WARNUNG vor Geschichte/Sozialkunde

  • An alle die mit dem Gedanken spielen Lehramt zu studieren, hier noch eine anschauliche Illustration der Lage in den beiden Fächern:



    http://www.thueringer-allgemei…ten-importieren-960913740



    Zitat: "Zwar beendeten pro Jahr etwa 600 Pädagogen in Thüringen ihre Ausbildung. Aber etwa die Hälfte davon hätten Geschichte und Sozialkunde studiert. "So viele werden mit dieser Fächerkombination aber bei Weitem nicht gebraucht", sagte Wolf. Dafür bestehe in anderen Fächern wiederum ein erheblicher Mangel."



    Um es klar zu sagen: es gibt an weiterführenden Schulen ca. 15 Fächer (bei kalkulatorisch 3 Fremdsprachen), dazu Berufsschulfächer und Grundschullehrämter. Dennoch hat die Hälfte der Ref-Absolventen Ge oder Soz in der Kombination. Es gibt für diese Fächer bereits jetzt genug Absolventen für die kommenden 10 Jahre auf dem Arbeitsmarkt.



    An alle potentiellen Lehrämter in Geschichte oder Sozialkunde: seid nicht blöd und LASST ES! Falls ihr erst seit ein paar Semestern dabei seid: wechselt das Fach!

  • Nun ja, das gilt ja erst mal nur für Thüringen. Solange man keine belastbaren Zahlen aus anderen Bundesländern hat, würde ich erst mal kein so großes Fass aufmachen...

    »...Aus Mettwurst machste kein Marzipan! «
    Bernd Stromberg

    • Offizieller Beitrag

    Wenn man
    1) hier und auf referendar.de liest und sich ein Bild machen kann, wie hoch die Einstellungsschnitte für Fächerkombis wie Deutsch/Geschichte oder Englisch/Geschichte in Bayern zb sind (Sozialkunde wird dort quasi nicht als eigenständiges Fach unterrichtet,
    2) an einzelnen Unis die Anzahl an Studis in den Fächern wie Geschichte sieht und die in Relation zur Stundentafel setzt,
    3) generell guckt, wieviele Vollzeit(halb)stellen (halb, weil ein Lehrer 2 Fächer hat) man braucht, um eine komplette Schule in Geschichte oder SoWi zu versorgen... (an meiner 4-zügigen Schule brauchen wir 26 Stunden Politik, es reichen also 2 Lehrer... Geschichte müsste ein bisschen mehr sein, weil wir tatsächlich ab und zu einen LK haben und Geschichte bei uns ein Jahr mehr in der Stundentafel hat. Im Vergleich: Deutsch braucht ca. 100 Stunden alleine in der Mittelstufe von 5-9!!!))


    ... dann merkt man, dass so eine Warnung keine Warnung ist, sondern nur logische Konsequenz ist...

  • Es soll natürlich auch Leute geben, die sich von großer Leidenschaft zum Geschichtsstudium verleiten lassen. Aber denen ist dann auch nicht zu helfen... ;)

    • Offizieller Beitrag

    Es soll natürlich auch Leute geben, die sich von großer Leidenschaft zum Geschichtsstudium verleiten lassen. Aber denen ist dann auch nicht zu helfen... ;)


    das kann ich gut nachvollziehen, aber dann ist es umso wichtiger, sich dessen bewusst zu sein, Praktika in anderen Bereichen (Archiven, Museen, VHS, ...), es ist ja nicht so, als würde man als Historiker keine Kompetenzen haben, die außerhalb der Schule gefragt werden. Das Problem liegt eher oft daran, es beweisen zu können ;)


    Chili

  • ... zumal Sozialkunde / PoWi neben Werte und Normen wohl das Fach ist, das recht häufig fachfremd unterrichtet wird, so nach dem Motto "PoWi kann jeder..."


    Darf ich aber noch eine Frage anschließen? Ich könnte auch einen neuen Tread aufmachen, aber so wichtig ist das nun auch wieder nicht:


    Wieso gibt es eigentlich so viele Leute, die PoWi, Geschichte, oder auch Bio studieren? Ich finde alles drei sehr interessante Fächer, und in meinem Doppelleben bin ich 'professioneller Laienornithologe'. Aber wenn ich mir die jungen Leute so anschaue, finde ich irgendwie, dass weder Geschichte noch Politik noch Biologie besonders hoch im Kurs stehen... Sicher gibt es welche, die sich dafür interessieren-aber solch einen Andrang an den Unis kann ich mir nicht erklären.
    Oder vielleicht anders gesagt: Ist doch was dran an dem Klischee, dass das Fächer sind, die zu einem nicht unbeträchtlichen Teil von Leuten studiert werden, die sonst keine Ziele haben? Aber wenn das so wäre, müssten doch während des Studiums mehr auf der Strecke bleiben, wenn sie das so locker sehen...


    Hamilkar

    • Offizieller Beitrag

    jaja, das fachfremde Unterrichten (bei uns in der Unterstufe ganz normal, macht einfach der Klassenlehrer)


    Warum soviele die Fächer allgemein studieren, weiß ich persönlich auch nicht. Ganz besonders, wenn ich sehe, dass in meinem Französischkurs (25 Leute) zb nur noch 3 SuS Geschichte belegt haben und die Zahlen für SoWi nur knapp höher sind. Das heißt, die meisten wählen einfach alles ab, was sie können (in NRW haben wir ja Päda im selben Fächerbereich und das boomt bei uns wie kein anderes Fach).


    Bei der Fächerkombi Deutsch / Geschichte hatte ich an der Uni oft das Gefühl, dass es Leute (Frauen) anzieht, die einfach "Lehrerin" werden wollen und dann per Ausschlussverfahren die Fächer genommen haben. Da an meiner Uni allerdings das Geschichtsstudium sowohl das Latinum als auch 2 Sprachklausuren in Englisch und Französisch erforderte, musste man es schon wollen.
    Das Geschichts- oder PoWi-Studium würde ich nicht als "locker" ansehen, Geschichte hat mich mit ihrer riesigen Bandbreite abgeschreckt (Wie? Man muss auch die Sachen vor der französischen Revolution lernen? dann nee... :-D), in Politik saß ich als frisch zugezogene Ausländerin neben Leuten in Seminaren, die mit dem deutschen Grundgesetz nichts anfangen konnten und der Dozent hat sich oft die Haare gerauft, warum die zwei Ausländerinnen im Kurs am meisten Ahnung hatten. Politik ist aber so breit und vielschichtig, dass es richtig viele Interessen abdeckt. Ich hätte am liebsten "nur" "politisches System" studiert und "Soziologie", andere waren da, die sich hauptsächlich für "Wirtschaft" oder "Internationale Beziehungen" interessierten.
    Sehr viele meinerPoWi-Lehramtsmitstudis sind im Übrigen nicht in der Schule gelandet, sie hatten sich aber von Anfang an abgesichert und durch Praktika und Nebenjobs die selben Aussichten wie die Magister-Leute. Mit Politik kann man ja die Welt verändern / retten und regieren. Das zieht eine Menge Leute an. Und viele sind sich aber parallel dessen bewusst, dass PoWi-Jobs nicht auf Bäumen wachsen und deswegen Lehramt eine gute Absicherung ist. Wird wohl in Geschichte ähnlich sein. Da verändert man zwar weniger die Welt, aber lernt, sie richtig zu verstehen.


    Chili

  • Hm, in Bezug auf Schülerinteressen kann ich mich den Vorrednern so gar nicht anschließen:
    An unserem Gymnasium erfreuen sich sowohl Biologie, als auch Geschichte großer Beliebtheit. PoWi und Sowi aber noch viel mehr. Gerade in der Oberstufe und als Abiturfach.


    Insbesondere der aktuelle Bezug bei SoWi begeistert unsere Schüler:


    Dass man endlich mal versteht, oder besser versteht, warum die Steuern erhöht oder gesenkt werden, oder, warum die Nato/Uno im arabischen Frühling dieses oder jenes erwogen/verworfen hat, oder, warum und wie die EZB helfen muss, damit die Eurozone nicht zusammenbricht. Alles spannende Themen, die die Welt bewegen, also auch die Schüler.
    Zum Glück, kann ich da nur sagen, ansonsten würde ich mir Sorgen um unser Land machen!


    Aber das jetzt ganz unabhängig von verfügbaren Lehrerstellen oder Einstellungschancen.

  • Hm, in Bezug auf Schülerinteressen kann ich mich den Vorrednern so gar nicht anschließen:


    An unserem Gymnasium erfreuen sich sowohl Biologie, als auch Geschichte großer Beliebtheit. PoWi und Sowi aber noch viel mehr. Gerade in der Oberstufe und als Abiturfach.

    PoWi und SoWi erfreut sich großer Beliebtheit im Abitur, weil die Schüler wahnsinnig interessiert sind an den Themen? Oder weil Physik, Mathe und Chemie einfach zu anspruchsvoll sind und man sich einfach durch die Wahl bessere Noten erhofft (und diese im Vergleich auch bekommt)?
    Ich beobachte dies auch in Bezug auf Biologie, was sich im Gegensatz zur Chemie oder Physik großer Beliebtheit erfreut. Da sitzen dann trotzdem relativ viele uninteressierte SuS. Ich glaube dies gilt für viele Fächer in der Schule. SuS wählen auch oftmals den leichteren Weg und das wird dann, wenn man die Zahlen derer anschaut, die einen Kurs belegen, oftmals falsch als Interesse am Fach interpretiert.

  • Die Angelegenheit in Bezug auf das Interesse sei wie sie ist. Was mich irritiert ist im Grunde der Umstand, dass sich noch immer derartig viele Neustudenten für ein Lehramtsstudium in diesen Fächern entscheidet.



    Selbst als ich vor 10 Jahren noch studierte (auf einem Nicht-Lehramtsstudium) hatte ich im Hinterkopf, dass der Arbeitsmarkt mit diesen Fächern recht bescheiden ausgeprägt ist.


    Kennen die Studenten in diesen Richtungen die Arbeitsmarktlage einfach nicht?


    Ignorieren sie diese in einer gewissen Naivität ("Mich trifft das schon nicht.")?


    Leben sie so sehr im hier-und-jetzt, dass Informationen zu allem, dass mehr als 1 Jahr in der Zukunft liegt mental einfach "vorbeirauscht"?



    Man hat ja den Eindruck, dass mit diesen Fächern bereits seit vielen Jahren die Mehrheit der Studenten später keine Planstelle findet (oder ins Ref kommt) - und durch die Lehramtsausrichtung und mangelnde Praktika/Vorbereitung für andere Tätigkeiten dann keine gute Alternative hat. Es soll ja sogar eine nicht kleine Zahl geben, welche Soz/Ge/Politik/Geo untereinander kombinieren (bei uns an der Schule arbeitet auch gerade eine Kollegin als befristete Vertretungslehrerin in der Kombi) - was man im Interesse der Studenten verbieten sollte.


  • PoWi und SoWi erfreut sich großer Beliebtheit im Abitur, weil die Schüler wahnsinnig interessiert sind an den Themen? Oder weil Physik, Mathe und Chemie einfach zu anspruchsvoll sind und man sich einfach durch die Wahl bessere Noten erhofft (und diese im Vergleich auch bekommt)?

    Das ist nämlich ein springender Punkt. Für Deutsch, SoWi, Geschichte, Pädagogik etc. bedarf es keiner großen Einschreibevoraussetzungen (soweit man den NC geknackt hat), man kann nach dem Abitur direkt losstudieren. In bspw. Musik/Kunst stehen da knallharte künstlerische Eignungsprüfung an bevor man überhaupt eine Zulassung erhält, bei allen Berufsschulämtern wird eine staatl. anerkannte Ausbildung oder werden alternativ 52 Wochen fachpraktische Tätigkeit unter genausten Auflagen für bestimmten Tätigkeitsbereiche abverlangt (dann neben den regulären Schulpraktika natürlich - damit zieht sich das Studium in die Länge) und bei Chemie, Physik, Informatik + damit unumgänglicher höherer Mathematik bekommt ein Großteil an Abiturienten Ekelherpes. Dass Lehrer im Bereich Wirtschaft/Verwaltung z.B. auch Einheiten zur Geschichte der Marktwirtschaft und des Kapitalismus unterrichten oder den historischen Background des schwarzen Freitags mit Konsequenzen für die deutsche Volkswirtschaft beleuchten können ist vielen SuS einfach nicht bewusst. Vielen Regelabiturienten von Gymnasien und Gesamtschulen sind berufliche Schulen eher befremdlich, so kommt es mir zumindest oft vor.


    Im Interesse der Lehrstühle werden da aber auch freiwillig keine Informationen an die Studenten rausgerückt, wer soll denn ansonsten auch jährlich die jeweiligen Fakultäten finanzieren?

  • Wenn ich unsere Refs bzw. Praktikanten mit Kombinationen wie Geschichte/Deutsch, Religion/Geschichte, Bio/Sowi ... frage, warum sie kein Mathe, Physik oder Chemie gewählt haben, kommen immer Antworten wie:
    - Das sind doch viel zu schwere Fächer
    - Da schaffe ich die Prüfung nicht
    - Dafür muss man viel mehr lernen


    oder auch: In Mathe muss ich Klausuren bestehen, in Deutsch, Geschichte, ... brauche ich fast nur Hausarbeiten zu schreiben. Das ist einfacher.


    Die Aussage: "Ich bin begeistert/fasziniert von Geschichte, Deutsch, ..." kommt sehr selten.


    Schade, ich würde gern mal wieder einen Ref bzw. Praktikanten betreuen.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

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