Leiter einer Stuttgarter Schule über Helikopter-Eltern

  • claudius, ich glaube nicht, dass es dem schulleiter um das zur schule bringen prinzipiell ging. da hat er sich nicht einzumischen, dem stimme ich zu (obwohl mir bei auto-anwerfen für 150m schulweg schon die haare zu berge stehen und das ist kein einzelfall bei uns). es geht um die eltern, die so parken, dass niemand mehr durchkommt (inklusive bus), dass zu fuß laufende kinder nicht sicher die straßen überqueren können. bei uns an der schule wird auch gern mal zu schnell und/oder gegen die einbahnstraße gefahren.

    • Offizieller Beitrag

    Der Schulleiter hat auch in Bezug auf den Bereich unmittelbar um seine Schule herum eine Fürsorgepflicht für seine Schüler - vor allem dann, wenn erkennbare Gefahren bestehen.


    Vorsätzliches verkehrswidriges Parken, weil Sohnemann oder -frau nicht einmal zehn Meter zu Fuß gehen kann und somit der Cayenne in Höhe des Schultores in zweiter Reihe anhalten muss und andere Schüler so mittelbar gefährdet werden, weil sie die Straße und den Verkehr nicht überblicken können, hat nichts mehr mit dem eigenen Recht, das Kind zu bringen, wann immer man will, zu tun sondern mit der gebotenen Rücksichtnahme und Vorsicht im Straßenverkehr an so genannten Gefahrenpunkten.


    Ich denke nicht, dass das einer weiteren Erklärung bedarf - weder was das verkehrswidrige Verhalten der Eltern angeht noch was die Mahnungen des Schulleiters diesbezüglich angeht.


    Vielleicht ist der Begriff "Helikopter-Eltern" auch irreführend. Das sind aus meiner Sicht eher die "My child first-Eltern."

    • Offizieller Beitrag

    Ja, das ist dann natürlich ein Problem, wenn dieses "Helicoptern" solche extremen Ausmaße annimmt. Trotzdem finde ich es problematisch, wenn Schule sich in allzu private Lebensbereche der Familie einmischt. Ich bin sicher kein "Helicopter-Vater", aber wenn ich meine Kinder gelegentlich zur Schule fahren würde, möchte ich diesbezüglich keine Vorschriften oder EInmischungen eines Direktors oder Lehrers haben.


    Solange du ordentlich parkst, und dich, falls du denn die Schule meinst betreten zu müssen, als schulfremder ordentlich im Sekretariat anmeldest, spricht da ja auch nichts entgegen.

  • Ich vermute mal, wenn ich mich beim Finanzamt mit meinem Auto quer vor den Eingang stelle und ohne Anmeldung außerhalb der Sprechzeiten in das Büro des Sachbearbeiters Hugendubel platze, würde man mich auch eindringlich bitten, mein Verhalten zu modifizieren. Auch wenn ich jetzt hier und gleich den Finanzdirektor Müller sprechen will. Sofort. :)

  • Oder warum ist es so, dass ich ständig in den schulen meiner Kinder eingespannt werde?
    Fahrdienst zum Schwimmen (Weil zu wenig Lehrer da sind und der Bus zu teuer für den Schulträger ist), Klassenzimmer anmalen und verzieren, Adventskalender basteln, Lesepatenschaft, Gesundes Frühstück verkaufen , Klassenfest, Kuchenverkauf für die Klassenfahrtskasse (backen und verkkaufen), Plätzchen backen und basteln für den Weihnachtsmarkt.


    Darüber hinaus bringt jedes der beiden 2-3 mal wöchentlich einen Infozettel mit nach Hause plus das, was im Hausaufgabenheft steht - neben den normalen Schulterminen wie Winterfahrt, Theaterfahrt oder Ausflug, zu denen Elternbegleitung/tw. Fahrdienste verlangt werden bin ich auch noch damit beschäftigt, mit den Kindern Steine, Blätter, Kastanien, Blumen oder was auch immer zu sammmeln oder sie zumindest daran zu erinnern, dass es gesammelt werden muss. Jeder Zettl muss mit Abschnitt unterschrieben zurück, und das bitte gestern. geld wird eingesammelt, morgen brauchen wir die Stopfnadel und auch noch Wollreste.


    Nebenher bin ich mit materialnachschub (neue Hefte, Kleber, Stifte) beschäftigt und darüber hinaus gleiche ich per Nachhilfeunterricht die Defizite aus, die in der Grundschule zugunsten eines aktiven Unterrichts mit tollen Präsentationen entstehen und auf Kosten der Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen gehen.


    Lasst mich doch in Ruhe, macht eure Schule allein!


    Da braucht ihr euch nicht zu wundern, wenn diese Eltern euch auch in die pädagogische Arbeit reinquatschen!

  • Lasst mich doch in Ruhe, macht eure Schule allein!


    Bei uns nennt man sowas "Eltern mit Nehmerqualitäten". Erzählte mir doch ein Vater vor einigen Wochen, dass er es nicht einsehe, mit seinem Sprössling zuhause zu üben. Dafür würde er ihn doch gefälligst in die Schule schicken.
    Ich glaube, du hast den Brief falsch verstanden. Es geht nicht um "das Reinquatschen in die pädagogische Arbeit" an sich, sonden um das Wie und die Begleitumstände. Gespräche und Zusammenarbeit gerne, aber nicht während des Unterrichts!

  • @ Stille Mitleserin:


    Also gegen die von dir geschilderte Überaktivität gibt es probate Gegenmittel, z.B.:


    1. Fahrdienst zum Schwimmen und Klassenraumstreichen: Deutlich machen, dass das Zuständigkeiten des Schulträgers sind. Eltern und Lehrer sind weder Renovierungsdienst noch Chauffeure, zumal etwa in Hessen solche privaten Transporte zu Schulveranstaltungen inzwischen untersagt sind. Wie wäre es denn mal mit einer Elterninitiative: Unterschriften sammeln und beim Schulträger vorlegen für Transportmittel und professionelle Renovierung?


    2. Basteln, Klassenfest, Kuchenverkauf, Winterfahrt, Theaterfahrt: alles Dinge, die kein Mensch machen muss. Man könnte auch einfach mal nur ganz einfach Unterricht machen. Allerdings werden gerade solche Aktivitäten nach meiner Erfahrung z.T. vehement von Eltern eingefordert, und Kollegen ziehen mit oder meinen, es tun zu müssen wegen der schon viel zitierten leuchtenden Kinderaugen - oder weil es sonst massiv Stress mit den Eltern gibt nach dem Motto "Ihre Kollegen machen das aber auch." Da hilft manchmal auch ein mutiges "Nein" beim Elternabend. Schon probiert? Vielleicht sind die begleitenden Lehrer um etwas Freizeit auch ganz dankbar. Es sei denn, es sind Exemplare "überengagiert mit zu viel Zeit, lebt nur für die Klasse". Dann hilft erneut das besagte "Nein".


    3. Hefte, Stifte, Arbeitsmaterial besorgen kann und wird dir keiner abnehmen, genauso wie individuelle Probleme stemmen und üben. Das gehört beim Kind als Nebenwirkung dazu. Wenn es hier überhand nimmt mit den häuslichen Arbeitsaufträgen: ansprechen. Vielleicht kann die unterrichtende Lehrkraft ja kompetent Hilfestellung geben oder beraten?! Beim Mitbringen von Blättern, Wolle etc. kann es auch meiner Erfahrung nach manchmal sein, dass Lehrer etwas übers Ziel hinaussschießen, aber darüber kann man reden.


    4. Sich auf die eigene Rolle besinnen - Eltern. Und Lehrer auch mal Lehrer sein lassen und Grenzen und Kompetenzen akzeptieren.


  • Naja, wenn ich will, dass meine Kinder auch was erleben, dann muss ich das wohl in Kauf nehmen. Wenn du diese Fahrten erledigen "musst", dann heißt das ja auch, dass all diese zusätzlichen Sachen wie Winterfahrt, Theaterfahrt, Ausflug, Klassenfest usw. angeboten werden. In einer Klasse, in der das nicht gemacht wird, werden die Eltern auch nicht damit "belästigt". Dass Zettel mit unterschriebenem Abschnitt zurück müssen, wird wohl auch seine Gründe haben - die Zettel werden nicht / angeblich nicht abgeliefert, zu spät abgegeben usw.

  • mhhh ...
    vielleicht kommt euch mein activity-bashing offtopic vor.
    Soll es gar nicht sein - bleiben wir beim (sehr schönen) Beispiel Finanzamt:
    - ich musste noch nie das Büro anmalen
    - man will mich nur ein Mal im Jahr sehen
    - niemand hat bisher verlangt, dass ich auf Mitarbeiterfesten dabei bin oder Würstchen verkaufe
    - ich verkaufe Finanzdirektor Müller auch keine Kressebrötchen, damit er sich besser ernährt
    - ich muss ihn auch nicht zur Sporthalle chauffieren
    - ich habe Abstand zu den Räumlichkeiten
    - man gibt mir das Gefühl, dass die das auch ohne mich schaffen.


    Gruß
    StiMi

  • mhhh ...
    vielleicht kommt euch mein activity-bashing offtopic vor.
    Soll es gar nicht sein - bleiben wir beim (sehr schönen) Beispiel Finanzamt:


    Ja, dann mach es doch eben einfach nicht. Sorry, aber die Cojones dazu, "nein" zu sagen, musst du schon selber in der Hose haben. :/


    Nele

  • dann eben direkt:


    Wir Lehrer brauchen/fordern oft/ständig die Hilfe und Unterstützung der Eltern ein.
    Daher handelt es sich m.E. nicht um Helikoptereltern, die in dem Brief gemeint sind und von denen sich die SL/das Kollegium in S in der Arbeit behindert fühlt,
    sondern um Eltern, die jede Distanz zur Behörde Schule verloren haben
    und sich deshalb verhalten, als wären sie zu Hause.


    Die Institution Schule hat dieses Verhalten gefördert, darum sollte sich die Schule (also wir) nicht nur echauffieren, sondern darüber nachdenken, was wir ändern müssen.
    danke Nele , meiner Hose gehts bestens - was macht deine Leitung?

  • Inwiefern gewinnen Eltern den Eindruck, sich in der Schule wie zuhause aufführen zu können, wenn man sie in diesem öffentlichen Umfeld zur Eltern(mit)arbeit zusammenruft? ?(

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • was ich beschrieben habe weit über eine normale Elternmitarbeit hinausgeht. Oder wo malst du die Räume an außer bei dir zu Hause?


    Die Felder der Mitarbeit sind sehr vielfältig und gehen heute auch weit in den pädagogischen Bereich hinein, z.B. übernehmen bei uns Mütter die Hausaufgabenbetreuung und beraten dann beim Sprechtag auch die Eltern.
    Es gibt Ehrenamtliche, die Förderunterricht durchführen oder Musik/Chor/Lesekurs gestalten.
    Bei uns geben die Ehrenamtlichen das Mittagessen aus.
    Im Nachbarort übernehmen Ehrenamtliche die Nachmittagsbetreuung.
    Ich kann die Liste auch noch fortsetzen oder reicht es?

    • Offizieller Beitrag

    Die Alternative ist, dass es in den Schulen nur noch gibt, was der Staat bezahlt... also fast nichts.


    :/
    Muss man wissen, ob man das wirklich will.


    Für die Lehrerarbeitszeit wäre es sicher gut: keine Fahrten, keine Ausflüge, keine Feiern, ....
    Ob die Kinder ohne Nachmittagsbetreuung und Hausaufgabenunterstützung, Raumbemalung usw. so gut dastünden... ?

  • die Eltern machen auch viel für glitzernde Kinderaugen - nicht nur für die der eigenen Kinder.


    es geht nicht darum, was ich mir wünsche oder ob ich mir das wünsche - es ist ja bereits Fakt.


    das Thema war aber: Hat sich die Haltung der Eltern zur Schule durch ihre intensive Einbindung verändert?
    Ich sage ja, das hat sie.
    Und zwar dahingehend, dass die Eltern den Ort Schule als Spielwiese betrachten, denn, wie du, Meike, es so treffend bemerkst:


    Ohne Eltern geht heute keine Schule mehr!
    und daraus ergibt sich eine ganz andere Rolle. (und Anspruchshaltung)

  • Ob die Kinder ohne Nachmittagsbetreuung und Hausaufgabenunterstützung, Raumbemalung usw. so gut dastünden... ?


    Mag sein... Aber anscheinend empfinden es doch alle Seiten als Belastung. Ist das ein Grund, so weiter zu machen, wie bisher?

  • Stille Mitleserin


    das ist sicherlich nicht überall in dem maße die regel.
    bei uns wird die nachmittagsbetreuung und hausaufgaben von der ogs geregelt (pädagogische fachkräfte.. keine eltern).
    malern.. das will unser sl eh nicht.. wegen brandschutzbestimmungen..
    die feste und ausflüge.. na klar.. da brauchen wir eltern, aber die sind es auch die die feste in der masse wünschen....
    lesemütter, haben wir auch, aber die bräuchte es nicht, wenn die eltern zu hause verlässliche mit ihren kindern lesen würden.. lesen braucht nun mal übung...aber natürlich wurde es gewünscht, also gibt es sie... sie beraten aber niemanden auf elternsprechtagen..


    ich muss gestehen, dass ich froh bin, wenn ich so wenig eltern wie nötig brauche...ich mache vieles lieber alleine..
    ich, als vollberufstätige mutter, könnte mich auch gar nicht so einspannen lassen..

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