"Ich bin mit meiner Mathematik am Ende!" oder "Wie bringe ich das Thema an die Schüler?"

  • Ich habe große Probleme mit den Matheinhalt in meiner 9.Klasse.
    Dort nehme ich gerade das Thema Kreisberechnung durch. Nachdem wir einige Stunden lang Umfang und Flächeninhalt vorwärts und rückwärts geübt haben, fand heute der Test statt. Dieser ist ziemlich schlecht (nur 2 Schüler haben eine Note besser als 3; eine Handvoll 3en, der Rest ist 4 oder 5 oder 6) ausgefallen.
    Da meine Klasse sehr matheschwach ist, habe ich mir vor der Unterrichtsreihe sehr viele Gedanken gemacht wie ich das Thema angehe. Wir haben gebastelt, geklebt, ... Dann haben wir ein gemeinsam ein Formelblatt erstellt, welches auch im Test genutzt werden durfte. Dann haben wir zu beginn jeder Stunde immer wieder die Grundlagen und Begriffe wiederholt (Was ist der Radius, der Durchmesser, der Flächeninhalt, ...) und Beispielaufgaben gerechnet.
    Beim letzten Thema bin ich anders vorgegangen. Da habe ich die Schüler selbständiger arbeiten lassen (Lerntheke), was dazu führte, dass einige kaum das nötigste machten und zusätzliche Arbeitsaufträge gar nicht bearbeitet wurden. Eine selbständige Lösungskontrolle ging gar nicht.
    Bei heutigen Test wurde hauptsächlich Radius und Durchmesser vertauscht, Umfang und Flächeninhalt falsch ausgerechnet z.B. Als der Radius bei einer Aufgabe gegeben wurde, rechneten einige bei umfang: u = pi*2*r² oder ähnliches.


    Nebenbei: Meine Klasse ist eine nette Klasse. Mit der Disziplin gibt es kaum Probleme. Gebe ich Aufgaben im Unterricht werden diese dann auch bearbeitet, mehr oder weniger ausführlich, aber keiner verweigert.


    Ich weiß nicht, was ich noch besser machen kann? Wie kann ich die Situation verbessern? Mit welcher Methode?
    Vielleicht hat von euch einen Rat?

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Rechnest du mit Einheiten? Daran sieht man z.B. sehr schnell, ob eine Formel plausibel ist.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Ich hatte mal das gleiche Problem in grün in Französisch.


    Meine Einsicht / Lösung war: Weniger Methodenvielfalt, sondern alles ein bisschen einfacher. Zwar wende ich auch weiterhin unterschiedliche Methoden an, denn zu öde und dröge soll es für die Schüler nicht sein; aber Methodenvielfalt darf eben nicht zu unübersichtlichem Unterricht führen; 'unübersichtlich' aus Sicht der Schüler, nicht aus Sicht der Lehrer. Denn die Unterrichtsmaterialien müssen ja auch von den Schülern gesammelt und auch zur Wiederholung verwendet werden können - da wäre gerade bei den bekannten Schlumpfis ein sauber geführtes Heft hilfreicher und sinnvoller als eine Sammlung mit allerlei bunten Kärtchen, Folienschnipseln und Problemzitaten.


    Nebenbei: Methodenvielfalt hin oder her, es mag an den Grundschulen auch klappen. Aber zumindest an meiner Schule wirkt zu viel Methodenvielfalt unverbindlich, nicht so wichtig. Die Schüler nehmen den Unterricht dann manchmal nicht so Ernst.


    Hamilkar

  • Hm,...ich fange heute mit dem Thema in meiner 6. Klasse an.
    Wir werden wohl erstmal nicht grossartig basteln, denn meine haben in 2 Wochen Pruefung und wir haben das Thema bisher noch nicht mal beruehrt. Das wird erstmal recht stur und frontal durchgenommen und dann geuebt. (Es handelt sich aber um meine Mathespezialisten. Wenn ich denen nur ein Buch in die Hand druecken wuerde, waere das fuer die auch innerhalb von ein paar Minuten klar.)
    Ich fand die Stundenideen hier aber ganz gut und hab die PPs jetzt angepasst. Wir schauen mal, wie weit wir kommen. 8)


    Wenn sie die Grundlagen verstehen, dann basteln wir um Probleme zu erkunden.


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  • Bei heutigen Test wurde hauptsächlich Radius und Durchmesser vertauscht, Umfang und Flächeninhalt falsch ausgerechnet z.B. Als der Radius bei einer Aufgabe gegeben wurde, rechneten einige bei umfang: u = pi*2*r² oder ähnliches.

    -> Radius und Durchmesser vertauschen klingt aber schon nach, "ich kapier das alles nicht!!! ich rate mal fröhlich, nachdenken nutzt eh nüscht".


    -> Ich weiß nicht, wie dein Test aussah, ich würde den auch in den Schritten aufbauen, wie ich mit den Kids was erarbeitet habe. Z.B. zuerst sowas abfragen, wie: male den Radius im obigen Kreis grün. Kennzeichne den Mittelpunkt M in rot... also Sachen, die sie 100 pro können.


    -> Wenn sie in Aufgabe 4 dann Umfang berechnen sollen, würde ich ihnen auch die Größen liefern, die sie dafür brauchen- das aus dem Text rauszufiltern ist schwierig genug. Dann auch noch nachzudenken, wie man von r zu d kommt ist ein Schritt zu viel und könnte Zusatzpunkte für ganz Schlaue geben. (Wenn dein Lehrplan das zulässt).


    -> Wichtig finde ich auch, dass sie einmal verstanden haben, WARUM sie was machen müssen, ansonsten haben die Formeln keinen Sinn für sie und sie meinen, es reiche zu raten. Zum Beispiel durch so eine Erklärung, die ist so gut, das verstehe sogar ich :) :


    http://www.wdr.de/tv/wissenmachtah/bibliothek/pi.php5

  • Vielen Dank für eure Antworten.


    Dejana: Schönes Poster. Das könnte ich mit den Schülern auch machen. Den Link werde ich mir mal ansehen.


    Ich habe bei diesem Thema ja schon die Methodenvielfalt stark zurückgeschraubt gegenüber dem letzten Thema. Ich rechne auch mit Einheiten. Allein schon, weil ich in Physik viel Wert darauflege. Ich glaube aber gerade das verwirrt die Schüler. Dadurch scheint es mir entstehen noch mehr Fehler.


    @ Pausenbrot: Deine Kleinschrittigkeit, die du hier vorstellst wird wahrscheinlich das beste sein. Aber irgendwie sträube ich mich dagegen, da es sich immer noch um Realschüler (ohne Förderbedarf) der 9.Klasse handelt. Da erwarte ich einfach ein bisschen mehr Engagement.


    Das Thema habe ich so aufgebaut und durchgeführt (Beschreibung in aller Kürze):
    1. Begrifflichkeiten am Kreis (eigentlich bekannt aus KL. 6)
    2. Problemstellung: Wie kann ich den Umfang genau bestimmen. Die Schüler haben mit Maßband gemessen. Dann habe sie Durchmesser und Umfang von kreisförmigen Gegenständen gemessen. Damit haben wir die Zahl Pi hergeleitet.
    3. Umfangformel kennengelernt und geübt.
    4. Flächeninhalt kennengelernt und geübt.
    5. Gemischte Übung: Radius und Durchmesser berechnen, wenn Flächeninhalt oder Umfang gegeben sind ...
    Dies hat insgesamt schon recht lange gedauert.


    Im Test habe ich dann abgefragt:
    1. Berechne Umfang und Flächeninhalt der beiden Kreise. bei einem war der Radius und bei dem anderen der Durchmesser gegeben.
    2. Ein Flächeninhalt war gegeben. Man sollte den Radius, den Durchmesser und den Umfang des Kreises berechnen.
    3. Eine zusammengesetzte Fläche aus 2 Halbkreisen, die unterschiedlich groß waren. Man sollte die Fläche berechnen.


    Für dieses Thema habe ich eigentlich auch nicht mehr viel Zeit. Für die Klasse ist das Schuljahr Fronleichnam gelaufen, da sie anschließend 2 Wochen ins Betriebspraktikum geht und dann nur noch eine Schulwoche ist. Das Thema Körperberechnung muss bis dahin auch noch gemacht werden.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Leider weiß ich gerade nicht mehr, wo ich das gelesen habe, es war ein Experiment, bei dem einer Klasse sehr deutlich die Wichtigkeit der Mathematik für ihr Leben erklärt wurde. Es hat genutzt. Sie haben sich mehr angestrengt als die "unaufgeklärte" Vergleichsgruppe. Sorry, habe die Quelle nicht, vielleicht erinnert sich jemand.


    Deine Schüler sind mit dem Berufspraktikum schon auf dem Weg in ihre Ausbildung. Die Klagen der Ausbilder sind laut: Die Schüler können (unter anderem) kein Mathe. Das liegt nicht - oder nicht nur - daran, dass sie vielleicht ein wenig unterbelichtet sind. Meistens ist es die Anstrengungsbereitschaft, die fehlt. Man kann sich den Kreisumfang sehr wohl merken, wenn man ein bisschen mehr übt. Das prägt sich nicht von allein ein, und da können Lehrer sich ein Bein ausreißen, die Lernenden müssen schon selbst wollen.


    Von daher würde ich nicht so sehr an den Methoden und an mir selbst zweifeln, sondern versuchen, die Schüler da zu packen, wo es für sie gerade wichtig ist. Und das ist ihre berufliche Perspektive. Das Leben ist kein Ponyhof.


    Ich sage meinen Schülern oft, dass Mathe das Denken schult. Und dass ich kein Gejammer ab kann. Nun ja, es nutzt *ein bisschen*. Ich sage ihnen auch immer, wenn ich etwas schön finde, aber das glauben sie doch nie so richtig, dass ist ja nur versponnene Mathematikerphantasie.


  • Das Thema habe ich so aufgebaut und durchgeführt (Beschreibung in aller Kürze):
    1. Begrifflichkeiten am Kreis (eigentlich bekannt aus KL. 6)
    2. Problemstellung: Wie kann ich den Umfang genau bestimmen. Die Schüler haben mit Maßband gemessen. Dann habe sie Durchmesser und Umfang von kreisförmigen Gegenständen gemessen. Damit haben wir die Zahl Pi hergeleitet.
    3. Umfangformel kennengelernt und geübt.


    So weit sind wir heute in der Stunde auch gekommen. Genau mit dem Ablauf,...obwohl zwei meiner Jungs vorher schon Pi kannten und ihnen auch die Formel bekannt war. Allerdings red ich nicht grossartig ueber Formeln, denn wir leiten mehrheitlich her. Ihnen ist selbst aufgefallen wie sie den Umfang berechnen koennen, wenn sie den Durchmesser haben. Darauf basierend konnten sie mir dann auch sagen, wie sie ihn mit dem Radius finden koennen. (Meine sind erst 10 Jahre alt,...ihre Sekundarlehrer sollen schliesslich auch noch was zu tun haben. ;) )
    Flaecheninhalt machen wir dann in der naechsten Stunde.


    Engagement laesst sich trainieren. Die wenigsten meiner Schueler wuerden inzwischen behaupten, dass sie nicht gut in Mathe sind (gejammert wird eh nicht,...dagegen bin ich allergisch und es nervt mich). Wenn du nur noch so wenig Zeit hast, laesst sich das vielleicht schlecht aendern, aber wir arbeiten - vor allem in Mathe - auf ein "growth mindset" hin. (So heisst das angeblich neuerdings. Machen wir schon seit ein paar Jahren.) Meine Schueler schrecken generell nicht vor schwierigen Aufgaben zurueck, und wenn sie etwas nicht auf Anhieb koennen, dann ist das auch kein Problem. "We can't do this, YET, but we'll get there eventually." Sie helfen und ermutigen einander, wenn's fuer jemanden nicht gut laeuft. Das ist fuer meine ganz selbstverstaendlich.


    [Blockierte Grafik: https://classteaching.files.wordpress.com/2013/09/growth-mindset.png]

  • Für die Klasse ist das Schuljahr Fronleichnam gelaufen, da sie anschließend 2 Wochen ins Betriebspraktikum geht und dann nur noch eine Schulwoche ist.

    Vielleicht liegts daran. Konzentration gleich Null und irgendwie gedanklich schon mit der Schule abgeschlossen... Hat es denn für dich Konsequenzen, wenn der Schnitt zu schlecht ist?

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