DDR-Lehrer sind die besten !?!

  • Zitat

    McMoritz schrieb am 26.04.2005 12:17:


    *AmKopfkratz*grübel*
    Ist das wirklich so?
    Wie sieht es denn aus, wenn zum Beispiel Lehrer in Fächern eingesetzt werden, für die sie überhaupt keine Ausbildung haben? Oder ist das auch zulässig?


    Ein ungefähres Zitat aus dem Erlass für die Grundschule:


    Zitat

    Fachlehrer ist der, der ein Fach unterrichtet.


    Das fachfremde Unterrichten ist demnach in der Grundschule sogar Standard, wo das "Klassenlehrerprinzip" zumindest in Kl. 1/2 üblich ist. Stell dir mal vor, wieviel Fächer ein Lehrer studiert haben müsste, um in der Grundschule alles "ausgebildet" zu unterrichten (*zähl*, es sind, inkl. einer Religion, 10)!


    Das "Fachlehrerprinzip" greift oft erst ab Klasse 3, heißt aber - zumindest bei meiner Ausbildungsschule - auch nicht unbedingt, dass das ein Lehrer ist, der das Fach auch studiert hat. Fast alle "nicht ausgebildeten" Lehrer bemühen sich, meiner Meinung nach, in den fremden Fächern, ua, indem sie sich fortbilden; letztlich ist ihnen die Situation auch oft unangenehm - ich erinnere mich an viele Anfragen in meiner Ausbildungsschule "Wie man denn Noten macht", weil eben nach mir kein einziger in Musik ausgebildeter Lehrer mehr an der Schule war.


    LG, das_kaddl.

    • Offizieller Beitrag

    Ja, das ist an Grundschulen wirklich oft so. In meiner gehts eher nach dem Fachlehrerprinzip ab Kl. 1, das find ich nicht unbedingt besser, wenn die Knirpse schon 5 verschiedene Lehrer haben.
    Ich hab z.B. Sachunterricht studiert, abgeschlossen und als 3. Fach im Vorbereitungsdienst gehabt. Pro forma bin ich darin also ausgebildet. Mathe habe ich auf SekI studiert und kein 1. Staatsexamen gemacht. Pro forma bin ich darin nicht ausgebildet. Nun unterrichte ich seit dem Beginn des 2. Halbjahres Mathe. Klar, gabs und gibt es Probleme (v.a. weil es kaum Material zum Handeln hier gibt und manche Schüler den Zahlenraum nicht erfasst haben oder ich weiß nicht, was sie aus der 2. schon können oder wie viel Stunden ich für ein Thema brauche). Aber ich komme langsam immer besser klar und unterrichte das Fach gerne. Für das nächste Schuljahr wurde mir in Aussicht gestellt, dass ich statt Mathe nun SU in der 3. unterrichten muss. Ich bin darüber traurig. Ich würde so gerne Mathe weiterunterrichten. In SU fühle ich mich momentan sogar schlechter ausgebildet als in Mathe. Aber da führt kein Weg rein. Gleichzeitig soll ich mich in ein weiteres Fach "einarbeiten", das ich nach der 11. abgewählt habe, mit gutem Grund. Angeblich ist es dem SU so nahe, das sehe ich aber noch nicht. Angeblich wurde mir deshalb der Matheunterricht gestrichen, weil ich mich ja in das neue Fach einarbeiten muss....
    Ich fühl mich dann als doppelt fachfremd Unterrichtende und mag schon jetzt gar nicht mehr dran denken.


    Wenn man in einem Fach, das man nicht studiert hat, Erfahrung hat und es mag, dann denke ich, dass es keinen großen Unterschied mehr geben muss zu einem studierten Fach, denn letztlich kommt es bei den meisten Fächern in der Grundschule auf die Vermittlung an, bestimmte fachliche Dinge kann man sich noch aneignen. (Ok, keinen Handstand und kein Instrumentalspiel... aber naja, wenn man in der 5./6. arbeitet Bio oder Geschichte oder so.)


    Ein großes Problem sehe ich darin, dass es oft nicht die wirklich guten Fortbildungen gibt, zumindest hier nicht. Im Bereich Musik gibt es in meiner Region tolle Fortbildungen, jede Menge. Auch für Deutsch und Mathe lässt sich etwas finden, die Kunstfortbildungen in meiner Schulstadt sollen gut sein. Aber für das Fach, das ich unterrichten soll.... Naja, zu einer war ich, aber da wurde vorausgesetzt, dass man das Fach und die Fachdidaktik beherrscht und nur noch neue Methoden sucht. Ich kenne eher die neuen Methoden und seh bei ein paar Themen im Fach und generell in der Fachdidaktik schwarz.


    Ähja, schönen Tag,
    Conni

  • Guten Morgen :)


    Grundsätzlich stimme ich euch natürlich zu. Wenn jemand wirklich Interesse und Engagement mitbringt sind mir die Abschlüsse schnurzpiepegal - zumindest in den ersten 3 - 4 Klassen.
    Aber der 5. könnte es schon mal eng werden ...


    Was mir zum Bespiel zu schaffen macht ist der Englischunterricht. In den ersten Klassen wird er ja nur als Begegnungssprache angeboten. Trotzdem werden Grundlagen gelegt.



    Manche Kinder werden fast nur vom Band unterrichtet, weil die Lehrer schlicht und einfach kein Englisch können. Das ist OK, solange die Kids alles wie Papageien nachplappern oder singen. Schlimm wird es, wenn korrigierend eingegeriffen werden muß bzw. müßte.
    So aber lernen die Kinder jeden Fehler den sie hören mit und es prägt sich ein - manche klingen jetzt schon eher plattdeutsch als Englisch.


    Gruß


    McMoritz

  • Zitat

    McMoritz schrieb am 27.04.2005 08:07:
    Was mir zum Bespiel zu schaffen macht ist der Englischunterricht. In den ersten Klassen wird er ja nur als Begegnungssprache angeboten. Trotzdem werden Grundlagen gelegt.


    Manche Kinder werden fast nur vom Band unterrichtet, weil die Lehrer schlicht und einfach kein Englisch können. Das ist OK, solange die Kids alles wie Papageien nachplappern oder singen. Schlimm wird es, wenn korrigierend eingegeriffen werden muß bzw. müßte.
    So aber lernen die Kinder jeden Fehler den sie hören mit und es prägt sich ein - manche klingen jetzt schon eher plattdeutsch als Englisch.


    Da hast du zwar Recht, aber leider hat man keine Garantie, dass jemand wirklich gut Englisch spricht, nur weil er Anglistik studiert hat. Zum einen kommt es da schon mal ganz stark auf die Uni an - manche sind völlig auf Schriftsprache ausgelegt und wenn jemand nicht durch Eigeninitiative mal ein Auslandssemester macht, kann die gesprochene Sprache auch mit Abschluss ganz furchtbar sein.
    Und gerade ältere Lehrer kommen auch irgendwann aus der Sprache wieder raus, wenn sie sich nicht engagiert darum bemühen, durch englischsprachige Literatur oder Auslandsaufenthalte drin zu bleiben.
    Andersrum ist es aber auch möglich: Wenn jemand gut Englisch spricht, kann er das auch ohne Abschluss gut unterrichten.


    Man muss vielleicht dazu sagen, dass in der Regel fachfremder Unterricht niemanden einfach so aufgedrückt wird. Ich kenne es zumindest so, dass man selbst sagen darf, ob und welche Fächer man noch gerne fachfremd dazunehmen möchte. Wenn jemand absolut nix mit einem Fach anfangen kann und nicht bereit ist, sich da einzuarbeiten, wird er es sicher nicht gerade nehmen.
    Es sei denn, etwas läuft leicht verquer, so wie es gerade bei Conni ganz den Anschein hat.


    Aber meiner Erfahrung nach kann man relativ problemlos bis zur 10. Klasse fachfremd unterrichten und ich finde es auch gut, wenn so die Ressourcen der Lehrer entsprechend genutzt werden. Es kommt einzig allein auf das Können an und weniger auf das, was auf dem Papier steht.


    Irgendwie ist das eh ein typisch deutsches Problem, dass eine Qualifaktion nur dann also solche gesehen wird, wenn man auch dafür ein Zeugnis vorweisen kann. In vielen anderen Ländern wird das lockerer gehandhabt: Man guckt, was derjenige kann und dann darf er dieses Können umsetzen, u.U. auch ohne dafür erst einen Wisch erstanden zu haben.


    Gruß
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Zitat

    Mia schrieb am 27.04.2005 12:00:
    Irgendwie ist das eh ein typisch deutsches Problem, dass eine Qualifaktion nur dann also solche gesehen wird, wenn man auch dafür ein Zeugnis vorweisen kann. In vielen anderen Ländern wird das lockerer gehandhabt: Man guckt, was derjenige kann und dann darf er dieses Können umsetzen, u.U. auch ohne dafür erst einen Wisch erstanden zu haben.


    Gruß
    Mia



    Da sagst du was - und wie gesagt, wenn alles gut klappt pfeif´ ich auch darauf - nur wenn etwas vor den Baum geht, fange ich an, Ursachenforschung zu betreiben.


    Eine Lehrerin unserer Schule erzählte mir mal, dass die Schulleiterin ihr einszweifix mal ein paar Grundbegriffe in Englisch eingetrichtert hat, und sie dann unterrichtet hat ohne zu wissen, was sie da tut. War für alle Beteiligten furchtbar - die Schüler baden es heute aus, indem sie an den weiterführenden Schulen mit riesigen Wissenslücken und einer sehr "deutschlichen" Aussprache kämpfen.


    Gruß


    McMoritz

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ihr,


    Zitat

    McMoritz schrieb am 27.04.2005 08:07:
    Grundsätzlich stimme ich euch natürlich zu. Wenn jemand wirklich Interesse und Engagement mitbringt sind mir die Abschlüsse schnurzpiepegal - zumindest in den ersten 3 - 4 Klassen.
    Aber der 5. könnte es schon mal eng werden ...


    Aber gerade die 5./6. Klasse stellen ein riesiges Problem dar: An den meisten Grundschulen hast du Grundschullehrer mit einem Schwerpunktfach / wissenschaftlichen Fach (oder wie auch immer es heißt), das offiziell bis Kl. 10 studiert ist.
    Dann rechne dir aus, wie viele das sind: An meiner Ausbildungsschule z.B. waren es 7 zum Anfang, 10 später. Die Schwerpunktfächer waren: mehrfach Mathe und Sport, Biologie, am Anfang hatten wir eine Kollegin mit Deutsch als Schwerpunkt, später kam noch eine mit Musik und eine mit Kunst hinzu. Dann gab es die IFL-Lehrer mit Mathe und Deutsch und einem "Beifach". Dann noch 2 Englischlehrer in der Zeit mit Zusatzausbildung an der Uni. (Beide hatten einen Unterrichtsstil, da wären im Seminar alle hintenüber gefallen. Bei einem lernten die Kinder viel, beim anderen weniger.) So, wen würdest du an der Stelle des Schulleiters nun für Geografie, Geschichte, Politische Bildung, Kunst (bevor die Kollegin kam) und Physik einsetzen?
    Ich kann dir sagen, was mein Schulleiter dann immer sagte: "Wir brauchen jemand neuen. Ich werde beim Schulamt sagen, wir brauchen einen Englischlehrer. Einen richtigen, nicht sonen weitergebildeten, die sind schlecht. Und Physik und Geografie sollte er noch studiert haben." Naja klar, dass er den nicht bekommt. Dafür jedes Jahr das gleiche Herumgeschiebe der Englischlehrer, halbe Stelle hier, halbe da, Zoff mit einer Nachbarschule etc. Du kannst an einer kleinen Grundschule nicht alles fachlich studiert abdecken. An einer größeren meist auch nicht, weil sonst einige Lehrer nur noch als Fachlehrer rumlaufen würden und die Zahl der Klassenleiter nicht reichen würde. So schön die 6jährige Grundschule auch sein mag, die Abdeckung des Fachunterrichts in 5/6 ist meiner Meinung nach eine ihrer großen Schwächen.


    Zitat


    Was mir zum Bespiel zu schaffen macht ist der Englischunterricht. In den ersten Klassen wird er ja nur als Begegnungssprache angeboten. Trotzdem werden Grundlagen gelegt.


    Da sind wir bei einem sehr heiklen Thema. Wie gesagt, ich habe 2 Teilschuljahre mit einem "geteilten Englischlehrer" (11 Stunden bei uns) erlebt, ein Schuljahr mit einem zu uns abgeordneten Englischlehrer. In den "geteilten" Schuljahren, mussten noch andere KollegInnen den Unterricht übernehmen. Momentan macht es eine junge Kollegin aus einem der alten Bundesländer, die herzog, sie macht das wirklich gut und spannend für die Kinder und kann auch gut Englisch. Vorher machte es eine Kollegin, die sagte "Also ich hatte ja 4 Jahre Englisch und mache gerne Frühenglisch, aber sprechen kann ich es nicht." Prima.


    Das Problem ist einfach, dass viele Lehrer in der Ex-DDR nur von Klasse 7 bis 10 Englisch lernten, einige gar nicht. Und teilweise wird gesagt: Nun mach mal! (Das habe ich schon erlebt für die Begegnungssprache.)


    Zitat

    Manche Kinder werden fast nur vom Band unterrichtet, weil die Lehrer schlicht und einfach kein Englisch können. Das ist OK, solange die Kids alles wie Papageien nachplappern oder singen. Schlimm wird es, wenn korrigierend eingegeriffen werden muß bzw. müßte.


    Insgesamt stehen Sprachforscher dem Lernen vom Band relativ aufgeschlossen gegenüber, weil Kinder leicht den Klang einer Sprache aufnehmen und die Sprache damit akzentfrei lernen können, ab der Pubertät ist das nur noch schwer möglich. (Grund für den frühen Fremdspracheneinstieg)
    Ich denke, es ist ok, wenn der Lehrer dann nicht akzentfrei ist, aber wenn immer wieder drauf verwiesen wird, wie die Muttersprachler vom Band klingen. Kinder nehmen die Unterschiede und das "richtig/falschklingen" übrigens sehr wohl wahr. Meine Aussprache beim Singen wurde von meinen Fünftklässlern bereits mit der Aussprache ihrer Englischlehrerin verglichen und in bezug auf "deutsch klingend" mit den Kindern bekannten muttersprachlichen Beispielen verglichen.


    Wenn natürlich korrigierend "falsch" eingegriffen wird, ist das schlecht.


    Die Alternative heißt für viele Schulen aber: Englischunterricht unter diesen Bedingungen oder gar kein Englischunterricht (oder Englischlehrer, die kostenlos arbeiten herzaubern).


    Grüße,
    Conni
    PS: Huch, was ist denn mit dem Thread wieder los.
    Ich wars nicht!

  • Danke auch - keine Ahnung, wie ich das gezaubert habe, aber schön sah es wirklich nicht aus. Mit Absicht kann ich das übrigens nicht ;)


    In unserem Schulbezirk gab es jemanden, der gratis und mit viel Freude Englisch unterrichtet hätte - eine Muttersprachlerin - ist aber leider an der Bürokratie und an ein paar Zicken gescheitert.


    Witzig wurde es immer, wenn Kinder dieser Muttersprachler Punktabzug für den korrekten Gebrauch Ihrer Sprache bekamen - von Lehrern die den Recorder, nicht aber die Sprache beherrschten


  • McMoritz: Klar, Ursachenforschung sollte man definitiv betreiben, wenn etwas schief läuft, aber man sollte sehr vorsichtig sein, die Ursachen von Einzelfällen zu pauschalisieren. ;)


    Deine zwei Beispiele führen ja ausgezeichnet vor Augen, dass fachfremdes Unterrichten der absolute Reinfall sein kann, aber genauso gut besser als der Unterricht einer speziell ausgebildeten Lehrkraft sein kann.


    Gruß
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

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