Elternwille bei der Wahl der Schulart

  • In Baden-Württemberg entscheiden die Eltern - nach einer Beratung durch den Klassenlehrer - darüber, welche Schulart ihr Kind nach der Grundschule besuchen soll.


    Anekdote aus dem Beratungsverfahren:
    Lehrer: "Ihre Tochter steht in fast allen Fächern auf der Note 5. Ich empfehle Ihnen daher, das Kind an der Hauptschule anzumelden"
    Mutter:"Nein. Meine Tochter geht auf das Gymnasium. Ob sie am Gymnasium oder auf der Hauptschule 5er schreibt, ist egal. Aber dann schreibt sie sie die 5er wenigstens am Gymnasium."


    Dagegen ist kaum ein Argument zu finden. :autsch:

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Oder dass sie dann eben ganz schnell sitzen bleibt und danach, wenn sie noch einmal oder nach der Folgeklasse erneut sitzenbleibt, das Gymnasium verlassen muss, eventuell doch an der Hauptschule landet, vielleicht todunglücklich wird und nie eine feste Klassengemeinschaft erlebt hat. Ach ja, und die totale Schul- und Lernunlust entwickelt.

  • Kennt ihr den "Lotus-Antilogik-Effekt"?
    Logischen Argumenten gegenüber ist diese Mutter nicht aufgeschlossen.
    Das perlt ab - oder wird durch eine Hörstörung überdeckt... keine Ahnung, was die Ursache ist :sterne:

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Was erwartest Du von der Mutter? Dass sie ihr Kind freudig an einer Schule anmeldet, die ein generall geringes soziales Niveau, viel Gewalt und kaum Lebensperspektiven bietet?

  • Wahrscheinlich wird es aber doch kein Gymnasium geben, das ein Kind mit lauter 5ern auf dem Zeugnis annimmt, oder? Anmeldefreiheit ist ja nicht gleichbedeutend damit, dass sich auch tatsächlich ein Gymnasium findet, welches das Kind aufnimmt.


    Ganz davon abgesehen: Gibt es nicht die Möglichkeit das Kind an einer Gesamtschule anzumelden? Da bleiben ihm erstmal alle Bildungschancen offen und die Mutter müsste sich nicht so sehr vor geringem solialen Niveau, Gewaltbereitschaft und mangelnder lebensperspektive fürchten.

  • Bei meiner Freundin (Grundschullehrerin) wurde ein Kind (LB) im GL an einem Gymnasium aufgenommen. Eltern erzählen jetzt überall stolz herum, dass ihr Kind aufs Gymnasium geht. Andere Eltern melden sich bei meiner Freundin, und fragen wie das denn sein könne, dass ihr Kind eine Realschulempfehlung hat, aber dieses eine (äußerst schwache) Kind ans Gymnasium kommt-

  • Da

    Bei meiner Freundin (Grundschullehrerin) wurde ein Kind (LB) im GL an einem Gymnasium aufgenommen. Eltern erzählen jetzt überall stolz herum, dass ihr Kind aufs Gymnasium geht. Andere Eltern melden sich bei meiner Freundin, und fragen wie das denn sein könne, dass ihr Kind eine Realschulempfehlung hat, aber dieses eine (äußerst schwache) Kind ans Gymnasium kommt-


    Dann nehme ich aber an, dass das Kind nicht nach den Richtlinien des Gymnasium unterrichtet wird, sondern einen eigenen Plan hat in Abstimmung mit den Richtlinien der Förderschule im Zuge der Inklusion. Über den Sinn kann man sich (und wird und wurde ja schon viel gestritten) streiten.

  • Schade, das es anscheinen mehr darauf ankommt, was Eltern gerne im Freundeskreis erzählen möchten ("mein Kind geht aufs Gymnasium"), als wo sich das Kind tatsächlich wohl fühlt. Erfolgserlebnisse in einer Gruppe mit ähnlich begabten Kindern aus ähnlichem Umfeld zu haben ist bestimmt für viele Kinder schöner, als Misserfolge zu erleben, in einer riesigen Gruppe von begabteren Kindern, die zum größeren Teil ein Freizeitverhalten haben, dass sie sich selber nicht leisten können :-/. Das denke ich mir zumindest oft, wenn ich mir meine Hauptschüler anschaue.


    Und die Perspektiven sind heutzutage auch für Hauptschüler (wenn Fleiß und Einstellung passen) außerordentlich gut!

  • Da


    Dann nehme ich aber an, dass das Kind nicht nach den Richtlinien des Gymnasium unterrichtet wird, sondern einen eigenen Plan hat in Abstimmung mit den Richtlinien der Förderschule im Zuge der Inklusion. Über den Sinn kann man sich (und wird und wurde ja schon viel gestritten) streiten.


    Natürlich ist das so, aber bei den Eltern kam ausschließlich an, mein Kind geht aufs Gymnasium und macht Abitur (sind nicht wesentlich heller als das Kind selber).

  • na, das Kinder mt 5er Zeugnissen zum Gym gehen ist doch nur konsequent. Warum denn nicht? Wenn doch auch Kinder mit Förderbedarf oder sogar GE dahin können...

    • Offizieller Beitrag

    Und die Perspektiven sind heutzutage auch für Hauptschüler (wenn Fleiß und Einstellung passen) außerordentlich gut!


    In meinem Bezirk ist die Vermittlungsquote für Hauptschüler 15%. Das ist weit entfernt von "außerordentlich gut". Dürfte sehr regional abhängig sein. Hier zumindest habe ich alles Verständnis der Welt, wenn Eltern sich mit Händen und Füßen wehren, ihr Kind da hin zu geben.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Bei uns ist die Vermittlungsquote für ausbildungsfähige!!! Hauptschüler an die 100% - auch von den eigentlich nicht ausbildungsreifen finden einige einen Platz. Leider haben wir dieses Jahr einen erschreckenden Mangel an vermittelbaren Schülern. :weinen:

  • In meinem Bezirk ist die Vermittlungsquote für Hauptschüler 15%. Das ist weit entfernt von "außerordentlich gut". Dürfte sehr regional abhängig sein. Hier zumindest habe ich alles Verständnis der Welt, wenn Eltern sich mit Händen und Füßen wehren, ihr Kind da hin zu geben.


    In Baden-Württemberg hatten wir über viele Jahre gute Übergangsquoten der Hauptschüler in die betriebliche Ausbildung. Bis die Hesse den Ruf zu Klump gefahren haben ;)


    Zusatzinfo: In Ba-Wü gibt es - bis auf ganz wenige Schulversuche - keine Gesamtschulen.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Kennt ihr den "Lotus-Antilogik-Effekt"?
    Logischen Argumenten gegenüber ist diese Mutter nicht aufgeschlossen.
    Das perlt ab - oder wird durch eine Hörstörung überdeckt... keine Ahnung, was die Ursache ist :sterne:


    :aufgepasst: Müsste es dann nicht der "Logik-Lotus-Effekt" sein? Denn es perlt nicht die "Antilogik", sondern die Logik an ihr ab. Oder begehe ich einen Logikfehler? Nur so am Rande überlegt.


    Das Bild gefällt mir allerdings. Solche Eltern, mit denen wir uns in S-H jetzt auch vergnügen dürfen, weniger.

  • naja, auch die empfehlung eine gs lehrers sind nicht in stein gemeißelt.
    so manches kind mit hs empfehlung hat dann doch noch abi gemacht..
    ist wahrscheinlich eher die ausnahme, aber durchaus möglich.


    als mutter würde ich auch alles tun, damit mein kind nicht zur hs geht.
    in nrw sind die einstellungschancen mit hs sehr dürftig..
    aber in nrw werden die hauptschulen dank rot grün ja eh abgeschafft,, ach ja ne.. stimmt ja gar nicht.. die heißen jetzt nur anders... sekundarschulen^^ :autsch:

  • Was erwartest Du von der Mutter? Dass sie ihr Kind freudig an einer Schule anmeldet, die ein generall geringes soziales Niveau, viel Gewalt und kaum Lebensperspektiven bietet?

    Ja, geehrter Claudius, im Prinzip hast Du da nicht Unrecht. Es ist natürlich so, dass die Hauptschulen in der Vergangenheit von den maßgebenden Bildungspolitikern vernachlässigt wurden, abgesehen davon, dass unsere Schulen/Lehrer generell vernachlässigt werden, die Hauptschulen aber besonders. Eben Restschule und das wars.


    Da wurde von der Bildungsobrigkeitsseite konzeptionell so vieles falsch angegangen, dass wir da heute (fast) nur noch Chaos vorfinden. Merkwürdig, dass früher die Volksschulen wesentlich besser funktioniert haben.


    Auch hinsichtlich Gewalt hast Du nicht Unrecht. In sehr vielen Hauptschulen findet zuhauf unkontrollierte Gewalt statt. Vermasselt hat man da in den letzten Jahren durch die sogenannte Kuschelpädagogik, an deren Missernte wir tagtäglich, nicht nur an den Hauptschulen, teilhaftig werden.


    Aber Gewalt ist nicht nur ein Problem der Hauptschulen. Sie ist auch besonders, man höre und staune, an sehr vielen Gymnasien ausgeprägt. Dort findet Gewalt subtiler und eher auf psychischer Ebene seitens der Schüler und Eltern statt, gepaart mit einem großen Schuss Hedonismus und Dekadenz, denen Schulleitungen und besonders die Lehrer immer machtloser gegenüberstehen, und auch natürlich Schüler die Opfer perfidester Mobbingattacken sind.


    Wollte nur sagen, um wieder ontoppic zu werden : Die o.g. Eltern kann ich teilweise verstehen, aber die Gewaltfreiheit kann man auch nicht garantieren, wenn das Kind nicht auf die Hauptschule geht. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Was erwartest Du von der Mutter? Dass sie ihr Kind freudig an einer Schule anmeldet, die ein generall geringes soziales Niveau, viel Gewalt und kaum Lebensperspektiven bietet?

    Tjoa, das ist ein wenig die berühmte Frage nach Henne und Ei. In NRW erleben wir es eher so, dass durch den Wegfall der (verbindlichen) Schulempfehlung, die Aushöhlung der Hauptschulen ihren Lauf genommen hat. (Eigentlich nicht nur der Hauptschulen; im Grunde genommen, wurde die Auflösung des dreigliedrigen Schulsystems (wie immer man auch dazu stehen mag) dadurch initiiert. Unabhängig davon, dass NRW durch das Vorhandensein zahlreicher Gesamtschulen eine Alternative zum dreigliedrigen Schulsystem anzubieten hatte/hat.)
    Mittlerweile kann wohl tatsächlich von Restschule gesprochen werden, was zwar politisch so gewollt, rückblickend aber doch sehr schade ist. Denn, unsere SuS lösen sich ja nicht in Luft auf, weil sie nun Sekundarschüler oder Gesamtschüler heißen. Sie werden eben nur zukünftig in wesentlich größere Systeme und Klassen gehen und sich dabei noch schwerer tun, als sie es eh schon machen.
    Wer mir nun mit der Mär der Individualisierung und der sich gegenseitig "befruchtenden" heterogenen Lerngruppen kommt, darf das getrost tun und dennoch verorte ich in diesem Fall seinen Wohnort nach Rübennasenhausen ;)

    Die Wahrheit liegt im Blickwinkel des Betrachters.

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