Nachteilsausgleich

  • Also ich möchte hier mal eine Frage loswerden zum Thema :
    Behinderungen in der Schule.


    Es gibt ja den Passus "Nachteilsausgleich" in fast allen Schulgesetzen.


    Je nach Engagement, Laune oder ich weiß nicht so genau wie es bemessen wird, wird dieser Passus angewendet auf


    a) körperliche Beeinträchtigung
    b) Lernbehinderungen


    In allen vorstellbaren Abstufungen.


    Ich kenne Fälle, da läuft ein ADS Kind unter Nachteilsausgleich.
    Genauso aber auch sehbehinderte Kinder.
    Oder autistische Kinder.Oder einfach nur LRS.
    Aber nicht Dyskalkulie, die gibt es nämlich nicht.


    Ich wüsste jetzt gerne mal :


    Wer stellt den Bedarf an Nachteilsausgleich fest?
    Gibt es verbindliche Regelungen?
    Wie setzt ihr den Nachteilsausgleich um?
    Gibt es Handlungsanweisungen dazu?



    Kennt sich da einer aus hier?

  • Hallo Childsun,



    So willkürlich, wie es zunächst scheinen mag, ist es nicht. Der Nachteilsausgleich gilt für alle Schüler mit Behinderungen bzw. mit sonderpädagogischem Förderbedarf.


    Sonderpädagogischer Förderbedarf wird über ein Überprüfungsverfahren festgestellt und dadurch benötigen die jeweiligen Schüler keinen gesonderten Antrag auf Nachteilsausgleich. Sie erhalten ihn automatisch.
    Sonderpädagogischer Förderbedarf kann in den Bereichen Lernbehinderung, Erziehungshilfe, Sprachbehinderung, Sehbehinderung, Hörbehinderung, geistiger Behinderung und Körperbehinderung festgestellt werden.
    Das genaue Verfahren zu erläutern, würde jetzt wohl etwas zu lang dauern, da sonderpädagogischer Förderbedarf nicht von heute auf morgen festgestellt wird.


    Wenn kein sonderpäd. Förderbedarf vorliegt (z.B. bei LRS oder einfach ein gebrochener Arm) ist von den Eltern des betreffenden Schülers ein Antrag auf Nachteilsausgleich an die Schulleitung zu richten. Ein Nachweis über die Behinderung bzw. die vorübergehende Beeinträchtigung muss natürlich beigelegt werden. (Hier liegt das Problem bei Dyskalkulie, weil in diesem Bereich die Meinungen der Fachleute tatsächlich weit auseinander gehen. Und worüber man sich nicht einig ist, kann schlecht eine Bescheinigung ausgestellt werden.)


    Die Schulleitung entscheidet dann mit den unterrichtenden Lehrkräften individuell über Art und Umfang des Nachteilsausgleichs. In Zweifelsfällen muss die Einscheidung der Schulaufsichtsbehörde eingeholt werden.


    Ich hoffe, ich konnte dir damit soweit weiter helfen.


    Gruß,
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Hallo Mia!


    Auch Schüler mit Sprachbehinderung oder einer körperlichen Behinderung können einen Nachteilsausgleich bekommen, wenn sie zielgleich unterrichtet werden. Denn an einer Sprachheilschule wird nach dem "normalen" Lehrplan unterrichtet und nicht nach einem Sonderpädagogischen und auch an Körperbehindertenschulen ist ein Unterricht nach dem "normalen" Lehrplan möglich. Ein gewährter Nachteilsausgleich darf nicht im Zeugnis stehen.
    hm, die Umsetzung - vor allem kenne ich es, dass den Schülern bei Klassenarbeiten mehr Zeit gewährt wird, Blinde oder Sehbehinderte bekommen entsprechendes Material (Computer, Texte in Blindenschrift...), schlecht lesende Schüler bekommen Unterstützung beim Lesen der Arbeitsaufgaben oder bekommen sie vorgelesen, Körperbehinderte dürfen Arbeiten am Computer schreiben + mehr Zeit, ansonsten noch größere Linien, spezielle Stifte, mündliche statt schriftliche Prüfung, individuell angepasste Übungen beim Sport.


    hier gibt's auch noch Infos (aus S-H)
    http://www.schulrecht-sh.de/texte/n/nachteilsausgleich.htm


    LG
    Dana

  • Zitat

    Sonderpädagogischer Förderbedarf wird über ein Überprüfungsverfahren festgestellt und dadurch benötigen die jeweiligen Schüler keinen gesonderten Antrag auf Nachteilsausgleich. Sie erhalten ihn automatisch.
    Sonderpädagogischer Förderbedarf kann in den Bereichen Lernbehinderung, Erziehungshilfe, Sprachbehinderung, Sehbehinderung, Hörbehinderung, geistiger Behinderung und Körperbehinderung festgestellt werden.


    Öhm, Dana....genau das hab ich doch auch geschrieben. ?(


    Die einzigen Sonderschüler, die übrigens nicht zielgleich unterrichtet werden sind Schüler mit Lernhilfebedarf und geistiger Behinderung (was natürlich auch mit anderen Behinderungen einher gehen kann, wie eben Körperbehinderungen). Alle anderen werden nach den Lehrplänen der Regelschule unterrichtet. So rum kann man's einfacher auf den Punkt bringen. ;)


    Aber zur Umsetzung wollte ich ja auch noch was schreiben. Hatte ich dann ganz vergessen...


    Im Erlass zum Nachteilsausgleich vom Hess. Kultusministerium (der ziemlich deckungsgleich mit dem schleswig-holsteinischen Erlass ist, wie ich gerade sehe) steht.:
    - verlängerte Arbeitszeiten bei Klassenarbeiten
    - Bereitstellen bzw. Zulassen spezieller Arbeitsmittel
    - mündliche statt schriftliche Prüfungen
    - unterrichtsorganisatorische Veränderungen einschl. individuell gestaltete Pausenregelungen
    - differenzierte Hausaufgabenstellung
    - individuelle Sportübungen
    usw.


    Man sieht also, es ist eine ganze Menge möglich. Wie das konkret ausgestaltet wird, kommt natürlich auf den Einzelfall an und wird (s.o.) von Schulleitung und den beteiligten Lehrkräften entschieden.


    Gruß,
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

    Einmal editiert, zuletzt von Mia ()

  • Hallo Mia,


    hm, da habe ich wohl nicht genau gelesen :O *rotwerd*, hatte nur vom Sonderpädagogischen Förderbedarf gelesen.
    Schön, dass wir also das Gleiche meinten


    LG
    Dana

  • Danke euch für die guten Antworten.


    Hm, da bleiben mir jetzt noch einige Fragen offen.


    Nur damit ich es jetzt richtig erfasst habe:


    Es gibt 2 Möglichkeiten.


    1. sonderpädagogischer Förderungsbedarf, der eigentlich ein Verwaltungsverfahren beinhaltet


    2. Antrag auf Gewährung eines Nachteilausgleichs, der in aller Regel an die Schulleitung geht.


    Frage: genügt dafür ein normales ärztliches Attest, oder muss das vom Amtsarzt sein? Ist der Nachteilsausgleich zeitlich befristet?



    Außerdem wüsste ich gerne noch folgendes:


    Warum ist es nicht möglich eine Dyskalkulie nachzuweisen?
    Genügt da nicht ein ganz normaler mehrdimensionaler IQ Test?
    Wenn das Kind eine durchschnittliche oder gar gute Intelligenz hat, aber im rechnerischen Denken Richtung Debilität mutiert, dann ist das doch ein wissenschaftlich nicht widerlegbarer Nachweis, oder?


    Oh je, ganz schön speziell.
    Ich hoffe mal, dass hier trotzdem einer noch Stellung beziehen kann.


    Vielen herzlichen Dankeschön

  • Für Nachteilsausgleich ist bei uns der MoBi (Mobile Dienst) der Bez.Reg. zuständig.
    Im Einzelfall z.B. (Legasthenie) seit über einem Jahr zugesagt, aber immer noch nix Schriftliches trotz wiederholter Nachfrage der Eltern... Schlafmützen!!!
    Rechenprobleme/Dyskalkulie?
    Kannste mal schildern?
    Vieleicht kann ich dich da rein praktisch unterstützen? Wie alt? Welche Klassenstufe? Was genau rechnet das Kind nicht? Bzw. auf welchem Weg kommt es zu seinem Ergebnis (unabhängig ob es richtig oder falsch ist)?
    Wie wurde in Klasse 1 und 2 unterrichtet?


    LG Cecilia

  • Also das ist jetzt ganz schwierig - und auch für mich nicht ganz klar abgrenzbar.


    Klassenstufe Realschule 6.Klasse
    Wiederholung wegen Mathematik 5 ohne Ausgleich, da in Deutsch und Englisch als Hauptfach auch nur eine 4 erreicht wurde.
    In den anderen Fächern Noten von 1 - 3.
    Schade, ist aber halt so.


    Erschwerend kommt hinzu, das besagtes Kind (welches natürlich eines der meinigen ist) vermutlich unter einem Asperger Syndrom leidet. Das jetzt näher zu erläutern würde vermutlich den Rahmen hier sprengen.


    Also auffällig wurde das Rechenvermögen das erste Mal in der 2. Grundschulklasse.
    Die Grundschullehrerin- zwar schon älter- war einsame Spitze!
    Hat sozusagen Einzelintegration geleistet, und sehr genau beobachtet.
    Sie hat mit allen heute gängigen Möglichkeiten gerechnet. Auch mit sehr viel Anschauungsmaterial. Zahlenstrang, Kugeln, etc.
    Problematisch vor allem Textaufgaben.
    Obwohl er schon sinnerfassend lesen kann.
    Er kann auch, abgesehen von mathematischen Dingen, sehr wohl logisch denken und logische Schlussfolgerungen ziehen.


    Ganz schlimm war von Beginn an die die Tatsache, dass Aufgaben in verschiedenen Varianten gerechnet werden. Noch dazu ausgeschmückt mit bunten Bildchen, die vom eigentlichen ablenken.Hat ihn immer nur verwirrt.
    Deshalb wurde es in der 3./4. Klasse dann etwas besser, als die Bücher sachlicher wurden.


    Seine Taktik: auswendiglernen.


    Er kann super gut auswendiglernen, können angeblich alle Autisten.
    Inzwischen hat er einfache Rechenoperationen auch gelernt.
    Er kann Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division.


    Er kann auch Bruchrechnen.
    Was er nicht kann ist Dezimalrechnen.
    Warum?
    Keine Ahnung.
    Er hat nicht begriffen, dass das Komma immer untereinander stehen muss, wie sich das mit dem Stellenwert der Zahlen verhält usw.


    Jedes neue Thema überfordert ihn total.
    Außerdem stolpert er regelmässig über Aufgaben, bei denen plötzlich etwas anders herum gefragt wird als sonst üblich.
    Er rechnet 3+4 =7
    Aber bitte nicht 3+ =7
    Das sieht er selbst dann nicht, wenn es direkt untereinander steht.



    Manchmal sucht er sich eigene recht kreative Lösungswege.
    Beispiel:


    Aufgabe - rechne 1/25 tel in eine Dezimalzahl um.
    Er rechnet - 100/25=4
    4 = 0,04


    Das Ergebnis ist richtig, aber er kann nicht erklären wo die 100 herkommt, und aus 4 wird 0,04 weil Hundert zwei Nuller hat.


    Andersherum kann er es nicht, glaub ich.


    Frage: in Bruchzahlen ist 0,1? Antwort: 1/100
    Frage: und 0,2? Antwort: 1/10


    Also für eine Idee zur Hilfestellung wäre ich schon dankbar.
    Darf aber nicht kindisch sein. Er mag keine kindischen Sachen.
    Ach ja, noch zur Anmerkung (weil wir schon öfter damit von schulischer Seite konfrontiert waren): er ist KEIN Hochbegabter.
    Er ist aber auch nicht minderbegabt.
    Ein Hawik Test ergab eine ganz normale Begabung.Ausser im rechnerischen Denken.


    Danke

  • Danke, ich weiß über Asperger Bescheid... DAS ist vielleicht (mit Attest auf Asperger) noch eure beste Chance auf Nachteilsausgleich.
    In Klasse 6 kommt ihr im Prinzip nur mit prof. Hilfe weiter.
    Und im Zahlenaufbau von ganz unten... Stellenwertsystem nicht verstanden..., vermutlich auch keine Idee, dass Rechenaufgabe eine Gleichung mit zwei gleichen Seiten (?), weshalb er Lückenaufgaben nicht verstehen kann.
    Kann er gesichert ohne zu zählen im ZR bis 10 rechnen?
    Für 4+ ? = 9 als Ergebnis 5 nennen? Die Menge 10 in alle Zweierzerlegungen trennen (ohne zu zählen)? Im Zahlenraum bis 20 automatisiert rechnen?
    Wenn das nicht der Fall ist, muss man leider so weit unten anfangen, egal wie alt das Kind ist.
    Tipp: Das Buch von Rainer Dürre , Herder: Rechenschwäche - das Trainingsprogramm für Ihr Kind


    - arbeitet mit dem Anschauungs-Mathe-material "Farbige Stäbe" von klett - wird er allerdings u.U. als babyhaft empfinden, jedenfalls wenn` s Mama macht.


    Zahlenstrang, Kugeln, Steckwürfel und ähnliches Abzählmaterial haben u.U. seine Rechenschwierigkeiten noch verstärkt, weil manche Kinder leider den Eindruck gewinnen, Rechnen sei eine flotte Art des Zählens... Da mag die KL noch so lieb gewesen sein- wahrscheinlich wusste sie es nicht besser.
    Merke: Wer zählt, rechnet nicht!


    LG Cecilia

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