Vollverschleierte Mutter darf eine Essener Grundschule nicht mehr betreten.

  • Ich finde das absolut nachvollziehbar. Ich selbst würde auch kein Elterngespräch führen mit einer vollverschleierten Frau. Dann weiß ich ja gar nicht, wer denn darunter steckt. Also erkennen muss ich mein Gegenüber schon und Mimik ist ja oft auch nicht unwesentlich. Kopftuch ist natürlich kein Problem, auch keine lange, weite Kleidung. Nur das Gesicht soll bitte schön erkennbar sein.

  • Zitat

    Darin die Leitbilder der Lehranstalt: "Bewegung", "Ernährung", "Rituale", aber auch "Akzeptanz" und "Toleranz".
    ...
    Die Bodelschwingh-Schule, nun mit ihrem Leitbild "Toleranz" im Praxistest ringend, ...


    Hat die Schule irgendwo definiert, was sie bereit ist zu tolerieren und zu akzeptieren und was nicht?
    Oder ist das Leitbild eher Ausdruck einer verschwurbelten und politisch (über-)korrekten "Wir-haben-uns-alle-lieb-Pädagogik"?


    Die Reaktion der Schule halte ich übrigens für korrekt. Ich würde auch nicht mit einer Person im Schutzanzug (siehe hier) über deren Kinder diskutieren.


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Man würde auch von einer motorradfahrenden Mutter erwarten, dass sie den Helm abnimmt, wenn sie das Schulgebäude betritt. Warum sollte eine Schule es akzeptieren, wenn eine bis zur Unkennlichkeit verschleierte Person ein Kind abholt? Weil sie sich zu einer abgrundtief intoleranten Religionsgemeinschaft bekennt, die Frauen straft, wenn sie sich nicht verhüllen?


    Toleranz ist auch nur ein Schlagwort. Das besagt erst mal alles und nichts und kann für alles ge- und missbraucht werden. Ich kann nicht die Frauenquote fordern und gleichzeitig Zwangsverheiratungen dulden, gewaltfreie Erziehung fordern und die Unterdrückung von Frauen in der Ehe mit einer irgendwie anderen Kultur entschuldigen. Ich wünsche mir manchmal, wir wären ein bisschen weniger tolerant, so als Gesellschaft, echt.


    Mich macht dieses Thema ganz krank. Wenn ich schon die kleinen Mädchen im Schwimmbad sehe, die sich in eine Art Taucheranzüge zwängen, damit man nicht zu viel Haut sieht - wenn sie überhaupt mitschwimmen dürfen.


    Wie verworfen und unmoralisch müssen wir doch alle sein, so frei wie wir herumlaufen. Wir werden vermutlich ewig im Höllenfeuer schmoren, während sich andere mit 135 Jungfrauen vergnügen.

  • Zitat Piksieben :

    Zitat

    Wir werden vermutlich ewig im Höllenfeuer schmoren, während sich andere mit 135 Jungfrauen vergnügen.

    Mit den Jungfrauen kann es aber auch in Stress ausarten ! 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Den Begriff "deutsche Leitkultur" darf man auch nicht verwenden. Wenn man das Verhalten von Angehörigen einer anderen Kultur kritisiert, gilt man gleich als Rassist! Catch 22

    • Offizieller Beitrag

    Mir gefällt die Mentalität, die sich hinter der Vollverschleierung verbirgt, nicht.


    Unsere westliche Kultur ist gut genug, um Menschen Freiheit, Sicherheit und Wohlstand zu gewähren, andererseits aber angeblich so verkommen, unsittlich und verdorben, dass man sich dagegen schützen muss. Dass erstere Werte aber von genau dejenigen Menschen, denen man Letzteres vorwirft, geschaffen wurden bzw. gewahrt werden, scheint bewusst ausgeblendet zu werden.


    Ist das nicht im Grunde genommen auch selektiver Rassismus - nur eben nicht von uns Deutschen?

  • Ja, Bolzbold, das ist genau der Punkt, der dringend diskutiert werden muss - was ja auch schon geschieht, aber man begibt sich halt sofort auf dünnes Eis, wird Sarrazin-Sympathisant oder folgt Pirincci etc. - spannend, was einem unter "wird auch häufig gesucht" angeboten wird, wenn man "Sarrazin" googelt.


    Bloß keine religiösen Gefühle verletzen! Das ist an sich ein löblicher Anspruch, aber man ist dabei so übervorsichtig und überkorrekt geworden, dass man übersehen hat, was unter dem Deckmäntelchen der Religion so alles passiert - und wie schlecht Werte wie Freiheit und Gleichberechtigung dabei wegkommen.


    Vielleicht empfindet es eine verschleierte Frau als übergriffig, wenn man ihr den Zugang zur Schule verwehrt. Aber es ist in jeder Hinsicht richtig. Wir haben auch Gesetze, die darüber verfügen, was zwischen Eltern und Kindern oder zwischen Ehepartnern geschieht. Da könnte man ja auch sagen, was hat das Gesetz in meiner Wohnstube verloren, aber zum Glück sind wir da inzwischen weiter!

    • Offizieller Beitrag

    Was die Dame zu Hause tut, ist mir egal. Aber wenn ich mich in der Öffentlichkeit bewege, sollte ich doch ein gewisses Grundmaß an Integrationswillen an den Tag legen. Mithin schafft man sich das Gefühl des Ausgegrenztwerdens ja ganz selbst - wobei dann recht klar ist, wer hier wen ausgrenzt.

  • Ich selbst würde auch kein Elterngespräch führen mit einer vollverschleierten Frau. Dann weiß ich ja gar nicht, wer denn darunter steckt.


    Meines Wissens nehmen Muslimas ihre Gesichtsverschleierung auch ab, wenn sie alleine mit Frauen in einem Raum sind. Da dürfte es also keine Probleme geben.


    Das "Schulverbot" für die muslimische Mütter halte ich für übertrieben und nicht zweckdienlich. Dann wartet die Mutter eben direkt vor dem Schulgebäude auf ihr Kind. Wem ist dann damit geholfen?


    Wenn manche Schüler wirklich "Angst" vor der verschleierten Mutter gehabt haben sollten, wird es aber mal höchste Zeit das Thema Islam im Schulunterricht zu behandeln. Sonst ist doch auch permanent die Rede von Erziehung zur Toleranz.

    • Offizieller Beitrag

    Claudius


    Und genau hier wird in meinen Augen der Toleranzbegriff ausgenutzt und überdehnt - so wie weiter oben beschrieben. Toleranz kann und darf aus meiner Sicht nicht nur einseitig eingefordert werden sondern sollte gleichermaßen von beiden Seiten an den Tag gelegt werden.
    Wo wäre für Dich denn die Grenze von Toleranz - wenn wir jetzt einmal strafrechtlich relevantes Verhalten u.ä. außen vor lassen?

  • Meines Wissens nehmen Muslimas ihre Gesichtsverschleierung auch ab, wenn sie alleine mit Frauen in einem Raum sind. Da dürfte es also keine Probleme geben.


    Und als Mann beauftrage ich dann eine Kollegin, die das Gespräch führt, damit ich mich nicht etwa intolerant gegenüber religiösem Fundamentalismus zeige?


    Am Rande erwähnt: Viele Türkinnen könnten in ihrem Heimatland NICHT verschleiert Schulen oder Universitäten betreten, da es dort das laizistische Prinzip verbietet.


    Toleranz hat für mich da ein Ende, wo sie Intoleranz und fundamentalistische Prämissen hat!


    Edit: Mir ist übrigens klar, dass nicht jede Muslimin Türkin ist. Von der Nationalität ist in dem Artikel keine Rede.

  • Claudius: Dass Muslima ihre Verschleierung vor anderen Frauen abnehmen können/dürfen/wollen ist keineswegs gesagt, da es hier sehr verschiedene Auslegungen gibt.
    Es KANN sein, dass sie sich vor Frauen unverschleiert zeigen kann, es kann allerdings auch sein, dass sie sich nur vor der Familie oder auch nur vor Frauen der Familie oder auch nur vor dem eigenen Ehemann unverschleiert zeigen darf. Und nein, "Angst" haben die SuS vielleicht nicht, ich finde es aber höchst hinterfragenswert wenn den Kindern vorgelebt wird, dass sich eine Menschengruppe aufgrund ihrer Existenz unkenntlich zu machen habe. Oder würdest Du es tolerieren, wenn Schwarze sich zu verschleiern hätten in der Öffentlichkeit?


    Bolzbold: Auch wenn ich Deinen anderen Beiträgen zustimme, so ist es mir nicht egal, was die Menschen Zuhause treiben...dass das Private politische Dimension hat, sollte eigentlich spätestens seit den 70ern ausreichend erörtert worden sein.


    Piksieben: Bereits Karl Popper beschrieb ja das "Paradoxon der Toleranz... ;) Zu Deinen Überlegungen empfehle ich Dir die m.M.n. sehr lesenswerte Aufsatzsammlung "Kritik der reinen Toleranz" von Moore/Marcuse/Wolff aus den 60er Jahren (nicht zu verwechseln mit dem relativ neuen Werk dieses Titels von Henryk M. Broder :autsch: ) Marcuse entwickelt in seinem Aufsatz den sehr interessanten Begriff der "repressiven Toleranz", ganz abseits irgendwelcher sarrazinesker Argumentationen...

    • Offizieller Beitrag

    Mir gehen die Über- und Eingriffe in ein funktionierendes Miteinander durch Anhänger diverser Religionsgemeinschaften ohnehin immer mehr auf den Senkel.
    Wir haben hie nunmal eine Kultur, in der es als höflich gilt, seinem Gegenüber ins Gesicht zu schauen und die Hand zu geben. Wer sich den Grundlagen der Etikette dieser Kultur nicht anpassen kann, der kann mir mir halt keine Elterngespräche führen.


    Würde man den Übergriffversuchen religiöser Gruppen nachgeben, könnte man kaum noch ein gescheites Buch im Unterricht lesen, kaum noch ein relevantes politisches oder soziales Thema angehen, die Jugendlichen hätten keine Ahnung davon, wie Sucht oder Verhütung oder Evolution funktioniert und wir könnten alle den ganzen Tag Verse/Suren rezitieren. Das ist nicht mein Auftrag und manchmal setzte ich meinen Auftrag auch gegen solche Ansinnen durch. Letztens verlangte eine fundamentalchristliche Familie, dass alle Stellen eines derzeit gelesenen Buches, in dem es um aliens geht (oder zu gehen scheint - tatsächlich erfindet der traumatisierte Protagonist sie wohl) für ihre Tochter geschwärzt werden müssen - und zwar von mir. :D Nix da. Und die Prüfung / Klausur findet auch darüber statt.


    Ich betrachte Toleranz nicht als einen Wert, der alles erlaubt und jede persönliche religiöse Befindlichkeit über den Grundlagen eines gesellschaftlichen Miteinander, kulturellen Normen oder gar Gesetzen/Erlassen/Verordnungen stehen lässt. Im Lehrplan Englisch steht "Slaughterhouse 5" also wird das gelesen und geprüft, mit aliens und allem. Und ich ertrage es (zähneknirschend), wenn sich Frauen privat verschleiern, aber ich weiche deshalb nicht von meinen Prinzipien ab, nämlich dass ein Gespräch auf Augenhöhe und offen (im Wortsinne) stattfinden muss. Oder sie müsen halt mailen. Oder es lassen. Oder mal n bisschen tolerant sein...

    • Offizieller Beitrag


    Bolzbold: Auch wenn ich Deinen anderen Beiträgen zustimme, so ist es mir nicht egal, was die Menschen Zuhause treiben...dass das Private politische Dimension hat, sollte eigentlich spätestens seit den 70ern ausreichend erörtert worden sein.


    Das finde ich jetzt doch zu generalisierend und ein bisschen zu oberlehrerhaft-altklug von Dir.


    Worum es mir geht, ist, dass wenn ich persönlich zu Hause entscheiden würde, nackt, in Ritterrüstung, in Mönchskutte, in bayerischer Tracht oder was auch immer herumzulaufen, das niemanden angeht und meine Privatsache ist. Da ist für mich zunächst keine politische Dimension erkennbar.

  • Wo wäre für Dich denn die Grenze von Toleranz - wenn wir jetzt einmal strafrechtlich relevantes Verhalten u.ä. außen vor lassen?


    Es steht mir als Lehrer nicht zu die Kleiderwahl von Eltern zu beurteilen. Wenn eine Mutter mit Gesichtsschleier ihr Kind von der Schule abholen möchte, dann soll sie dies tun. Ich sehe keinen Grund darum so einen Aufstand zu veranstalten.


    Was die Kleidung im Schulbetrieb betrifft, würde ich eine klare Kleiderordnung im Rahmen der Schulordnung begrüssen. Leider gibt es sowas hier aber nicht. Das Problem in diesem Zusammenhang sind aber meines Erachtens nicht Schülerinnen mit Gesichtsschleier, sondern Schülerinnen die morgens die Klasse betreten, als kämen sie gerade vom Babystrich. Auch Schüler in Joggingshosen oder in Strandbekleidung kommen nicht gerade selten vor. Leider gibt es auch immer wieder Kollegen, die in dieser Hinsicht nicht gerade eine Vorbildfunktion einnehmen.

  • Das "Schulverbot" für die muslimische Mütter halte ich für übertrieben und nicht zweckdienlich. Dann wartet die Mutter eben direkt vor dem Schulgebäude auf ihr Kind. Wem ist dann damit geholfen?


    Allen.


    Bei uns warten Alle Eltern vor der Schule auf ihr kind - egal ob verschleiert, im Anzug oder Minirock.
    An der Türe befindet sich ein Schild. Darauf steht: "Liebe Eltern.Ab hier können wir das alleine."


    Das bringt Ruhe ins Schulhaus - und ist im Zeitalter von Amokläufen und Kindesentziehungen auch geboten.
    Selbstverständlich dürfen alle Eltern ins Sekretariat oder zum Lehrergespräch. Jedoch nur mit "offenem Visier"

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Selbstverständlich dürfen alle Eltern ins Sekretariat oder zum Lehrergespräch. Jedoch nur mit "offenem Visier"


    Ich hätte kein Problem damit ein Gespräch mit einer Mutter zu führen, die Mund und Nase verhüllt hat. Wo genau soll da das Problem liegen? Ich muss die Frau nicht sympathisch finden, ihr Kleidungsstil muss mir auch nicht gefallen und ihre religiösen Überzeugungen gehen mich nichts an. In dem Gespräch geht es ausschliesslich um die schulischen Belange ihres Kindes. Solange ich mit der Mutter vernünftig und sachlich sprechen kann, ist es mir vollkommen egal, ob sie mir ihr Gesicht vollständig zeigen möchte oder nicht. Ich muss auch nicht zwingend ihre Mimik beobachten können, um ein vernünftiges Gespräch zu führen.

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