Sinnhaftigkeit von Leistungen wie "ordentliche Mappe" etc.

  • Ich unterrichte an einem Berufskolleg bei angehenden Kinderpflegern und angehenden Erziehern.


    Die Kinderpfleger haben mindestens den Hauptschulabschluss und die Erzieher haben i.d.R. Fachabi - man kann die Ausbildung aber auch als "fertige" Kinderpflegerin beginnen. Heißt: Es besteht eine große Kluft zwischen den Ausbildungen und die Kinderpfleger, die in den Erzieherklassen sitzen, sind oft mit vielen Dingen überfordert.


    Nun frage ich mich, ob es nicht möglich ist, die Kinderpfleger etwas "fitter" für die Erzieherausbildung und generell fürs Berufsleben zu machen.


    Wir haben in unserem Kinderpflege-Bildungsgang viele Prüfungen, deren Nutzen ich anzweifele. Dazu gehören:


    - einen Praktikumsordner anlegen, der irgendwann (insgesamt 3x) eingesammelt und gründlichst korrigiert wird. Dabei geht es v.a. um Gründlichkeit, Fleiß, Ordnung etc.
    - zu Projekten eine Mappe anlegen, oft mit schon vorgegebenem Inhaltsverzeichnis, ebenfalls ein Fleiß- und Gründlichkeitsarbeit
    - eine Infomappe zum Beruf des Kinderpflegers vorbereiten, die bewertet wird (finde ich im Gegensatz zu den anderen Dingen sinnvoll)
    - eine Mappe mit vorgegebenem Inhaltsverzeichnis anlegen, in dem Material von der Studienfahrt gesammelt wird, auch wieder eine Fleißarbeit - reines Sammeln; der Lehrer überprüft nur, ob der Schüler alle Unterlagen sorgsam abgeheftet hat.


    Die ganze Ausbildung ist durchzogen von abzugebenden Mappen, es gibt quasi kein Projekt, kein Praktikum, das nicht detailgenau in irgendeiner Mappe mit allen Materialien etc. dazu abgeheftet werden muss!


    Sicherlich haben wir Schüler, die solche Leistungsnachweise brauchen und denen es gut tut, zu Ordnung "gezwungen" zu werden, aber m.E. bereitet das doch nicht auf einen Beruf vor?? Die Ausbildung dauert 2 Jahre und ich würde gerne spätestens zum 2. Ausbildungsjahr diese "Ordentlichkeits-Leistungsnachweise" durch andere ablösen.


    Ich würde gerne eure Meinung hören, vielleicht unterrichtet hier ja auch jemand am BK und kennt diese Bildungsgänge.


    Fällt jemandem eine Alternative zu diesen Leistungen ein?


    Bei den Erziehern gibt es dann eher solche Leistungsnachweise wie Gruppenarbeiten zu einem bestimmten Thema. Da geht es dann aber eher um die Präsentation und um das Thesenpapier für die Klasse - das fände ich, vor allem in der Oberstufe der Kinderpflege viel sinnvoller.

  • Jetzt mal so rein als Laie...
    Ich würde die Schüler Fälle in Portfolioform dokumentieren lassen und wäre da auch dann pingelig, was Ordnung, Vollständigkeit und Fleiß angeht.
    Darauf aufbauend könnte sich dann eine Präsentation des Falls anschließen.


    Wichtig ist doch letztlich nur, dass in den berufsbezogenen Dokumentationen sorgsam gearbeitet wird und berufsbezogene Präsentationssituationen beherrscht werden.

  • Ich wäre sehr dankbar, wenn meine Schüler ihre Sachen mal ordentlich zusammenhalten würden. Als ich die Überschrift las, dachte ich: Natürlich ist das sinnvoll!


    Aber so inflationär wie du das schilderst scheint mir das auch nicht sinnvoll. Die Leistungsnachweise sollten sich auch ein bisschen nach der anstehenden Abschlussprüfung richten. Was wird da denn gefordert? Wieder eine Mappe?

  • Ich würde Piksieben zustimmen und auch sagen: Sinnvoll ja, aber nicht übertreiben.

  • Danke für eure Meinungen - ich finde das Ganze auch relativ einseitig.
    Die Prüfungen bestehen aus zwei Klausuren - jeweils 2 Fächer entwerfen eine Klausur, so dass die Inhalte von 4 Fächern "drankommen". Wesentliche Bestandteile der Ausbildung sind der sog. "Perspektivwechsel" - vom "Kind" zum Erziehenden und natürliche sämtliche Kompetenzen - in der Ausbildung natürlich vermehrt Sozialkompetenzen.
    In der Unterstufe ist das meiner Ansicht nach sinnvoll, aber in dem Maße, wie es bei uns gefordert wird, frage ich mich nach dem Sinn. Es wird sehr hochgehalten und die Kollegen korrigieren mit Inbrunst diese Berge von Mappen - alleine schon, die nach Hause zu schleppen, ist ein Kraftakt und das mehrere Male im Jahr.


    Was für Alternativen fändet ihr denn noch sinnvoll?


    Die Präsentation eines Teils aus der Mappe finde ich gut! Man müsste gucken, in welchem Fach diese Präsentation stattfinden könnte und wie sie bewertet wird!
    Portfolios finde ich super, bei den Erziehern gibt es das auch, und in reduzierter Form auch in der Kinderpflege - da geht es dann aber eher um ein Sammelsurium von Formularen und Bewertungsbögen der Lehrer, die diese Mappen korrigiert haben.


    Was setzt ihr außer Klausuren und den "klassischen" SoLeis für Leistungsnachweise ein? Es geht mir vor Allem um solche, die Selbst-, Sozial- und Methodenkompetenz aufgreifen.

  • Die Schüler könnten z.B. eine eigene Stunde abhalten. Nicht nur eine Präsentation. Sie sollen einen alten Inhalt wiederholen oder einen neuen Inhalt erarbeiten und den anderen vorstellen. Mit Übungen und Betreuungen der Mitschüler.Du springst dann bei Bedarf ein.

  • Die von dir geschilderten Leistungsnachweise empfinde ich als einseitig, aber nicht als nutzlos, für Erzieherinnen ist das Dokumentieren eine wichtige Kompetenz.
    Gerade in den KiTas müssen die Erzieher heutzutage unheimlich viel dokumentieren, und zwar lückenlos, sauber, ansehnlich ... und im Idealfall kreativ. Jedes Kind bekommt ein Portfolio usw. Man merkt, dass gerade ältere Erzieherinnen mit dieser Aufgabe völlig überfordert sind und die Dokumentationen den Jüngeren überlassen.

  • Hallo, ich kenne dein Curriculum nicht. Spontan könnte ich mir so eine Art Jahres-/ Projektarbeit vorstellen: jeder soll sich ein Thema überlegen, das ihn interessiert und soll (anhand eurer Kriterien) planen, wie man das mit Kindern umsetzen kann. Also z.B. was mit Experimentieren, Natur beobachten, Kreativangebot, Frühstück vorbereiten, Sport etc. und soll das dann ggf. mit den Kolleginnen umsetzen.


    Kann mir noch was zum Umgang mit Konflikten vorstellen: Ich kenne für Große den "Klassenrat", da gibts sicherlich was Ähnliches für Kindergarten. "Giraffensprache" usw. vielleicht können sich deine Mädels in Kleingruppen anhand eines Gesprächsleitfadens/ Bildkarten über Probleme austauschen und das so üben? So eine Art Beratungsseminar für Einsteiger.


    "Beobachten und fördern" i.w.S., kriteriengeleitet sensibilisieren für Entwicklung. Also Spielideen der Kinder aufnehmen, Entwicklung beobachten, Sprache beobachten und fördern etc. Ich würde sie Kinder (im Film, dann real) beobachten lassen und dokumentieren, was sie an Entwicklungsschritten wahrnehmen, z.B. in Bezug auf motorische Fähigkeiten, Interaktion usw. Daraus eine Falldokumentation schmieden lassen?


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