Kannkinder

  • Mal in eigener Sache (eigene Kinder und Freunde, die mich um meine Meinung für ihr Kind fragen):


    Welche Erfahrung habt ihr GrundschulkollegInnen mit "kann"-Kindern? Die Spanne zwischen 6-jährigen ist ja sowieso riesig. Kann man eine generelle Empfehlung aussprechen für "warten oder früh einschulen"?


    -> Wenn man wartet, bis das Kind 7 ist, muss es noch ein Jahr länger im Kiga bleiben und langweilt sich mitunter, können schon lesen (intellektuell ggf. unterfordert), Freunde sind schon eingeschult etc.
    -> Wenn man sie mit gerade-6-geworden einschult, machen sie schon als 5-Jährige das Vorschulprogramm des Kindergartens mit (früh!) und sind vielleicht bei der Einschulung noch nicht so weit mit Stillsitzen, Feinmotorik etc. (sozial ggf. überfordert).


    Was sagen eure Erfahrungen?

  • Manche Schulen haben ja den tollen Schulkindergarten (SKG) :) Genau für die Kinder, die vom Alter her soweit sind, aber im Kindergarten unterfordert wären, für die Schule aber noch nicht fit genug sind. Die werden zusammen mit den Erstis eingeschult, gehen ein Jahr in den Schulkindergarten und werden dann im nächsten Jahr bei der Einschulung in Klasse 1 eingeschult. :)


    Vielleicht ist das die Option für deine Bekannten? Ich habe nämlich einen ähnlichen Fall in meinem Bekanntenkreis. Die Eltern finden den Kindergarten nicht gut, da ihr Kind, alles was es kann, von ihnen lernt, und nicht im Kindergarten. Und es ist wirklich sehr fit. Kann teilweise schon Größenverhältnisse im 100er-Bereich, was erst Thema der zweiten Klasse ist (soweit ich weiß...) Dort wollen die Eltern das Kind dann auch schon in den SKG einschulen.

  • Meine Erfahrung: in den allermeisten Fällen hatten die Kann-Kinder Probleme, die sich bis in die Sekundarstufe ziehen. Hier kommen diese Kinder nämlich als Neunjährige an.
    Oft sind die Kann-Kinder in einigen Bereichen recht fit (z.B. Rechnen, Interesse an Schrift etc.), in vielen Softskill-Bereichen jedoch noch auf dem Entwicklungsstand der 5-Jährigen. Z.B. Selbständigkeit, Organisation, Feinmotorik, Selbstdisziplin, Ausdauer, Konzentration. Diese Bereiche werden in ihrer Bedeutung für den Lernerfolg von den Eltern krass unterschätzt.
    Das wäre Aufgabe des Kindergartens, hier passende Angebote für diese Kinder zu machen.

  • Ich habe genau dasselbe Problem mit meinem 5 jährigen Sohn. Er bleibt jetzt aber auch noch ein Jahr im Kindergarten, weil es eben in den Softskill - Bereichen noch fehlt und er sich auch zum Glück selbst noch nicht als Vorschulkind sieht.


    Mache aber gerade die Erfahrung in einer 1. Klasse mit einem Jungen, der erst im Dezember 6 geworden ist, dass keinerlei Probleme auftreten, er in der Klassengemeinschaft sehr gut integriert ist und auch vom Intellekt her sehr gut mithalten kann.


    Den Skg finde ich nicht immer so gut als Option. Was ich im Moment in unserem SKG mache, wäre für meinen 5 jährigen zu langweilig. 4 von 5 Kindern im SKG werden im Moment auf sonderpädagogischen Förderbedarf getestet, da muss man nicht mehr viel zu sagen.


    Fazit: Man muss das einzelne Kind sehen. Dabei darf man aber keinesfalls die Softskills außer acht lassen, sondern muss ihnen eine genauso große Bedeutung zumessen, wie den intellektuellen Fähigkeiten.

  • Das gleiche Gedankenkarussell hatte ich letztes Jahr auch mit meiner Tochter. Sie ist im Dezember sechs geworden und wäre körperlich und intellektuell sicher weit genug gewesen.


    Wir haben uns gegen eine vorzeitige Einschulung entschieden, weil sie Probleme hatte sich auf neue Situationen einzustellen (z.B. riesiges Mama-Heul-Drama beim selbstgewählten neuen Sportangebot) und sie nicht mit Misserfolgen umgehen konnte (wenn etwas nicht gleich perfekt klappte, flog es auch mal durch die Gegend).


    Die jetzige Situation ist so, dass sie bereits etwas liest (auch nicht schlechter als der Durchschnitt meiner Erstklässler), bis hundert und weiter zählt auch zweistellige Zahlen benennen kann, lautschriftlich schreibt, ... Die Probleme mit neuen Situationen und Misserfolgen gibt es immer noch, aber leicht abgeschwächt (zumindest jedes zweite Mensch-ärger-dich-nicht-Spiel kann sie verlieren und damit umgehen). Allerdings befürchte ich, dass sie ihre perfektionistische Neigung nie ablegen wird.. In den Kindergarten geht sie gerne. Dabei genießt sie manchmal den Kleinen etwas zeigen zu können, auch mal die Beste zu sein und ein Lob einzustecken..


    Insgesamt sind wir derzeit (noch) mit unserer Entscheidung zufrieden.
    Ich hoffe jedoch auf eine für sie passende Lehrerin, die sie auch entsprechend herausfordern kann, damit sie sich in der Schule dann nicht langweilt..

  • off topic, aber ich kann es mir nicht verkneifen:




    Von Krümelmama:

    Zitat

    "Ich hoffe jedoch auf eine für sie passende Lehrerin, die sie auch entsprechend herausfordern kann, damit sie sich in der Schule dann nicht langweilt.. "



    Was ist, wenn es ein Lehrer ist?

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Wäre natürlich auch in Ordnung! (Durfte ich selbst auch genießen!!)
    Aber da ich die Möglichkeiten an der Schule kenne, wird es eine Lehrerin.

  • Danke für euer Meinungsbild. Dass sie dann mit 9 in die Weiterführende kommen ist in der Tat sehr früh. Vor allem bei Jungs, die dann noch 5 Jahre brauchen, bis sie in die Pubertät kommen... aber trotzdem, bis 7 im Kindergarten abhängen und im Zweifelsfalle dann schon lesen können und wieder bei "wir schreiben jetzt alle 100 mal das A" anfangen- hm.


    Die Schulen sind einfach nicht für die Heterogenität bereit. :(

  • Pausenbrot, das würde ich aber nicht für alle Schulen pauschalisieren! Bei uns z.B. findet kein Lernen im Gleichschritt statt, und das in allen Klassenstufen. Wir arbeiten mit differenzierten Arbeitsplänen und so kann jedes Kind in seinem Tempo lernen. Auch in der 1. Klasse. Die Kinder arbeiten an ihrem Buchstabenweg und sind da ganz unterschiedlich weit. Mit dem Lesen genauso. Manche kommen lesend in die Schule, bei anderen dauert es mitunter bis zum Ende des Schuljahres. Heterogenität ist die natürliche Voraussetzung und die Herausforderung für alle Schulen.

  • Unbedingt muss man natürlich das einzelne Kind sehen, wenn möglich erfahren, wie differenziert unterrichtet wird...
    Dennoch aus dem Bauch heraus mit bald 20 Jahren Grundschullehrerinnenerfahrung folgender "Pauschal-Tipp":
    Kann-Mädchen einschulen,
    Kann-Jungen warten lassen.

  • Als Gymnasiallehrerin sage ich dir, dass ich der frühzeitigen Einschulung skeptisch gegenüber stehe. Ich habe schon oft erlebt, dass die frühzeitig eingeschulten Kinder sich in der 6./7. Klasse im sozial-emotionalen Bereich sehr schwer tun. Da sitzen dann Kinder, die wirklich noch sehr kindlich sind, neben jugendlichen "Schwerpubertierern". Da tun sich Welten auf. Und natürlich sind die Kleinen in ihrer naiven Art die perfekten Mobbing-Opfer. Die packen die Schule im kognitiven Bereich, aber nicht im sozialen.

  • Stimmt, ist natürlich genauso interessant, was die KollegInnen der Gymis und Oberschulen sagen! Also Fazit: nix überstürzen, v.a. wenn man eh schon Zweifel hat :)

  • Ich war ein Kann-Kind (kann nur meine Erfahrung dazu beitragen).


    Habe es überlebt, keinen an der Klatsche gekriegt, aber die emotionale Reife hat schon gefehlt.


    (Da mein Name und Bild nicht aussagekräftig sind: Ich bin ne Frau)

    Quiet brain, or I'll stab you with a Q-Tip!

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