• Danke Mia und Melosine für Eure Antworten. Ich neige eben aufgrund sehr schlechter Erfahrungen beim Austausch zumThema ADS zu Empfindlichkeiten und möchte nicht freiwillig immer und immer wieder etwas rechtfertigen, was m.E. keiner Rechtfertigung bedarf.
    Kurz deshalb zu Ritalin:
    Ich finde Methylphenidat (ob nun Ritalin, Concerta oder Amphetaminsäfte) für ein "schwerers ADS" als einen Segen fürs Kind.
    Selbstverständlich eine gute Diagnose vorausgesetzt.


    Als Mutter könnte ich mit solche einem Chaoten ja irgendwie klarkommen.
    Die Lehrer eventuell auch noch.


    Die Frage ist doch, ob sich das Kind mit dieser "Störung" überhaupt noch integrieren kann, ob es überhaupt lernen kann (selbst wenn es will)... und ob es nicht ein Recht darauf hat, das ihm geholfen wird. Wenn -wie gesagt bei schwerem ADS-einem Kind mit Ritalin überhaupt zum ersten Mal in seinem Leben die Chance gegeben wird, dem Unterricht zu folgen, sein Potential überhaupt erst zu entdecken, Freunde zu finden und im Kopf nicht verrückt zu werden vor lauter verschiedenen Wahrnehmungen, dann frag ich mich, wie allen Ernstes immer noch die Ritalingabe in Frage gestellt werden kann.


    Mein Sohn ist solch ein schwerer ADSler und es hat sich niemals die Frage gestellt, ob ich, die Familie
    oder irgendwer aus der Schule oder der Verwandtschaft -selbst die wenigen Freunde nicht--es gerne gehabt hätten, dass er Ritalin nimmt. Auch hat kein Arzt und kein Erzieher oder Lehrer erleichternd mit Ritalin gewunken.


    Es ging NICHT um diese Menschen. Es ging und geht einzig und allein ums Kind.


    Und mein Sohn(damals 7) saß weinend im Bett und sagte "Mama, mein Gehirn läuft aus"


    Dieses Zitat meines Sohnes wird heute noch auf den Tagungen der Sozialpädiater und Kinderärzte vorgelesen. Auch liegen dort Kopien der Mappen und Zeugnisse meines Sohnes
    :rolleyes:


    Mir brach das Herz. Immer wieder in kleine Stücke. Und wenn mein Sohn als einziger aus der Klasse im Hallenbad hinter der verschlossenen Schranke auf den Bademeister warten musste, weil er als einziger NATÜRLICH seinen Chip verloren hatte, dann
    waren weder die Mitschüler noch die Lehrer noch der Bademeister "Schuld" an seiner Verzweiflung!
    Oder wenn er ohne Schulranzen von der Schule nach Hause kam (ohja :)


    und die vielen Jacken-Radiergummis.Stifte-Scheren-einzelne Schuhe-verlorene Schulhefte-ach, die Liste wäre so lang.


    Und deshalb finde ich es anmaßend und unglaublich überheblich, einem Kind,welches unter einem enormen Leidensdruck steht, ein Medikament zu verweigern. Wenn es doch jeden Tag merkt. dass es nicht kann-obwohl es will!


    Ich könnte gar nicht aufhören zu schreiben---
    aber deine Frage, liebe Melosine, war: "Ritalin lehnt ihr alle ab? "


    Und meine Antwort ist: ich nicht. Selbstverständlich wünsche ich mir für die Zukunft, dass mein Sohn es "ohne" schafft. Aber selbst sein Kinderarzt (selbst ADSler nimmt ab und zu noch Ritalin)


    Ich wäre als Lehrerin natürlich vorsichtig, einer Mutter zu einer Medikamentengabe zu raten. Da kommt man dann leicht in diese Ecke ;) Außerdem braucht deine Mutter ja nochmal eine Diagnose.
    Normalerweise bekommst du dann ein Blatt, auf dem du deine Eindrücke des Kindes beschreiben musst.
    Auch fände ich es hilfreich, wenn du anbietest, dass sich eventuell das SPZ oder ein Kinderarzt gerne telefonisch mal mit dir unterhalten darf. Da hatte ich damals eine Vollmacht für erteilt und es half sehr.
    Erst wenn die Mutter einen kompetenten Arzt gefunden hat, geht es vielleicht an eine Tablettengabe. Und dann kannst eigentlich nur du genau sagen, ob und wie MPH bei diesem Kind wirkt. Ich habe damals in der Einstellungsphase über ca. 3 Wochen fast jeden Tag mit der Klassenlehrerin telefoniert.


    Die Medi-Einstellung kann sehr lange dauern und als Mutter und eben auch als Arzt ist die Einschätzung der Schule hinsichtlich eines veränderten Verhaltens enorm wichtig. Schließlich gehts ja um Ablenkbarkeit, Reizbarkeit, Konzentration, Schrift usw.....


    und das eben im Klassenverband und nicht in der Ruhe zu Hause bei Mama.
    Das Kind wird nicht völlig verändert oder völlig ruhig. Ritalin ist richtig eingestellt, wenn noch ein Rest an Hyperaktivität da ist. Aber unsere Klassenlehrerin hat meinen Sohn das erste Mal dem Unterrricht folgen sehen. Er lässt zwar auch heute noch gerne mal so ein paar Aufgaben mittendrin aus, aber so ist er eben.
    Er hat eine Gymnasialempfehlung und geht nun das zweite Jahr aufs Gym. Sein Klassenlehrer weiß Bescheid, und manch andere Lehrer auch noch. Seine Deutschlehrerin z.B.verhandelt immer wieder mit ihm über seine Schrift. Es geht natürlich auf und ab. Und ich denke, jeder merkt, dass er etwas "anders" ist.Leider geht in der Schule schon rum, dass er Tabletten nimmt. Ich glaube, ich nehme das tragischer als er selbst. Ohne Ritalin hätte er das nie geschafft.
    Seine Erzieherin im Kindergarten hat ihm und mir prophezeit, dass er keine Regelschule schaffen wird.


    Sorry, das ich diesen thread hier missbraucht habe, aber so ähnlich lautete meine Antwort zu dem geschlossenen Thema.


    Und jetzt wirst du verstehen, warum ich Ritalin nicht ablehne.
    Gruß
    eris

  • Hallo Eris!


    Ich finde es gut, dass du deine Erfahrungen hier beschrieben hast, denn gerade durch solche Berichte aus dem Alltag bekommen Leute wie ich, die zwar aktuell versuchen, sich in das Thema einzuarbeiten, aber außerhalb der Schule bislang wenig mit ADS zu tun hatten (jedenfalls nicht bewusst) eine Vorstellung davon, wie und auch wie unterschiedlich sich so etwas für die Betroffenen auswirken kann und dass es wie bei so vielen therapeutisch-medizinischen Fragen auch hier wohl keine eindeutige Antwort (bspw. pro oder contra Ritalin) geben kann.
    Außerdem freut es mich sehr zu hören, dass es für deinen Sohn so gut gelaufen ist, auch, weil es zeigt, dass es auch für schwere (sagr man das so?) ADSler (zu denen vermutlich auch einer meiner Förderschüler gehört) Möglichkeiten und Wege gibt, um gut mich sich und der Umwelt klarzukommen und ihre Fähigkeiten einsetzten zu können.


    Wünsche euch alles Gute und weiterhin viel Erfolg!


    carla

    Nehmen Sie die Menschen so wie sie sind.
    Es gibt keine anderen

  • Hallo eris,


    das hast du schön beschrieben!
    Schade dass es nicht als erster Beitrag mit einem passenden Titel steht. Ich bin sicher, dieser Text hilft vielen, sich konkreter vorzustellen, wie ein Leben mit ADS aussehen kann und wieviel Erleichterung eine medikamentöse Behandlung bringen kann.


    Was man auch nicht genügend betonen kann, ist dass manche Therapien bei heftigen ADSlern erst möglich sind durch die Einnahme von Ritalin (oder anderen).



    Liebe Grüsse,


    füchsle

  • Hallo eris,


    Ich finde deinen Bericht auch sehr hilfreich. Es gibt nur einen Absatz in deinem Bericht über den ich ein wenig "gestolpert" bin :


    Zitat

    Und deshalb finde ich es anmaßend und unglaublich überheblich, einem Kind,welches unter einem enormen Leidensdruck steht, ein Medikament zu verweigern. Wenn es doch jeden Tag merkt. dass es nicht kann-obwohl es will!


    Hast du es dir mit der Entscheidung zur medikamentösen Behandlung anfangs auch so einfach gemacht ? War das für dich direkt sonnenklar , ohne es zu hinterfragen . Hast du dich im Vorfeld nicht über Risiken informiert ? Das zu tun ist doch sicher nicht anmaßend u. überheblich,oder ?


    Ich stelle Dir die Frage als Mutter die selbst ein "stilles" ADS Kind hat. Ich fühle mich ganz ehrlich gesagt immer noch nicht ganz wohl dabei , mein Kind eventuell mit Medis schultauglich zu machen. Verstehe das bitte nicht als Vorwurf , sondern das ist einzig allein ein Gedankengang, der mich in den letzten Wochen immer wieder bewegt . Ich befinde mich also noch voll im "Entscheidungskampf" u. der ist mit so viel Unsicherheiten gespickt....... aber ganz sicher nicht mit Überheblichkeit u. Anmaßung :)


    Zitat

    Es ging NICHT um diese Menschen. Es ging und geht einzig und allein ums Kind.

    Da hast du volkommen recht ! :)


    Weißt du zufällig ob "stille ADS´ler " auch Ritalin verordnet bekommen ? Oder wird da anders behandelt ?


    LG B.

    Wer war eigentlich Friedrich List? Er saß im Gefängnis, war Staatsfeind, Flüchtling und Asylant, und ein streitbarer Mensch noch dazu. Sein Leben beendete er mit Selbstmord.

  • Hallo Braunauge,


    Ritalin wirkt ausgleichend, d.h. bei hypoaktiven Kindern regt es mehr Aktivität an. Ich kann dir leider nicht mehr genau erklären, wie das funktioniert. Wenn du aber sonst nirgendwo etwas dazu findest, könnte ich nochmal meine Uni-Unterlagen durchwälzen....


    Hm, jetzt schweift der Thread zwar schon wieder ziemlich vom Ausgangsthema ab, aber ich geb trotzdem noch meinen Senf dazu *g*: Ich persönlich würde Melosines Frage mit "Nein" beantworten, allerdings denke ich, dass man das immer im Einzelfall entscheiden muss, ob eine Medikamentenvergabe sinnvoll ist. Dass ein Medikament keine Therapie ersetzen kann, sollte klar sein, aber manchen Kindern macht es wie eris wunderbar beschrieben hat, das Leben und die Therapie deutlich einfacher. Das heißt allerdings auch nicht unbedingt, dass das Kind bis zum Rest seines Lebens dieses Medikament erhalten muss. Manchmal reicht eine kurze Zeit bis sich die ersten Therapieerfolge zeigen.
    Ich finde, bei eris' Beitrag kam auch sehr deutlich heraus, dass die Welt eines Kindes nicht nur aus Eltern und Lehrern besteht. Gerade, wenn sie in der Pubertät sind, nehmen die Gleichaltrigen eine deutlich wichtigere Position ein und das sollte man auch immer mit bedenken, wenn man sich für oder gegen eine Behandlung entscheidet.


    Bei manchen Kindern wirkt Ritalin übrigens wohl auch nicht so positiv. Ich habe auch schon öfter gehört, dass es nicht möglich war, ein Kind gut einzustellen und dann ging's ihm wieder deutlich besser ohne dieses Medikament.


    Als Lehrerin kann ich übrigens sowieso ein Medikament weder empfehlen noch verdammen. Ich kann höchstens darauf hinweisen, dass es das gibt und die Veränderungen beschreiben, die sich unter einem Medikament einstellen. Ob eine Vergabe aber sinnvoll ist, entscheidet ausschließlich der Arzt gemeinsam mit den Eltern. Und dass man sich als Elternteil über so etwas sehr genau informiert, finde ich eigentlich selbstverständlich.


    Gruß
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

    Einmal editiert, zuletzt von Mia ()

  • Braunauge
    der Absatz ist eigentlich nicht für die Allgemeinheit bestimmt-
    eher für die ewig Unverbesserlichen, welche MPH pauschal ablehnen.


    Mir ging es ähnlich wie dir. Wie ja schon beschrieben, fingen die ernsten Probleme bereits im Kindergarten an. Nach 2 staatlichen Kindergärten folgte dann ein privater. Zu der Zeit hatte ich zwar "DAS ADS-Buch" gelesen, wollte aber nicht über eine Medikamentengabe nachdenken. Der Entschluss reifte über mehrere Jahre (!) Und erst als der Leidensdruck meines Sohnes zu groß wurde ( u.a. Suizid-Äußerungen)
    habe ich mich zur Medigabe entschlossen. Übrigens von Anfang an in Zusammenarbeit mit meinem Kind. (Soweit das vom 8jährigen möglich war).


    Ich habe zusammen mit meinem Mann u.a. Vorträge besucht, bei denen ich den "Giftzettel" des Ritalin mithatte.
    Und ein guter Arzt ist wirklich wichtig.


    Ich glaube, dass die Entscheidung mit der Zeit einfach kommen wird. Bei meiner Tochter z.B. gehts völlig ohne MPH. Obwohl sie ganz oft den Unterricht stört und manchmal Sachen macht tztztz



    Und ja, auch bei hypoaktiven Kindern kann MPH helfen.


    Gruß
    eris

  • Hallo Eris,


    vielen Dank für deinen anschaulichen Beitrag. Es kommt sehr viel davon rüber, was genau diesen immensen Leidensdruck für die betroffenen Familien ausmacht.





    zu der Wirkung von Methylphenidat
    soweit ich weiß, geht die Annahme dahin, dass bei ADHS-Kindern eine Unterstimulation im Frontalhirn vorliegt. Und diese Unterstimulation gleich Ritalin o.ä. aus.
    Interessanterweise sind ja auch Entspannungsverfahren bei ADHS-Kinder oft kontraindiziert, obwohl man ja auf den ersten Blick meint, genau das täte ihnen gut.

  • Zwar habe ich nicht viel Erfahrung mit Kindern, die Ritalin bekommen, dennoch stehe ich einer Medikamentengabe schon im Grundschulalter sehr skeptisch gegenüber. Manchmal habe ich nämlich das Gefühl, dass sehr schnell zu Ritalin gegriffen wird. Zumindest in meinem Bereich, kaum fällt der Name dieses Medikamentes, folgt auch schon die Verabreichung.
    Was mich nun daran interessieren würde:
    - Gibt es eigentlich mittlerweile Erkenntnisse über mögliche Spätfolgen, bzw. mögliche Abhängigkeiten?
    - Kann man etwas darüber sagen, wie es zu dieser Unterstimulation im Gehirn kommt?
    - ich habe auch schon davon gehört, dass sowohl stille als auch auffällige ADS-Kinder mit Ritalin behandelt werden. Für mich klingt das irgendwie widersinnig. Wie kann ein und dasselbe Medikament mal ruhigstellen und dann wieder stimulieren?
    Gerade für mich als Lehrerin wäre es schön, wenn es mal einen Thread auschließlich mit Infos und Erfahrungen über dieses Medikament gäbe, denn es kommen doch immer wieder Mütter auf einen zu, die Rat suchen ob sie es verabreichen sollen oder nicht.

    Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient.

    Einmal editiert, zuletzt von Titania ()

  • Zitat

    ich habe auch schon davon gehört, dass sowohl stille als auch auffällige ADS-Kinder mit Ritalin behandelt werden. Für mich klingt das irgendwie widersinnig. Wie kann ein und dasselbe Medikament mal ruhigstellen und dann wieder stimulieren?

    Das ist auch etwas was mich seeeeehr verunsichert .


    LG B.


    Kann man in diesem Forum nicht einzelnde Threadteile in einen neu eröffneten Thread verschieben ? Ich fände es schade wenn man die Infos von eris nicht mehr hier findet . Unter der Überschrift vermutet das doch keiner !

    Wer war eigentlich Friedrich List? Er saß im Gefängnis, war Staatsfeind, Flüchtling und Asylant, und ein streitbarer Mensch noch dazu. Sein Leben beendete er mit Selbstmord.

  • Hallo,


    erst einmal zur Medikamentengabe in der GS.


    Es kommt natürlich viel auf die Lehrer an.


    Ich kenne Lehrer, da hätte das vielleicht bei meiner Tochter geklappt ohne Medikamente, die hätten sich dem Kind gewidmet und wären klargekommen.


    Aber leider war bzw. ist es (leider) an unserer GS noch immer so, dass man Kinder, die nicht der "Norm" entsprechen, versucht abzuschieben, auszusieben oder man empfiehlt den Eltern, das Kind doch mal für ein paar Monate in die Psychiatrie zu geben. Dazu führt man an, dass niedergelassene Ärzte nicht so gut wären und ambulante Therapien nicht sinnvoll.


    Also aus solchen Aussagen sollte sich ein Lehrer heraushalten.


    Meine Tochter wäre nur sehr schwer in Schach zu halten gewesen, weil ihr große Gruppen schwer fallen, ihr es zu laut ist und sie sich so nicht konzentrieren kann.


    Leider gibt nun mal im Regelschulbereich auf Realschulniveau keine Klassen mit höchstens 15 Kindern.


    Meiner Tochter hat mit großen Gruppen heute noch Probleme, ihr ist es, auch in Klasse 7 noch immer zu laut, aber da mit der Konzentration, der Planung ect... läuft nun viel besser.


    Nun zum Problem der Wirkung des Medikamentes.


    Leider geistert noch immer die Umschreibung "ruhig stellen", eingebracht von erbitterten Gegner solcher Behandlung, durch die Medien und ist damit in den Köpfen der meisten Menschen.


    Ritalin u.a. helfen bei der Selbststeuerung, d.h. das Medikament befähigt den Menschen sich selbst besser zu steuern und damit z.B. unerwünschtes, unruhiges Verhalten zu unterlassen.


    Ein Hypo, der ist zwar brav und lieb, der triftet manchmal so richtig ab in eine Welt, wo er für die anderen nicht so recht erreichbar ist. Das sind fast wie Tagträume. Auch das ist in gewisser Weise unerwünscht. Das kann ein Hypo auch nicht alleine steuern. Es ist gewissermaßen der Gegenpart zur Unruhe. Mit Medikament kann man dann steuern, nicht so abzutriften, deshalb wirkt der Hypo dann wacher.



    Der Hyperaktive kann oft ohne Medikament nicht steuern, dass er ruhiger wird, da greift dann das Medikament ein, es befähigt zur besseren Konzentration und dann klappt das.


    Also steuert das Medikament nicht das Verhalten, sondern die Konzentrationsfähigkeit.


    Allerdings reicht es keinesfalls nur Medikamente zu geben, dazu gehört viel mehr.


    Über die Ursachen der Störung streiten sich die Geister, die eine Fraktion meint, dass es nur an der Erziehung liegt, die andere Fraktion sagt, dass es rein biologisch/genetische Faktoren sind.


    Biologisch/Genetisch hat es wohl etwas mit den Rezptoren für Dopamin zu tun, die den Stoff zu schnell raus fischen aus dem Blut.


    Man geht davon aus, dass die Veranlagung genetisch ist, aber die Ausprägung sehr vom Umfeld abhängt.


    Auf jeden Fall brauchen diese Kinder, egal ob Hyper oder Hypo ein geregeltes, klares Umfeld mit festen Regeln, Zeiten, Riten und viel Konsequenz.


    Dazu hört sehr viel Engagement bei den Eltern, viel Ideenreichtum und viele Nerven.


    Dann klappt auch das Verhalten in der Schule, denn es gibt sehr wohl auch ADS-Kinder, die schaffen es doch tatsächlich, in Verhalten eine gute Note zu erlangen.


    Deshalb wäre es toll, wenn die Außenwelt das mehr würdigen würde, denn wenn manche wüssten, wieviele Nerven, Zeit ect... ich schon gelassen habe, weil ich wieder kämpfen musste, andere gingen daran zu Grunde.


    Lehrer können übrigens viel für diese Kinder tun, wenn sie mal die Klasse versteckt beobachten, denn oft werden kleine, fiese Nickeligkeiten verteilt, wenn kein Lehrer dabei ist. Beschwert sich dann das ADS-Kind und bittet um Hilfe, wird diese oft nicht gegeben, weil die anderen Kids natürlich nicht zugeben, so etwas zu tun. Dann steht das ADS-Kind als Lügner da und muss weiter alleine kämpfen.


    Ansonsten bitte keine Sonderstellung, wer etwas verbockt hat, muss es ausbaden.


    Bei anderen Schwierigkeiten wie z.B. Schrift oder allgem. Motorik sollte man Eltern darauf hinweisen, wenn ein Lehrer Anlaufstellen kennt, nennen und natürlich auf Ratschläge von Fachleuten eingehen (z.B. kein Füller wegen graphomotorischer Schwierigkeiten).


    Ansonsten kann ein Lehrer Eltern gar nichts raten, ob Medikament oder nicht. Man kann höchstens darlegen, wie die momentane Situation ist und wie weitere Chancen wären, wenn man es zunächst mit anderen Therapien wie Ergo VT ect... versucht.


    Was ein Lehrer auf jeden Fall tun kann, sollten sich Eltern für das Medikament entscheiden, darauf hinzuweisen, dass ohne die anderen begleitenden Therapien oft kein so guter Erfolg erzielt werden kann.


    Denn auch ich halte nichts davon, nur Medikamente zu geben.


    Doris


    Doris

  • Zitat

    Titania schrieb am 01.10.2005 00:14:
    Gerade für mich als Lehrerin wäre es schön, wenn es mal einen Thread auschließlich mit Infos und Erfahrungen über dieses Medikament gäbe, denn es kommen doch immer wieder Mütter auf einen zu, die Rat suchen ob sie es verabreichen sollen oder nicht.


    Auch mit dem entsprechenden Wissen solltest du bitte NIE irgendeinem Elternteil oder sonstwem einen Rat bezüglich eines Medikaments geben! Verweise bitte auf weitere Informationsquellen (Ärzte, Internetseiten, Bücher etc.). Es gehört nicht zu deinem Job und in meinen Augen handelt jeder Lehrer grob fahrlässig, der meint, Ratschläge dieser Art erteilen zu können. Die eigenen Erfahrungen und das eigene Wissen hin oder her, für soetwas haben wir keinerlei offizielle Berechtigung und es würde mich nicht wundern, wenn das große Schwierigkeiten nach sich zieht, sollte sich der Ratschlag als falsch erweisen.


    LG
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Zitat

    Auch mit dem entsprechenden Wissen solltest du bitte NIE irgendeinem Elternteil oder sonstwem einen Rat bez�glich eines Medikaments geben! Verweise bitte auf weitere Informationsquellen


    Das kann ich nur unterstreichen.


    Ich habe einen Schüler, bei dem in einem Doppelblindversuch ausgetestet worden war, dass Ritalin ihm sehr gut hilft.


    Meine Vorgängerin mit diesem Kind, entschiedene Ritalingegnerin (und pädagogisch häufig auf einem anderen Weg als ich), hat die Mutter davon überzeugen können, das Medikament abzusetzen. Kind kam dann zu mir, nicht ohne vorher noch eine Konferenz mit Androhung des Ausschlusses vom Unterricht zu bekommen. Und ich "darf nun sehen, wie ich mit dem ritalinfreien Kind klarkomme ...


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

    • Offizieller Beitrag

    eris: Vielen Dank für deine Antwort! Sie hat mich sehr nachdenklich gemacht. Ich kann deine Beweggründe, Ritalin einzusetzen, gut verstehen, und du hast Recht damit, dass ein Kind auch ein Anrecht auf eine/ diese Hilfe hat.
    Zu keinem Zeitpunkt hast du bei mir den Eindruck erweckt, deine Entscheidung leichtfertig getroffen zu haben!


    LG,
    Melosine

  • Hallo,


    zum Zitat von Melosine:

    Zitat

    "Ritalin lehnt ihr alle ab?"


    als Mutter eines ADHS-Kindes kann ich nachvollziehen, dass man sich häufig wünscht, dass "das Kind endlich dieses Zeug" bekommt.
    Es gibt Phasen in denen kein Tag ohne Beschwerden und Miserfolge vergeht, das Kind läuft von morgens bis abends auf Hochtouren. Oft dreht sich alles nur noch darum und das restliche Familienleben kommt hoffnungslos zu kurz. An Erziehung ist nicht zu denken, weil ständig irgendwelches Unheil abgeblockt werden muss. Und dann ist man selbst am Ende.


    Generell denke ich, dass man, wenn man sich für Ritalin entscheidet, früh damit anfangen sollte, nämlich bevor das Kind ernsthafte psychische Störungen erlitten hat. Denn von diesen Problemen hat es länger was, auch wenn die anderen Methoden irgendwann wirksam werden sollten. (Damit meine ich aber nicht, dass schon Kindergartenkinder medikamentös behandelt werden müssen, der Druck beginnt meistens erst in der Schule)
    Eine bekannte Mutter, selbst ADS betroffen, hat es mal "unterlassene Hilfeleistung" genannt, Stimulantien zu verweigern.


    Andererseits kenne ich auch eine Mutter, die ihr Kind lediglich auf Legasthenie testen lassen wollte, ansonsten lagen keine Auffälligkeiten vor. Nun bekommt das Kind Ritalin, es erfolgen erste schulische Erfolge und die Mutter ist begeistert. Von begleitenden Therapien habe ich bisher nichts gehört und die Mutter strebt weiterhin die Anerkennung des Kindes als Legastheniker an, um bis zur 6. Klasse von Rechtschreibnoten befreit zu werden. Und dann?


    Wie überall, gibt es also auch hier schwarz und weiß. Jeder muss für sich die Lösung suchen, hinter der er/sie längerfristig steht und mit der er/sie, die Familie und vor allem das Kind am besten leben können.


    Grüße
    Ute


    PS: Es ist ja bekannt, dass ich mich gegen Ritalin entschieden habe, es bisher nicht bereue, und auch mein Sohn inzwischen merkt, dass er aus eigener Kraft etwas verbessern kann.

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