notengebung

  • Hallo, ich habe ein Problem mit einer Lehrerin meines Sohnes, 16 mit ADHS. Er ist z.Z. in der 9. Klasse der Mittelschule und stand Anfang der Woche des Zensurenschlusses in einem Fach auf 3,09. Es wurde als HA ein "Plakat " aufgegeben, auf dem Werbung für ein selbstgewähltes Produkt (kein Kunstunterricht) gemacht werden sollte. Da er fein- und grobmotorisch aber aufgrund seines diagnostizierten und der Schule bekannten ADHS damit Probleme hatte (und ich ihm auch nicht helfen wollte!!), hat er diese HA dann als Powerpoint-Präsentation angefertigt. Er hat sich das aber auch nicht leicht gemacht, hat dabei viele Folien mit z. T. eingescannten Objekten angefertigt, das fertige Ergebnis auf CD gebrannt und insgesamt dabei auch ca. 2Std. daran gearbeitet. Auf meinen Hinweis, das der Lehrerin vorher zu sagen und auch in der Pause den Wagen mit Beamer und Laptop zu holen, damit es in der Stunde auch gezeigt werden kann, ging er also zu der Lehrerin ans Lehrerzimmer und erhielt dort die Antwort: da hast du wieder mal nicht zugehört, ich sagte "Plakat", also hast du das Thema verfehlt und ich trage dir eine 6 ein. Unser Hypie schnappte daraufhin vollkommen ein und sah während dieser unde der nächsten Stunde in diesem Fach aus dem Fensten und beteiligte sich nicht mehr am Unterricht. In der 2. Stunde in diesem Fach bewertete die Lehrerin dann seine Stundenleistung daraufhin ohne es vorher angekündigt zu haben am Ende der Stunde mit einer weiteren 6 mit dem Hinweis: darauf hätte er alleine kommen können, immerhin stehe er ja auf Kippe. Ich muss dazu sagen, dass er mit der ersten 6 aber auch erst auf glatt 3,4 stand, also an der untersten Grenze des Ermessensspielraums des Lehrers, mit der zweiten 6 dann aber auf 3,64 und damit also innerhalb einer Woche durch zwei 6-en von Zeugnisnote 3 auf 4. Da fine ich, es sind ein paar Zufälle zu viel und mir drängt sich der Verdacht auf, dass dabei auch eine Menge Willkür im Spiel war. Wo bleibt da das pädagogische Fingerspitzengefühl? Ich möchte noch dazu sagen, dass diese Lehrerin und unser Sohn noch nie ein gutes Verhältnis zueinander hatten. Es ist allerdings nicht so, dass er stört, das macht er woanders auch nicht. Es ist nur so, dass er spürt, welcher Lehrer ihn annimmt, so wie er ist und bei ihr ist das nicht der Fall, deswegen ist da einfach vom Gefühl her kein gutes Verhältnis. Er passt dann eher nicht auf, schweift mit seinen Gedanken ab und träumt. Das wiederum kritisiert sie immer stark, versteht aber auch nicht, dass ADHS- Kinder oft so nebenbei eine ganze Menge mitkriegen, obwohl sie scheinbar nicht aufpassen.
    Was kann man nun tun, ohne in der 10. Klasse gleich auf Konfrontationskurs zu gehen, denn er sollte doch die Chance haben, seinen Schulabschluss so gut wie möglich zu machen. Dazu braucht er aber Motivation, die ihm durch solche Entscheidungen immer mehr verloren gehen.
    Viele Grüße Martinasabine

  • Hallo martinasabine,


    aus deinem Beitrag wird nicht deutlich, aus welchem Bundesland du kommst. In NRW zumindest ist es so, dass Noten gar nicht rechnerisch gebildet werden dürfen. Mir kräuseln sich die Nackenhaare, wenn ich solche Berechnungen sehe (von 3,09 auf 3,64), zudem diese Berechnungen auch noch mathematisch fragwürdig sind (weil es sich bei der Notenskala mit 6 Noten um eine Rangskala handelt). Noten sind also immer pädagogische Entscheidungen. Nun zum Fall: Wenn ein Plakat Gegenstand der Aufgabe war und dein Sohn weicht von der Vorgabe ab, so hätte dies mit der Lehrerin vorab geklärt werden sollen. Auch kann ich die Lehrerin verstehen, wenn sie von einem auf der Kippe stehenden Schüler Engagement erwartet, auch, weil der Junge schließlich mit 16 wissen sollte, was sein Verhalten für Folgen haben wird. Leider ist es heute so, dass die Lehrstellen für Jugendliche nicht mehr sehr zahlreich sind und so ist das auch ein Lernprozess, den die meisten jungen Leute leider viel zu spät erkennen, dass nämlich diejenigen mit mehr Einsatz ihnen bereits die wenigen freien Stellen weg"geschnappt" haben. Leider hilft spätestens dann (oder auch bei weiterem Schulbesuch in der Sek. II) die sonst lange hilfreiche Diagnose ADHS (oder auch LRS usw.) nicht mehr weiter.


    Ich hoffe trotzdem, ihr könnt entspannt in die Ferien gehen, schließlich ist es kein Abschlusszeugnis und eine 4 als solche auch kein Beinbruch.


    Grüße


    Birgit

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

  • Hallo,


    also ich habe auch eine Tochter mit ADS und ähnlichen motorischen Problemen. Sie wird 13.


    Bei ihr ist es die Schrift. Sie kann ganz toll Schreiben, wenn sie nicht in "Hektik" ist und sich Zeit nimmt. Geht allerdings in der Schule nicht so gut.


    Aber trotz dieser Probleme habe ich es bisher noch nicht zugelassen, dass sie die Hausaufgaben eigenständig abändert.


    Plakat , Werbung für ein selbst gewähltes Produkt, das kann ja alles Mögliche heißen. Das bedeutet ja nicht, dass man selbst malen muss. Plakat kann ja auch eine Collage sein, mit Bildern und ausgedruckten Schriften für den Text.


    Malen kann meine Tochter komischerweise ganz toll, sehr viel besser als ich, so etwas habe ich gehasst.


    Wissen denn die Lehrer von den motorischen Problemen? Denn ADS kann ja ziemlich viel umfassen.


    Letzt wollte die Klassenlehrerin unsere Tochter zusammenstauchen, weil die Kleine (Klasse 6 - bald 7) nicht mit Füller schreibt, sondern mit einem Fineliner, denn das klappt am Besten. Meine Tochter war ganz geknickt, weil sie weiß, wie die Schrift mit Füller aussieht (und der Füller danach). Aber das Attest eines Prof. Dr. von einer renomierten Klinik hat da ausgereicht und Frieden war.


    Ich habe das halt erst vorgelegt, als man etwas wegen dem Stift sagte, vorher soll man keine Pferde scheu machen.


    Für die Heftführungsnoten habe ich es übrigens nicht eingesetzt, denn man kann ja nochmal schön schreiben. Und ordentliche Heftführung kann man auch als ADS´ler lernen, auch wenn es mühsam ist.


    Ich kann den Zorn deines Sohnes zwar verstehen, aber mit 16 muss man sich auch als ADS´ler langsam so im Griff haben, um mit diesen Situationen fertig zu werden. Das ist megaschwer, ich weiß das und auch meine Tochter muss immer wieder daran erinnert werden, dass man sich so halt nicht verhält.


    Niemand wird jemals nur Vorgesetzte, Kollegen oder Lehrer haben, die einem annehmen. Das ist leider so und damit muss man lernen fertig zu werden. Das Leben ist ungerecht.


    Hast Du denn schon einmal in Ruhe mit der Lehrerin gesprochen? Man weiß ja nie, wo die Ursachen für ein schlechtes Verhältnis sind. Denn ADS wird leider oft als Freibrief für jegliche Undiszipliniertenheiten angeführt.


    Du scheinst ja wie ich sehr engagiert zu sein, so wie ich.


    Warte jetzt erst einmal die Ferien ab, in der Zeit kann sich dein Sohn erholen, an sich arbeiten und sich auch weiter entwickeln.


    Danach würde ich gleich zu Beginn des Schuljahres mit der Lehrerin einen Termin ausmachen, mit ihr in Ruhe die Probleme des letzten Jahres besprechen und ihr auch die Probleme deines Sohnes erklären.


    Wenn sie nämlich merkt, dass Du sie nicht angreifts und um Verständnis und Unterstützung wirbst, kann es doch sein, dass sich das Blatt wendet.


    Hat dein Sohn Therapien gemacht?
    Nimmt dein Sohn Medikamente?
    Habt ihr Tagespläne, Hilfen zur Steuerung des Alltags?


    Es gibt im übrigen auch an einigen Orten den Verein SEHT, der hat auch Jugendgruppen, wo sich Jugendliche mit ADS treffen.


    www.seht.de


    Ein ADS´ler hat es schwer, aber er muss lernen, dass er keine Sonderstellung erhält.


    Gib Du ihm Kraft, wir Eltern sind die, die immer für die Kinder da sind.


    Aber mach ihm klar, dass er sich als fast Erwachsener nicht wie ein bockiges Kind verhalten kann, das hat leider Folgen.


    Hätte er es mit Fassung getragen (das ist bei einer 6 sehr schwer) und hätte trotzdem fleißig mitgearbeitet, hätte ihm das geholfen.


    Da hilft manchmal nur den Ärger runterschlucken und in der Tasche eine Faust machen.


    Doris

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