Dienstunfall Privatsache?

  • Liebe Leute,


    mein "Opener" als Greenhorn ist gleich eine handfeste Frage: Ich habe mir am (nicht dienstfreien) Karnevalsdienstag bei einem Fußballspiel der Lehrer gegen die Schüler die Achillessehne komplett abgerissen. "Feindeinwirkung" war nicht im Spiel, das Match war fair und ich bin nach Augenzeugenberichten einfach blöde umgeknickt. Nach erfolgreicher OP und mehrmonatiger Physiotherapie erreichte mich in diesen Tagen der Bescheid der Unfallkasse NRW mit dem Ergebnis, dass dies kein Dienstunfall war, weil "die Gesundheitsstörung (...) in solchen Fällen nur bei Gelegenheit - und somit nicht ursächlich, sondern nur anlässlich - der versicherten Tätigkeit auftrete." Es liege also eine "Gelegenheitsursache" und mithin kein Unfall vor, das ganze Drama sei also privat zu verantworten und in letzter Konsequenz seien Spätfolgen auch privat zu tragen.


    Nun gehe ich - ganz Optimist - nicht von Spätfolgen aus. Allerdings stellt sich mir die Frage, wer angesichts einer solchen juristischen "Begradigung" des Falles denn überhaupt noch ansatzweise privates Engagement in die Schule einbringt. Ein Weihnachtsbasar? Um Himmels willen! Der Transport eines Kartons könnte schlimme Folgen haben. Der Besuch eines Zoos? Nicht auszudenken, wenn man auf einer Bananenschale ausrutschte. Also, was bleibt denn da außerhalb des sicheren Klassenraumes übrig? Ich habe vorsichtig taxiert und bin auf ca. 150 Stunden gekommen, die ich in Zukunft pro Jahr der Schule als Klassenlehrer nicht mehr zur Verfügung stehen darf. In einem Kollegium wie dem unsrigen kommen schnell einige tausend Stunden zusammen. So gesehen ist das doch ein ganz wunderbarer Bescheid, entlastet er doch das Arbeitszeitkonto ganz erheblich. Für die SuS ist es allerdings eher weniger positiv, bekommen sie doch stets die zu hören: "Wäre schön, ist aber zu gefährlich...".


    P.S.: Falls es jemanden interessiert: Das Spiel endete 13:1. Für die Schüler.

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    Einmal editiert, zuletzt von Klimsamgin ()

  • Bei meinem Ex-Freund war es genau so: Im Sportunterricht hat er mitgespielt (er ist Sportlehrer), dabei ist ihm die Achillessehne gerissen. Es war sein Privatpech ... kein Dienstunfall. Es müsste sonst nachgewiesen werden, dass die Sehne vorher tipptopp war und es kein Verschleiß ist und nicht auch außerhalb des Dienstes passiert wäre. Mit steigendem Alter ist natürlich der Verschleiß auch immer wahrscheinlicher.

  • hier : http://www.michaelbertling.de/…rechung/achillessehne.htm wird eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Braunschweig sehr ausführlich kommentiert, da geht es auch um eine gerissene Achillessehne, hier beim Polizeisport.


    Da wird so akribisch argumentiert, dass ich vermute, der Fall "Overheadprojektor zerquetscht Zeh" oder "Bananenschale verursacht Oberschenkelhalsbruch" würde anders beurteilt. Von daher würde ich nicht glauben, dass man gleich auf alle Weihnachtsfeiern und Zoobesuche verzichten sollte.


    Der Vergleich der beiden Urteile zu dem Duschausrutscher zeigt eher, dass verschiedene Gerichte unterschiedlich urteilen können. Da kann man nicht generell schließen, dass es auf den Beamten-/Angestelltenstatus ankam.


    Klimsamgim, gute Genesung, aber nächstes Mal ein erfolgreicheres Team suchen! Bei uns gewinnen immer die Lehrer :)

  • piksieben schreibt:

    Zitat

    Der Vergleich der beiden Urteile zu dem Duschausrutscher zeigt eher, dass verschiedene Gerichte unterschiedlich urteilen können. Da kann man nicht generell schließen, dass es auf den Beamten-/Angestelltenstatus ankam.


    Nee nee, das spielt sehr wohl ne Rolle, weil Tarifbeschäftigte unter die gesetzlichen Unfallversicherung fallen - Beamte hingegen unter die weitergehende Fürsorgepflicht (deshalb ja auch die unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten der Urteile). Die beiden (quasi zeitlich und vom Ablauf her) identischen Fälle waren deshalb (unter rechtlichem Gesichtspunkt) absolut unvergleichbar - ging so auch durch die (Fach-)Presse, find jetzt leider spontan keinen Link

  • Besten Dank an alle, ich habe aber leider weder die Chance und auch kaum den Ehrgeiz, den Zustand meiner Sehnen vor dem Unfall nachträglich zu analysieren. Also bleibt es dabei, ich nehme den Wortlaut des Bescheides sehr ernst und denke, dass in Zukunft wohl im Zweifel vieles wegfällt, womit ich wie gesagt sehr gut leben kann. Ob nun "Ursache" oder "Anlass"... heute trifft es den lange geplanten Besuch eines Eishockeyspieles, die Stufen im Stadion sind mir nicht geheuer und ich könnte für nichts garantieren.

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