Schüler tanzen mir auf der Nase herum!

  • Hallo!


    Meine Situation ist folgende:


    Ich bin als Honorartrainer an einer Grundschule eingestellt worden, um eine AG zu leiten. Dabei handelt es sich um eine AG, in der die Kinder Zirkusdisziplinen lernen sollen, also Jonglage, Balance usw. Es handelt sich um 12 Schüler der 4. Klasse, jeweils 60 Minuten einmal pro Woche. Die Kinder nehmen freiwillig an der AG teil (findet nachmittags nach dem Unterricht statt).
    Obwohl ich hin und wieder schonmal mit Kindern gearbeitet habe und auch schon vor Schulklassen stand, ist die Situation eine Schülergruppe in diesem Alter allein zu leiten, völlig neu für mich.


    Ich hatte heute meine erste Stunde und es war gelinde gesagt eine Katastrophe. Die Schüler haben alsbald gemacht, was sie wollten, haben Fange gespielt und gar nicht zugehört, was ich eigentlich mit ihnen vorhatte. Sie sind auch sofort an mein Material gegangen, ohne zu fragen, und obwohl ich sagte, dass sie das nicht einfach so dürfen, haben sie das ständig wieder getan. Ich stand phasenweise wirklich nur daneben und habe zugeschaut, wie sich die Kinder durch die Turnhalle jagen. Ich habe den KIndern natürlich gesagt, dass sie das nicht machen sollen und die Übungen erklärt, aber wenn die eine Hälfte der Kinder die Übungen gemacht hat, war die andere Hälfte schon wieder damit beschäftigt, wild in der Gegend umherzurennen.
    Mich hat das alles sehr viele Nerven gekostet und ich ärgere mich sehr über mich selbst, dass ich nicht von Anfang an mehr Strenge gezeigt habe. Mir fehlt es da einfach an Methoden und Erfahrung.


    Ich habe dann nach etwa 40 Minuten nochmal alle zusammengerufen und ganz klar gesagt, dass mir das so nicht gefällt, dass ich das Angebot für die Kinder mache und wenn sie etwas lernen möchten, wir auf diese Weise nicht vorankommen. Ich meinte dann, ich versuche es noch ein letztes Mal und wenn es nicht klappt, müssen wir abbrechen. Die letzten 20 Minuten haben die Kinder dann recht gut mitgemacht und sogar noch ein bisschen was gelernt. Ich hatte allerdings fast das Gefühl, dass sie jetzt aus Mitleid mir gegenüber mitmachten.


    Ich sehe die besondere Schwierigkeit darin, dass die AG inhaltlich eigentlich erfordert, dass ich die Kinder individuell fördern und lehren kann, das aber in dieser Atmosphäre völlig unmöglich ist. Wenn ich einem Kind erkläre, wie es sich bewegen soll, machen 10 andere neben mir Halligalli.


    Ein Mädchen meinte dann irgendwann sogar zu mir: "Sie lassen echt alles durchgehen" und "Sie müssen einfach strenger sein". Aber wie soll das aussehen? Ich will die Kinder doch nicht anschreien. Soll ich sie einmal verwarnen und dann rauswerfen, falls es nicht besser wird? Was, wenn die sich weigern, dann zu gehen?


    Ich bin sehr niedergeschlagen, dass das so lief, weil ich mich schon sehr auf die AG gefreut hatte und mir natürlich alles anders vorgestellt habe. Ich habe versucht, mich daran zu erinnern, wie die Lehrer das damals zu meiner Schulzeit im Sportunterricht geregelt haben, aber ich erinnere mich nur an meinen offiziersähnlichen Sportlehrer, vor dem alle Angst hatten und dessen Unterrichtsstil ich daher nicht als erstrebenswert betrachte.


    Mir ist klar, dass es nach dieser beinahe desaströsen ersten Unterrichtsstunde schwer werden könnte, einen anderen Stil zu fahren, aber ich muss offensichtlich dringend was ändern.


    Ich bin für jeden Ratschlag wirklich sehr dankbar!

  • Das was Du erlebst, wird leider immer mehr der Normalzustand in Deutschlands Schulen. Das liegt daran, dass wir in unserer dekadenten Gesellschaft schon lange keinen Erziehungskonsens mehr haben. Ob Du Dir so ein o.g. Betätigungsfeld antun möchtest, musst Du selbst entscheiden.


    Für Dich heißt es, falls Du weiter machen möchtest, dass Du erstmal klare Regeln aufstellst, die Du für die Umsetzung Deiner Arbeit brauchst. Diese Regeln musst Du den Schülern genau und verständlich erklären, ebenso die Konsequenz bei Nichtbeachtung.


    Darüber hinaus würde ich einen Elternbrief verfassen, in dem unmissverständlich diese Regeln nachzulesen sind. Die Eltern würde ich da unterschreiben lassen.


    Als Konsequenz der Nichtbefolgung Deiner aufgestellten Regeln würde ich die betreffenden Schüler umgehend aus der AG rausschmeißen. Da Du ja nicht direkt von der Schule abhängig bist und Dir alle dankbar sein müssten, dass Du überhaupt so etwas an der Schule anbietest, würde ich das auch so rigoros handhaben.


    Die Schüler haben sich zu benehmen, und da darf man im Sinne der interessierten Schüler nicht lange fackeln ! 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Ich würde die nächste AG damit beginnen, dass sich alle hinsetzen. Dann würde ich erklären, dass ich bei dem Herumgerenne nicht aufpassen kann und Spielgeräte auch eine Gefahr darstellen, wenn du nicht sichergehen kannst, dass sie sie in Ruhe lassen und dass sie dir zuhören. Daher warten sie nun alle auf der Bank, bis sie an der Reihe sind. Dann bittest du ein oder zwei Kinder aufzustehen und dann eine Übung nach deiner Vorgabe zu üben. Nach 2-3 Minuten müssen sie sich wieder hinsetzen und die nächsten sind an der Reihe. Ich würde das einmal so durchziehen, dass jeder einmal dran kam und alle anderen warten mussten und danach kannst du die Anzahl der Übenden erhöhen. (5 dürfen üben, Rest sitzt.) Wenn du merkst, dass die Gruppen zu groß oder die Kinder wieder zu überschwenglich werden, verkleinerst du wieder.


    Sie werden dann vermutlich schnell erkennen, dass es besser ist, wenn sie auf dich hören und ruhig sind, als wenn du sie auf die Bank verbannst und im Zweifelsfall die Eltern zum Abholen anrufst.


    Viel Erfolg!

  • Hallo,
    wenn du Schülern etwas genau gezeigt hast und den Eindruck hast, dass die einigermaßen vernünftig sind und es verstanden haben, als Trainer einsetzen für ein anderes Kind. Dann beschäftigst du langfristig mehr Kinder, denn Langeweile führt immer zu Blödsinn. Wenn du vermitteln kannst, dass man stolz darauf sein kann, einem anderem Kind etwas bei zu bringen und man dann auch eine gewisse Verantwortung hat, dann kann das klappen. Vielleicht muss man eine kleine Prüfung ablegen, um für eine Prüfung ein echter "Trainer" zu sein - das kann anspornen. Bei uns gibt es einen "Führerschein für bestimmte Gräte, bei dem der Lehrer nach der Prüfung einträgt, dass das Kind nun auch alleine damit arbeiten darf (kann aber auch wieder aberkannt werden bei Verstößen).
    Es sollte auch ein Ziel für die Kinder in Sicht sein- sei es eine Trainerprüfung am Ende der Stunde, ein Wettbewerb in einer bestimmten Disziplin, eine kleine Vorführung vor der Gruppe bei der man sich natürlich nicht blamieren will, wenn es wirklich gut läuft auch mal eine Belohnung (ein besonderes Spiel z.B.).
    Überlege dir auch genau, welche durchsetzbaren Konsequenzen du bei Fehlverhalten einführen willst (das musst du dann aber auch konsequent verfolgen). Der Ausschluss aus der AG steht dabei für mich dabei ganz am Ende der Liste. Ich führe seit Jahren eine AG und musst dies erst einmal machen.
    Führe deine wichtigsten Regeln kurz und bündig ein, lasse sie noch einmal von den Schülern wiederholen um zu sehen, ob sie verstanden wurden und auf geht`s. Situationsbedingt kannst du dann neue Anweisungen und Regeln nach und nach ergänzen.
    Ein Signal sollte auch vereinbart werden, bei dem alle Kinder sich in den Mittelkreis setzen und ruhig sind.
    Viel Spaß mir deiner AG
    jinny

  • Vielen Dank für Eure Antworten! Das ist für mich alles sehr hilfreich!


    Ich habe nun erstmal Regeln für die AG aufgestellt und werde sie den Schülern zu Beginn der nächsten Stunde erklären. Als Konsequenz werde ich zunächst erstmal verwarnen und eine klare Ansage machen, dass der Schüler beim nächsten Regelverstoß aus der Stunde ausgeschlossen wird.
    Ich denke, eine "sanftere" Konsequenz wäre momentan unsinnig - ich hatte überlegt, die Kinder statt eines Rauswurfs die Regeln aufschreiben zu lassen oder einen kurzen Time-Out zu geben, aber ich glaube, es muss erstmal klar sein, dass derjenige, der den Unterricht stört, eben einfach nicht am Unterricht teilnehmen kann.


    Ich werde auch nochmal mit der Schulleiterin reden, wie das generell gehandhabt wird. Ich weiß nicht mal, ob ich die Schüler einfach rauswerfen und nach Hause schicken darf, oder ob ich sonst meine Aufsichtspflicht verletze (die AG ist wie gesagt freiwillig).


    Danke bluebutterfly, das gestaffelte Üben werde ich nächste Stunde so umsetzen. Das bringt sicher mehr Ruhe hinein.


    Ich werde berichten, wie's gelaufen ist.

  • Zitat han12 :

    Zitat

    Ich denke, eine "sanftere" Konsequenz wäre momentan unsinnig

    Absolut richtig ! Und genauso so wirst Du es schaffen ! 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Bin Sportlehrerin und habe folgende Regeln, die ich immer benutze und die auch gut funktionieren.


    1. Trillerpfeifenpfiff und kreisende Handbegwegung heißt, alle kommen sofort in den Sitzkreis.
    2. Trillerpfeifenpfiff und Ruf "Eisblock" heißt, alle bleiben sofort eingefroren stehehn.


    Diese beiden Regeln stellen sicher, dass dich alle Kinder hören, sei es in der Arbeitsphase wenn du kurz was sagen willst, oder eben zum längeren Besprechen.
    Wer im Sitzkreis Nebengespräche führt, bekommt SOFORT eine Auszeit von ca. 5 Minuten auf der Bank. Du glaubst gar nicht, wie schnell die Kinder aufhören zu quasseln.


    Mach anfangs eine kurze Phase, in der sich alle austoben können. Sowas wie Feuer, Wasser, Luft oder Stopptanz, Kettenfangen oder Brückenfangen. Ein Laufspiel, damit der erste Bewegungsdrang abgebaut werden kann.


    Danach: Beschäftige alle. Starte erstmal mit einer Sache. Z.B. Jonglieren mit Tüchern. Jeder bekommt 2 Tücher und übt, was du sagst. Variieren nach wenigen Minuten die Aufgabe. Kein Kind macht 15 Minuten lang das gleiche. Wer keine Aufgabe hat, spielt fangen, ist ja logisch... Wenn du nicht alle gleichzeitig beschäftigen kannst/willst, dann teile die Halle in eine Freispielhälfte und eine Übungshälfte, evtl. durch eine Bank. Wer deine Hilfe nicht hat und ohne dich nicht üben kann oder noch warten muss, der spielt dann eben.

Werbung