Zeugnisübersetzung + Frage zur Förderempfehlung - Vorsicht lang !

  • Hallo Lehrer, :)


    Ich bräuchte mal eure Hilfe bei der "Übersetzung" einiger Zeugnisformulierungen.


    "Am Unterrichtsgeschehen nahm er nur verhalten teil ........"


    = nahm gar nicht teil ?????


    ".......war bemüht Arbeitsanweisungen zu verstehen und auszuführen. "


    = konnte sie nicht verstehen und ausführen ?


    "In einigen Fächern traute er sich in letzter Zeit etwas mehr zu und gewann an Selbstbewusstsein."


    ....in einigen Fächern ???????????????? ?(?(


    "......zeigte er sich meist recht sicher. "


    = selten ? oft ?


    "..........zeigte er verhaltenes Interesse."


    = kein Interesse ?????????


    "Gelerntes konnte er nicht immer sicher wiedergeben. "


    = gar nicht wieder geben ????? Nur ab und zu ????? zu wieviel Prozent ?????


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    Muss in einem Zeugnis nicht auch erwähnt werden ob ein Kind stets pünktlich zur Schule erschienen ist ? Was ist mit den Leistungen in Sport und Kunst ? Wie sieht es mit der Erwähnung von Hausaufgaben aus (erledigte sie immer ordentlich und vollständig) ???? >>>>>> diese Angaben fehlen im Zeugnis meines Sohnes gänzlich !


    Dann wird im Zeugnis erwähnt , das er in geübten Diktaten noch zahlreiche Fehler macht . Das stimmt ja auch , da mein Sohn eben Legasthenie hat. Nur frage ich mich ob die gute Leistung im 32-Wörterdiktat (0 Fehler), dann nicht auch erwähnt werden müsste. Auch wurde eine Probe über Nomen, Verben und Adjektive (42 Wörter) geschrieben indem er nur 2 Fehler gemacht hat. Aber darüber verliert die Kl kein Wort im Zeugnis. Dafür wird sich aber ausreichend über die Defizite ausgelassen. Ich persönlich finde das so nicht in Ordnung. Was meint ihr ?


    -------------------------------------------------------------------------


    Dann gab es 2 Förderempfehlungen zum Zeugnis.
    Bei den Förderempfehlungen missfällt mir, dass sie offenbar komplett auf
    "häusliches Fördern" ausgerichtet sind. Die Schule scheint, was Methodik und Didaktik angeht, völlig außen vor. Das hieße ja, das "professionelle
    Förderarbeit" wie ich sie zur Zeit leiste , dann wohl zukünftig
    ausschließlich meine Sache bzw. der Eltern sein soll.
    Oder sehe ich das falsch?


    "Förderempfehlung Deutsch :


    Beobachtung:
    Beim freien Schreiben und bei geübten Diktaten macht ..... noch viele Fehler. Er hört und spricht einige Laute falsch. Das Durchgliedern von Wörtern fällt ihm noch schwer.


    Empfehlungen :
    Fortführung der häuslichen Unterstützungen.
    Weiterführung des LRS-Trainings. "


    "Förderempfehlung Mathe :


    Beobachtung : ............. Fähigkeiten entsprechen nicht den Anforderungen in einem 2. Schuljahr. Ihm unterlaufen bei der Addition und der Subtraktion noch zu viele Fehler und er hat teilweise Probleme im Zahlenraum bis 100. Sowohl Division als auch Multiplikation hat er noch nicht vollkommen verstanden. Das kleine Einmaleins hat er noch nicht sicher auswendig gelernt. Sachaufgaben steht er meist hilflos gegenüber.


    Empfehlungen :
    ..........muss zunächst noch sicherer werden in der Addition und Subtraktion im Zahlenraum bis 100. Im Anschluss daran muss er die Prinzipien der Multiplikation und Division vertiefen und das kleine Einmaleins vollständig auswendig lernen. Dazu muss er täglich üben. Eine zusätzliche tägliche Betreuung der Hausaufgaben ist notwendig. Außerdem sollte er verstärkt üben, Sachaufgaben inhaltlich zu verstehen und in einem zweiten Schritt zu mathematisieren. "


    Unter beiden Förderempfehlungen steht dann noch :


    "Die schulischen Maßnahmen zur individuellen Förderung sind auf die Unterstützung durch die Eltern und die engagierte Mitarbeit des Schülers angewiesen. Um Möglichkeiten der Zusammenarbeit in der Förderung zu klären und gemeinsame Maßnahmen zu vereinbaren, bitten wir Sie zu einem Gespräch am Elternsprechtag."
    -----------------------------------------------------------------------
    Die Lehrer wissen aber nun das ich mein Kind täglich in beiden Fächern fördere . Weitere Unterstützung (Lerntherapie) wurde uns leider durchs JA versagt , da mein Kind durch meine Förderung ja nun versetzt werden könnte bzw. das Klassenziel erreichen würde ??????? (im Halbjahr sollte es noch auf die Förderschule?) Seitens der Schule gab es eine LRS-Förderung im zweiten Halbjahr . 45 Minuten in der Woche >>> letzte Stunde >>>>> Ausfall 3x
    Und dann die für mich immer etwas wenig durschschaubare Differenzierung. Hier muss ich ja auf die Aussagen der Kl vetrauen. Aber müsste in der Förderempfehlung nicht auch schriftlich festgehalten werden, wie in Zukunft gefördert werden soll , auch seitens der Schule ?


    Sorry das es so lang geworden ist :rolleyes: , aber mir ist das wirklich wichtig.


    LG Braunauge

    Wer war eigentlich Friedrich List? Er saß im Gefängnis, war Staatsfeind, Flüchtling und Asylant, und ein streitbarer Mensch noch dazu. Sein Leben beendete er mit Selbstmord.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Braunauge,
    leider kann ich dazu nicht allzuviel beitragen, da ich keine Grundschullehrerin bin.
    Aber mir fällt bei uns auf, dass immer, wenn Legasthenie gegeben, ist, das extra im Zeugnis mit dem Satz "Beim Schüler wurde Legasthenie attestiert" festgehalten werden muss.
    Und wenn ich an meine GS-Zeugnisse denke (das liegt aber doch schon 20-25 Jahre zurück), da waren Erfolge genauso wie Misserfolge verzeichnet, hier kommt mir das irgendwie tatsächlich sehr einseitig vor.
    Und was die Fördermassnahmen angeht: Geh zum Gespräch in die Schule und bestehe darauf, dass die KL genau mitprotokolliert oder, sollte sie sich weigern, schreib du mit!
    Da hast du auf jeden Fall das Recht dazu und dann etwas Schriftliches in der Hand.
    Liebe Grüße,
    Hermine

  • Hallo Braunauge,


    wenn ich mich richtig erinnert, hattest du doch vehement den Wechsel auf die Förderschule abgelehnt und durch eigene häusliche Förderung ersetzen wollen, dann in der Folgezeit auch immer wieder begeistert berichtet, wie toll sich das Kind unter deinen Maßnahmen nun entwickle.


    Die Schule greift das jetzt auf und möchte dich dabei unterstützen, indem sie dich beraten und sich mit dir absprechen. Das geht doch eigentlich stark in die Richtung, die du dir wünschst?


    Einzelne besonders gut geschriebene Arbeiten wurden bei uns im Zeugnis auch nicht extra erwähnt. Deine Übersetzungen scheinen mir im westenlichen richtig. So müsste man das bei uns auch lesen.


    Hälst du die Versetzung eigentlich für sinnvoll?


    Grüße enja

  • Hallo Braunauge,


    Zitat

    Die schulischen Maßnahmen zur individuellen Förderung sind auf die Unterstützung durch die Eltern und die engagierte Mitarbeit des Schülers angewiesen


    Das heißt für mich, das Kind müsste eigentlich auf die Förderschule, da die Möglichkeiten der Schule nicht ausreichen. Wenn der Übertritt an die Förderschule verweigert wird, ist eine Unterstützung der Eltern notwendig, die über das normale Maß hinaus geht. Wenn dir das zuviel wird (bitte nicht als Spitze verstehen) müsstest du eben das dir zustehende Angebot der Förderschule in Anspruch nehmen.


    Zu den Zeugnisbemerkungen: Bei mir hier an der Hauptschule ist es so, dass wir bis zur 7. Klasse "ehrliche" Zeugnisse schreiben, also Schwächen auch klar verständlich beim Namen nennen dürfen. Ab der 8. müssen/sollten die Zeugnisse dann "positiv" gehalten sein, d.h. Negatives lässt man weg bzw. formuliert es positiv um.


    Mir ist jetzt bei deinen Zeugnisausschnitten nicht klar, ob es sich um eine ehrliche Aussage oder eine positive Umschreibung eines negativen Sachverhaltes handelt.


    Zitat

    Am Unterrichtsgeschehen nahm er nur verhalten teil


    Kann sein: Hörte zu, meldete sich auch zu Wort, war aber recht schüchtern


    oder


    macht nicht mit.



    Zitat

    "In einigen Fächern traute er sich in letzter Zeit etwas mehr zu und gewann an Selbstbewusstsein."


    Kann sein:


    Super, es geht aufwärts


    oder


    in manchen Fächern glaubt er, etwas zu können und versucht zu arbeiten, aber über´s Schuljahr gesehen ist die Leistung kläglich. Er traut sich zwar etwas zu, kann aber nichts.


    Ehrlich gesagt würde ich das Gespräch mit der Lehrerin suchen und nachfragen, wie das Zeugnis gemeint ist.


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

    Einmal editiert, zuletzt von Tina34 ()

  • Ich unterstütze Tinas Aussagen.


    Sommergrüße, Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

    Einmal editiert, zuletzt von Bablin ()

    • Offizieller Beitrag


    Falls ihr in NRW seid und falls dies sowas ähnliches ist wie die Lern- und Förderempfehlung, die wir Fachlehrer bei jeder 5 schreiben und ins Zeugnis legen müssen, kann ich dir nur sagen: Bei uns beziehen sich die Förderempfehlungen immer auf häusliche Förderung. Wir zeigen auf, wo die Schwächen liegen und sagen, wie das Kind selbständig seine Lücken aufarbeiten kann. Ich denke, die Lern- und Förderempfehlungen sollen den Kindern und Eltern gezielt aufzeigen, woran sie noch arbeiten müssen und wie genau dies getan werden kann.


    So geht es bei uns beispielsweise darum, dass das Kind die Vokabeln des gesamten Schuljahres in den Ferien wiederholen bzw. nachlernen muss. Sowas kann die Schule ja gar nicht leisten.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,


    ich finde die meisten Formulierungen gar nicht so uneindeutig. Meine Interpretierungsvorschläge lauten:



    Ich hab selber erfahren, dass man sich große Mühe mit der Zeugnisformulierung gibt und versucht, positiv zu formulieren, aber eben auch zu schreiben, welche Defizite noch da sind.

    Zu dem Rest kann und will ich nichts sagen.


    Grüße,
    Melosine

  • Gehe doch einfach in die Sprechstunde und lasse dir dort das Zeugnis genau erklären und suche mit der Lehrerin gemeinsam nach Lösungen für deinen Sohn.
    WIR kennen dich, deinen Sohn und die beurteilende Lehrerin nicht und können deshalb auch nicht das von ihr geschriebene Zeugnis interpretieren. Nur sie weiß, was genau mit jedem Satz gemeint ist.
    Lieben Gruß Jassy

  • Genau, was du schreibst, ist die Krux der Zeugnisse in Berichtsform. Ich habe meinem Mann meine Zeugnisse, die ich viel deutlicher formuliert habe, gegeben und gebeten, die Einschätzung der Leistung zu spiegeln.
    Er meinte, er könnte es erst, nachdem er 12 Zeugnisse gelesen hätte. Fortan habe ich den Eltern sozusagen eine Hierarchie gegeben, in der sie die von mir forumulierte Bewertung einordnen und dadurch vielleicht einschätzen können.



    Ich würde mit den gleichen Fragen, die du an uns stellst, zur Klassenlehrerin gehen, vermutlich gibt es Sprechtage??? Die unklaren Formulierungen durchgehen und sie bitten, mündlich zu interpretieren, dann kannst du Rückfragen stellen. Es geht ja darum, dir ein Bild zu machen, wie sich dein Kind im Unterricht verhält - bzw. wie die Lehrerin dein Kind einordnet.


    Dann würde ich spiegeln, ob ich mein Kind wiederfinde oder ob ich es zu Hause anders erlebe (kann durchaus sein, Kinder verhalten sich in Einzelsituationen oft ganz anders und können ganz andere Dinge als in der Schule).


    Wenn keine Übereinstimmungen sind, ist zum Wohl des Kindes abzuklären, woher das kommen könnte und nach evt. Maßnahmen zu fragen.


    Ich habe deine Beiträge nicht so verfolgt, es hört sich aber so an in diesem Threat, dass du meinst, dass dein Kind in der Schule nicht so gefördert wird, wie es sollte. Dass du darauf hin selber die Förderung in die Hand genommen hast. Du siehst Fortschritte, die die Lehrerin nicht notiert hat??? Wenn das so ist, würde ich auch darüber sprechen.


    Ich hatte mal so einen Fall, da wollten die Eltern das Kind Beginn der Klasse 4 auf das Gymnasium vorbereitet haben, während wir überlegten, noch ein VO-SF (Sonderschulüberprüfung) einzuleiten. Da haben wir natürlich auch sehr im Zeugnis hervorgehoben, was das Kind nicht kann, um es einfach vor der falschen Schulwahl zu bewahren.


    Im Sinne einer guten Zusammenarbeit - denn die ist bei Kindern, die nicht so gerade die Schule durchlaufen, weil sie Schwierigkeiten jeglicher Art haben, ist es wichtig, dass es keine Anschuldigungen gibt, sondern dass ihr versucht, gemeinsame Förderwege zu finden.


    Viel Glück dabei
    flip

  • Erst einmal danke für alle Antworten u. Übersetzungen. Das hilft mir wirklich weiter u. wird das Gespräch mit der Lehrerin sicher positiv beinflussen .


    Aber was ist mit Leistungen in Musik, Kunst, Sport, Hausaufgaben ? Müssen die keine Erwähnung finden ? Auch nicht , wenn andere Zeugnisse der selben Klasse Ausführungen darüber enthalten ?


    Enja


    Zitat

    wenn ich mich richtig erinnert, hattest du doch vehement den Wechsel auf die Förderschule abgelehnt

    Mein Kind hat die sonderpädagogische Überprüfung durchlaufen u. es wurde kein sonderpädagogischer Bedarf festgestellt . Warum sollte ich mein Kind also auf die Förderschule schicken ???????


    Zitat

    dann in der Folgezeit auch immer wieder begeistert berichtet, wie toll sich das Kind unter deinen Maßnahmen nun entwickle.

    Das stimmt ja auch u. belegen ja auch die letzten Test´s .


    Zitat

    Die Schule greift das jetzt auf und möchte dich dabei unterstützen, indem sie dich beraten und sich mit dir absprechen. Das geht doch eigentlich stark in die Richtung, die du dir wünschst?

    Sicher ist er mir lieber mein Kind weiter häuslich zu unterstützen , als es auf eine Förderschule zu geben ?(?( Beratung ? :D .......na ja ...ich sag da jetzt so mal nichts zu . Dennoch ist die Förderempfehlung doch wohl nicht nur für die Eltern gedacht, oder ? Müsste da nicht auch drin stehen welche schulischen Maßnahmen in Zukunft ergriffen werden sollen ????


    Zitat

    Einzelne besonders gut geschriebene Arbeiten wurden bei uns im Zeugnis auch nicht extra erwähnt.

    Ich denke für einen Legastheniker sind solche Arbeiten aber schon enorm wichtig . Sonst hat er nämlich nicht im geringsten eine Chance seine Note in Deutsch zu verbessern. Und ich verlange ja nicht das im Zeugnis jede Arbeit ausgewiesen wird.
    Aber ein Satz wie : "Geübte Wortdiktate allerdings ,konnte er fehlerfrei umsetzen . Auch das Erkennen von Wortarten bereitete ihm keine Probleme." , wären seiner Leistung gerecht geworden.


    Zitat

    Hälst du die Versetzung eigentlich für sinnvoll?

    Die Legasthenie wird sich durch eine Nichtversetzung nicht wegarbeiten lassen. Auch ist eine Wiederholung der 2. Klasse nicht mehr möglich , da er die 1. Klasse schon auf unseren Wunsch wiederholt hat u. laut Aussage der Lehrer nur eine Eingangsphase von 3. Jahren möglich ist. Auch halte ich es aufgrund des Alters ( nach den Ferien schon 10) nicht für sinnvoll.


    Die dritte Klasse "könnte" er dann wohl wieder wiederholen.


    Zitat

    Aber mir fällt bei uns auf, dass immer, wenn Legasthenie gegeben, ist, das extra im Zeugnis mit dem Satz "Beim Schüler wurde Legasthenie attestiert" festgehalten werden muss.

    Nein steht nicht drin . Nur das er an der der LRS Fördermaßnahme teilgenommen hat. Müsste das drin stehen ?????
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    Ich möchte in dieser Diskussion auch nicht wieder das Für und Wieder von Förderschule aufwerfen . Ich denke das ist für einen Außenstehenden genau so schlecht zu beurteilen, wenn er das Kind nicht schon selbst arbeiten gesehen hat.


    Ich habe halt das Gefühl, das Zeugnis seinen Leistungen nicht gerecht wird u. die Proben des zweiten Halbjahres dabei ignoriert wurden.


    Das Problem ist auch, das mein Sohn zu Hause scheinbar Leistungen erbringt , die in der Schule plötzlich wie weggefegt sind ????? Bezieht sich insbesondere auf die Defizite im Rechnen. ?(?(?( Das liest man hier ja auch öfter :rolleyes:


    Aber bei mir haben sich zwei so nette Sätze der Sl in den Nacken gepflanzt : " Wir haben uns noch nie geirrt ! " .......bezog sich auf den sonderpädagogischen Bedarf u. " Man wird aus einem Arbeitspferd nie ein Rennpferd machen !. "
    Und da beschleicht mich natürlich schon die Angst , das man mir nun mal kräftig beweisen will , das man sich nicht geirrt hat.
    Verständlich,oder ????


    LG Braunauge

    Wer war eigentlich Friedrich List? Er saß im Gefängnis, war Staatsfeind, Flüchtling und Asylant, und ein streitbarer Mensch noch dazu. Sein Leben beendete er mit Selbstmord.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Braunauge,


    ich schließe mich meinen Vorschreiberinnen an: Geh in die Sprechstunde und frage!
    Manche Lehrerinnen schreiben fernab jeder Arbeitszeugnisformulierungen. (Ich bekam während des Vorbereitungsdienstes ein "bemühte sich" von einer Ausbildungslehrerin in ein Zwischengutachten, mit dem sie mir eine "2-3" attestieren wollte. Die Kollegin schreibt auch Zeugnisse für Klasse 1.)
    Die Formulierung "meist" deutet in meinem Bundesland übrigens auf ein "zufriedenstellend" hin.


    Beim Schreiben verbaler Beurteilungen hat man immer das Problem, dass positiv geschriebene Zeugnisse zur Überschätzung der Leistungen führen, Zeugnisse, die klar Schwächen aufzeigen zu einer Verunsicherung wie bei dir gerade.
    Wenn ich als Lehrerin 15 Wortdiktate schreibe und davon sind 14 mit vielen Fehlern und 1 mit 0 Fehlern. Ok, dann kann ich das im Zeugnis erwähnen, aber wie hört sich das an "Durch beständiges Üben konnte ... schon einmal ein fehlerfreies Diktat schreiben." - Ehrlich gesagt, das würde ich nicht schreiben. (Weiteres Stichwort: Platzmangel. Eine Seite ist nicht eben gerade viel für eine umfassende Beurteilung aller Fächer und der gesamten Lernentwicklung eines Schuljahres.)


    In Bezug auf die häusliche Förderung sehe ich es so wie Enja.
    Und:

    Zitat


    Er hört und spricht einige Laute falsch. Das Durchgliedern von Wörtern fällt ihm noch schwer.


    Ich bin stinknormale Grundschullehrerin. Ich bin keine Sprachheilpädagogin oder Logopädin. Ich würde es mir nicht zutrauen, einem Kind in der 3. Klasse das richtige Hören und Sprechen bestimmter Laute beizubringen, wenn die Sprachförderung der ersten 2 Schuljahre nicht den gewünschten Erfolg hatte.
    Dann kommt es noch auf den Unterrichtsstil an: Eine Lehrerin, die viel frontal arbeitet und das nicht ändern kann oder will, kann ein Kind nicht individuell fördern. (Und mit der ganzen Klasse im 3. Schuljahr lautgetreues Schreiben üben ist nicht drin.) Und selbst, wenn man offener arbeitet, heißt das nicht, dass man jedes Kind individuell fördern kann. Das ist das Ideal, das wird einem im Studium und im Seminar so beigebracht, ja. ("Und wenn Sie ein ADHS-Kind haben, dann setzen Sie sich am besten neben das Kind, wenn im Tagesplan gearbeitet wird..." - "Während die anderen Kinder im Wochenplan arbeiten, können Sie sich um die schwächeren Schüler kümmern....") Nur, dabei wird nicht bedacht, dass es eben in manchen Klassen nicht 1 bis 3, sondern eher 5 bis 8 Kinder gibt, die eine individuelle Hilfe brauchen, manche ständig, jeder natürlich eine andere. Und dann bist du mit allen Förderversuchen bald am Ende und total aufgeräufelt, wenn du allen gerecht werden willst.


    Und, auch wenn ich deinen Ärger verstehen kann: Die fehlenden Mittel für Förderstunden wurden schon vor Jahren beklagt, das Geld ist aber immer noch nicht da. Und die oberste Pflicht der Schulleiter ist es, den Unterricht sicherzustellen. D.h. wenn jemand krank ist, fallen die Förderstunden aus und die Förderlehrerin übernimmt die Vertretung. Das war bisher in allen 3 Schulen, die ich kennenlernte so. Am wenigsten Stunden fielen übrigens in der Schule aus, in der der Förderunterricht in der Stunde nach Unterrichtsschluss der anderen Kinder stattfand, weil in der 5. und 6. Stunde nicht mehr alle Klassen Unterricht haben und sich fehlende Lehrer da besser ausgleichen lassen.
    In den anderen Schulen wurden die LRS-Kinder aus dem Unterricht geholt, meist innerhalb der ersten 3 Stunden. Da dann alle Kollegen eingesetzt sind, muss eben bei Krankheit jemand einspringen und das ist dann nicht der Hausmeister oder die Sekretärin (die einzigen, die keinen Unterricht haben), sondern eben eine Teilungslehrerin.
    "Meine" LRS-Schüler hatten im letzten halben Jahr jedenfalls mehr als 3mal keine Förderstunde, sondern waren im Klassenverband mit im Unterricht.


    Naja, gut, genug geschrieben.
    Such das Gespräch mit der Lehrerin, die kann dir am besten weiterhelfen.


    Conni

  • Hallo,


    ich hätte mal eine Frage dazu, die sich nicht ausschließlich auf Braunauge bezieht. Wenn ein Kind eine LRS hat und auch rechenschwach ist, ist das dann eigentlich noch eine Teilleistungsschwäche? Ich dachte immer, deren Kennzeichen wäre es, dass es in den anderen Gebieten nicht hängt. Deshalb Teil...?


    Ansonsten denke ich, dass ein Kind mit einer so komplizierten Problemlage zwangsläufig nicht umfassend in seinem Zeugnis wiederzufinden ist. Ich würde die Zusammenarbeit mit der Lehrerin suchen. Anders wird es nicht gehen.


    Diese Berichtszeugnisse sind schon schwer zu interpretieren. Und wurde mal als Beispiel gebracht: "Löst seine Konflikte schon manchmal verbal" heiße "ist ein übler Schläger", weil eben nichts negatives im Zeugnis stehen dürfe. Nicht einmal eine positive Tendenz würde das ausdrücken.


    Grüße Enja


  • LG Braunauge

    Wer war eigentlich Friedrich List? Er saß im Gefängnis, war Staatsfeind, Flüchtling und Asylant, und ein streitbarer Mensch noch dazu. Sein Leben beendete er mit Selbstmord.

  • Hallo Braunauge,
    mir fiel beim Lesen des Threads noch Folgendes ein:
    Eine Bemerkung über die Legasthenie bzw. LRS - festgestellt durch die Klassenkonferenz - muss bei uns in Hessen ins Zeugnis ("Die Deutschnote enthält keine Bewertung der Lese- und Rechtschreibleistung").
    Außerdem muss die Teilnahme an einem Förderkurs ins Zeugnis, auch wenn er oft ausfiel. "Geübte Diktate" richtig zu schreiben ist am Ende des 2. Schuljahres wohl schon so normal für die Kinder, dass es keine besonders erwähnenswerte Leistung darstellt. Deshalb müsste auch in einem Verbalzeugnis ein Satz über die LRS stehen. Denn dann sind fehlerfreie geübte Diktate sehr wohl eine Leistung.
    "Förderempfehlungen" sind vom Sinn des Wortes Empfehlung her nicht für die Schule. Die hat ihre Fördermaßnahmen, sie muss sich nichts selbst empfehlen. Aber die Schule empfiehlt dem Elternhaus, die entsprechenden Fördermaßnahmen durchzuführen.
    Vollständige Hausaufgaben sind eigentlich selbstverständlich. Ich schreibe das nur ins Zeugnis rein, wenn es vorher anders war. Musik, Kunst, Sport sollten eigentlich bei jedem Kind einzeln erwähnt werden, aber wenn die Sportfachlehrerin 10 Klassen mit 200 Kindern hat, dann finde ich es noch okay, wenn sie mir besonders gute oder besonders schwache SuS aufschreibt und für diese ein aussagekräftiges Sätzchen formuliert. Ähnliches gilt für die anderen Fächer.
    Ob etwas im Zeugnis steht oder nicht ist manchmal auch einfach ein Platzproblem auf dem Zeugnisformular, so dass ich überlege, was lasse ich jetzt weg, damit der Platz reicht. (Natürlich lasse ich dann nicht die Sätze der Fachlehrerin weg, der ich deswegen zwei Wochen hinterhergelaufen bin :D )
    Deinem Sohn alles Gute für's Dritte!
    Gruß venti :)

  • venti @ Conni


    Das gibt mir schon einmal einen anderen Blick . Vielen Dank.



    Ich bin auch nicht gänzlich auf Konfrontation aus , aber möchte mich natürlich trotzdem "sachlich" für die Belange meines Kindes einsetzen. Das eine Lehrerin einzig allein meinem Kind "individuelle" Förderung zukommen lassen kann , ist sicher zu viel verlangt. Und ich habe mein Kind durch die häusliche Förderung mittlerweile auch ganz anders kennengelernt , sodas ich den Tunnelblick bei mir mittlerweile ausschließen kann.
    Es geht ja auch nicht darum alle Defizite unter den Teppich zu kehren. Aber dennoch möchte ich auch Fortschritte erwähnt haben.


    LG Braunauge

    Wer war eigentlich Friedrich List? Er saß im Gefängnis, war Staatsfeind, Flüchtling und Asylant, und ein streitbarer Mensch noch dazu. Sein Leben beendete er mit Selbstmord.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Aber bei mir haben sich zwei so nette Sätze der Sl in den Nacken gepflanzt : " Wir haben uns noch nie geirrt ! " .......bezog sich auf den sonderpädagogischen Bedarf u. " Man wird aus einem Arbeitspferd nie ein Rennpferd machen !. "


    X( Dazu fehlenmir die Worte. Eine SL oder Lehrerin sollte so etwas nicht sagen (nicht mal denken)!


    Zu dem von Enja noch mal angesprochenen Problem der Verbalzeugnisse:

    Zitat

    Diese Berichtszeugnisse sind schon schwer zu interpretieren. Und wurde mal als Beispiel gebracht: "Löst seine Konflikte schon manchmal verbal" heiße "ist ein übler Schläger", weil eben nichts negatives im Zeugnis stehen dürfe. Nicht einmal eine positive Tendenz würde das ausdrücken.


    Soweit ich weiß, gibt es hier keine einheitliche Übersetzung, weshalb der Rat, sich direkt an die Lehrerin zu wenden, eigentlich sehr gut ist. Es ist nicht wie bei Arbeitszeugnissen, wo es verklausulierte Beurteilungen gibt ("Er hat sich stets bemüht...")
    Jedenfalls hab ich meine Zeugnisse für die Erstis im letzten Jahr nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben und mir hat keiner gesagt, wenn du dies und das schreibst, heißt das...


    LG,
    Melosine

  • Nochmal nachgefragt :


    Leider sind für die "Sprechstunde" nur 15 Minuten vorgesehen. Da muss ich also sehen, das ich das Wichtigste gleich auf den Punkt bringe.
    Wäre es o.k wenn ich mir eine Frageliste erstelle u. die Antworten der Lehrerin während des Gesprächs notiere u. das dann von ihr unterzeichnen lasse ??? Oder ist das zu krass u. sie könnte sich auf die Füße getreten fühlen ??? Was meint ihr ?????


    LG Braunauge

    Wer war eigentlich Friedrich List? Er saß im Gefängnis, war Staatsfeind, Flüchtling und Asylant, und ein streitbarer Mensch noch dazu. Sein Leben beendete er mit Selbstmord.

  • Hallo Braunauge!


    Zitat

    Dennoch ist die Förderempfehlung doch wohl nicht nur für die Eltern gedacht, oder ? Müsste da nicht auch drin stehen welche schulischen Maßnahmen in Zukunft ergriffen werden sollen ????


    Die Förderempfehlung ist ausschließlich für die Eltern gedacht. Schulische Maßnahmen kommen nicht ins Zeugnis, sondern nur in den Förderplan. Der wird jedoch meines Wissens nur an Förderschulen für jeden Schüler quasi "öffentlich" gemacht und in die Akte gelegt.


    Was diese Berichtszeugnisse angeht: Hm, ich tue mich damit echt schwer, wenn Eltern kommen und die Sätze in eine Note umtransformiert haben wollen. Ich versteh's auch nicht so ganz ehrlich gesagt.
    Sagt eine 3 denn mehr aus als "er kann es schon meist"?
    Ich selbst benutze in Förderberichten auch keine verklausulierten Sätze (im Gegensatz zu manchen anderen Kollegen, die mit Textbausteinen arbeiten.). Ich meine es eigentlich genauso wie ich es schreibe. Denn wenn es sich um einen Schläger handelt, finde ich es natürlich klasse, dass er es schon manchmal schafft, Konflikte verbal zu lösen. Wenn das nicht der Fall ist, schreibe ich es auch nicht so.
    Und dadurch, dass ich es eben im Zeugnis erwähne, wird ja auch deutlich, dass es bei diesem Kind keine Selbstverständlichkeit ist. Mehr braucht man dazu nicht wissen.


    Ich finde die Formulierungen, die du erhalten hast, eigentlich ziemlich eindeutig und es deckt sich mit dem, was du sonst berichtest.
    Als Beispiel:

    Zitat

    "Gelerntes konnte er nicht immer sicher wiedergeben. "


    Das Kind kann es halt noch nicht immer, aber schon mal ab und zu. Wenn es das noch gar nicht könnte, würde ich es nicht so schreiben.
    Eine Prozentangabe könnte ich niemandem geben. Ich hab besseres zu tun, als mir Striche zu machen und dann exakt auszurechnen, ob es nun 23% oder 32% waren. Ist doch irgendwie auch egal. Es wird deutlich, dass das ein Bereich ist, in dem das Kind noch Schwierigkeiten hat und in dem weiter gearbeitet wird.
    Darauf geht die Förderempfehlung ein. Ist doch schlüssig.


    Ausnahmen nach oben oder unten hin tauchen in meinen Förderberichten übrigens aus den von Conni genannten Gründen auch nicht auf. Man fasst schließlich ein halbes Jahr auf etwa einer DIN A 4-Seite zusammen (bei Förderberichten darf ich sogar 2 schreiben, aber selbst da bleibt kein Platz, um jede Abweichung zu erwähnen). Letztlich kann es auch nicht um besondere Ereignisse gehen, denn es handelt sich um einen allgemeinen Zustandsbericht.


    Zu den Fortschritten: Ich weiß nicht, wie das letzte Zeugnis aussah, aber die von dir angeführten Beispiele klingen für mich so, als ob man für das Kind die Möglichkeit sieht, die Regelschule weiterhin zu besuchen. Wenn vorher eine Überprüfung auf sonderpäd. Förderbedarf statt fand, ist das doch ein erstaunlicher Fortschritt.
    Aber realistisch gesehen hat ein Kind, welches sich am Rande eines besonderen Förderbedarfs findet, mit Sicherheit noch immer jede Menge Defizite, auch wenn ihr bestimmt schon unglaublich viel aufgearbeitet hat. Da wäre ein Zeugnis, dass seine Leistungen besser darstellt, als sie tatsächlich sind sicherlich nicht hilfreich.
    Das handhabe ich mit meinen Förderberichten nicht anders: Da werden die bestehenden Defizite noch immer klar benannt und das impliziert nicht, dass meine Förderung so schlecht war und sich nix am Problem geändert hat. :D
    Wenn man den Vorjahresbericht liest, wird deutlich, dass viel passiert ist. Aber der Ist-Zustand ist in der Regel weiterhin noch von vielen Schwierigkeiten geprägt und ich versuche herauszuarbeiten, woran eben noch weiter gearbeitet werden muss.


    Oder liegt das Problem eher darin, dass sich gegenüber dem letzten Zeugnis keine Veränderungen ergeben haben?


    edit: Fragen und Antworten notieren finde ich total klasse. Mich nervt es eher, wenn Eltern unvorbereitet ins Gespräch kommen und für mich nicht deutlich wird, worum es ihnen jetzt geht und worüber sie mit mir sprechen wollen.
    Aber die Aufzeichnungen dann zu unterzeichnen käme mir persönlich etwas komisch vor. Da hätte ich das Gefühl, nix mehr ohne Anwalt sagen zu können. :D
    Ganz ehrlich: Ich würde sowas nicht unterschreiben.
    Aber nochmal durchlesen lassen und fragen, ob du auch alles richtig aufgefasst hast, finde ich dagegen sehr gut. Evtl. Missverständnisse können so entdeckt und geklärt werden.


    LG
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

    Einmal editiert, zuletzt von Mia ()

  • Hallo.
    nochmal zum Aufschreiben: ich habe für "besondere Fälle" ein Formular mit der Überschrift "Kurzprotokoll", und bei Elterngesprächen verwende ich es nach Bedarf. Da stehen dann die wichtigsten Aussagen beider Seiten drauf, auch was man in Zukunft zu tun gedenkt. Dieses Kurzprotokoll kopiere ich und es gebe den Eltern eine Kopie, damit beide Seiten eine Erinnerungshilfe haben. Unterschreiben braucht man da nix.
    Gruß venti :)

  • Gute Idee, venti. Ich glaub, ich werd mir sowas auch mal zulegen. Kann man dann praktischerweise ja auch gleich in die Akte heften.

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

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