Frage an die (Gesamt-)Personalratsvertreter: Ist dieser Passus aus dem Arbeitsschutzgesetz bekannt und wird er an den Schulen umgesetzt?

  • Zitat

    Erst seit Herbst 2013 enthält das Arbeitsschutzgesetz einen Passus, der den Schutz der psychischen Gesundheit betont. Demnach ist die Arbeit "so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden" wird. Ein Arbeitsplatz soll also auch danach beurteilt werden, ob Mitarbeiter mit ihren Aufgaben überfordert sind, hoher Zeitdruck herrscht, Nachtarbeit verlangt wird oder man zu wenige soziale Kontakte bei der Arbeit hat.

    http://www.spiegel.de/karriere…eu-laendern-a-980497.html


    Unrealistische Erwartungen, hoher Zeitdruck, Nachtarbeit ("Korrektursitzungen") dürften wohl jedem Kollegen, jeder Kollegin bekannt sein. Inwieweit wird diese neue gesetzliche Regelung an den Schulen umgesetzt? Immerhin bedeutet "Gesetz" einen Rechtsanspruch. Wenn muss man einschalten, wenn (mal wieder) sich die Termine häufen, eine Extra-Aufgabe die nächste jagt Klausuren "bis vorgestern" fertig zu sein haben? Wissen die Schulleitungen überhaupt von dieser Regelung?


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • In Sachsen-Anhalt gab es diese Untersuchung schon voriges Jahr. Lt. offizieller Auswertung galten die Arbeitsbedingungen (kein ordentlicher Arbeitsplatz, Lärm,..) als die Faktoren, die die Lehrer am meisten belasten. Nicht die Faktoren in Bezug auf die psychische Gesundheit. Die Auswertung findet man unter gew-sachsenanhalt. de. Aber jetzt gibt es offiziell Ärtze für Lehrergesundheit.


    http://www.bildung-lsa.de/schule/lehrkraeftegesundheit.html


    Damit hat wohl das Land genügend dem Gesetz getan. Jetzt liegt es an den Schulträgern die Arbeitsbedingungen zu ändern (Schulgebäude, Arbeitsplatz,...) und an den jeweiligen Schulleitungen. Und hier ist es wichtig, dass der Personalrat die Interessen der Lehrer vertritt!

  • Der Kauf eines Buches löst das Problem nicht. Vielmehr müssen die Lehrer mehr zusammen halten und sich gegen die schlechten Arbeitsbedingungen wehren. Und der richtige Ansprechpartner ist hier tatsächlich der Personalrat. Nur wenn der viele Bescherden hat, kann er die Interessen gegenüber der Schulleitung vielleicht durchsetzen.

    • Offizieller Beitrag

    Der Kauf eines Buches löst das Problem nicht. Vielmehr müssen die Lehrer mehr zusammen halten und sich gegen die schlechten Arbeitsbedingungen wehren. Und der richtige Ansprechpartner ist hier tatsächlich der Personalrat. Nur wenn der viele Bescherden hat, kann er die Interessen gegenüber der Schulleitung vielleicht durchsetzen.


    Du hast meinen Ironischen Unterton da nicht registriert, erkennt man auch an dem ;)


    Und ernsthaft, natürlich ist da der Personalrat beteiligt, aber letztendlich sind da die Mitwirkungsmöglichkeiten beschränkt. Darüber hinaus gibt es (zumindest in Hessen) gerade in gesundheitsfragen andere Ansprechpartner, die da auch geschult sind, zum Beispiel der Medical Airport Service, der in Hessen quasi als Betriebssarzt der Schulen arbeitet. Und was die Schulleitungen angeht, die sind natürlich auch medizinische Laien, auch die können und müssen sich Unterstützung suchen.

    • Offizieller Beitrag

    Klar ist der Passus bekannt. Der ist auch nicht erst seit gestern im Gespräch, sondern seit den 80igern, die Gewerkschaften haben das immer und immer wieder gefordert, zuletzt erfolgreich.
    "Mein" GPR macht regelmäßig Erebungen zur psychischen Belastung an Schulen und andere Gefährdungsanalysen.


    Wir empfehlen Schulen das auch regelmäßig zur Vorbereitung von Gesamtkonferenzen, wo über Grundlagen der Unterrichtsverteilung und des Vertretungskonzepts abgestimmt wird. Oder wenn die SLen behaupten, "es gäbe doch nur Einzelfallprobleme" - zu Beispiel mitsolchen Instrumenten wie diesem hier, wo den Kollegien anonyme Zugänge zugewiesen werden und Daten für eine umfassende Gefährdungsanalyse (Bauliches, Psychisches, Leitung, Kollegium, Strukturelles, etc) abgefragt werden. Das Datenmaterial (ohne die einzelnen Personendaten) bekommen PR und SL zugesandt, der einzelne Befragte bekommt automatisch eine anonyme Auswertung seiner eigenen Gefährdungslage nach Drücken des letzten buttons.


    Die Schulen, die dieses Instrument genutzt haben, berichten von einer sehr, sehr brauchbaren Datenlage und vor allem davon, dass es der "Legendenbildung" in Kollegien klar entgegenwirkt: "Wir haben uns alle lieb und unsere Schule ist so toll und es gibt keine Probleme!"


    Inwieweit das dann zur Reduktion derselben Belastungen führt, hängt von der individuellen Verhandlungskompetenz des örtlichen Personalrates ab (Dienstvereinbarungen, Gesamtkonferenzbeschlüsse), von der Bereitschaft der Schulleitung, Veränderungen zuzulassen und durchzusetzen (Schulkonferenz), dem Druck der Elternschaft ("Noch ne Fahrt, noch'n Projekt, noch ne AG") und natürlich auch und ganz massiv vom Kollegium, bestimmte reflexartige Reaktionen zu erkennen, zu benennen und aus den besagten Reflexen auszubrechen ("Leuchtende Augen und völlig veränderte Gruppen nach/bei Klassenfahrten" "Lückenlose Vertretung durch geschultes Personal und erhöhte Qualität durch Vorbereitung durch den abwesenden Lehrer" "Noch ne AG, noch ein Projekt" und "Unser Profil! Unser tolles Profil!!" usw.).


    Den nachgewiesen besten Unterricht machen übrigens ausgeschlafene, ungestresste und gesunde Lehrer, die überhaupt erstmal die nötige Energie haben, sich reinhängen zu können. Dazu brauch ich nichmal ne Erhebung. Das weiß ich von mir und jedem meiner 130 Kollegen. Von den personalrätlich Betreuten ganz zu schweigen.

    • Offizieller Beitrag

    Und ernsthaft, natürlich ist da der Personalrat beteiligt, aber letztendlich sind da die Mitwirkungsmöglichkeiten beschränkt. Darüber hinaus gibt es (zumindest in Hessen) gerade in gesundheitsfragen andere Ansprechpartner, die da auch geschult sind, zum Beispiel der Medical Airport Service, der in Hessen quasi als Betriebssarzt der Schulen arbeitet. Und was die Schulleitungen angeht, die sind natürlich auch medizinische Laien, auch die können und müssen sich Unterstützung suchen.


    Das ist leider die Haltung vieler "Freud und Leid"-Personalräte, und auch die bequeme Ansicht vieler SchulleiterInnen. :( *seufz*


    Ich empfehle dazu die Lektüre des §5 des Arbeitsschutzgesetzes, des §20 der Dienstordnung für SchulleiterInnen und §74/3, 6,16 sowie §76 des HPVG (daran, dass ich die hier auswendig runterrattern kann, sieht man schon, wie oft ich das in der Beratung erwähnen muss.). Wir schulen inzwischen auch Schulleiter zu dem Thema. Aus gutem Grund.
    Es geht hier mitnichten um "begrenzte Mirtwirkungsmöglichkeiten" sondern um qualifizierte Mitbestimmung. Und bei allen Fragen, wo der PR in der qualifizierten Mitbestimmung ist, hat er auch ein Initiativrecht (!!) bei den Dienststellenleitern handelt es sich nicht um "so'n bisschen Fürsorgepflicht", sondern um genuine Grundaufgaben/pflichten (§5, §20), z.B. um die regelmäßige (!) Gefährdungsanalyse, die umgehende Meldepflicht bei Gefährdungen und so weiter. Deren Nichtumsetzung übrigens durchaus ein Straftatbestand sein kann, und die durchaus radikal zur Verantwortung gezogen werden können, wenn man jemand so viel Rückrat hätte, zu klagen. Was auch schon vorgekommen ist.


    Oft kommt dann das Totschlagargument "Aber der Schulträger macht dann doch nix / ist nicht zuständig / ...". Ganz interessant auch dieses schon etwas ältere, aber sehr relevante Dokument für die, die es juristisch ein bisschen genauer wissen wollen. Darin finden sich auch Hinweise zu vielen relevanten Urteilen. :

    Zitat

    Wie bereits oben ausgeführt kann „der Haushaltsvorbehalt“ nicht dazu herangezogen werden, um die arbeitsschutzrechtlich gebotenen Maßnahmen
    zurückzustellen. Die Einigungsstelle kann auch dann erforderliche Maßnahmen beschließen, wenn ein entsprechender Titel im Haushaltsplan nicht eingestellt ist, (...) Hierzu zählt eine angemessene Überwachung der Tätigkeit der Schulträger und ggf. ein Einschreiten im Wege der Kommunal- und Schulaufsicht, die jeweils in den Zuständigkeitsbereich der Länder, also des Arbeitgebers fällt. Maßstab des Handelns des Landes muss dabei sein, dass die gegenüber dem Lehrpersonal bestehenden arbeitsschutzrechtlichen Schutzpflichten effektiv erfüllt werden. So ist ein Einschreiten geboten, wenn Uneinigkeit mit dem Schulträger über die Erforderlichkeit einer Maßnahme besteht oder erforderliche Maßnahmen mit Hinweis auf die angespannte Haushaltslage der Kommune unterbleiben. Streitigkeiten zwischen Land und Schulträger über die Kosten dürfen im Außenverhältnis nicht zu Verzögerungen bei der Durchführung erforderlicher Maßnahmen für einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz des Lehrpersonals führen. Das Land muss als arbeitsschutzrechtlich primär verantwortlicher Akteur insoweit ggf. in Vorleistung treten und „im Nachgang“ eine Lösung durchdie Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichenErstattungsanspruchessuchen. Auch insoweit gilt aber, dass selbst eine mangelhafte Ausstattung der Kommunen durch das Land es nicht rechtfertigt, im „Außenverhältnis“ Abstriche von den erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes vorzunehmen.

    • Offizieller Beitrag
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    *dezentes moderationshüsteln* ... auch wenn ich natürlich verstehe, warum du es ganz hervorragend findest... ;)


    Ich dachte, das wäre durchaus im grünen Bereich, weil ich es ja gerade nicht verkaufen will ;)


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    Edit by Mod: erneuter Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen (und deine Vertragsbedingungen) wurde rauseditiert, kl. gr. frosch

    • Offizieller Beitrag


    Das ist leider die Haltung vieler "Freud und Leid"-Personalräte, und auch die bequeme Ansicht vieler SchulleiterInnen. :( *seufz*


    Ich empfehle dazu die Lektüre des §5 des Arbeitsschutzgesetzes, des §20 der Dienstordnung für SchulleiterInnen und §74/3, 6,16 sowie §76 des HPVG (daran, dass ich die hier auswendig runterrattern kann, sieht man schon, wie oft ich das in der Beratung erwähnen muss.). Wir schulen inzwischen auch Schulleiter zu dem Thema. Aus gutem Grund.
    Es geht hier mitnichten um "begrenzte Mirtwirkungsmöglichkeiten" sondern um qualifizierte Mitbestimmung. Und bei allen Fragen, wo der PR in der qualifizierten Mitbestimmung ist, hat er auch ein Initiativrecht (!!) bei den Dienststellenleitern handelt es sich nicht um "so'n bisschen Fürsorgepflicht", sondern um genuine Grundaufgaben/pflichten (§5, §20), z.B. um die regelmäßige (!) Gefährdungsanalyse, die umgehende Meldepflicht bei Gefährdungen und so weiter. Deren Nichtumsetzung übrigens durchaus ein Straftatbestand sein kann, und die durchaus radikal zur Verantwortung gezogen werden können, wenn man jemand so viel Rückrat hätte, zu klagen. Was auch schon vorgekommen ist.


    Du hast vollkommen recht, und wir wissen, dass zumindest in *** diese Gefährdungsanalysen auch stattfinden. Nichtdestotrotz sind wir alle Laien. Ich gucke gerade auf etwa einen halben Meter Bücher zu dem Thema, die ich auch alle gelesen habe, trotzdem sehe ich michNicht umsonst müssen sogar Medizinier noch eine Zusatzqualifikation Arbeitsmedizin erwerben, um in diesem bereich tätig zu werden. Viel kann man ja auch mit etwas gesundem Menschenverstand sehene, aber oft geht es um Bereiche, wo wir alle, egal ob PR oder SL eben Experten brauchen. Ich habe auch noch nicht erlebt, dass eine Schulleitung da versucht hätte, sich zu entziehen, wohl aber Nicht- und Halbwissen, sowie Hilflosigkeit, da (wie du bereits erwähnt hast) entsprechende Anträge dann versickern.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe auch noch nicht erlebt, dass eine Schulleitung da versucht hätte, sich zu entziehen,

    Bei Messungen, die der betriebsärztliche Dienst durchgeführt hat, geht das auch nicht.


    Aber bei der Frage der psychischen Belastungen passiert das dauernd. Dauernd! Weil das ganz oft auch mit Führungsstil und -kompetenz zu tun hat. Und da eignet sich so ein Fragebogen besonders um Dinge, die irgendwie jder spürt, aber nicht an/auszusprechen wagt, auf den Tisch zu bringen, messbar und diskutierbar zu machen. Ist jetzt nicht wrklich immer angenehm, kann aber Prozesse in Gang setzen.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

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