Nur für ein Fach angestellt?

  • Hallo zusammen!


    Ich studiere derzeit im 3. Semester Latein und Geschichte auf Lehramt in Sachsen. Beide Fächer machen mir viel Freude, ebenso wie die Aussicht auf den Lehrerberuf.
    Nun habe ich das Problem das mir von verschiedener Seite gesagt wurde (was sich nach einiger Recherche im Internet auch mehr als bestätigte), dass für das Fach
    Geschichte im Grunde kein Einstellungsbedarf besteht. Nun studiere ich allerdings auch Latein, was ja in vielen Bundesländern noch als Mangelfach gilt (in Sachsen laut
    letzer Prognose wohl ähnlich begehrt wie Physik).
    Das bedeutet, dass ich ein gefragtes und ein kaum gefragtes Fach habe, und an der Kombination möchte ich eigentlich auch nichts ändern.


    Wie sieht das nun in der Einstellungspraxis aus? Sagen wir an einer Schule wird ein Lateinlehrer gesucht, aber für Geschichte besteht kein Bedarf.


    1. Würde ich nur für Latein angestellt werden? (was ja an den meisten Schulen effektiv nur eine Teilzeitstelle bedeuten dürfte)
    2. Würde ich überhaupt für nur ein Fach angestellt werden?


    Oder würde ich dann trotzdem irgendwie auch noch Geschichte unterrichten können? (Ich habe mal in eine Statistik zum Lehrerbedarf in NRW gesehen. Dort stand, dass
    in einigen Fächer - v.a. Geschichte und Geographie - deutlich mehr Lehrer angestellt sein als eigentlich nach Stundenzahl nötig)

  • Für nur ein Fach eingestellt sein gibt es glaube ich nicht.
    Ich würde sagen: Wenn sich zwei Leute mit Latein bewerben, die gleich gut sind, und der eine hat ein Zweitfach, das, auch wenn es nicht akut gebraucht wird, "gebrauchter" als Geschichte ist, dann wird der eingestellt.

  • Ich danke Ihnen für die Antwort, auch wenn sie meine Frage eigentlich nicht beantwortet. Ich versuche es noch einmal zu präzisieren:


    Es gibt (oder gab?) ja durchaus Stellenausschreibungen in denen z.B. Latein + beliebiges Beifach angezeigt sind.
    Nehmen wir hypothetisch an, dass keiner der Bewerber ein wirklich gefragtes Beifach hat. Was macht derjenige, der genommen wurde, dann an der Schule?
    Nur Latein unterrichten? Oder würde er dann auf Kosten der Kollegen ein paar Stunden im Beifach dazubekommen? (kann ich mir nicht vorstellen)


    Ich entschuldige mich für meine Unkenntnis, aber die Frage treibt mich wirklich um. :)

    • Offizieller Beitrag

    hallo!


    da gibt es tatsächlich viele Varianten


    1) du wirst eingestellt und du hast tatsächlich Anspruch auf deine volle Stundenzahl (weswegen du eben Schwierigkeiten haben wirst / könntest, eine Stelle zu finden, mehr dazu gleich). Also du wirst ALLE möglichen Lerngruppen in Latein bekommen (also 6, 7, 8, 9, 10 und Oberstufe, wenn es das bei euch gibt), dann auch noch Lernzeiten / Hausaufgabenbetreuung oder Ähnliches (nicht unbedingt immer mit dem Faktor 1 Stunde = 1 Stunde bezahlt), und da wo man dir unbedingt Geschichte geben muss, wirst du tatsächlich andere Geschichtskollegen "verdrängen".


    1a) du wirst vielleicht von selbst auf die Idee kommen, um 2-4 Stunden zu reduzieren, da du den bescheuertesten Stundenplan aller Zeiten bekommst. Wofür keiner was kann, aber du hast schliesslich 22 Stunden Latein und 4 Stunden Geschichte...


    2) du wirst eingestellt unter der Bedingung, dass du ein Drittfach sofort nachholst (in der Regel ein Mangelfach: Zertifikatskurse Mathe, Informatik, usw...) Ich gehe mal davon aus, wenn du so ein Fach studieren möchtest / könntest, hättest du es schon in der Kombi, also wird es schwierig, auf diesem Weg eine Stelle zu bekommen.


    2a) Vielleicht hast du ein besonderes Englischniveau und machst das bilinguale Zertifikat in Geschichte, das wird dann wiederum attraktiv, es sei denn, die Schule wird langsam mit bili-Lehrern übersättigt.


    3) du findest eben keine Stelle.
    Vor 6 Monaten gab es bei mir in der Gegend (NRW), 60 Kilometer von der nächsten größeren Stadt auf eine Latein / beliebig -Stelle (Geschichte und Deutsch als Zweitfach ausgeschlossen) 60 (!!!) Bewerbungen. Glaub mir: darunter sind DEFINITIV attraktive Kombis. (und Geschichte war eh nicht dabei).



    aus der Perspektive einer ganz normalen Kollegin ohne Geschichte:
    wenn mein Schulleiter den nächsten Geschichtskollegen freiwillig (also keine Pflichtversetzung) einstellt, kriege ich die Krise und mein Versetzungsantrag wird (noch) aktueller.


    Denn: ein neuer Geschichtskollege wird wohl Geschichte unterrichten (weil er eben kaum nur sein anderes Fach unterrichten wird. - Nebenbei: doch die Kollegen mit Fremdsprache / Geschichte mit Reduzierung unterrichten bei uns NUR die Fremdsprache), das wird dazu führen, dass Kollegen, die zur Zeit Geschichte unterrichten, wieder noch mehr in ihr Zweitfach gedrängt werden, das bedeutet, dass ICH schon wieder aus bestimmten Fächern gedrängt werde.
    So nach dem Motto: weil ICH nicht so dämlich (sorry!) war, ein absolutes Nicht-Mangelfach nur in einer 3er-Kombi zu nehmen, werde ich ständig übergangen, damit die Geschichte/Reli oder Geschichte/Deutsch-Leute sich ein schönes Leben machen können (okay, Mitleid für Deutsch habe ich schon, aber mein Gott, ich habe keine Sonderausnahmegenehmigung erhalten, ein drittes Fach zu studieren, um eben eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Warum tun das nicht andere?


    Also ja, ich habe Kollegen, die nur ein Fach unterrichten (zum Teil existiert das Fach an der Schule nicht, aber die Kollegen wurden in einer Zeit eingestellt, wo es noch Bedarf gab...), ich habe Kollegen, die nur 2 Stunden Geschichte unterrichten, weil sie eben zu uns versetzt wurden und wir haben GAR KEINEN Bedarf...


    chili


    chili

  • Zu Latein: Mal heißt es, es wird gebraucht, dann wiederum nicht. Im Moment wird das Fach bei uns auch noch fachfremd abgedeckt.
    Prinzipiell ist die Frage, wie sich die Nachfrage nach Latein entwickelt; sollte das Latinum in immer weniger Studienfächern Pflicht sein, wird das Fach auch in der Schule weniger unterrichtet werden.
    Geschichtslehrer werden bei uns glaube ich auch gar nicht mehr eingestellt.


    Was die Bili-Sache angeht: Das geht hier an den Studienseminaren in der Umgebung wohl nur bei der Fächerkombination Englisch + Geschichte und wird auch erst am Studienseminar angeboten

  • Nehmen wir hypothetisch an, dass keiner der Bewerber ein wirklich gefragtes Beifach hat. Was macht derjenige, der genommen wurde, dann an der Schule?
    Nur Latein unterrichten?

    Ich ginge zumindest davon aus, überwiegend Latein zu unterrichten. Und wenn man Geschichte so überhaupt nicht braucht, machst du vielleicht noch irgendetwas fachfremd.


    JaT

  • dass du ein Drittfach sofort nachholst (in der Regel ein Mangelfach: Zertifikatskurse Mathe, Informatik, usw...)

    Papperlapapp, schnickschnack. Informatik kann man auch fachfremd. Einen Computer hat doch jeder ...


    JaT

  • In NRW sind viele Lehrer durch den Zertifikatskurs Latein nachqualifiziert worden. Und da das Latinum in der Regel am Ende der EPh erreicht wird, können die nachqualifizierten Lehrer die Sek. I abdecken und die "Voll-Lehrer" gehen in die Sek. II

    • Offizieller Beitrag

    In Bayern gibt es mittlerweile so viele Lateinreferendare, dass es dort kaum noch Mangelfach ist.
    Die Zeiten, in denen du mit Latein den Fahrschein auf eine Planstelle in der Tasche hattest, sind mancherorts vorbei.
    Andererseits ist es mit Sicherheit begehrter als z.B. Englisch. Allerdings wirst du noch ein paar Jahre brauchen, bis du Studium und Ref fertig haben wirst. Und was bis dahin ist, kann dir kein Mensch vorhersagen.


    Ich habe dieselbe Kombi wie du und unterrichte beide Fächer etwa ausgewogen.
    mein Exmann, selbe Kombi, hat 30 Jahre fast nur Latein unterrichtet. Auch nicht wirklich befriedigend.


    Ein drittes Fach wäre sicher nicht schlecht, aber bitte dann weder Deutsch noch PoWi /SoWi.....



    Ich bin übrigens überzeugt davon, dass Latein unabhängig von Latinumsregeln weiterhin Bestand haben wird, einfach deshalb, weil es eine andere Art von Schülerklientel anspricht als die gesprochenen Fremdsprachen.

  • Also habe ich das richtig verstanden, dass, wenn man denn eingestellt wird, auf jeden Fall Anspruch auf die volle Stundenzahl hat?
    Und man wird demnach auch nur eingestellt, wenn man dir diese überhaupt zur Verfügung stellen kann?

  • Lehrerstellen werden als feste Stellen immer als volle Stellen ausgeschrieben. Eine Stelle muss aber erst einmal ausgeschrieben werden dürfen bzw. es muss Bedarf bestehen.
    Außerdem gibt es noch Vertretungsstellen; diese können mit einem festen Stundenkontingent und für ein bestimmtes Fach ausgeschrieben werden.

  • Okay. Und ist es denn überhaupt (v.a. im ländlichen Raum, bzgl. einer Stelle in einer Großstadt mache ich mir keine Illusionen) üblich, dass so viele Lateinstundenzahlen zusammenkommen würden?
    An meiner Schule gab es im Durchschnitt immer nur ~ eine Lateinklasse pro Jahrgang und unterrichtet wurde von Stufe 9 bis 12. Ich glaube nicht, dass das für eine Vollzeitstelle reichen würde.


    Achja: Danke für die vielen Antworten. :)

    • Offizieller Beitrag

    und genau deswegen würde dich eine solche Schule niemals einstellen..


    Bei uns gibt es 2 bis 3 Lateingruppen pro Jahrgang (6 bis 9 und eine EF /10) und damit beschäftigen wir 2 Lateinlehrerinnen. Ein weitere Lehrer hat einen Zertifikatskurs und springt ein, wenn es eine dritte Lerngruppe gibt.

    • Offizieller Beitrag

    an sehr vielen Gymnasien wird Latein als 2. Fremdsprache ab Kl. 6 angeboten. Ein Oberstufenkurs kommt nicht immer zustande, wie halt in Französisch auch. es gibt auch Schulen, an denen Latein ab Kl, 5 als 1.Fremdsprache angeboten wird.


    es gibt Schulen mit und ohne spät beginnenden Lateinunterricht, und es gibt solche, die regelmäßig einen Oberstufenkurs auf erhöhtem Niveau besetzt bekommen. Die letzte Schule, an der ich war, hatte bei ca 1000 Schülern 10 Lateinkollegen. Und manche davon unterrichteten hauptsächlich Latein.
    Fazit: man kann also keine pauschalen Aussagen und Prognosen treffen.

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