Schulform?????

  • Hallo,
    auch bei uns steht für nächstes Schuljahr die Frage an, welche Schulform.
    Kurz die Vorgeschichte unserer Tochter, ehem. extrem Frühgeborenes 590 g, 26 SSW., kurz nach Geburt dann Darm-OP, wobei die Hälfte des Kurzdarms entfernt werden mußte, hierauf hat sie eine Körperbehinderung von 60 %. Bisher eingentlich "nur entwicklungsverzögert und viel zu leicht, erhält nachts Sondennahrung durch einen Button durch die Bauchdecke". Sie wird im Jan. jetzt 7 Jahre alt, wiegt immer noch nicht ganz 15 kg und geht in eine integrative Kindergartengruppe. Wir haben sie letztes Jahr ein Jahr zurückstellen lassen. Körperlich hat sie gut aufgeholt, fährt Rad, kann schwimmen usw. Jetzt waren wir im SPZ und es wurde eine Lernbehinderung festgestellt, Hauptursache soll das logische Denken sein, Lernbehindertenschule wird wohl empfohlen. Bericht vom Einschulungstest und Kognitivtest liegen noch nicht vor. Den normalen Einschulungstest im letzten Jahr hätte sie bestanden, die Ärztin hatte nur wegen der Große und den Stühlen Bedenken. Sind diese ganzen Tests wirklich aussagefähig?


    Jetzt bin ich hier schon durch einige Berichte und Ratschläge durch. Mir wird jedoch immer schlechter bei dem Gedanken sie auf eine Lernbehindertenschule zu schicken. Wegen ihrer sehr zierlichen Erscheinung und dann dort vielleicht so viele Haudegen und evtl. viel allerunterstes Niveau und das gleich ab 1. Klasse? Oder habe ich die anderen Berichte zu negativ aufgenommen? Wär es möglich auch auf die Körperbehindertenschule mit Lernbehinderung zu gehen? Wir wohnen in Niedersachsen, die wär dann allerdings 40 km weg. Habt Ihr aufmunternde Worte für mich und vielleicht Ratschläge? Mir spukt es aber auch durch den Kopf, es auf der normalen Grundschule zu versuchen. Integration könne man wohl auch versuchen zu beantragen, aber wird wohl mangels knapper Haushaltsmittel meist abgelehnt. Im Jan. will sich die Grundschullehrerin mit den Kindergärtnerinnen und mir nochmal zusammen setzen und evtl. besprechen, ob ein sozialpädagogisches Gutachten beantragt werden soll. Was kann das für Vor- und Nachteile haben? Kindergarten war immer der Meinung sie hätte zu wenig Konzentration, der vom SPZ konnte darüber gar nicht klagen, würde ich 4 Schulstunden durchaus zutrauen. Man ist das alles schwierig, da dachte man das Schlimmste überstanden zu habe und die Zeiten werden ruhiger, dann das jetzt auch noch.

  • Du hast mein ganzes Mitgefühl. Es ist schwierig, aus der Ferne etwas zu raten. Als erstes würde ich mir alle in Frage stehenden Schulen anschauen. Oft sind es Vorurteile.


    Ich komme aus NRW. Dort gibt es die Regelung, dass es auch lernbehinderte Kinder gibt, die auf eine Körperbehindertenschule gehen (wenn z.B. Sondennahrung zur Disposition steht, ist es wohl auch angebracht, denn bislang gab es in KB Schulen mindestens Zivis, in der Sonderschule wäre für so etwas keine Zeit). In der Grundschule kann bei uns der Antrag auf Integration gestellt werden (bislang wird (fast) immer der Elternwille berücksichtig). Das Problem ist, dass der Sonderschullehrer meist nur am Rand kommt, meistens 2 Stunden am Stück, oft 5. und 6. Stunde, es sei denn, du erwischt eine Schule, wo es viele (mehrere) Integrationskinder gibt - dann kann das Ganze gebündelt von sich gehen.
    In der Lernbehindertenschule gibt es bei uns kaum Kinder in der ersten Klasse, so dass es meistens eine 1./2. Klasse gibt. Erst später kommen mehrere Kinder hinzu. Von daher kann es auch entspannter zugehen als in einer ersten Klasse mit 30 Kindern.
    Gibt es bei euch vielleicht auch private Alternativschulen? Montessori, kirchliche Schulen, Waldorf?????
    Habe dir wahrscheinlich nicht viel helfen können. Egal, auf welche Schule dein Kind kommen wird. Ich habe bislang die Erfahrung gemacht, dass ganz, ganz viel vom Elternhaus abhängt und wenn dort geliebt, gefördert, gestützt und unterstützt wird, ist das mindestens die halbe Miete.
    flip

  • Hallo Inle,


    ich beschäftige mich seit ca. 3,5 Jahren mit Entwicklungsstörungen, deren Folgen und Förderungsmöglichkeiten. Nach allem, was ich gelesen habe, würde ich diesen IQ-Tests nicht vertrauen und grundsätzlich sehr skeptisch sein. Welchen Eindruck hast du denn von deiner Tochter? Wenn sie den Einschulungstest der normalen Grundschule bestanden hätte, warum sollte sie dann lernbehindert sein? Ist sie ängstlich und hatte eventuell schon allein deshalb eine Blockade bei dem Test?


    Entwicklungsstörungen sind ein sehr umfassendes Thema. Motorik, Wahrnehmung, Wahrnehmungsverarbeitung und Kognition gehören untrennbar zusammen. Frühkindliche Reflexe, die sich schon vor der Geburt entwickeln und spätestens in den ersten 6 Lebensmonaten zunächst weiter ausreifen und anschließend gehemmt werden, sind mit ziemlicher Sicherheit bei deinem Kind durch ihren anfänglichen Bewegungsmangel noch vorhanden. Die Reflexe haben sehr große Auswirkungen auf die weitere Entwicklung und auf Lernen und Verhalten. Auch das Hören und Sehen hat einen anderen Entwicklungsweg genommen. Die Reflexe haben u.a. auch gravierende Auswirkungen auf die Hör- und Sehverarbeitung. Leider stellen hier die meisten Augen- und Ohrenärzte oft nichts fest, aber es gibt andere Fachleute dafür.


    Also, wie kann ein IQ-Test aussagefähig sein, wenn ein Kind z.B. eine Blockade wegen Angst hat, seine Augen z.B. nicht richtig zusammenarbeiten oder die Hörverarbeitung nicht richtig funktioniert? Eventuell kann man davon ausgehen, dass eine Lernbehinderung vorliegt, wenn das Kind nicht entsprechend gefördert wird. Hierzu gibt es jedoch viele Möglichkeiten. Ganz dringend kann ich dir 2 Bücher empfehlen und zwar "Greifen und Begreifen" von Sally Goddard (Wissenschaftlerin) und "Flügel und Wurzeln" von Dorothea Beigel (25 Jahre Erfahrung als Lehrerin, Motopädagogin, diplomierte Legasthenietrainerin, in der Lehrerfortbildung tätig, seit 1998 Leiterin der Abteilung für neurophysiologische Entwicklungsförderung im staatlichen Schulamt in Wetzlar). Frau Beigel hat den Ansatz von Sally Goddard aufgegriffen; die Kinder mit motorischen sowie Lern- und Verhaltensauffälligkeiten (u.a. fast immer mit Konzentrationsproblemen) werden bei ihr kostenlos gefördert. Im übrigen Deutschland ist die Förderung bei speziell dafür ausgebildeten Therapeuten kostenpflichtig zu haben (s. www.INPP.de). Zurzeit wird dort wohl gerade die Homepage bearbeitet und ist nicht verfügbar, aber wahrscheinlich bald wieder. Dort wird es dann auch ein Forum geben, wie ich gelesen habe.


    Die Bücher geben einen guten Überblick über die Funktion des Gehirns, die motorische Entwicklung, die frühkindlichen Reflexe und den Zusammenhang mit Lernen und Verhalten.


    Vielleicht hast du Lust, dich mit Laempel, die hier u.a. unter "Sonderschule" gepostet hat, auzutauschen. Sie ist in einer ähnlichen Situation wie du und kennt auch die von mir genannten Bücher.


    Einen schönen Abend noch!
    Erika

    "Die Lehrer bezeichnen Lesen, Schreiben und Rechnen als Grundlagenfächer. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei diesen Lehrstoffen bereits um sehr komplexe Prozesse, die sich nur bei einer einwandfreien geistigen Verarbeitung der durch die Sinnesorgane aufgenommenen Wahrnehmung erlernen lassen." A. Jean Ayres

  • hallo inle,
    kann dich sehr gut verstehen, weil wir augenblicklich in einer ähnlichen Situation stecken. Unser Kind ist zwar nicht zart und auch nicht körperbehindert im strengen Sinne, aber wegen vermeintlicher (oder wirklicher) Lernbehinderung wissen wir auch nicht, was wir wegen Schule tun sollen. Wir haben auf jeden Fall jetzt schon mal beantragt und angemeldet, was alles möglich ist: integrative Beschulung an einer staatlichen Grundschule, integrative Montessorischule, Waldorfschule, integrative Waldorfschule und erwägen zudem eine völlig normale Einschulung, da der Einschulungstest in diesem Jahr eigentlich schon positiv ausfiel. Normale Einschulung deswegen, weil wir hoffen, dass unser Kind dank der bereits von Erika benannten Therapieform einiges aufholen wird. Ich hatte jetzt auch Kontakt mit einer Mutter aus dem [URL=http://www.grundschultreff.de,]http://www.grundschultreff.de,[/URL] die ihr eher allgemein entwicklungsverzögertes Kind an einer Körperbehindertenschule einschulen hat lassen, sie hatte dort sehr von sehr positiven Erfahrungen berichtet. An diesen Schulen können Kinder auch mindestens den Realschulabschluß machen, ist also durchaus ne Überlegung wert.
    Gruß
    Laempel

  • Hallo, Inle,


    nach dem, was du schreibst, ist dein Kind auf alle Fälle in einer Klasse für Körperbehinderte gut untergebracht.


    In meiner Region (auch Niedersachsen) sind dort Kinder von Grundschulniveau bis zur potentiellen geistigen Behinderung, also auch Kinder mit Lernbehinderung.


    In diesen Klassen ist immer neben der Lehrerin eine pädagogische Mitarbeiterin anwesend, so gibt es viel Zeit für indiviuelle Förderung. Die Klassen arbeiten eng mit der entsprechenden Grundschulklasse zusammen, potentielle Grundschulkinder werden so schnell wie möglich, so langsam wie nötig dort integriert. (Schreib mir gerne per PN, wenn du wissen möchtest, um welche Schule es sich handelt!)


    Nach Klasse 4 wird dann nochmal neu geschaut und mit den Eltern besprochen, welche Schule als Anschluss infrage kommt.


    Grade vorgestern waren bei mir (Förderschule LE) 7 Eltern, deren Kinder zur Zeit eine KB-Klasse besuchen, im Unterricht.


    Eine Mutter mit einem lernbehinderten und stark körperbehinderten Kind war sehr erleichtert über das angenehme Sozialklima und will ihr Kind bei uns sehen; eine andere Mutter meinte, dass ihr Kind im Lernen schon viel weiter sei und sie sich ihr Kind deshab nicht bei mir vorstellen könne (ich habe allerdings grade meine fittesten Kinder abgegeben, auch entwickeln die Kinder in den KB-Klassen manchmal eine Schein-Fittness, sind nicht so sehr an selbständiges Arbeiten gewöhnt; darüber wird es noch Gespräche mit der Mutter geben ...).


    Für diese Entscheidungen hättest du dann ja noch viel Zeit - gib dem Kind zunächst eine Chance in einer KB-Klasse! Lass dich nicht verunsichern durch Ratgeber, die sagen, dass die Kinder mangels Förderung am Ende der Grundschulzeit allesamt in den Schulen für geistig behinderte oder lernbehinderte Kinder landen - wie gesagt, die anderen Kinder wurden schon während der Grundschulzeit ihrem Lernstand gemäß integriert.


    Wer (am Ende der Grundschulzeit) weiterhin eine Schule für körperbehinderte Kinder besuchen möchte, muss dann leider weite Fahrten auf sich nehmen oder ein Internat besuchen - aber dann ist das Kind schon 4 Jahre älter und entsprechend belastbarer.


    Alles Gute wünscht dir Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

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  • Hallo Bablin,


    zwischenzeitlich liegt der Bericht vom SPZ vor. Es wurde der K-ABC -Test gemacht und alle Werte liegen um die 70. Habe jetzt mit der KBS mal Kontakt aufgenommen. Der Rektor meinte, wenn man die körperlichen Sachen in den Vordergrund stellen würde, könnte man dieses sonderpädagogische Gutachten von der KBS durchführen lassen. Im Januar findet ja dann das Treffen mit der Grundschulrektorin, Kindergärtnerinnen und mir statt. Kindergarten meint, daß es keine Schwierigkeiten geben dürfte, das Gutachten dort zu beantragen, Rektorin würde auf Wünsche der Eltern sehr eingehen. Ich hoffe es klappt. Übrigens wär für uns die KBS in Braunschweig zuständig. Wie groß ist in der KBS die Klassengröße und gibt es dort Ganztagsunterricht, oder ist das verschieden?


    Viele Grüße
    Ines

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