Lehramtsstudium mit 35

  • In Deinem Eingangspost schreibst Du, dass Du da arbeiten möchtest, wo 'die eigene Freude nicht zu kurz' komme.


    Ich selbst lehne es ab, meine Arbeit als etwas zu bezeichnen, das mir 'Freude' bereitet. Es ist auch nicht spannend, es ist auch nicht traumhaft, es ist auch nicht das Paradis.
    Klar, es ist interessant, vielseitig und auch ganz nett, jeden Tag so mit den Kindern und Jugendlichen, und meine Stimmung nach einer zu kurzen Nacht hellt sich dann doch auf, wenn ich die Schule betrete. Es ist alles schon ganz ok, ich würde diesen Beruf durchaus auch weiterempfehlen. Aber es ist nicht sozusagen die Komplettierung des Glücks, das Sahnehäubchen des Lebens, die wahre, bilderbuchartige Freude, die man da tagtäglich erfährt.


    Ich habe den Eindruck, dass Du Dir das in zu schönen Farben ausmalst, dass für Dich das Gras auf der anderen Seite immer grüner ist als auf der eigenen.
    Ich persönlich würde Deine Gedanken auf keinen Fall realisieren. In diesem Alter noch Student? Und dann Refi? Mir Kritik anhören müssen, die aus irgendwelchen Ecken hervorgekramt wurde und zu der ich mich "reflektiert verhalten" muss?
    Und die finanzielle Seite Deines Vorhabens?


    Naja, Du musst es selbst wissen. Ich möchte Dich hier nicht bewerten, und zu Deiner aktuellen Arbeit schreibst Du nicht so viel. Klar, wenn sie Dich so dermaßen ankotzt kann ich das natürlich schon verstehen, da hätte ich auch keinen Bock drauf.


    Könntest Du noch kurz erklären, was 'das böse Ührchen' ist? Ich verstehe das im Kontext Deines Textes, aber nicht an sich. Ist das synonym für 'Nachteil', 'Pferdefuß', ...? In Norddeutschland sagt man das nicht.


    ich wünsche Dir alles Gute; teil doch mit, wie Deine Entscheidung gefallen ist.


    Hamilkar

  • Hallo Hamilkar,


    vielen Dank für die Hinweise. Ich glaube das Problem besteht schon allein darin, alsbald man Wörter emotionalen Ausdrucks wie "Freude" nutzt, gleich vor der grünen Brille gewarnt wird. Ebenso belustigen sich User dieses Forums über eine allzu naive, "wirtschaftlich geprägte" Ausdrucksform in diesem Thread.

    An dieser Stelle ganz deutlich: Ich könnte im Forumtitel auch schreiben "Ich will Lehrer werden mit 35" sachlich - nüchtern - Ende. Ich sehe weder nur die schönen Farben noch leide ich an Realitätsverlust was die Finanzierung über 6 Jahre Studium + Ref. angeht.


    Meine aktuelle Tätigkeit ist für diesen Thread nebensächlich wenn man für sich persönlich erfährt, dass man möglicherweise viele Jahre nicht dem beruflich nachgegangen ist, was man eigentlich hätte tun sollen - etwas sinnvolles, das im Zweifel sogar Freude bereiten kann. Das das nicht so kommen muss ist wohl klar!


    Hierfür habe ich dankend die Hinweise eines möglichen Praktikum angenommen. Das werde ich in jedem Falle vorher absolvieren. Gleichwohl ist das Eignungspraktikum sowieso Zugangsvoraussetzung an den Uni`s in NRW.


    Mit dem "bösen Ührchen" ist in der Tat der Nachteil meines bereits erreichten Lebensalters gemeint.


    Jetzt noch einmal aktualisiert und zusammengefasst für diesen Thread: Ich bin mir jetzt sicher das 35 nicht "alt" ist und - so what - finanziell habe ich nicht umsonst eine Lebensgemeinschaft in der der Eine den Anderen auffängt - das passt schon. Zudem werde ich vorab ein Praktikum absolvieren.


    Für mich nur noch die Frage: Primarstufe Für und Wider?!


    Vorab vielen Dank für Eure Posts!

  • Für mich nur noch die Frage: Primarstufe Für und Wider?!

    persönliche Liste:
    + strukturiertes Lesen/ SChreiben/ REchnenbeibringen, Feinheiten der Didaktik bei Lernschwierigkeiten
    + Begeisterungsfähigkeit (vom Adventskalender bis zum Wir-Bereden-Probleme-Stuhlkreis)
    + Klassenlehrerprinzip (Kontakt zu Schülern gegeben, man "erreicht was")
    - Fusselkleinkram "jeder legt jetzt den Füller in die rechte vordere Tischecke und schaut dann nach vorne" "wie stellen uns jetzt wie die Mäuschen an der Tür an, zuerst die Fensterreihe"
    - jüngere Kinder verstehen noch keine Ironie/ Humor auf Kasperletheaterniveau
    - nervende Eltern, die alles besser wissen und in der ersten Klasse für ihren Schatz nach dem Gymnasium krähen


    persönliches Fazit: die Förderschule ist der beste Ort zum Unterrichten, wenn man sich durchsetzen mag und Lust auf Kontakt zu "Problemfamilien" hat :top:

  • Mein Eindruck und Fazit aus Deinen Beschreibungen/Vorstellungen : Ich täts an Deiner Stelle nicht, geehrter 19Benjamin80 ! Es gibt doch noch andere berufliche Alternativen, wenn Du schon aus Deinem Job aussteigen möchtest. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Zitat

    Ich selbst lehne es ab, meine Arbeit als etwas zu bezeichnen, das mir 'Freude' bereitet.

    Ich mache meine Arbeit mit FREUDE - fast jeden Tag! :) Und das beste daran ist: Ich bin nicht die einzig ean meiner Schule!
    Ich denke, die IDee mit dem Schnupperpraktikum ist die Beste udn frag die Kollegin, bei der du landest ordentlich viele Löcher in den Bauch!! Viel Erfolg!

  • Ich habe auch im fortgeschrittenen Alter (ich war ungefähr so alt wie du) beschlossen, dass ich mich umorientieren möchte. Ich brauchte allerdings nur noch einen Master draufsatteln, den ich als Fernstudium absolviert habe. Nun bin ich also endlich im Ref angekommen und habe bisher die Entscheidung noch keine Sekunde bereut. Immer Menschen um mich herum, das liegt mir und eine tolle Schule (an der ich hoffentlich bleiben kann) habe ich auch. Ich bin zwar Reffi und habe alle Freiheiten und kriege immer Unterstützung, gleichzeitig unterrichte ich alle meine Klassen eigenverantwortlich und bin da schon "richtiger" Lehrer. Bisher kann ich ganz klar sagen, dass ich in keinem Job, den ich vorher hatte, so zufrieden war, aber wie gesagt, ich bin auch erst im Ref. Von daher verstehe ich deinen Wunsch gut. Ich würde allerdings ganz klar Schulpraktika vorweg schieben und am besten mehrere (Schulen sind unterschiedlich), um mir eine Meinung zu bilden. Von der Ferne betrachtet ist das Lehrersein ganz anders als wenn man dabei ist.


    Ein wichtiger Punkt war für mich allerdings auch, wie sich denn meine Perspektiven nach dem Ref gestalten werden. Ich bin an einer Berufsschule, wenn man örtlich flexibel ist, sind da die Möglichkeiten noch ganz okay. Etwas anderes als Berufsschule wäre für mich allerdings auch auf gar keinen Fall in Frage gekommen. Ich möchte mit meinen SuS auf Augenhöhe reden können und ich leide ja schon daran, dass Ironie quasi bei SuS nicht ankommt (habe ich mir komplett abgewöhnt). Einige Vorposter schrieben ja, dass es im Primarbereich nicht so toll aussieht. Inwieweit du dieses Risiko dann eingehen willst, musst du für dich entscheiden. Bist du örtlich gebunden?


    Ich weiß nicht, wie sehr du dich auf den Primarbereich eingeschossen hast, aber an der Berufsschule wäre dein Alter kein Problem. Ich habe die 30 weit überschritten und bin absolut nicht die älteste Reffi.

  • Aber jetzt mal ganz platt gesagt: Gibt es nicht bereits genug Grundschullehrer in den Startlöchern?? Ich würde mich nicht noch zu Nummer 2002 machen von denen, die um eine Stelle kämpfen ... Wenn ich schon mit der nötigen Reife mich bewusst zu einem Lehramtsstudium entscheide, dann doch auch in eine Schulform mit Stellenaussicht, oder?

  • Primarlehramt?


    contra: deutlich geringeres Gehalt
    contra: deutlich höheres Stundendeputat
    contra: absurde außerdienstliche Erwartungshaltungen
    contra: deutlich geringere Stellenchancen
    contra: regelmäßg lange Vertretungsodysseen vor der ersten festen Stelle.


    Nele

  • Con

    Primarlehramt?


    contra: deutlich geringeres Gehalt
    contra: deutlich höheres Stundendeputat
    contra: absurde außerdienstliche Erwartungshaltungen


    Nele


    Contra: keine Aufstiegschancen (außer man wird zur Schulleitung einer größeren Grundschule)
    Contra: wenn die Kinder "was können", muss man sie abgeben
    Contra: anstrengende Eltern - meine beste Freundin muss regelmäßig ihren AB abstellen, weil die Eltern wegen jedem Furz anrufen (einmal unter Tränen eine Mutter, deren Kind das Klassenstofftier verloren hatte)

  • Hallo!


    - Erstmal grundlegend: Warum nicht?! Du würdest dann mit +- 40 beruflich gestartet sein und hättest immer noch 20 Jahre in dem Beruf. Zwanzig Jahre, oder sogar noch etwas mehr. Also ... das ist doch mal ne Hausnummer.


    Wenn Du es finanziell wuppen kannst, dann mach es! Ich würde das machen, was mir Spaß macht (also als Fächer) und nebenbei tatsächlich auch etwas auf den Arbeitsmarkt + Stellenmarkt schielen. Aber das sollte nicht ausschlagebend sein. So ein Studium ist lang und daher wäre mir persönlich das eigene Interesse immer wichtiger, zumal sich die Prognosen bis zum Jahre 2020 +- auch schon wieder geändert haben könnten.


    Was für mich nicht unwesentlich wäre als großes CONTRA - Argument:
    Nicht alle BL verbeamten "ewiglich". D.h. bei vielen ist die Grenze bei ... irgenwas unter 40 Jahren, wenn mich nicht alles täuscht. Nun frag mich nicht, wie genau das in NRW aussieht ... aber darüber würde ich mich schon noch informieren, zumal das Gehalt für Nichtverbeamtete an jeder Schulform deutlich geringer ausfällt.


    Letztendlich ist das aber auch eine Bedarfsfrage und könnte sich noch wieder ändern, sowohl positiv als auch negativ.


    Nicht einfach, die Entscheidung, aber wenn Du Dir sicher bist, dann mach es! Viel Erfolg bei der Entscheidungsfindung!



    Grüße!


    Gerelila


    PS. Die zwar immer mal wieder gestresst, aber prinzipiell sehr glücklich ist an einem Gymnasium zu unterrichten. ;)


    Nicht alle BL verbeamten

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