Huhu,
Ich hoffe, ich bin als angehender Lehramtsstudent auch schreibberechtigt hier, habe nämlich im Moment schwere Entscheidungsschwierigkeiten.
Zu mir: Letztes Jahr Abi gemacht, direkt studiert, gemerkt dass es nichts ist und jetzt dieses Semester mit Vorlesungen ausprobieren und Schulpraktikum machen überbrückt. Ich bin an einer Grundschule und es gefällt mir super gut dort. Ich kann mir nichts anderes mehr vorstellen und möchte nun gerne Lehramt studieren. Ich habe auch schon selbst Stunden gehalten.
Nun habe ich aber arg Probleme mich für eine Schulform und die Fächer zu entscheiden.
Die Grundschule gefällt mir sehr gut, allerdings fehlt mir dort auch manchmal der fachliche Tiefgang mit den Schülern. Der pädagogische Anteil macht natürlich Spaß, auch wenns manchmal sehr anstrengend ist.
Trotzdem habe ich das Gefühl, ich gehöre eher aufs Gymnasium, weil ich dort Chemie unterrichten kann und auch eher mal vernünftig mit einem Schüler sprechen kann. Manchmal ist es etwas ermüdend wenn man an jedem Montagmorgen in der 2. Klasse ein begeistertes Gesicht aufsetzen muss, wenn 25 Kinder nacheinander ohne Prioritäten von ihren Wochenenderlebnissen erzählen ( " Samstag bin ich dann aufgewacht und hab gefrühstückt. Es gab Butterbrötchen. Danach hab ich das Sonntagsmärchen geguckt (...)"). Bitte nicht falsch verstehen, ich hab die Kinder total gern, komme super mit ihnen klar und ich fühl mich wohl beim unterrichten, aber normale Gespräche, wie man sie vom Gymnasium Klasse 8 aufwärts doch schon eher kennt, sind nur mit wenigen Schülern möglich.
Bislang schätze ich auch den Arbeitsaufwand geringer ein, da ich mit Chemie zumindest nicht so ein schlimmes Korrekturfach habe wie Deutsch oder Sprachen. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit mit Chemie Klassenleitung zu werden ja eher gering (--> weniger Zeitaufwand). Andererseits ist das auch ein bisschen ein Nachteil, weil man eben nicht so einen großen Einfluss hat wie der Klassenlehrer selbst und nicht solche "Rituale" mit den Schülern hat wie vielleicht ein Klassenlehrer.
Außerdem weiß ich eben auf jeden Fall (auch wenn natürlich jede Klasse anders ist), dass mir die Grundschule gefällt und man dort als Klassenlehrer sehr kreativ sein kann. Beim Gymnasium kenne ich nur die Schülersicht und erlebe in einem Jahr vielleicht den totalen Praxisschock.
Also wie gesagt, ich mag die Schüler und es gefällt mir als Klassenlehrer so einen großen Freiraum zu haben und auch dass man viele verschiedene Fächer mit den Kindern hat. Was mir weniger gefällt ist einfach dass du, außer im Lehrerzimmer, kein normales Gespräch führen kannst, ohne den Ton direkt wieder auf "Grundschulebene" abzusenken und wahrscheinlich auch, dass man sein Leben lang immer nur bei einer Alterstufe ist.
Der Verdienstunterschied ist glaub ich nicht so wild (200-300 netto je nach Bundesland?), also glaube ich davon muss ich es nicht abhängig machen.
Ok das zur Schulform.
Nun zur Fächerwahl:
Chemie ist ja wie gesagt schon sicher und da komme ich bei meiner Traumuni (möchte nach dem letzten Studium nicht wieder woanders hin) auch problemlos rein. Bei uns studiert man (ab nächstes Jahr nicht mehr!) Grundschul- und Hauptschullehramt zusammen. Nun wäre ich mit Chemie ja wahrscheinlich direkt ein Kandidat für die Hauptschule (soweit ich weiß herrscht da zumindest Mangel) und habe Angst, dass ich überhaupt erst gar nicht an die Grundschule kommen würde, solange so ein Grundschullehrerüberschuss und ein Chemielehrermangel an der Hauptschule herrscht. Was haltet ihr davon? Eine Option wäre ja auch, dieses Jahr auf Gymnasium zu studieren, in den Semesterferien ein kurzes Praktikum an einem Gymnasium machen und entweder dabei bleiben oder mich dann auf Grundschullehramt bewerben, welches nächstes Jahr nicht mehr an die Hauptschule gekoppelt ist.
Sollte ich Gymnasiallehramt wählen würde mir die Wahl des zweiten Faches sehr schwer fallen. Ich wäre ja mega happy mit Erdkunde, aber da der NC sehr hart ist ( ca 1,2-1,4) habe ich trotz guter Abinote (1,5) schon damit abgeschlossen dort reinzukommen (werde es auf jeden Fall versuchen und käme ich rein wäre die Wahl definitiv für diese Kombination defintiv sicher!). Aber wie gesagt, ich rechne mit einer Absage und daher rätsel ich, was ich als Alternative angeben soll.
Sprachen schließe ich wegen (zurecht) verpflichtendem Auslandssemester und scheinbar immens hohem Korrekturaufwand aus. Laut einer Freundin, die Deutsch Lehramt studiert hatte, sei Deutsch auf Lehramt ziemlich langweilig und da es noch dazu einen riesigen Korrekturaufwand und miese Einstellungschancen hat, lasse ich das wohl auch besser bleiben. In Kunst, Musik und Sport bin ich nicht gut genug, der NC für Bio ist noch höher als für Erdkunde und Geschichte ist mit den schlechtesten Einstellungschancen überhaupt auch raus. Latein hatte ich nie, Mathe traue ich mir nicht zu Religion sollte ich bei meiner Einstellung dazu sicher besser bleiben lassen.
Es bleiben Physik und Ethik.
Physik: Ich habe Spaß an der Physik die in Bio und Chemie vorkam. Ich habe meiner kleinen Schwester auch letztens nach Durchschauen ihrer Unterlagen (9.Klasse) so gut in Physik geholfen, dass eine 13 bei rauskam. Und natürlich: Einstellungsgarantie mit Physik.
ABER: Ich war in der Schule eher physikdesinteressiert. Wir hatten nur einen Lehrer und ich habe nie zugehört, nie Hausaufgaben gemacht. Einmal habe ich sogar gelernt, da kam eine 12 bei raus, aber war vielleicht nur Glück. Außerdem hat selbst ein Mathematikerfreund gesagt, Physik wäre sehr schwer und das macht mir doch etwas Angst. In Mathe stand ich in der Unterstufe auf 1-2 in der 7.-8. auf 4-5 und in der 9.-12. auf 2-3 (G-Kurs). Ich habe einfach Angst, dass Physik nicht so ist, wie ich es mir vorstelle und ich es mathematisch zumindest total unterschätze und am Ende den Prüfungsanspruch verliere oder mich mit miesen Noten durchquäle. Außerdem glaube ich der Zeitaufwand im Studium selbst ist mit Chemie und Physik kombiniert echt nicht mehr zu toppen. Außerdem hätte ich Angst später in der Schule nur noch Physik zu unterrichten und nicht mehr Chemie.
Ethik: Ich mache mir sehr viele Gedanken zu diversen Themen, hatte eine 15 im Abi und laut meinen zwei Ethiklehrern, die ich bislang hatte, habe ich wohl ein ausgeprägtes analytisches Denkvermögen. Mit den vielen Theorien und komplexen Texten hatte ich bislang keine besonderen Probleme. Ich denke außerdem so ein Fach zu unterrichten und zu studieren wäre ein angenehmer Ausgleich zu Chemie, weil es einfach nochmal in eine ganz andere Richtung geht. Auch die Unterrichtsgestaltung ist wahrscheinlich etwas freier als in Chemie.
ABER: Ethik wird (momentan zumindest bei uns) erst ab der 9. unterrichtet und das bis zur 12. nur 2 stündig. Außerdem ist es kein Mangelfach, also wird Ethik wohl fast gar nicht gesucht und ich weiß nicht ob ich mir damit nicht total die Einstellungschancen vermiesen würde. Jobsicherheit ist mir schon sehr wichtig. Außerdem haben mir manche Diskussionen in Ethik keinen Spaß gemacht, einfach weil viele Schüler eine Stammtischdiskussion drausmachen und mit absolut oberflächlichen und null durchdachten Argumenten ankamen. Ich weiß halt nicht ob das am Lehrer lag, ob es an der Klasse selbst lag oder ob man sich einfach irgendwann drangewöhnt. Allerdings käme ich wahrscheinlich eh kaum mehr dazu Ethik zu unterrichten, eben weil es nicht gesucht ist und Chemie schon eher.
Glückwunsch an alle die bis hierhin gelesen haben. Ich bin wirklich verzweifelt und ich hoffe, es kann mir hier jemand gute Tipps und Anregungen geben. Die eine Antwort gibt es nicht und man wird immer irgendwas in seinem Beruf haben, was einen nervt, aber ich denke es ist schon wichtig, dass man nachher unterm Strich eine positive Bilanz ziehen kann.
Vielen Dank im vorraus für die Antworten !