Korrekturen, Vor- und Nachbearbeitung des Unterrichts

  • Hallo zusammen,


    Ich stehe vor der Entscheidung, zunächst an einer Grundschule zu unterrichten oder an einem Gymnasium. Deputat: 28 vs. 25 Wochenstunden. Fächer sind Deutsch und Sozialkunde.


    Wie schaut es mit dem Arbeitsaufwand für Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie Korrekturen von Klausuren/Klassenarbeiten in beiden Schulformen aus? Womit muss ich da ungefähr rechnen? Wer plaudert da mal aus dem Nähkästchen? :)
    Ist grundsätzlich am Gym mehr Arbeit oder verlagert es sich einfach nur vom Didaktischen an der GS hin zum Fachlichen am Gym?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo!


    Ich habe seit Februar eine Vollzeit-Planstelle am Gym, bin nicht komplett Anfängerin, da ich vorher ein paar Jahre als Vertretungslehrerin gearbeitet habe, allerdings habe ich gerade mal die Hälfte der Klassen schon mal vorher unterrichtet.
    Mein Fächerkombi ist Sprachen / Sowi, ich habe dieses Halbjahr keine einzige Stunde Sowi. 6 Korrekturgruppen, 17 Klausur-/Klassenarbeitstermine dieses Halbjahr, à mindestens 25 SchülerInnen.
    Ich hatte mal eine Vertretung Vollzeit nur SoWi, viele Doppelungen, insgesamt 2 Klausurtermine à ca 20 SchülerInnen. Ein himmelsweiter Unterschied.


    Insbesondere als "Anfänger" ist die Vollzeitstelle an der (eigenen) Schulform Gymnasium kein Zuckerschlecken. Ich liebe meinen Job und würde ihn um nichts in der Welt tauschen. Ich bin an einer Ganztagsschule und abends bin ich zu gar, um Deutsch zu korrigieren, also sind meine Wochenenden voll mit Planung und Korrekturen. Ich bewundere jede Deutschjunglehrerin mit Kindern, die (nahezu) Vollzeit arbeitet.
    Aaaaaaaber: es sind meine Fächer, ich habe sie studiert, ich bin fit und dafür qualifiziert. Mein Ref hatte Höhen und Tiefen, aber ich habe bestanden, ich KANN das. (Attestiert! :-D)


    An der Grundschule wirst du kaum nur "Deutsch und SoWi" unterrichten. und selbst wenn es so wäre: Der Lese- und Schreiberwerb ist echt was Anderes als Rechtschreibunterricht in der Mittelstufe. Es ist eine gaaaaaaanz andere Didaktik! Ein ganz anderer Umgang. Du hast an der Grundschule die "ganze Bandbreite", müsstest also quasi immer doppelt differenzieren. Am Gymnasium muss man natürlich auch differenzieren, aber seien wir mal ehrlich, ich möchte den sehen, der das in jeder Stunde konsequent macht (und nicht nur "und für die Schnellen noch eine Aufgabe"), an der Grundschule kannst du nicht anders. Einige SchülerInnen können schon am ersten Schultag fliessend lesen, andere werden es erst am Ende der 2. Klasse können. Bei den Zahlen dasselbe.
    Was mich zum nächsten Punkt bringt: Welche Ahnung / Erfahrungen hast du denn in Mathe und Naturwissenschaften? Ich unterstelle einem Deutsch/SoWi-Lehrer eben relativ wenig. Wie machst du denn spannende Experimente in Sachkundeunterricht? Wie sorgst du denn dafür, dass die Kids in Mathe super begeistert werden? Kannst du dir vorstellen, Kunst und Musik zu unterrichten? Auf Grundschulniveau und auf der Ebene, dass die Kids was damit anfangen können?
    Im Prinzip: kannst du einen Stoff, den du auf hohem Niveau (noch) nicht beherrschst, sinnvoll didaktisch reduzieren?


    Ich habe oben erwähnt, dass ich unglaublich viele Korrekturen habe. Klar, an der Grundschule schreibt kein Kind 5seitige Aufsätze.
    Dafür schreibt es jeden Tag neue Buchstaben, neue Texte, rechnet neue Zettel, malt neue geometrische Formen, sammelt neue Informationen von den tollen Stationen, die du am Wochenende gebastet hat, usw... und das muss überprüft werden... ich bin oft mit dem Bus und Zug unterwegs und ich "treffe" regelmässsig eine Grundschullehrerin. Wir haben an einzelnen Tagen den selben Stundenplan. Sie hat quasi immer eine riesige Stofftasche dabei und ständig Mappen in der Hand mit einem Blatt pro Kind (so Matheblätter des Tages, Deutsch-Aufgaben, ...). Es sollte ja möglichst fehlerfrei im Heft stehen und du kannst bei den jüngeren GrundschülerInnen nicht davon ausgehen, dass sie sich alle selbst verbessern. Außerdem willst du ja einen Überblick über den Stand haben, damit du zum Beispiel die individualisierten Wochenpläne entwickeln willst.


    Ich hatte in der Jugend / im Studium überlegt, auf Grundschule zu wechseln. Ganz ernsthaft: ohne eine gute Ausbildung für diese unglaublich komplexe, herausfordernde Schulform halte ich es für fahrlässig. Vom Bundesland und vom Lehrer, der die Stelle annimmt. Geh ans Gymnasium.


    chili

  • chilipaprika, da hast du passende worte gefunden!


    wir haben gerade eine kollegin, die nur in 3 neben-fächern fachfremd unterricht erteilt. sie war zuvor an der hauptschule. sie bekommt das hin, aber sie kniet sich auch unheimlich hinein und ist auf unterstützung im team angewiesen.


    eine große aufgabe ist der umgang mit den schülern und die stundenstruktur.
    grundschüler werden vor allem in 1/2 anders angesprochen, brauchen mehr beziehung als das an weiterführenden schulen der fall ist.
    gerade in den ersten monaten wirst du für jahrgang 1/2 jede stunde bis ins kleinste durchstrukturieren müssen, bewegungs- und entspannungsübungen einplanen, bist du klassenlehrer streitschlichtungen durchführen und kooperationsübungen...

  • Mich wundert doch sehr, dass du das mal eben so aussuchen darfst. Ich denke doch, dass nicht umsonst Lehrer in verschiedenen Lehrämtern ausgebildet werden.


    Ich habe leider gerade nur wenig Zeit, nur soviel. Im Zuge der geplanten Primarschule (1-6 Grundschule) wurden in HH einige Gymnasiallehrer an Grundschulen eingesetzt. Unserer saß 2 Monate später weinend im Lehrerzimmer. Er könne mir nicht mit so vielen verschiedenen Kindern arbeiten und er war in Klasse 6 eingesetzt. Stelle dir das nicht so leicht vor.


    LG Anja

  • Schuster, bleib bei deinen Leisten ….. oder so? Ich rate dir dringend davon ab! Es geht hier nicht nur um den Unterschied zwischen Vor- Nachbereitung oder viel und wenig Korrekturaufwand. Das sind zwei völlig verschiedene Baustellen. Ich habe Lehramt für Grund - und Hauptschule studiert und auch schon beides unterrichtet (bis einschl. Klasse 9) . Trotzdem würde ich NIEMALS am Gymnasium unterrichten. (VIELLEICHT noch Klasse 5…… ) Und das nicht nur, weil mir das "Fachwissen" fehlt……. sondern weil mir völlig klar ist, dass das ein komplett anderes Unterrichten ist. Alleine bei der Geschwindigkeit würde ich einen Drehwurm bekommen *lach*.
    Ernsthaft: Finger weg davon….. geh ans Gymnasium und freu dich da auf deine Schüler und deinen Unterricht :)

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • P.S. schwitzende Aushilfslehrkräfte habe ich bei uns im Lehrerzimmer auch schon erlebt….. die mussten mal eben für 6 Wochen in eine erste Klasse rein. War richtig "niedlich"….. Unser Kollegium hat aber immer alle soweit unterstützt, dass sie nicht so völlig hilflos waren. Mir taten sie trotzdem immer leid ;)

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Su solltest schauen, wo deine eigenen Affinitäten liegen.


    In der Grundschule kannst du fachlich i. d. R. nicht sehr in die Tiefe gehen, dafür musst du den Stoff sinnvoll didaktisch reduzieren, spielerisch und altersgerecht interessant gestalten. Du hast viel mit Erziehungsfragen, Streitschlichtung etc. zu tun und wirst als ganze Person gefordert, musst dich auch emotional mehr einbringen. Dafür sind die Kiddies i. d. R. anhänglicher, lernen in der Mehrzahl gerne und stellen dich als Lehrperson nicht in Frage.


    Am Gym insbes. in den höheren Klassen ist bes. deine fachliche Qualifikation gefragt, du hast eher eine emotionale Distanz zu den SUS und musst auch mit den Null-Bock-Phasen von Teenies fertig werden, die dich als Lehrer nicht unbedingt als Autorität akzeptieren. Dafür hast du mehr mit Korrekturen zu tun, die ja auch so aufbereitet sein müssen, dass sie einem Einspruch standhalten können, was in der GS eher weniger der Fall ist.


    Letztlich finde ich die Unterschiede aber gar nicht so groß, da die grundlegenen Anforderungen, die man an einen Lehrer hat, für beide Schulformen gelten. Ich fand es eine sehr lehrreiche Erfahrung, den Übergang zwischen beiden Schulformen mitbekommen zu haben - wenn man z. B. sieht, wie viele GS arbeiten, versteht man, warum die 5er so quirlig sind. Andererseits mutieren viele SUS in der Eingangsstufe der Oberstufe wieder zum GS, und da hilft es, einfach ein paar Klare Worte zu reden.


    Also, ich fand, beide Schulformen hatten ihre angenehmen Seiten, und ich bin damit gut zurecht gekommen. Ich denke, es kommt einfach auf die Persönlichkeit an - ob man einfach bereit ist, sich auf ganz unterschiedliche Kinder und Altersgruppen einzulassen. Etlichen Gym-Lehrern hätte ich die unverkrampfte Art, die man an der GS braucht, nicht zugetraut, andererseits fehlen vielen GS-Lehrern die fachlichen Kenntnisse, um an einem Gym zu unterrichten.

    Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

  • Hallo!


    Ich bin seit 10 Jahren am Gymnasium. Meine Sicht der Dinge ist die:


    Korrigieren:
    Mit Deutsch und SoWi hast du natürlich den Korrektur-Hauptgewinn gezogen (Na ja, Deutsch und Englisch ist wohl noch schlimmer). Rechne mal pro Wochenstunde eine Klausur/Klassenarbeit pro Schuljahr. Also bei einer vollen Stelle um die 25 Klausuren im Jahr. Wenn du im Schnitt von 28 Schülern pro Lerngruppe ausgehst, musst du also 700 Klausuren/Klassenarbeiten pro Schuljahr korrigieren.


    Wie lange man an einer Arbeit korrigiert, hängt von vielen Faktoren ab: Effizienz bei Planung und unterrichtlicher Vorbereitung, Fähigkeiten der Schüler, Qualität des Erwartungshorizonts, Jahrgangsstufe, Thema usw. Wenn du im Schnitt 30 Minuten pro Arbeit annimmst (was schon sehr knapp kalkuliert ist), bist du bei 350 Stunden Korrektur im Schuljahr. Ohne Sommerferien (in denen es nichts zu korrigieren gibt), bleiben dir im Jahr 46 Wochen, also korrigierst du im Schnitt ca. 8 Stunden pro Woche. Da man nachmittags/abends meistens platt ist/sich erholen und/oder Unterricht vorbereiten muss, ist also ein Tag des Wochenendes für die Korrektur reserviert.


    Dann hast du aber noch keine Hausaufgabenüberprüfung korrigiert oder auch nur bei einem Schüler kontrolliert, ob er sein Heft ordentlich führt. Die Folgen einer Korrektur sind da auch noch nicht drin: Listen führen, Schnitt ausrechnen, Berichtigungen nachsehen, Elternunterschriften hinterherrennen ...


    Vor- und Nachbereitung:
    Lässt sich pauschal nicht beantworten. Es gibt Leute, die schnell planen und guten Unterricht machen. Andere mühen sich bis spät nachts ab und es kommt nichts dabei herum. Es gibt Leute, die ziehen alten Stunden aus der Schublade, andere planen jede Stunde neu. Mit der Zeit wird es aber weniger an Aufwand, finde ich.


    Fachliches vs. Didaktisches:
    Es wäre naiv zu glauben, der Schwerpunkt am Gymnasium liege ausschließlich beim Fachlichen. Didaktisch ist das auch recht anspruchsvoll und vor allem je nach Alter sehr unterschiedlich.


    nicht angesprochene Punkte:
    Vergiss nicht: Bürokratismus, Konferenzianismus, Elternarbeit, Binnendifferenzierung, extreme Belastungspeaks (Vorweihnachtszeit und Abiturprüfungszeitraum z.B.), Exkursionen, Kurstreffen, Projekte, AGs, Sonderaufgaben usw.


    zur Frage überhaupt:
    Es ist völlig legitim und vernünftig, nach der Belastung zu fragen. Ich würde das aber nicht zum alleinigen Kriterium machen. Arbeiten musst du in beiden Fällen für dein Geld, und zwar hart. Frage dich lieber, was du inhaltlich/fachlich machen möchtest und mit welchen Menschen du arbeiten willst.


    Gruß

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  • Na ja, es sieht wohl so aus, dass ich 2 Deutschklassen 7 und 9 bekomme sowie einen Sowi Leistungskurs und zwei Sowi Grundkurse. Der Rest ist Sowi in der Mittelstufe, d.h. korrekturfrei.
    2 Klausuren im Hj. im LK, 1 im GK und bei Deutsch wird es wohl je 2 sein. Komme ich auf 8 Klausuren im Halbjahr, ist das zu schaffen???


    Hab mir auch schon Gedanken gemacht, die Klausuren zumindest stellenweise im Muliple-Choice Verfahren zu stellen. Nicht ausschließlich, aber zum Teil. Fand das als Student an der Uni gar nicht so einfach und wieso soll das am Gym nicht gehen???
    Wer hat da Erfahrung und was meint Ihr zu der Idee???

  • In der Oberstufe ist es mehr, bei einem gut vorbereieteten Erwartungshorizont geht es schneller. Englisch ist schlimm, weil das Sprachniveau der meisten SUS einfach gruselig ist - sie übersetzen wörtlich D-E und es kommen tw. wirklich unverständliche Texte dabei heraus.
    Im Multiple-Choice -Verfahren kannst du vielleicht mal eine Aufgabe erstellen, aber auf keinen Fall eine ganze Klassenarbeit oder Klausur, weil die SUS freien Text schreiben sollen, und das den Richtlinien widerspricht - damit handelst du dir nur Ärger ein.
    Aber ich verstehe deinen Status nicht so ganz - bist du jetzt Student, Ref, Vertretungslehrer?


    LG


    Sonnenkönigin

    Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

    • Offizieller Beitrag

    Na ja, es sieht wohl so aus, dass ich 2 Deutschklassen 7 und 9 bekomme sowie einen Sowi Leistungskurs und zwei Sowi Grundkurse. Der Rest ist Sowi in der Mittelstufe, d.h. korrekturfrei.
    2 Klausuren im Hj. im LK, 1 im GK und bei Deutsch wird es wohl je 2 sein. Komme ich auf 8 Klausuren im Halbjahr, ist das zu schaffen???


    Bei der Kombi finde ich es eine tolle Mischung!
    Ich hatte letztes Halbjahr 17 Klausurtermine ;)


    Zitat

    Hab mir auch schon Gedanken gemacht, die Klausuren zumindest stellenweise im Muliple-Choice Verfahren zu stellen. Nicht ausschließlich, aber zum Teil. Fand das als Student an der Uni gar nicht so einfach und wieso soll das am Gym nicht gehen???
    Wer hat da Erfahrung und was meint Ihr zu der Idee???


    Gaaaaaanz schlechte Idee.
    Hast du jetzt das Bundesland gewechselt oder ist es Tarnung? (problematisch bei solchen Fragen...)
    In NRW gibt es konkrete Vorgaben, da kannst du keine Multiple-Choice stellen. Höchstens in deinen (für dich freiwilligen) Tests in der Politik-Mittelstufe.
    (Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in BaWü anders wäre).


    Sonnenkönigin hat übrigens da Recht: es liegt alles am Erwartungshorizont. Natürlich korrigierst du keine LK-Klausur in 5 Minuten. Aber je besser die Vorbereitung der Klausur und des Erwartungshorizonts, desto einfacher und schneller lässt es sich korrigieren.
    Durch (Aus)Tausch mit anderen KollegInnen lässt sich auch die Arbeit verringern.


    chili

    • Offizieller Beitrag

    du musst in deinen SoWi-Arbeiten/Klausuren ja alle drei Anforderungsbereiche einbauen. Wie willst du das bei Multiple-Choice-Aufgaben sinnvoll arrangieren?
    Das System kannnst du bei Anforderungsbereich 1 anwenden, aber danach wirds schon schwierig.
    Frei formulieren ist ja eine der zu erwerbenden Kernkompetenzen.
    Außerdem solltest du bedenken, dass MultipleChoice, so wie in den Deutsch-Kompetenztests üblich, nicht 1:1 gewertet werden sollten, um die Gefahr des puren Ratens zu minimieren. Das wiederum bedeutet, du musst sehr viele Aufgaben stellen. Die Mogelmöglichkeiten sind übrigens wesentlich größer als bei normalen Operatoren-Aufgaben.

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