendige Disziplinierung, bevor du überhaupt mal ans Unterrichten (fachlich) kommst. Das ist eine Sache des Standpunkts der Schule und nicht meine Privatangelegenheit. Und wenn es mir mehr Spaß macht, ältere Schüler oder Studenten zu unterrichten - was wäre daran falsch, sich langfristig etwas zu suchen, wo man das tun kann ? Wo also ist das Problem ?

    Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen. (Heraklit)

  • Ich bin gerade im Referendariat für das Sonderschullehramt und habe hier etliche Schüler mit sozio-ökonimischen Benachteiligungen und vielen weiteren Baustellen. Ich möchte gar nicht wissen, wie du die betiteln würdest ... Klar, ich ärgere mich oft genug über ihr Verhalten, aber trotzdem bemühe ich mich, egal ob ich mit ihnen oder über sie spreche, immer respektvoll zu bleiben. Ich denke, eine solche Wortwahl verrät sehr viel über die tatsächliche Einstellung. Und es passt ja auch zum restlichen Duktus deiner Beiträge. Auch wenn ich jetzt humorlos bin ... damit kann ich leben.


    Du hast andere Schüler als ich. Ich würde nie auf die Idee kommen, ernsthaft Behinderte zu diskreditieren. Wir haben vor allem die emotional Gestörten und die Asozialen. Und von denen liebe ich weiß Gott nicht alle. Respektvoller Umgang ist schon viel. Ich denke auch nicht, dass ein Lehrer immer alle Schüler mögen muss, zu einer menschlichen auch pädagogischen Beziehung gehören immer zwei Seiten. Wenn da was nicht stimmt, ist nicht automatisch IMMER der Lehrer schuld. Das erzählen sie im Studienseminar und ich halte das für Unsinn.

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  • Dafür solltest du nicht nur fachdidaktische Kenntnisse in der Praxis (die du ja deiner Aussage nach zur Genüge hast), sondern auch in der Theorie haben - eine theoretische Fundierung sollte gerade an universitären Kursen sehr wichtig sein. Die eigentliche praktische Ausbildung findet erst im Ref und an den Studienseminaren statt, als Fachdidaktikerin an der Uni ist es deine Aufgabe, die Basics zu vermitteln an auch nicht immer unbedingt super interessierte Studierende. Und neben den einschlägigen fachdidaktischen Theorien solltest du dich auch in der Allgemeindidaktik, auch theoretisch, sehr auskennen - und je nachdem, wann du ausgebildet wurdest, kann sich da auch schon eine ganze Menge getan haben.
    Die Fachwissenschaft ist hier also eher Mittel zum Zeck - die Studierenden dürfen natürlich nichts Falsches behaupten, aber du hast dich "nur" darum zu kümmern, dass sie es schaffen, aus Gegenständen Themen für den Unterricht zu machen - und dann dazu noch eine sinnvolle Reihe/Stunde zu planen.


    Wenn ich jetzt mal deine persönlichen Unterstellungen in meine Richtung (es sei dir großzügig verziehen :)) weglasse, klingt das, was du über Fachdidaktik schreibst - offenbar aus eigener Erfahrung - gar nicht so übel. Ich dachte, Fachdidaktik wäre nur so ein an der Praxis der Schule lebensfern vorbei schießendes Pädagogik- Gelaber, wo es mehr darum geht, dass sich ein Theoretiker jenseits der Lebenswelt profiliert. Aber WENN es wirklich darum geht, "aus Gegenständen Themen für den Unterricht zu machen", dann würde mich das in der Tat sehr interessieren. Ich habe allerdings niemals Fachdidaktik studiert bis auf meine schmalen Einblicke im Rahmen der Lehrerausbildung, die für mich ja erst drei Jahre zurück liegt (bin insofern also auf dem neusten Stand als Oma unter den Refs). Aber wenn ich über die philosophischen Fragmente von Hölderlin und Novalis promoviere, traue ich mir schon zu, dass ich mich auch in die wesentlichen pädagogischen/fachdidaktischen Basica einarbeiten kann. Das müsste doch zu stemmen sein, denke ich.
    Also: so, wie du das beschreibst, klingt die Sache eigentlich gar nicht so öde, vielmehr sogar sehr sehr spannend ! :gruss:

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  • Ich muss sagen, dass ich C.B. in vielen Punkten verstehen kann. Es kann übrigens auch sehr viele positive Aspekte haben sich zu Höherem berufen zu fühlen. Das sind meistens die Lehrer, die an der Schule den Ruf haben fachlich einiges abzuverlangen und es auch "fachlich drauf zu haben". Das sind auch meist diejenigen, die sich für die Repräsentation ihres Fachs an der Schule einsetzen, sei es bei Wettbewerben oder anderen fachlichen Aspekten.
    Erinnere mich noch genau an meinen früheren Chemielehrer, der hatte einen Doktortitel und wäre eigentlich lieber Professor geworden, wir wären seine 2. Wahl aber er würde uns auch gerne unterrichten. Einfach ehrlich der Mann. Als einer der wenigen Lehrer hatte er einen Unterricht auf einem Niveau gemacht, das mich stark gefordert hat. Er hat sich speziell für die Leistungsstarken eingesetzt und das inhaltliche Unterrichtsniveau vollkommen nach oben hin ausgereizt. Anstatt das Niveau abzusenken, damit auch die Schwachen aus unserem Kurs mitkamen (die meiner Meinung nach großteils eh im falschen LK, wenn nicht gar an der falschen Schulart waren!) hat er Gas gegeben für uns interessierte Chemiecracks. Dabei war er trotzdem fair den anderen gegenüber, hat aber eben seinen Fokus auf Leistung gehabt. Auch hat er Hilfestellung für die Schwachen gegeben, aber vor allem mit Aufträgen zu selbstorganisiertem Nacharbeiten außerhalb des Unterrichts, denn sein O-Ton "Unterrichtszeit ist fürs Wiederholen zu schade, das müsst ihr zuhause machen, sonst kommen wir nicht zu den spannenden Themen". Das war noch ein Lehrer, der Motivation bei den Guten einfach durch große Fachkompetenz erzeugt hat, nicht durch irgendwelche verrückten Methodenwechsel, pädagogischen Motivationstricks oder andere, lernzeitverbrennenden Schnickschnack den manche heutzutage machen (müssen), damit die desinteressierten Schüler überhaupt noch zuhören. Und er war einer, der nach der Chemie AG noch stundenlang da blieb um mit uns einen neuen Versuch zu testen.


    Das ist in SLH auch einfach ein Problem der Abschaffung des Gymnasiums. Besager Lehrer hatte noch den Mut knallhart zu sagen:"Wenn Du keine Lust auf den Unterricht hast, da ist die Tür." Und wir Interessierten haben auf die Tische geklopft und gedacht "Endlich sagts denen mal einer!".
    Heutzutage läuft das ja ganz anders. Da wird ja am Gymnasium mitgeschleift, wer seinen Namen schreiben kann, und wenn jemand keine Lust hat, dann muss der Lehrer ihn selbstverständlich motivieren. Wenn einer Schüler ruft "Langeweilig, wofür braucht man das", dann erntet er Applaus von seinen Mitschülern. Und wenn man als Lehrer andeutet, dass einige nicht ans Gymnasium gehören bekommt man schiefe Blicke von den Superpädagogen.


    90% Lehrer die ich selber hatte, haben sich um ein eher seichtes, massenkompatibles Niveau bemüht: Unterricht für den Durchschnitt oder gar Unterricht für die schlechten Schüler. Und alles musste bunt und crazy, am besten noch dramatisch sein. Wir guten Schüler waren dabei oftmals unterfordert.
    Das Gymnasium sollte meiner Meinung nach die Schulart für die leistungsfähigsten und leistungswilligsten Schüler sein und ich würde mir auch mehr Kollegen wünschen, die sich nebenher für Forschung an der Uni interessieren und von ihrem Fach so begeistert sind, dass sie liebend gerne, wenn sie die Möglichkeit hätten, ihre Brötchen in der Forschung verdienen würden.
    Ich bin auch so jemand. Dennoch unterrichte ich auch gerne und meine Begeisterung für das Fach springt oft über und steckt so manchen Schüler oder Schülerin an. Bei denjenigen, die sich durch Begeisterung für das Fach nicht anstecken lassen, kann man durch pädagogische und didaktische Spielereien eh meist allenfalls ein Strohfeuer entzünden. Bei denen bemühe ich mich um Fairness und gebe Hinweise zum Nachlernen, aber den Kopf zerbrech ich mir über diejenigen, für die ein Gymnasium ursprünglich mal gedacht war.


    Sorry, aber das musste mal raus, nachdem ich heute eine freistundenlange Diskussion miterleben musste, wie man einen desinteressierten, nicht sonderlich intelligenten Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten (der auch in einer meiner Klasse sitzt und den ich erfolgreich am Verlangsamen meines Unterrichts hindere) zu besseren Leistungen bringen kann. Eine komplette Freistunde haben die Damen sich da bekakelt. Eine davon unterrichtet Erdkunde in der Klasse und erzählt den Schülern fachlichen Bullshit zum Ozonloch, das ich dann wieder geradebiegen darf. Fast wäre ich hingegangen und hätte gesagt, sie solle die Freistunde lieber nutzen um ihr fachliches Wissen aufzubessern, anstatt irgendwelche pseudopädagogischen Experimente zu planen. (Hübsche Sternchen ins Mitteilungsheft für gute Mitarbeit, in einer 8. Klasse, ich bitte Euch). Aber das ist eben der mainstream der neuen Lehrer(innen). Da schätze ich männliche Kollegen doch irgendwie mehr, die sind meist pragmatischer und fachlicher.


  • Zustimmung auf der ganzen Linie ! ich denke auch, dass die eigene Begeisterung für das Fach immer noch die beste Motivation für die SchülerInnen ist. Und ich denke wie du - wenn ich dich recht verstanden habe - dass man mangelndes Fachwissen und Begeisterung für das Inhaltliche im eigenen Fach nicht durch noch so spaßige Methodenwechsel und Schnickschnack kompensieren kann. Aber dass Frauen weniger als Männer pragmatisch sind, stimmt in der Regel nicht. Männer und Frauen sind, was ihre Fähigkeiten und Begabungen angeht, exakt gleich gut und schlecht. Es grüßt die Radikalemanze ! :)

    Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen. (Heraklit)

  • Silicium?!




    Du hast andere Schüler als ich. Ich würde nie auf die Idee kommen, ernsthaft Behinderte zu diskreditieren. Wir haben vor allem die emotional Gestörten und die Asozialen.


    Was sind denn "ernsthaft Behinderte"? Keiner meiner Schüler ist auf einen Rollstuhl angewiesen, hat eine geistige Behinderung oder einen Schwerbehindertenausweis.
    Der Großteil meiner Schüler wird in der Sekundarstufe an eine allgemeine Schule wechseln. Insofern könnten sie dann theoretisch durchaus auch Schüler, tumbe Pappnasen, von dir werden.
    Und im Gegenzug: Warum soll eine emotionale Störung keine ernsthafte Behinderung sein?




    Und von denen liebe ich weiß Gott nicht alle. Respektvoller Umgang ist schon viel. Ich denke auch nicht, dass ein Lehrer immer alle Schüler mögen muss, zu einer menschlichen auch pädagogischen Beziehung gehören immer zwei Seiten.


    Niemand verlangt, dass du deine Schüler lieben musst. Freilich gehören zu einer respektvollen Beziehungen immer zwei. Aber wer hat hier eher Vorbildfunktion: deine Schüler oder du?





    Wenn da was nicht stimmt, ist nicht automatisch IMMER der Lehrer schuld. Das erzählen sie im Studienseminar und ich halte das für Unsinn.


    Das halte ich auch für Unsinn. Genauso aber, dass immer der Schüler schuld sein soll. Monokausale Zuschreibungen treffen bei so komplexen Beziehungen nie zu. Wenn man systemisch denkt, dann ist ganz einfach die Interaktion gestört. Dann ist es aber auch deine Aufgabe als Lehrer zu schauen, wie man die Störung beheben kann. Du hast übrigens einen Erziehungs- und Bildungsauftrag. Deshalb ist das Abgrenzen des "Disziplinierens" gegenüber dem "eigentlichen Unterrichten" auch Käse.

  • Ich denke auch nicht, dass ein Lehrer immer alle Schüler mögen muss, zu einer menschlichen auch pädagogischen Beziehung gehören immer zwei Seiten. Wenn da was nicht stimmt, ist nicht automatisch IMMER der Lehrer schuld. Das erzählen sie im Studienseminar und ich halte das für Unsinn.


    Das ist auch Unsinn. Schlimm, wenn das wirklich an Studienseminaren so vermittelt wird.


    Du hast andere Schüler als ich. Ich würde nie auf die Idee kommen, ernsthaft Behinderte zu diskreditieren. Wir haben vor allem die emotional Gestörten und die Asozialen.


    Den Unterschied kann ich allerdings nicht erkennen bzw. würde ihm nicht soviel Gewicht beimessen. Die einen wie die anderen sind, so wie sie sind, das Ergebnis ihrer Gene und ihrer Umwelt, einschließlich Drogenmißbrauch der Mutter, Unfälle bei der Geburt und und und. All diesen Ursachen gemeinsam ist aber, dass die Kinder nichts dafür können, dass sie sind, wie sie sind. Dass ein körperlich, einschließlich Hirnfunktion, eigentlich gesundes Kind, das aber emotional gestört ist oder sich nicht so verhält, wie man es in der Schule mit Recht erwartet, mal sich selbst hinterfragt, sein Handeln kritisch reflektiert und so etwas, kannst du in der Sek I nicht erwarten. Jedenfalls nicht in dem Maße, dass ein Kind mit mangelhafter/fehlender Erziehung, einem nicht kindgerechten Umfeld usw. daraufhin sein Handeln dauerhaft ändern wird.


  • Das ist auch Unsinn. Schlimm, wenn das wirklich an Studienseminaren so vermittelt wird.



    Den Unterschied kann ich allerdings nicht erkennen bzw. würde ihm nicht soviel Gewicht beimessen. Die einen wie die anderen sind, so wie sie sind, das Ergebnis ihrer Gene und ihrer Umwelt, einschließlich Drogenmißbrauch der Mutter, Unfälle bei der Geburt und und und. All diesen Ursachen gemeinsam ist aber, dass die Kinder nichts dafür können, dass sie sind, wie sie sind. Dass ein körperlich, einschließlich Hirnfunktion, eigentlich gesundes Kind, das aber emotional gestört ist oder sich nicht so verhält, wie man es in der Schule mit Recht erwartet, mal sich selbst hinterfragt, sein Handeln kritisch reflektiert und so etwas, kannst du in der Sek I nicht erwarten. Jedenfalls nicht in dem Maße, dass ein Kind mit mangelhafter/fehlender Erziehung, einem nicht kindgerechten Umfeld usw. daraufhin sein Handeln dauerhaft ändern wird.


    Bin ich definitiv anderer Meinung. Jenseits der Determination über Gene, Umweilt, Drogenmissbrauch der Eltern, etc. gibt es noch so etwas wie einen freien Willen. Und diese Kinder und Jugendliche, die ich unterrichte, wissen ganz genau, was sie tun. Sie sind weiß Gott nicht die gestanzten Opfer, sie sind leider auch Täter. Lustig daran ist allerdings, dass sich das in dem Alter noch wie das Wetter ändert. Heute A., morgen Musterknabe und dann wieder mal A., bei den Mädchen auch. Diese Wechselkrankheit nennt man, glaube ich, Pubertät. Die einzige Rollstuhlfahrerin in unserer Klasse ist die Normalste von allen.

    Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen. (Heraklit)

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