Vollverschleierte Mutter darf eine Essener Grundschule nicht mehr betreten.


  • Wenn wir die Exklusion verbieten, weil wir die Inklusion fördern wollen, ist das dann ein Paradoxon oder eine Ausnahme deiner Regel? Ich habe der Muslima den Gesichtsschleier nicht angezogen. Das war sie selbst. Wer exkludiert (sich) hier? :huh:


    Es geht nicht darum Exklusion zu verbieten. Es geht um Verbote, die Integration fürdern sollen, aber genau den gegenteiligen Effekt, nämlich Exklusion haben. Wenn Sie der Muslima verbieten, sich zu verschleiern, dann schließen Sie sie an der gesellschaftlichen Teilhabe aus = Exklusion. Sie will ja zu den Elterngesprächen kommen, also teilnehmen. Das darf sie aber nicht, weil sie sich nicht so kleidet, wie Sie das wollen. Dann hat sie die Wahlzwischen Exklusion oder aufgabe ihrer religiösen Identität und das ist für traditionenverankerte Bevölkerungsschichten ein riesiger Schritt, der wohl nur über mehrere Generationen, verbunden mit gesellschaftlichem Aufstieg erreicht werden kann.



  • Ihre Analyse finde ich gut. Wohlstand, Sicherheit, Bildung und Lebensqualität sind die Türen zu einer aufgeklärten Haltung. Menschen mit Existenzängsten klammern sich häufig an traditionelle Auffassungen von Familie, Religion und Tradition. Die Frage ist also nicht, was wir verbieten sollten, sondern, wie wir soziale Ungleichheit bei Migranten abbauen können.

  • Fakt ist, egal wie man persönlich darüber denkt, dass die Mehrheitsbevölkerung Gesichtsverschleierung und auch Kopftuch ablehnt. Realistisch gesehen haben - zumindest bei uns - Mädchen mit Kopftuch null Chancen auf einen Ausbildungsplatz. Wir raten inzwischen - obwohl ich mich nicht 100% wohl damit fühle, offen dazu, das Kopftuch abzulegen, weil es keinen Sinn macht, Tatsachen zu ignorieren. Burkas sind hier zum Glück noch nicht aufgetaucht - da gäbe es vermutlich nicht mal mehr Praktikumsplätze. Tragisch ist das dann, wenn ein Mädchen eine Ausbildung machen möchte, die Familie dahinter steht - das Kopftuch aber im Weg ist.


    Die Diskriminierung am Arbeitsmarkt trifft junge und alte Menschen, Frauen, Migranten und Menschen aus "Problemvierteln". Das bedeutet natürlich, dass gerade muslimische Frauen ein unglaubliches problem am Arbeitsmarkt haben. Man sollte ihnen DAS natürlich nicht verheimlichen und ihnen den Tipp geben, dass sie ohne Kopftuch womöglich ihre Chancen erhöhen können. Das ist ja aber auch was anderes, als einfach aus Prinzip das Kopftuch abzulehnen. Aber zurück zum Artikelthema: bei der Mutter, die sich verschleiert, kann man nicht realistisch darauf hoffen, dass sie ihre Tradition ohne weiteres aufgibt. Der Säkularisiierungsprozess wird auch diese Gesellschaftsschichten, aber wohl erst merklich in späteren generationen.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Es geht um Verbote, die Integration fürdern sollen, aber genau den gegenteiligen Effekt, nämlich Exklusion haben.


    ich würde gar nicht so weit gehen wollen zu sagen, dass im Ausgangsartikel die verhüllte Frau mit dem erwähnten Verbot Hilfe zur Inklusion bekommen soll. Wie kommt man darauf?
    Für mich ist das erwähnt Verbote ein Zeichen, das unsere westliche Gesellschaft setzt: nein, ein Gespräch kann man hier so nicht führen. Ein "Gespräch" mit jemand total Verhülltem ist keines, das ist ein Monolog. Darum geht es: zu verdeutlichen, dass so eine Art der Kommunikation hier nicht üblich und nicht erwünscht ist.


    Was dann daraus wird, ob die Frau gar nicht mehr auf die Straße geht, ob sie zu keinem Elternabend mehr geht, ist dann ihre Sache. Nicht Aufgabe der Außenwelt, die Reaktionen ihres Umfelds zu antizipieren und zu entschärfen.
    Alles andere wäre in meinen Augen eine indifferente Haltung. Und genau die ist es, die religiöse Fanatiker bei westlichen Gesellschaften so vermissen: Eintreten für eigene Werte.

  • Es ist schon richtig, dass der Frust ein schlechter Ratgeber ist und der Versuch, mit Forderungen oder Repressionen bestimmte Milieus zu erreichen, der heutigen Lage ganz sicher nicht entspricht. Letztlich können sich diese Milieus nur aus sich heraus öffnen und dazu muss man Angebote machen. Die ganzen Forderungskataloge verstören eben auch die, die längst nicht mehr ganz traditionell leben und die dann den Eindruck haben, in Deutschland ist eben doch kein Platz für sie (man betrachte nur den Brain-Drain von türkischstämmigen Akademikern, die in die Heimat ihr Großeltern gehen - in ein Land, das sie nie gesehen haben).


    (Off-Topic: Eine Bekannte von mir ist z. B. Rumänin, und zwar top-qualifiziert. Sie ist mir ihrem deutschen Mann nach Belgien regelrecht geflohen. Vor den Deutschen. Aus Ihrer Sicht hat selbst der eigene Ehemann bis heute nicht kapiert, was sie durchgemacht hat. Klar, denn kaum durchschritt er die Behördentür, transformierte sich der Ton der Sachbearbeiter. Und ER hat immer angemessene Jobs gekriegt, sie nie. Ihre Deutung: Sobald Du in D den Mund aufmachst und nicht perfekt Deutsch sprichst, bist Du aus dem Spiel. Sofern Du nicht Toilettenfrau werden willst.)


    Trotzdem ist die Idee, vollverschleierte Leute da abzuholen, "wo sie stehen", nicht so unproblematisch, wie hier wortreich behauptet wird. Denn es geht im Fall der Burka ja nicht um Einzelfälle, sondern eben um Milieus, in denen Leute sich durchaus gegenseitig überwachen und am Auf- und Ausstieg hindern. Und hier können Verbote unter Umständen sehr wohl sinnvoll sein, weil sie Personen Freiheit geben, die diese Personen selbst nicht begründen müssen (!).


    Letztlich geht es aber natürlich um Bildung, Lebenschancen, Aufstiegschancen. Klar. Hier ist Deutschland auf gar keinem so schlechten Weg, was viel mehr betont werden müsste. Was aber nicht heißt, dass alle Probleme gelöst wären oder nur wahrgenommen würden.

  • Es geht nicht darum Exklusion zu verbieten. Es geht um Verbote, die Integration fürdern sollen, aber genau den gegenteiligen Effekt, nämlich Exklusion haben.


    Nein, es geht um alle Verbote. Die Wirkung solcher ist deiner Behauptung zufolge nämlich absolut. Dein Satz oben beansprucht Allgemeingültigkeit. Das sehe ich ganz anders. Verbote sind Steuerungsmittel, die bestimmtes Verhalten sanktionieren, aber auch aufzeigen, was man tun muss um Anteil zu haben. Es ist verboten, ohne Führerschein Auto zufahren, ergo was muss ich tun, um einen solchen zu erhalten? Ich möchte Anteil an der Gesellschaft haben, dann darf ich kein Verhalten zeigen, dass mich aus dieser Gesellschaft ausschließt. Beides zusammen geht nicht. Es hat was von "wasch mir die Hände, aber mach mich nicht nass". Wenn jemand zu den Elterngesprächen kommen will, hat das Konsequenzen für sein Verhalten, für seine Sprachfähigkeit und auch für seine Kleidung. Ich kann mich nicht mit jemandem unterhalten, der mir mit der Faust droht. Ich kann mich nicht mit jemandem unterhalten, der keine meiner Sprachen spricht und als Teilmenge davon, ich kann mich auch nicht nur mit einem Augenpaar unterhalten.


    Das hat den einfachen Grund: Ich bin hier so erzogen worden. Nicht im Orient, wo solche Leute zuhauf rumlaufen. Und jetzt frage ich nochmal: Wenn es verboten wird, vollverschleiert am Schulleben teilzunehmen, exkludiert dieses Verbot, oder gibt es einen deutlichen Hinweis auf den Weg, sich zu inkludieren? Man darf nicht Actio und Reactio verwechseln: Das Verbot ist die Reaktion auf den Versuch einer Frau es auf diese Art zu probieren. Und das die Religion mal wieder als Rechtfertigungsdeckmäntelchen dafür herhalten muss: irgendwann verliert ein Messer durch übermäßigen Gebrauch seine Schärfe. Das wird so oft hervorgekramt, oft genug nur um dem Gegenüber den Eiertanz durch das Minenfeld von Diskriminierung und religiöser Intoleranz aufzuzwingen. Irgendwann erschöpft sich meine Geduld, dieses Argument ernst zu nehmen. Was schade ist, denn in Einzelfällen mag es ja dennoch stichhaltig sein.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Denn es geht im Fall der Burka ja nicht um Einzelfälle, sondern eben um Milieus, in denen Leute sich durchaus gegenseitig überwachen und am Auf- und Ausstieg hindern. Und hier können Verbote unter Umständen sehr wohl sinnvoll sein, weil sie Personen Freiheit geben, die diese Personen selbst nicht begründen müssen (!).


    :top:

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Integration von Menschen fällt mir - als Frau - dann schwer, wenn mir nicht mit Respekt begegnet wird. Warum sollte ich jemanden mit offenen Armen empfangen, der mich aufgrund meines Geschlechtes diskriminiert? Meine (weiblichen) Vorfahren haben hart gekämpft für die Gleichberechtigung, die ich hierzulande genieße. Sie ist, gemessen am Rest der Welt, keine Selbstverständlichkeit. Ich musste für sie nicht selbst kämpfen, aber sie mir und meinen Nachkommen zu erhalten, das halte ich für meine Aufgabe. Damit komme ich aber in Konflikt mit Männern, die ihren Ehefrauen hierzulande nicht die Rechte gewähren, die ihnen durch unser Grundgesetz zugestanden werden. (Und sie übrigens mit dem Gesetz.)

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Integration von Menschen fällt mir - als Frau - dann schwer, wenn mir nicht mit Respekt begegnet wird. Warum sollte ich jemanden mit offenen Armen empfangen, der mich aufgrund meines Geschlechtes diskriminiert? Meine (weiblichen) Vorfahren haben hart gekämpft für die Gleichberechtigung, die ich hierzulande genieße. Sie ist, gemessen am Rest der Welt, keine Selbstverständlichkeit. Ich musste für sie nicht selbst kämpfen, aber sie mir und meinen Nachkommen zu erhalten, das halte ich für meine Aufgabe. Damit komme ich aber in Konflikt mit Männern, die ihren Ehefrauen hierzulande nicht die Rechte gewähren, die ihnen durch unser Grundgesetz zugestanden werden. (Und sie übrigens mit dem Gesetz.)


    Niemand verlangt von Ihnen, dass Sie sich von Männern diskriminieren lassen müssen. Wenn jemand Sie nicht mit Respekt behandelt, dann ist das nicht in Ordnung. Aber eine verschleierte Frau handelt ja Ihnen gegenüber nicht respektlos, nur weil sie verschleiert ist.

  • Nein, es geht um alle Verbote. Die Wirkung solcher ist deiner Behauptung zufolge nämlich absolut. Dein Satz oben beansprucht Allgemeingültigkeit. Das sehe ich ganz anders. Verbote sind Steuerungsmittel, die bestimmtes Verhalten sanktionieren, aber auch aufzeigen, was man tun muss um Anteil zu haben. Es ist verboten, ohne Führerschein Auto zufahren, ergo was muss ich tun, um einen solchen zu erhalten? Ich möchte Anteil an der Gesellschaft haben, dann darf ich kein Verhalten zeigen, dass mich aus dieser Gesellschaft ausschließt. Beides zusammen geht nicht. Es hat was von "wasch mir die Hände, aber mach mich nicht nass". Wenn jemand zu den Elterngesprächen kommen will, hat das Konsequenzen für sein Verhalten, für seine Sprachfähigkeit und auch für seine Kleidung. Ich kann mich nicht mit jemandem unterhalten, der mir mit der Faust droht. Ich kann mich nicht mit jemandem unterhalten, der keine meiner Sprachen spricht und als Teilmenge davon, ich kann mich auch nicht nur mit einem Augenpaar unterhalten.


    Das hat den einfachen Grund: Ich bin hier so erzogen worden. Nicht im Orient, wo solche Leute zuhauf rumlaufen. Und jetzt frage ich nochmal: Wenn es verboten wird, vollverschleiert am Schulleben teilzunehmen, exkludiert dieses Verbot, oder gibt es einen deutlichen Hinweis auf den Weg, sich zu inkludieren? Man darf nicht Actio und Reactio verwechseln: Das Verbot ist die Reaktion auf den Versuch einer Frau es auf diese Art zu probieren. Und das die Religion mal wieder als Rechtfertigungsdeckmäntelchen dafür herhalten muss: irgendwann verliert ein Messer durch übermäßigen Gebrauch seine Schärfe. Das wird so oft hervorgekramt, oft genug nur um dem Gegenüber den Eiertanz durch das Minenfeld von Diskriminierung und religiöser Intoleranz aufzuzwingen. Irgendwann erschöpft sich meine Geduld, dieses Argument ernst zu nehmen. Was schade ist, denn in Einzelfällen mag es ja dennoch stichhaltig sein.


    Nun gut, mein Satz oben ist missverständlich. ich meine nicht ALLE Verbote. Es geht um solche Dinge, die uns fremdartig sind (sich vollkommen verschleiern) und die dann durch Verbote nicht zur Inklusion führen. Ich wollte mich eigentlich auf das Beispiel in dem Artikel beziehen.Wenn die Frau SO nicht in die Schule darf, dann wird sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ihren Kleidungsstil ändern, sondern einfach von der Schule und evtl. anderen Einrichtungen fernbleiben. Das meinte ich und ich denke, es ist der falsche Ansatz.

  • Trotzdem ist die Idee, vollverschleierte Leute da abzuholen, "wo sie stehen", nicht so unproblematisch, wie hier wortreich behauptet wird. Denn es geht im Fall der Burka ja nicht um Einzelfälle, sondern eben um Milieus, in denen Leute sich durchaus gegenseitig überwachen und am Auf- und Ausstieg hindern. Und hier können Verbote unter Umständen sehr wohl sinnvoll sein, weil sie Personen Freiheit geben, die diese Personen selbst nicht begründen müssen (!).


    Letztlich geht es aber natürlich um Bildung, Lebenschancen, Aufstiegschancen. Klar. Hier ist Deutschland auf gar keinem so schlechten Weg, was viel mehr betont werden müsste. Was aber nicht heißt, dass alle Probleme gelöst wären oder nur wahrgenommen würden.


    Ja, Sie haben vollkommen recht, dass die Kontrollen sehr problematisch sind und sowas nicht geduldet werden sollte. Aber die Lösung ist meiner Meinung nach NICHT das Verbot der Verschleierung. Meinen Sie, die Frau steht jetzt unter weniger Druck, weil sie nicht mehr in die Schule darf? Mit großer Wahrscheinlichkeit wird diese Frau nun daheim bleiben und entweder wird der Vater kommen oder gar niemand, aber mit großer Sicherheit kommt die Frau nicht unverschleiert. Die Freiheit von der Sie sprechen wird der Frau eher nicht zu teil.


    Eine einfache und vollkommen unproblematische Lösung gibt es nicht. Ich plädiere dafür, diese Frauen nicht durch unnötige Verbote auszuschließen und stattdessen durch strukturelle, gesellschaftspolitische Schritte, vor allem den jüngeren Generationen den sozialen Aufstieg zu ermöglichen.


    In Kanada stehen dafür z.B. für den Bildungsbereich in jeder Schule ganze Heere von Psychologen, Sozialarbeitern, Betreuern und auch Sprach-Coaches gerade für diejenigen, die Probleme mit der Landessprache haben zur Verfügung. Die Integrationsarbeit bleibt somit auch gar nicht an den, meist nicht dafür ausgebildeten, Fachlehrern hängen. Hier müsste investiert werden. Aber das kostet natürlich Geld, ist aufwändig zu organisieren und lässt sich auch nicht so leicht vermarkten wie: BURKA-VERBOT - JETZT!

  • Zitat

    Ich möchte Anteil an der Gesellschaft haben, dann darf ich kein Verhalten zeigen, dass mich aus dieser Gesellschaft ausschließt. Beides zusammen geht nicht. Es hat was von "wasch mir die Hände, aber mach mich nicht nass".


    Nicht alle Probleme lassen sich mit pseudo-logischen Erwägungen lösen. Zuwanderer, die in hinreichender Zahl in ein Land kommen, leben von Anfang an in ZWEI Gesellschaften, und das umso mehr, wenn sie aus bildungsfernen Schichten stammen. Sie leben natürlich in der Gesellschaft des sie aufnehmenden Landes, aber sie bleiben auch in ihrem Milieu verankert, indem Strukturen aus den Herkunftsländern weiter vorhanden sind.


    Es wird einfach nicht gelingen, Menschen durch Repressionen und Forderungen dazu zu bringen, zwischen zwei Gesellschaften radikal zu WÄHLEN. Sie können nur überzeugt werden, Vorstellungen der Aufnahmegesellschaft zu übernehmen und damit auch das eigene Milieu zu verändern.


    Zitat

    Das hat den einfachen Grund: Ich bin hier so erzogen worden. Nicht im Orient, wo solche Leute zuhauf rumlaufen.


    Du kannst Dir ja mal überlegen, wie eine solche Formulierung auf Menschen mit z. B. türkischem Hintergrund wirkt. Und zwar nicht auf die Burka-Trägerin, die Dir ohnehin nicht zuhört. Sondern z. B. auf die gut integrierte Referendarin ohne Kopftuch, deren Eltern aus der Türkei gekommen sind. Im schlimmsten Fall treibst Du sie tatsächlich dazu, sich mit EINER Gesellschaft zu identifizieren - und das wird nicht Deine sein. (Weggehen wird sie übrigens auch nicht - auch so eine deutsche Idee. Sie wird bleiben. Und warum nicht? Schon jetzt haben in deutschen Ballungsräumen bei den unter 15-jährigen bis zu 70% der Kinder einen Migrationshintergrund. Irgendwann in absehbarer Zeit können sie Realitäten schaffen, ohne auf Deine Erziehung Rücksicht nehmen zu müssen.)


    Zitat

    Warum sollte ich jemanden mit offenen Armen empfangen, der mich aufgrund meines Geschlechtes diskriminiert?


    Weil Dir das vermutlich die beste Chance gibt, zum Ende der Diskriminierung beizutragen. Vermutlich nicht bei "der" Burka-Trägerin direkt. Aber bei anderen, besser integrierten Leuten (Männern und Frauen), die aus irgendwelchen (vielleicht nicht ganz haltlosen) Gründen den Eindruck haben, dass sie oft mitgemeint sind, wenn vordergründig auf Vollverschleierung geschimpft wird.


    (Ich bin übrigens immer noch der Meinung, dass ein Verbot von Vollverschleierung an Schulen Sinn machen kann und auch begründbar ist. Aber man sieht an diesem Thread sehr gut, wohin entsprechende Debatten laufen. Diese Unterscheidungen zwischen "wir" und "die" funktionieren doch ausgezeichnet - und schließen mit Sicherheit weit mehr Leute aus, als man wollte.)


    EDIT:


    Zitat

    Die Freiheit von der Sie sprechen wird der Frau eher nicht zu teil.


    Ich weiß. Aber wie ich schon schrieb: In diesem Fall geht es mir nicht um DIE (eine) Frau. Sondern vielleicht um eine zweite Frau mit etwas liberalerem Umfeld, zu der man dann nicht mehr sagen kann: Du musst so rumlaufen, X macht das auch. Das ist bei uns so üblich.

  • [quote]


    Ich weiß. Aber wie ich schon schrieb: In diesem Fall geht es mir nicht um DIE (eine) Frau. Sondern vielleicht um eine zweite Frau mit etwas liberalerem Umfeld, zu der man dann nicht mehr sagen kann: Du musst so rumlaufen, X macht das auch. Das ist bei uns so üblich.


    Ja, ich hab Sie schon verstanden. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das dann nicht polarisierend wirkt. Dann tragen eben einige keine Burka mehr, aber andere werden noch weiter in die Isolation gedrängt und verhäuslicht. Das kann man schon machen, aber dann nehmen wir halt in kauf, dass es zu mindest einigen Frauen dadurch schlechter geht. Ich bin mir da sehr unsicher...

  • Nun gut, mein Satz oben ist missverständlich. ich meine nicht ALLE Verbote. Es geht um solche Dinge, die uns fremdartig sind (sich vollkommen verschleiern) und die dann durch Verbote nicht zur Inklusion führen. Ich wollte mich eigentlich auf das Beispiel in dem Artikel beziehen.Wenn die Frau SO nicht in die Schule darf, dann wird sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ihren Kleidungsstil ändern, sondern einfach von der Schule und evtl. anderen Einrichtungen fernbleiben. Das meinte ich und ich denke, es ist der falsche Ansatz.


    Dein "mit großer Wahrscheinlichkeit" ist zuerst mal ein Bauchgefühl von dir. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass sie mit mindestens ebenso großer Wahrscheinlichkeit eine Abwägung treffen und sich für den anderen Weg entscheiden wird. Und nun?


    Zuwanderer, die in hinreichender Zahl in ein Land kommen, leben von Anfang an in ZWEI Gesellschaften, und das umso mehr, wenn sie aus bildungsfernen Schichten stammen. Sie leben natürlich in der Gesellschaft des sie aufnehmenden Landes, aber sie bleiben auch in ihrem Milieu verankert, indem Strukturen aus den Herkunftsländern weiter vorhanden sind.


    Das eben nicht. Umso mehr Zuwanderer aus bildungsfernen Schichten stammen, umso weniger leben sie von Anfang an in ZWEI Gesellschaften. Wie auch, ohne grundlegende Fähigkeiten wie z.B. der Mächtigkeit der deutschen Sprache? Im Gegenteil, sie leben in nur einer Gesellschaft, in der Parallelwelt, die sie sich in ihrem Umfeld selber schaffen, aber mit der deutschen Gesellschaft möglichst wenig Berührpunkte hat.


    Du kannst Dir ja mal überlegen, wie eine solche Formulierung auf Menschen mit z. B. türkischem Hintergrund wirkt. Und zwar nicht auf die Burka-Trägerin, die Dir ohnehin nicht zuhört. Sondern z. B. auf die gut integrierte Referendarin ohne Kopftuch, deren Eltern aus der Türkei gekommen sind. Im schlimmsten Fall treibst Du sie tatsächlich dazu, sich mit EINER Gesellschaft zu identifizieren - und das wird nicht Deine sein. (Weggehen wird sie übrigens auch nicht - auch so eine deutsche Idee. Sie wird bleiben. Und warum nicht? Schon jetzt haben in deutschen Ballungsräumen bei den unter 15-jährigen bis zu 70% der Kinder einen Migrationshintergrund. Irgendwann in absehbarer Zeit können sie Realitäten schaffen, ohne auf Deine Erziehung Rücksicht nehmen zu müssen.)


    Unsinn. Da wird wieder Actio und Reactio verwechselt. Die gut integrierte Referendarin ist Produkt ihrer Erziehung, genauso wie ich auch. Wenn sie kein Kopftuch trägt, hat das Gründe, die in IHRER Sozialisation zu finden sind, deren Wurzeln mutmasslich nicht im erzkonservativsten Anatolien liegen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Was wird diese Referendarin wohl tun und denken, wenn sie im Urlaub zu ihren Verwandten in den türkischen "bible belt" fährt? Mit welcher Gesellschaft wird sie sich dann wohl identifizieren?

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  • Dein "mit großer Wahrscheinlichkeit" ist zuerst mal ein Bauchgefühl von dir. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass sie mit mindestens ebenso großer Wahrscheinlichkeit eine Abwägung treffen und sich für den anderen Weg entscheiden wird. Und nun?


    Nein, das ist mehr als nur Bauchgefühl. Menschen aus bestimmten Milieus ändern ihre Werte und Handlungsstrategien nur sehr schwer. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel frühzeitige Intervention in jungen Jahren seitens staatlicher Bildungseinrichtungen. Aber die Mutter, die in einem bestimmten Milieu sozialisiert wurde, besteimmte Werte und Kompetenzen anerzogen bekommen hat und seit Jahrzehnten danach lebt, wird sich mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht an das Burkaverbot anpassen, sondern eben der Schule fern bleiben.


  • Aber die Mutter, die in einem bestimmten Milieu sozialisiert wurde, besteimmte Werte und Kompetenzen anerzogen bekommen hat und seit Jahrzehnten danach lebt, wird sich mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht an das Burkaverbot anpassen, sondern eben der Schule fern bleiben.


    Richtig. Den Frauen, die von ihrer Familie gezwungen werden, bringt ein "Burkaverbot" überhaupt nichts. Die Folge für diese Frauen wäre dann nur, dass sie das Haus überhaupt nicht mehr verlassen. Deshalb finde ich es irgendwie heuchlerisch einerseits die unterdrückten Frauen zu bemitleiden und gleichzeitig etwas zu fordern, was diesen Frauen noch mehr schadet als nützt.


    Ähnlich ist es zum Beispiel beim Schwimmunterricht. Da sind dann muslimische Mädchen, die nicht am koedukativen Schwimmunterricht teilnehmen dürfen. Nun könnte man sich im Kollegium mal beraten, wie man das Problem so lösen könnte, dass das Mädchen auch schwimmen kann. Stattdessen wird dann aber einfach strikt darauf bestanden, dass das Mädchen am koedukativen Schwimmunterricht teilnehmen muss und Alternativen weder angeboten noch angedacht werden könnten. Im Ergebnis bekommt das Mädchen dann von ihrem Arzt ein Attest und nimmt am Schwimmunterricht nicht teil. Inwiefern man dem Mädchen nun damit geholfen haben will, dass es im Endeffekt nie schwimmen lernt, ist mir ein Rätsel.

  • Ich denke, dass Ihr Euch darüber nicht zu viele Gedanken machen solltet, da das Problem unter den gegenwärtigen Bedingungen eh nicht zu lösen sein wird. Ihr reibt Euch mental da viel zu sehr auf. Das solltet Ihr alles den Politikern überlassen, die dafür bezahlt werden. Die (!) sollten vernünftig ihren Job machen und im Sinne unserer Verfassung konsequent handeln. Ich meine, die übernehmen ja im Gegenzug auch nicht unseren Unterricht.


    Da ich nicht gedenke, wegen zermürbenden Gesellschafts-Rettungs-Gedanken/Aktionen einen Burn-Out zu bekommen, konzentriere ich mich auschließlich auf den Fachunterricht und gut ist. Zu mehr reichen meine Kräfte nicht.


    Daher : Feiert lieber fröhlich die Vorweihnachts- und Weihnachtszeit und trinkt auf dem nächsten Weihnachtsmarkt erstmal ordentlich Glühwein mit Schuss, pardon, Schuss mit Glühwein ! 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Das eine schließt das andere nicht aus. "Bestimmte Milieus" werden für Änderungsimpulse immer unempfänglich bleiben. Aber das auch erwachsene Menschen sich ändern können was Umgangsformen betrifft, dafür haben hier andere bereits Beispiele angeführt. Warum üben wir im vorauseilendem Gehorsam immer Selbstzensur, wenn es um unseren Umgang mit Menschen fremder Kultur geht? Das ist so typisch deutsch, wird als Schwäche verstanden und irgendwann nur noch ausgenutzt.

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  • Ein "Gespräch" mit jemand total Verhülltem ist keines, das ist ein Monolog. Darum geht es: zu verdeutlichen, dass so eine Art der Kommunikation hier nicht üblich und nicht erwünscht ist.


    Mit einer verschleierten Mutter, die unsere deutsche Sprache hinreichend gut beherrscht, sind Gespräche sicherlich viel besser und leichter zu führen, als mit unverschleierten Müttern, die aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse kaum ein Wort davon verstehen, was ich ihnen erzähle.


    Einer Muslima mit Gesichtsschleier kann man auch ganz normal in die Augen blicken. Es ist eigentlich nur Mund und Nase, was man nicht sehen kann. Warum das ein unüberwindbares Gesprächshindernis darstellen sollten, fernab von persönlichen "Geschmacksfragen" des Lehrers , verstehe ich ehrlich gesagt nicht.

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