Meinungen zu verkürzter Schulzeit

  • Zitat


    Um es auf den Punkt zu bringen: Verkürzte Schulzeit wäre absolut O.K., wenn zuvor die Rahmenbedingungen dafür geschaffen würden, Schule auch von seiner räumlichen Struktur her ein 2.Zuhause für die Kinder werden könnte - mit Aufenthalts-, Ess-, und Freizeitmöglichkeiten, Hausaufgabenraum usw.


    Die Wahrheit sieht aber anders aus. Selbst wenn all diese Bedingungen erfüllt sind, wird die Schule nicht zum Kinder-Paradies werden. Das liegt einfach daran, dass viele Eltern ihre Kinder bereits langfristig und z.T. unbewusst gegen Schule, Lehrer und Bildung einstimmen. Wenn Schüler den Schulgang als etwas negatives ansehen, dann kann die beste Schule nicht mehr viel erreichen. Wir werden die perfekte Rahmenbedingungen nicht abwarten können, bevor wir Veränderungen durchführen.


    Deine Forderung klingt ja naheliegend, aber die Umsetzung ist alles andere als einfach. Und was nutzt ein Angebot, wenn es z.B. aus Kostengründen von den Eltern nicht angenommen wird? Wir haben solche Dinge gerade durchgespielt.


    Zitat


    34 Wo-Stunden sind zu schaffen, klar - aber nur, wenn es nicht Mengen von Hausaufgaben gibt für Kinder, die dann 13-14 Jahre alt, mitten in der Pubertät und im Wachstum stecken, die vielleicht neben der Schule noch ein Instrumént erlernen oder Fußball spielen oder zur Feuerwehr gehen oder auch zum Konfirmandenunterricht. Sie sind immer noch Heranwachsende - und die derzeitige Wo-arbeitszeit für einen erwachsenen Arbeitnehmer liegt zwischen 38,5 -40 Stunden (ohne Hausaufgaben).


    Nun, die Unterrichtsstunden sind ja für die Schüler auch nur 45 Minuten lang. Ich habe, bedingt durch meine Eltern, noch einige andere Schulerfahrungen im Ausland gesammelt. Offen gesagt sind die zeitlichen Ansprüche in Deutschland vergleichsweise gering gewesen. Im Ausland ist allerdings das Image von Schule ein anderes. In der Sache gebe ich dir recht, auch ich finde die Stundenzahl zu hoch.



    Zitat


    Gleichzeitig müssten die Lehrpläne von überflüssigen Inhalten entrümpelt werden - denn, was wir derzeit haben: Im Schnelldurchgang die Themen anreissen (um überhaupt durchzukommen), Lernen für eine KA, - KA schreiben, -> lernen-> vergessen, DAS kann es nicht sein. Das ist auch nicht der Sinn einer gymn. Ausbildung (aber das, was in der Realität derzeit stattfindet).


    Dass ist so nicht ganz richtig. Die Lehrpläne werden endrümpelt und geändert. Auch deine Schilderung der Klassenarbeiten entspricht nicht mehr der Vorgabe. Bis zum letzten Schuljahr dürfte in einer Arbeit nur der Stoff der letzten Wochen behandelt werden. Seit einem Jahr ist das jetzt anders. Daher enthalten unsere Arbeiten jetzt immer auch Wiederholungsaufgaben. Wer beschwert sich deswegen? Schüler und Eltern!



    Zitat


    Ich weiß nicht, inwieweit da Lehrkräfte an den Schulen frei ihre Meinung äußern können. An unserem Gym. in den Unterstufenklassen sind es viele neue junge LehrerInnen, die gerade anfangen. Einerseits hoffentlich frischer Wind und Lust und Liebe vor allem zu den jungen Menschen, die sie ausbilden sollen - andererseits vielleicht noch nicht den Mut, ehrlich und fest eine andere Meinung zu vertreten ( ???) vor einem älteren und eingefahrenen Kollegium?



    Das klingt für mich ein bischen wie der Jugendwahn der deutschen Industrie...
    Ältere Kollegen sind "eingefahren". Früher nannte man das "erfahren".



    Zitat


    Meine stille Hoffnung liegt darin, dass die Lehrer, die in der Praxis stecken, an ihre Schulleitungen (und diese an die MK`s) rückmelden, dass die Kinder diese Vorgaben nicht schaffen können. Und man dann diesen Unsinn zurücknimmt. Im 9.SJ die 3.Fremsprache ist früh genug (oder im 11. , so wie ich es damals hatte)


    Nun, ich bin auch gerne bereit, auf 2. und 3. Fremdsprache zu verzichten. WENN man aber weitere Fremdsprachen einführt, dann sollte man es logischerweise früh machen, denn dann ist der Sprachlernprozess leichter. Und erstaunlicherweise findet auch das freiwillige Erlernen einer dritten FS an unserer Schule einen regen (allerdings überwiegend weiblichen) Zulauf.

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Hm,
    also persönlich gesehen bin ich gegen G8. Aber erstmal hauptsächlich, weil ich selbst kein einziges absolviertes Schuljahr missen möchte. Außerdem stellt sich mir die Frage, ob ich z.B. 24-jährige abgeschlossene Akademiker in Führungspersonen haben möchte oder ob diese Personen noch etwas reifen dürfen/sollen/müssen. Wir müssen doch nicht alles so machen wie anderwo.
    Außerdem könnten zuerst einmal die Damen und Herren an der Uni damit beginnen, ihren Stoff zu entrümpeln, um ein zügigeres und praxisnaheres Studieren zu ermöglichen. Inzwischen haben die im Schnitt schnelleren und berufsnaheren FHler bessere Chancen auf einen Job als die Leute von der Uni (leider fehlen ihnen noch gewisse Aufstiegschancen). Da stimmt doch etwas nicht! Gleichzeitig stellen die Unis aber immer mehr Anforderungen an die Schulen...


    Allerdings wird das Ganze davon abgeschwächt, dass - zumindest in B-W - das G9 erhalten bleibt und zwar über die beruflichen Gymnasien (die Übergangsquote RS-BGy liegt ja mancherorts schon bei knapp unter 50%). Wenn die Landesregierung ggf. bereit ist, Mittel umzuverteilen (falls G8 zu schwer und deswegen mehr Übergang an die BGy), dann würde ich dem Projekt eine Chance einräumen. Was definitiv nicht sein darf, ist, dass die Gesamtzahl der Abgänger mit (fachgebundenem) Abitur sinkt!!!

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

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  • Verständisfrage:


    Zitat

    Außerdem stellt sich mir die Frage, ob ich z.B. 24-jährige abgeschlossene Akademiker in Führungspersonen haben möchte


    Wie sollen eigentlich, wenn die Gymnsialstufe um ein 1 Jahr gekürzt wird, die Uniabsolventen in Zukunft mehrere Jahre jünger werden??


    Petra

  • Einschulung mit 6. Abi nach 12 Jahren mit 19. 5 Jahre Studienzeit. Voilà. (Ja, auch wenn ich nicht zu der Gruppe gehöre, man kann das Studium in 5 Jahren schaffen. Unsere Pädagogikdozentin im Ref war in den frühen Endzwanzigern und wurde ständig für eine junge Referendarin gehalten, an ihrer Schule für eine Oberstüflerin)


    Abgesehen davon war ja meine Forderung, primär die Studienzeit zu verkürzen. Dann würden auch die Durchschnittsstudenten mit 24/25 abschließen, zumal sich auch immer mehr Männer wg. fehlender Wehrgerechtigkeit ein Jahr sparen.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

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  • Hallo Timm,


    ich habe Abi mit 12 Jahren, kenne aber viele, hier in der Uni, die 13 Jahre gemacht haben. Die haben ALLE gesagt, dass das 11 Schuljahr ein Witz und total sinnlos war.


    Liebe Grüße Anja.

  • Zitat

    Die haben ALLE gesagt, dass das 11 Schuljahr ein Witz und total sinnlos war.


    Dann haben sie einfach etwas nicht gecheckt (muss man als Schüler auch nicht, aber vielleicht im Nachhinein?!). Im 11. Schuljahr werden im Gegenteil zum 10. (in B-W) nochmal alle Fächer der Stundentafel unterrichtet. Damit wird den Schülern zum einen nochmal die Möglichkeit gegeben, ihre Kurs-/Vertiefungswünsche zu überdenken. Zum anderen wird im Sinne des spiralförmigen Curriculums propädeutisch für die Kursstufe gearbeitet.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

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  • Mir hat das nicht gefehlt. Nach 10 jahren weiß man eigentlich, welche Fächer man mag und welche nicht.


    Für mich wäre es ein verlorenes Jahr gewesen. Ich bin gerade 18 gewesen, als ich mein Abi hatte und ich finde es gut.


    LG Anja.

  • Alle Kann-Kinder wären bei G8 erst 17, wenn sie Abitur machen.


    Welchen Vorteil soll das haben?


    Für Jungs ist G8 wirklich eine größere Katastrophe als für Mädchen.
    Das versteht man aber nur als Jungen-Mutter. In der Sache kann ich mich Cecilia anschließen.

  • Zitat

    Alle Kann-Kinder wären bei G8 erst 17, wenn sie Abitur machen.


    Welchen Vorteil soll das haben?


    Für Jungs ist G8 wirklich eine größere Katastrophe als für Mädchen.
    Das versteht man aber nur als Jungen-Mutter. In der Sache kann ich mich Cecilia anschließen.


    Die Kinder sind früher fertig. Sie können früher ein Studium aufnehmen. Sie sind nicht so lange von all den für sie unwichtigen Dingen gelangweilt.


    Ob G8 für die Jungen wirklich schlechter ist, kann ich noch nicht absehen. Wird die Gy-Empfehlung erst in Klasse 6 ausgesprochen, so haben die Mädchen die Nase jedenfalls ganz weit vorne, da sie zu diesem Zeitpunkt den Jungen in der Reife weit voraus sind. Ob das nach der vierten Klasse auch schon so ist, kann ich nicht beurteilen. Ich bin ja nur Jungen-Papa ;)

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Huhu,


    was hat denn die G8 mit der Schulzuweisung in der 4, oder 6 Klasse zu tun? Es fehlt schlicht und ergreifend das 13. Jahr und in dem holen die Jungs eventuelle Defizite nun nicht wirklich auf.


    Liebe Grüße Anja.

  • Zitat

    Huhu,


    was hat denn die G8 mit der Schulzuweisung in der 4, oder 6 Klasse zu tun?


    Die gymnasiale Empfehlung erfolgte in NDS nach der 6. Klasse. Durch die Einführung von G8 erfolgt sie nun nach der 4. Klasse. Das ist der Zusammenhang...

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Ja, aber es hat nicht wirklich was miteinander zu tun. Das sind 2 verschiedene Entwicklungen, die zufällig zusammentreffen. In fast jedem anderem BL wird jetzt auch G8 eingeführt und da war die Entscheidung schon immer nach der 4. Klasse. :rolleyes:


    LG Anja.

  • Zitat

    Ja, aber es hat nicht wirklich was miteinander zu tun. Das sind 2 verschiedene Entwicklungen, die zufällig zusammentreffen. In fast jedem anderem BL wird jetzt auch G8 eingeführt und da war die Entscheidung schon immer nach der 4. Klasse.


    Nicht jedes Bundesland hat Gym ab Klasse fünf. Und in all diesen Ländern bewirkt G8 genau diese Änderung oder würde sie bewirken. Und nicht zufällig hat cecilia bereits im Anfangsposting die Situation in Niedersachsen angesprochen. G8 bedeutet zwangsweise Gym ab 5. Klasse, das ist kein Zufall sondern durch die 12 Schuljahre vorgegeben. Welche zweite Entwicklung sollte da reinspielen?


    Abgesehen davon bin ich ja auch nicht überzeugt, das die Vorverlegung der Entscheidung für die Jungen einen Nachteil bringt. Viel weiter zurück als zum Anfang der 7. Klasse kommen sie mir später nicht mehr vor.

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  • Also Niedersachsen ist/war neben Berlin das einzige Bundesland, was nach der 6. Klasse selektiert hat. Alle anderen schon nach 4 Klasse. Gan egal ob G8, oder G9. In allen Ostbundesländern zum Beispiel, wurde nach der Einheit immer nach der 4 auf die zukünfitge Schule verwiesen. Dort gab es zwear auch eine OS, aber die war an die jeweilige Schulform angeglichen.


    Nach eurer Argumentation würden also in allen Bundesländern die Jungs benachteiligt werden, wo ab der 4. Klasse selektiert wird. Da diese anderen BLs (z.B. Hamburg) auch noch G9 und trotzdem keine eigene OS-Schule hatten, hat es eigentlich recht wenig miteinander zu tun.


    LG Anja.

  • Nur mal so...
    Freitag Telefon-Liste meines 5.Klässlers erhalten...
    ENDGÜLTIG sind jetzt in dieser 5.Klasse: 10 Jungen und 20 Mädchen. Die Verteilung in den anderen Klassen ist wohl ähnlich. Bei meinem Großen, Klasse 6, auch Mädchenüberschuss.
    Nun habe ich die Kinder/die Klasse mehrfach gesehen und festgestellt, dass die Mädels den Jungen sichtbar und sehr deutlich in der körperlichen Entwicklung überlegen sind. Das wird in der sozialen und emotionalen Reife nicht anders sein.
    Und es erfüllt mich mit Sorge (auch vielleicht, weil meiner Klassenjüngster, 9 Jahre, ist). Gern werde ich in einem Jahr diesen thread mal aktualisieren und posten, wie dann die Verteilung ist.


    Die Tatsache, dass alle anderen BL` s ebenfalls nach Klasse 4 selektierten, macht es nicht richtiger. ALLE GS-Lehrer, mit denen ich je über das Thema sprach, wünschten sich -gerade für die Jungen!- eine 6-klassige gemeinsame GS-zeit - mit einem Klassenlehrerwechsel Ende der Klasse 3.
    Ihre Argumente fand ich immer nachvollziehbar vernünftig und im Sinne der Kinder!


    Cecilia

    • Offizieller Beitrag

    Jetzt muss ich auch mal meinen Senf dazu geben:


    Alsoooooo:


    Ich denke, dass es GRUNDSÄTZLICH kein Nachteil ist, früher mit der Schule fertig zu werden.


    Ich bin aber auch der Meinung, dass unser Schulsystem GRUNDSÄTZLICH geändert werden müsste, denn die Selektion nach der 4. Klasse ist einfach viel zu früh. Warum nicht ALLE Kinder länger zusammen lernen lassen (z.B. bis zum 1. Schulabschluss) und DANN spezialisieren.


    Leider würde das ein extremes Umdenken der ganzen (in Bezug auf die Schule KLASSEN-) Gesellschaft mit sich ziehen und da sehe ich wenig Chancen...


    Gruß leppy

  • Zitat

    Also Niedersachsen ist/war neben Berlin das einzige Bundesland, was nach der 6. Klasse selektiert hat.


    Wenn ich mich richtig erinnere, fängt in Bremen das Gym auch erst ab Klasse 7 an. Wäre noch ein weiteres Bundesland.


    Ich dachte, dass auch NRW eine Orientierungsstufe hatte oder hat.

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • ...ja, KLASSEN-Gesellschaft, das ist wohl EIN Stichwort...


    Es war schon zu meiner Schulzeit so, und ich stelle nun fest, es hat sich nichts daran geändert...- der Anteil von Mitschülern nichtdeutscher Herkunft in den Schulklassen meiner Söhne am Gym. geht gegen 0 (wohingegen sie an HS-Klassen überrepräsentiert sind!)
    Gutsituierte deutsche Mitbürger...- seinerzeit, ca.1980, musste noch der Beruf der Eltern am `Elitegymnasium` angegeben werden. Da bei mir nur hätte stehen können: Bürobote bzw. Rentner (das war schon geradezu `anrüchig`) , bekam ich immer den elterlichen Ratschlag: "kaufmänn. Angstellt. !" Warum, habe ich erst in Klasse 7/8 verstanden...


    Eines aber war damals anders: Wir waren 33 Schüler in der 5.Klasse - davon nur 9 Mädchen und 24 Jungs!
    Denn: Mädchen heiraten sowieso und brauchen kein Abitur!
    (Was auch die Meinung meiner Eltern war - aber ich war damals schon "hartnäckig" !)


    Von diesen 33 legten an dieser Schule 1986 insgesamt 11 Schüler ihr Abitur ab: 7 Jungen, 4 Mädchen.


    Cecilia

  • Hallo Cecilia,


    ich habe nicht gesagt, dass ich dafür bin, dass so früh selektiert wird. Ich komme aus der ehemaligen DDR. Dort waren alle Kinder bis zur 8. Klasse zusammen. Aber bei der "Einheit" wurde ja nicht mal rübergeschaut, ob man was übernehmen könnte.


    Ich habe nur gesagt, dass das dann zwei verschiedene Diskussionen sind. Und gegen G8 ansich, kann ich bis jetzt kein Argument finden. Auch durch das 13. Schuljahr sind nicht mehr Jungen in der Klasse.


    LG Anja.

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