Hallo,
ich wollte hier mal in die Runde fragen wie es bei euch so ausschaut. Thema: Problemkinder in der Sek1.
Ich unterrichte selbst seit 8 Jahren an einer Hauptschule. Seit dieser Zeit hat sich die Problematik deutlich zum schlechteren geneigt. Früher hatte ich interrsierte Schüler, heute bin ich schon froh wenn ich in den neuen 5. Klassen Schüler habe, die still sitzen können. Hört sich hart an, ist aber leider so.
Die Kinder stören, ich habe Kinder die haben ADHS (manche werden behandelt, viele nicht). Seit diesem Jahr habe ich sogar einen Schüler in meiner Klasse der kompletter Analphabet ist, weder lesen noch schreiben kann. Und das in der 5. Klasse!!!! Am Anfang wurde ich drauf aufmerkam, weil er immer extrem lange brauchte um von der Tafel abzuschreiben. Ich setzte mich zu ihm und schaute mir es an. Er schrieb nicht ab, er malte das was an der Tafel steht ab, er malte Buchstaben ab. Rechnen kann er plus und minus, multiplizieren und geteilt kann er nicht. Inzwischen wurde er getestet und es ergab sich das sein IQ deutlich zu niedrig ist. Ich habe ein bißchen gebuddelt, seine Mutter hat wohl gekämpft das er überhaupt auf eine Hauptschule gehen kann. In der 1. Klasse ist er schon sitzengeblieben. Was macht man nun mit so einem Schüler? Die Mutter will ihn unter allen Umständen auf der Hauptschule lassen. In den anderen Stunden sitzt er da, wobei ich mir sicher bin das er bei den entsprechenden Fachlehrern nicht das geringste in Physik, Erdkunde, Geschichte usw. versteht.
Ich habe andere Fälle, das Eltern aufgebracht zu mir gekomme sind und sich beschwert haben. Informatikkurs-Anfänger 5. Klasse braucht die 12 jährige Tochter doch keine eigene email Adresse (ich hatte gezeigt wie man sich kostenlos eine bastelt, hatte im Unterricht auch sichere Passwörter erklärt und eine sichere Wahl und als neutrum der email Adresse, Hausaufgabe war nun zuhause sich selber eine solche email Adresse, wie gezeigt, zu basteln). Tochter beschwerte sich schon im Unterricht "brauch ich nicht, will ich nicht, ich benutzt Mutters email", nächste Unterrichtsstunde stand die Mutter da und flaumte mich an, das ihre mütterliche email Adresse ja wohl reichen würde. Schade ich hätte damals fragen sollen ob die Tochter schon alleine einkaufen gehen darf und alleine zur Post und Briefe schreiben darf. Facebook und Co, Twitter und Whatsapp, alles läuft aber selbstverständlich auf dem Handy der Tochter, aber ne eigene email wo sich einlggen kann und wo ich ihr im Unterricht später zeigen kann wie man email Anlagen verschickt und packen und entpacken kann, wie man Viren erkennt, nee die Mutter meint eigene email braucht die Tochter nicht.
2 Beispiele von leider viel zu vielen die ich dort erlebt habe. Ich habe in der Zeit Handys eingesammlt wo 5. Klässler die heftigsten Pornos drauf hatten, ich habe mir Sprüche anhören müssen wie "tut mir leid ich kann heute Nachmittag die Hausaufgaben nicht machen, Do. Nachmittags hat Mama immer Besuch von jemanden und dann fic*en die auf dem Küchentisch" (O-Ton 12. jähriger)!!!!
In den Jahren hatte ich aber auch noch extremere Fälle. Ich hatte vollverschleierte Mädchen die während der Fastenzeit mir im Sommer im Unterricht umgekippt sind (weigerung jeglicher Getränke, da ihre Religion es verbietet). Ich habe fanatische 12 jährige (!) halbverschleierte Mädchen kennen gelernt, die mir stotz erzählten das sie jeden Sa in die Koranschule gehen und dort erzählt wird das jeder, auch Mädchen im Krieg kämpfen müssen. Wobei ich noch nicht mal wußte, das es sowas wie ne Koranschule bei uns gibt. Es gab Mädchen im selben Alter die nach den Sommerferien nicht wieder zur Schule kam. Es stellte sich raus, im Urlaub zwangsverheiratet und dort geblieben.
Das sind Dinge die einen traurig machen..
Ich unterrichte auch Informatik. Habe es auf Sek 2 studiert und bin (aus tiefster Überzeugung) an eine Hauptschule gegangen. Anfangs war ja auch alles gut, inzwischen 8 Jahre später das reinste Chaos an der Hauptschule. Ich unterrichte an einer mittegroßen Stadt, also kein kleines Dorf und auch keine Großstadt. Ich kann mir aber durchaus vorstellen das die Probleme in Großstädten deutlich schlimmer sind.
Mich würden nun mal Erfahrungsberichte von anderen Hauptschullehrern interessieren, vor allem interessiert mich ob ihr auch der Ansicht seit das es schlimmer geworden ist. Mein Verdacht geht inzwischen Richtung Grundschule. Junge Menschen (vielleicht auch zu jung?) unterrichten dort, die außer Abi und Uni nichts im Leben kennen gelernt haben. Überforderung, dann das Spiel 1/3 der Schüler lasse man links liegen und dieses 1/3 (inzwischen würd ich schon fast 1/4 sagen) ist das dann das Extreme das an die Hauptschulen abgeschoben wird- Grundlegende Dinge wie einfaches stillsitzen, selbst für 2 Minuten, kennen die nicht. Zuhören auch nicht. Stören, Drang nach Aufmerksamkeit, noch mehr stören.
Vielleicht sehe ich ja auch alles zu schwarz, vielleicht liege ich auch leider richtig. Ich habe mir alte Matheschulbücher aus dem Archiv rausgekramt, 10 Jahre, 20 Jahre, 30 Jahre. Der Stand ist klar abzulesen, er war früher deutlich höher, sogar um längen. In den 30 Jahre alten Mathebücher (Hauptschule Schrödel Verlag) die Aufgaben würde man heute am Gym finden. Das warum, eine Antwort habe ich bißher nicht finden können. Alte Lehrer an der Schule sagen nur "frag nicht, frag einfach nicht"..
Wie gesagt 8 Jahre, inzwischen überlege ich ernsthaft meine alten Informatikscheine wieder rauszukramen und die wenigen Scheine die mir für einen bachelor/Master in Informatik fehlen an ner Uni zu machen und nach dem Master zu kündigen und als Informatiker in ner großen Firma, vielleicht im Außland zu arbeiten. Obwohl mir das unterrichten sehr viel Spaß macht, ich es immer wollte. Aber halt das obwohl..
Eure Meinung bitte zum Thema Hauptschule und "Problemkinder"