Lernen die denn nichts in der Grundschule?


  • Wie eine Kompetenzorientierung in Mathematik aussehen kann, ist hier ab Seite 51 nachzulesen:
    http://www.ls-bw.de/Handreichu…aster1/Dateien/NL21V2.pdf


    Das sieht bei uns auch so aehnlich aus. Die Information auf welcher Stufe welches Kind ist (und was sie innerhalb einer Stufe koennen, bzw. woran sie noch arbeiten muessen) wird bei uns auch an die Sekundarschulen weiter gegeben. Die Raster sind die gleichen, ob nun im Primar- oder Sekundarbereich (in der Primarstufe gehen sie halt meist von Stufe 1-5/6 und in der Sekundarstufe hoch bis 8/E - Stufe 4 ist erwarteter Durschnitt fuer's Ende der Primarstufe - heisst neuerdings "secondary ready"- Stufe 5 oder 6 fuer Ende der 9. Klasse).


    Woran liegt das denn, dass es bei euch anscheinend so schwierig ist, sich mal zusammen zu setzen? Wir sind ja nun wirklich eine sehr kleine Grundschule und die meisten unserer Schueler wechseln zu unserer hiesigen Sekundarschule. In unserer derzeitigen Klasse haben wir allerdings vier Schueler, die an vier andere Sekundarschulen wechseln werden (weil sie in deren Einzugsgebieten wohnen). Mit unserer hiesigen Sekundarschule sind wir eh in einem Schulverbund und die kennen unsere Schueler sowieso schon, bevor sie wechseln, durch viele Sportveranstaltungen, Arbeit mit den Sekundarschuelern und dergleichen. Trotzdem kommen sie fuer nen Besuch und ein Gespraech vorbei, schauen sich Hefte und Unterricht an. Von den anderen vier haben sich bisher nur zwei nicht bei uns gemeldet. Von einer kommt sogar der Stufenleiter zu uns um sich ueber den einen Schueler, der von uns an seine Schule wechselt, zu unterhalten und ihn kennen zu lernen.


    Ich bekomme naechste Woche einen neuen Schueler. Bei dessen alter Schule hab ich mich ebenfalls gemeldet, um herauszufinden, auf welchen Stufen er sich in den Hauptfaechern befindet. Ich gehe davon aus, dass er noch nicht alles gemacht hat, was wir bereits durch haben (denn ich hab mir die Rahmenplanung seiner vorigen Schule im Internet angeschaut). Die Luecken muessen wir dann eben noch schliessen, falls sie da sind, ist aber auch nicht tragisch...denn meine Klasse hat die Stufenkriterien fuer's 5. Schuljahr inzwischen durch und wir wiederholen und arbeiten mit Sicht auf die 6. schonmal vor. Wenn man natuerlich gleich (wie Elternschreck) davon ausgeht, dass die an ihrer vorigen Schule eh nix gelernt und nur pseudopädagogisch verbrämte Rabatz- und Hampelaktionismen gemacht haben, dann braucht man das natuerlich nicht. Dann faengt man halt nochmal von Vorne an...und jammert dann staendig. :sterne:

  • [/b].

    Zitat

    Wieso hat man den Begriff Oberschule für eine Schulform eingeführt, die im traditionellen Sinn nichts mit der eigentlichen Oberschule zu tun hat ?

    Keine Ahnung, ich war das ja nicht.

    Zitat

    Ich betreue seit Jahrzehnten Neuntklässler in den Berufspraktikas. Die Personalchefs sehen die ganze fatale Entwicklung kommender Schülergenerationen so wie ich sie sehe.

    Naja, wird nicht über das Niveau der Schüler gejammert, seit es Schüler gibt? Wird das wirklich schlimmer? Und wenn ja: seit wann? Und warum?
    apropos Verfall und so: der Plural von Praktikum ist nicht Praktikas.

    Zitat

    Wäre ja schön, wenn sie die Kompetenzen schon im Ansatz erreichen würden. Ist aber in der Relität nicht so ! Aber auf Fertigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen würde ich trotzdem nicht verzichten wollen, falls es wider Erwarten mit den Kompetenzen doch noch irgendwie hinhauen würde. 8_o_)


    Sag ich ja, dass diese ihnen auch fehlen. aber WENN sie diese mitbrächten, wäre die Aneignung von Fachwissen ein Kinderspiel.


    Das mit der Kompetenzvermittlung kann doch gar nicht funktionieren. Ich gehe davon aus, dass viele Lehrer die geforderten Kompetenzen ja selbst nicht mitbringen.
    Und sehr viele haben auch nicht verstanden, was überhaupt mit Kompetenzerwerb gemeint ist.

  • Aber Eure gebetsmühlenartig beschworenen Kompetenzen funzen überhaupt nicht in der Realität !


    Das hängt stark vom Kompetenzbegriff ab, den man selbst hat.


    Plattenspieler, du bist ja ein ganz Schlauer.
    Aber danke, jetzt weiß ich endlich, was das Problem ist. Der Mehrwehrt fehlt!


    Ich bin zwar bei anderen Themen mit Plattenspieler oft nicht einer Meinung, aber hier hat er recht. Ganz oft fehlen eben Praxisorientierung und Anschauligkeit.
    Ich habe das mal im Beruflichen Gymnasium erlebt, als man Zerfallsfunktionen auf eine Exponentiaalfunktion zur Basis 10 zurückgeführt hat. Mathematisch-formal völlig korrekt, aber dadurch ist jede Verbindung zur Praxis und jede Anschauligkeit verloren gegangen. Dementsprechend schwer taten sich die Schüler... nicht nur mit der Mathematik sondern auch bei der Frage, was das Ergebnis denn nun tatsächlich bedeutet.


    Das mit der Kompetenzvermittlung kann doch gar nicht funktionieren.


    Richtig, kompetenzen kann man nämlich nicht vermitteln.


    Und sehr viele haben auch nicht verstanden, was überhaupt mit Kompetenzerwerb gemeint ist.


    Was ist denn deiner Meinung nach mit Kompetenzerwerb gemeint?


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

    • Offizieller Beitrag

    Wieso kann man Kompetenzen nicht vermitteln? Englischunterricht ist zB schon immer komeptenzorientiert (deshalb lachen Englichkollegen auch die ganze Zeit über diese Debatte): Es gibt 5 Grundkompetenzen im Englischen und die gab es schon immer:
    1. Lesen/ Verstehen
    2. Hören / Verstehen
    3. Sprechen / äußern können
    4. Vokabular / ausdrücken können / Sprachrichtigkeit
    5. Schreiben / Sprachökonomie
    Dazu gibt es dann noch X Subkompetenzen, die mit Spezifizierungen der obigen zu tun haben - Nutzung von Registern, Bandbreite der Ausdrucksmöglichkeiten, Subtexte verstehen, uvm.


    Und wieso sollte man diese Kompetenzen nicht unterrichten können?


    In meinen Fach habe ich letztens dazu einen Vortrag besucht, den einige Kollegen und ich lächelnd in der Pause verließen: kompetenzorientierter Unterricht ist, zumindest in meinem Fach, so alt wie der Unterricht selbst, Fortbildungen uralter Wein in noch nichtmal neuen Schläuchen. Früher wurden aufgrund bestimmter Unterrichtsstile bestimmte Kompetenzen (Sprechen, sich ausdrücken können / Hörverstehen (außer des nicht-native Gebabbles des Lehrers) oft ausgelassen/limitiert vermittelt, heute ist das, dank technischer Ausstattung und kommunikativer Unterrichtsformen eigentlich kein Thema mehr.

  • Ich habe jetzt nicht alles gelesen, aber habe ein paar Fragen/Anregungen, um vielleicht einen Übergang zu einem höheren Anforderungslevel hinzubekommen:


    • Du meintest, dass du den Lernstand nur schwer ermitteln kannst, weil es keine genauen Bewertungen gäbe. Kannst du da nicht mit Übernahme der Klasse eine Art Lernstandserhebung durch ein/zwei (evtl. unbenotete) Tests machen, die dann so die Basics abfragen? Darunter Addition, Subtraktion, Multiplizieren, Dividieren, Mengen, Textaufgabe(n) usw. (jeweils einfach bis anspruchsvoller)
    • Könntest du mit den Schülern eine Liste aufstellen, welche Kompetenzen du erwartest und dann bei Rückgabe kreuzen sie an, wo/wie stark sie Probleme mit den einzelnen Anforderungen hatten? Damit stellen sie sich auch selbst solche Fragen: Wussten sie, wie man schriftlich dividiert, aber haben sich zwischendurch verrechnet, weil schon das Subtrahieren nicht ohne Fehler klappt? Haben sie gar nicht verstanden, was die Arbeitsaufgabe ist? usw. Dann könnte jeder selbst und du auch auf dem Zettel sehen, wo es hakt und dann werden je nach Problemfeld individuelle Aufgaben zum Üben vorgeschlagen. Diesen Zettel + Empfehlungen für Aufgaben (wenn im Bereich xy Probleme, dann Aufgaben sowieso üben) unterschreiben lassen, sodass du weißt, dass die Eltern Bescheid wissen.
    • Könntest du einen Übergang zu härteren Noten mit der SL absprechen und
      vorher die Schüler und Eltern darauf aufmerksam machen und zunächst bei
      den nächsten ein/zwei Arbeiten die noch alte Notenvergabe und in
      Klammern die neue Note schreiben? Keine Ahnung, inwieweit so etwas
      denkbar ist.

    Falls die Ideen realitätsfern sind, sorry :)

  • Zitat butterfly :

    Zitat

    Falls die Ideen realitätsfern sind, sorry :)

    Das macht gar nichts ! Das passiert hier sehr häufig. Und trotzdem haben wir uns alle (fast immer) lieb ! 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Lernstand ermitteln war ja nicht das Problem. Wir haben schnell gemerkt, wo es hakt. Überall halt.
    Dein 2. Punkt ist eine nette Idee. Aber das könnten die Schüler nicht. Zu anspruchsvoll.
    Und härtere Noten will ich doch gar nicht. Was hätte ich denn davon? Gabz viele Schüler mit 5en und 6en.
    ich würde am liebsten gar keine Noten geben

  • Ohne jetzt alle Beiträge bis hierhin gelesen zu haben, möchte ich meinen Senf kurz dazu tun: ;)
    Mir geht es ebenso wie dem Threadstarter. "Meine" Fünftklässler können im Fach Deutsch oft erschreckend wenig. Da hapert es schon daran, einen einfachen(!), vollständigen Satz zu formulieren (schriftlich wie mündlich). Rechtschreibregeln können die Wenigsten (noch nichtmal die Groß- und Kleinschreibung von Nomen und am Satzanfang wird sicher beherrscht) und beim Textverständnis stoßen sie auch sehr schnell an ihre Grenzen. Besonders letzteres zieht Probleme in fast sämtlichen anderen Fächern nach sich.
    Ich muss im Prinzip die Jahrgangsstufen 5 und 6 dazu verwenden, Grundschulstoff nachzuholen. Gleichzeitig wird aber von mir verlangt, die Schüler nach den Kernlehrplänen zu unterrichten und auf zentrale Prüfungen vorzubereiten. Den Spagat kann man nicht leisten. Vor allem dann nicht, wenn man hauptsächlich mit sehr leistungsschwachen SuS zu tun hat.


    Gleichzeitig kann ich natürlich auch die Grundschulkollegen verstehen, wenn sie sich angegriffen fühlen. Ich denke aber, niemand unterstellt ihnen schlechte Arbeit, sondern wie schon geschrieben wurde, müssen auch sie mit völlig anderen Ausgangsvoraussetzungen starten und stehen letztendlich vor dem gleichen Problem.
    Die einzige Kritik, die ich an den Grundschulkollegen übe (zumindest an denjenigen, von denen wir die SuS bekommen), sind die wenig aussagekräftige "Kuschelnoten". Ich habe den Eindruck, dass die Notenskala in der Grundschule bei 4 bzw. ausreichend zu Ende ist. Das hat den Nachteil, dass ganz viele SuS auf der weiterführenden Schule auf den Boden der Tatasachen zurück geholt werden müssen. Die Noten des Grundschulzeugnisses spiegeln meiner Erfahrung nach selten das eigentliche Können der SuS wieder.

  • Als Mathelehrerin in der Grundschule kann ich sagen, dass wir in der Grundschule prozentuale Bewertungsskalen haben, die die Note im Großen und Ganzen bestimmen.


    Tja warum können die Kids so vieles nicht. Ich habe zum Beispiel gerade Körper und Netze und Co. gemacht. Die Kinder (3.Klasse) hatten Spaß und haben gute Noten geschrieben. 3 Monate später weiß die Hälfte nichts mehr davon. Auch wir können nicht alles zwanzig mal machen und müssen irgendwann weitergehen.


    Die Kinder haben sich geändert und kommen mit anderen Voraussetzungen in die Grundschule. Und bitte liebe Sek1 Lehrer, nicht vergessen, wir haben sie alle vom Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf bis zum hochbegabten Gymnasialkind. Ich habe Freunde die jammern, weil sie ja jetzt Oberschule werden und nun auch die dummen Hauptschüler haben...


    Finchen:


    Dein Zitat:

    Zitat

    Ich muss im Prinzip die Jahrgangsstufen 5 und 6 dazu verwenden,
    Grundschulstoff nachzuholen. Gleichzeitig wird aber von mir verlangt,
    die Schüler nach den Kernlehrplänen zu unterrichten und auf zentrale
    Prüfungen vorzubereiten. Den Spagat kann man nicht leisten. Vor allem
    dann nicht, wenn man hauptsächlich mit sehr leistungsschwachen SuS zu
    tun hat.

    kann man wunderbar umändern.


    "Ich muss im Prinzip die Jahrgangsstufen 1 und 2 dazu verwenden, Schulfähigkeit und Kompetenzen aus dem Kindergartenalter nachzuholen. Gleichzeitig wird aber von mir verlangt, die Schüler nach den Kernlehrplänen zu unterrichten und auf die weiterführenden Schulen vorzubereiten. Den Spagat kann man nicht leisten. Vor allem dann nicht, wenn man hauptsächlich mit sehr leistungsschwachen SuS zu tun hat."

  • Ich habe übrigens im zweiten Bildungsweg in der Erwachsenenbildung haargenau die gleichen Probleme.


    Die Rumjammerei nützt keinem, der Appell nach der "harten Benotung" und der damit verbundenen Selektion von Menschen ist keine Lösung. Und irgendwie schaffen es die meisten unserer Schüler immerhin zum Abitur.


    Vielleicht sollte man nicht so viel klagen sondern mehr in Geduld und Ruhe arbeiten. Nunmal ehrlich - das Abitur hat relativ wenig mit Intelligenz zu tun - das kann man mit gerade mal mediokrer intellektueller Kompetenz schaffen, solange die passende Arbeitsmentalität da ist. Und die kann man trainieren.


    nele

  • Wieso kann man Kompetenzen nicht vermitteln?


    Nun, das ist mein Kompetenzbegriff.... Kompetenzen sind verfügbare Handlungsschemata, also kognitive Schemata, die es mir ermöglichen in einer Situation adäquat zu handeln bzw. mit einer Situation adäquat umzugehen.
    Das schließt Wissen und Erfahrung mit ein. Und Erfahrung kann man eben nicht vermitteln oder lehren, Erfahrungen im Umgang mit Lerngegenständen, ion Lernsituationen etc. müssen die Schüler schon selbst machen.
    Gerade im Sprachbereich sollte doch bekannt sein, dass es eben nicht ausreicht Vokabellisten und Deklinationstabellen hoch- und runterzuorgeln, sondern dass man Spracherfahrung braucht, um sich in einem Sprachraum adäquat zu bewegen.
    Ich erinnere da auch an Chomskys Competence <--> Performance.


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

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    • Offizieller Beitrag

    Nunja, wenn du dir einen eigenen Kompetenzbegriff bastelst, und denn dann auf den kompetenzorientierten Unterricht anzuwenden versuchst, dann passt der natürlich nicht. Das macht aber irgendwie keinen Sinn und eine Kompetenzorientierung wird dadurch irgendwas Schwammiges.


    Nimm doch einfach die ganz normale Duden-Definition:

    Zitat

    Kompetenz: Bedeutungen


    Sachverstand; Fähigkeiten

    (Sprachwissenschaft) Summe aller sprachlichen Fähigkeiten, die ein Muttersprachler besitzt


    Das sind alles sehr sinnvolle Ziele für den Unterricht.
    Und nur das mit mit Kompetenzorientierung gemeint.

    Zitat

    Gerade im Sprachbereich sollte doch bekannt sein, dass es eben nicht ausreicht Vokabellisten und Deklinationstabellen hoch- und runterzuorgeln, sondern dass man Spracherfahrung braucht, um sich in einem Sprachraum adäquat zu bewegen.

    Korrekt. Deshalb war der (gute) Englischunterricht schon immer kompetenzorientiert und gibt den Schülern ständig Gelegenheit Sprache zu verwenden und auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln.

  • Ein Fachleiter unter meinen Bekannten meint etwas weiter gefasst: "Guter Unterricht war schon immer kompetenzorientiert." Um ehrlich zu sein, habe ich das dramatisch neue unter der Kompetenzorientierung noch nicht so wirklich erkannt...


    Nele

  • Nunja, wenn du dir einen eigenen Kompetenzbegriff bastelst, und denn dann auf den kompetenzorientierten Unterricht anzuwenden versuchst, dann passt der natürlich nicht. Das macht aber irgendwie keinen Sinn und eine Kompetenzorientierung wird dadurch irgendwas Schwammiges.


    Kompetenz ist bis jetzt wissenschaftlich nicht wirklich geklärt. Auch in der pädagogischen Literatur verfolgt jeder Autor seinen eigenen Kompetenzbegriff.
    Ich beziehe mich mit meinem Kompetenzbegriff auf Chomsky (Competence - Performance), die Lehre von Schema und Ausprägung (http://www.uni-jena.de/unijena…casio/Kapitel_1_IaG2a.pdf), Laszlo Merö "Grenzen der Vernunft". Aber auch Ferdinand de Sassure mit Langue - Parole ist da nicht weit weg.
    Ich denke, dass ich mit diesem Ansatz der Realität recht nahe komme.


    Grüße
    Steffen

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    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Leider werden hier Begrifflichkeiten wildest durcheinander geworfen - und je nach Bundesland - auch unterschiedlich eingesetzt.


    Vereinfacht lässt sich die Kompetenzorientierung in Baden-Württemberg so erklären: Es ist alter Wein in neuen Schläuchen.
    Da wird vom "Paradigmenwechsel der Input-Orientierung hin zur Outputorientierung" gebabbelt, dabei ist es letzendlich die alte Lernzielorientierung der 70er Jahre, die nun umformuliert wird.


    Damals lautete ein Lernziel der Klasse 1: "Der Schüler kann einstellige Zahlen addieren"
    Heute lautet diese Kompetenz im Level A: "Ich kann einstellige Zahlen addieren"


    Der große Unterschied zu damals ist, dass die Lernziele im Unterrichtsentwurf des Lehrers standen. Heute stehen sie als Kompetenz im Kompetenzraster des Schülers.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Damals lautete ein Lernziel der Klasse 1: "Der Schüler kann einstellige Zahlen addieren"
    Heute lautet diese Kompetenz im Level A: "Ich kann einstellige Zahlen addieren"


    Der große Unterschied zu damals ist, dass die Lernziele im Unterrichtsentwurf des Lehrers standen. Heute stehen sie als Kompetenz im Kompetenzraster des Schülers.


    Ach Alias, nun sei mal nicht so streng.


    Auf diesem "Paradigmen"-Wechsel haben schließlich ganze Karrieren von universitären Didaktikern, Ministerialbeamten und nicht zuletzt auch Lehrerausbildern aufgebaut...


    Soll denn deren "Lebenswerk" umsonst gewesen sein?


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Bei der ganzen Diskussion fehlen mir noch ein paar Aspekte:

    • Es gibt da eine Generation, die besonders laut schreit, dass Deutschland vom Untergag bedroht sei, weil "die heutigen Kinder" die Orthographie und das Einmaleins (und das Schönschreiben einer Schreibschrift) nicht in dem gleichen Maße beherrschen wie ihre Generation. Die Leistung dieser Generation bestand darin, Technologien zu entwickeln, die diese Fähigkeiten im Alltag weitgehend verzichtbar machen.
    • Das Versäumnis dieser Generation besteht darin, dass sie ihr Leben und Streben quasi ausschließlich dem Wirtschaftswachstums und der Technisierung widmet, anstatt ein Problembewusstsein bezüglich der Tatsache "Wir haben nur eine Welt und sie gehört uns allen" zu entwickeln und die größere Dringlichkeit ethischer und sozialer Aspekte anzuerkennen und zu berücksichtigen.
    • Das Resultat ist eine Welt, in der die soziale Ungleichheit immer schneller wächst, in der Macht und Besitz so gut wie gar nicht an Intelligenz, Um- und Weitsicht sowie Bereitschaft zur Übernahme persönlicher Verantwortung gebunden sind, in der der Wert von Menschen nach dem Kriterium ihres ökonomischen Nutzens für eine Handvoll Konzerne bestimmt wird, und in der Bürger resigniert die Totalüberwachung durch einen mit ihrer "Volksvertretung" "befreundeten" Staat hinnehmen.

    Jetzt frage ich mich ja doch: Brauchen unsere Kinder nicht andere Fähigkeiten (s.o.) mindestens so dringend wie eine normgerechte Rechtschreibung und ein im Schlaf herzubetendes Einmaleins? Hat die lamentierende Generation wirklich das Recht zu behaupten, dass "früher alles besser war"? Löst eine strengere Benotung, eine stärkere Selektion anhand dieser Kriterien die Probleme unserer Zeit und der Zukunft, könnten diese Maßnahmen für eine menschlichere Welt, für mehr Nachhaltigkeit und mehr persönliche Verantwortung aller für ihr jeweiliges Handeln sorgen? Ich glaube nicht.


    Ich glaube auch nicht, dass unsere globalen Probleme in erster Linie durch Unwissenheit fortbestehen. Sondern sie bestehen aufgrund von macht- und wirtschaftspolitischen Interessen, man könnte auch sagen: aufgrund von Gier.
    Ich schließe mich daher dem mehrfach vorgebrachten Vorschlag an, mit dem Bashing aufzuhören und stattdessen die Energien für das Wesentliche aufzusparen und mit den involvierten Kollegen vor Ort gemeinsam nach sinnvollen Wegen zu suchen - mit einem gelegentlichen Blick auf´s Ganze.


    P.S.: Als Lehrerin, die zunächst viele Jahre einen anderen akademischen Beruf in der freien Wirtschaft ausgeübt hat, kann ich auch was zur Arbeitgeberseite sagen. Noten nützen mir gar nix, wenn ich einen passenden Auszubildenden suche. Und zwar nicht, weil eine 3 in Mathe von Schule A was anderes aussagt als die von Schule B, und weil sowieso alles nicht befriedigend ist, sondern weil ein Auszubildender zusätzlich zu (und oft auch ansstelle von) manchen schulischen Kompetenzen noch ganz andere benötigt. Das gilt sowohl für Schüler ohne Schulabschluss als auch für Abiturienten. Arbeitgeber, die über Noten (vor-)auswählen, machen dies aus reiner Bequemlichkeit. Damit findet man zwar schnell einen Kandidaen, aber den besten Kandidaten für die Stelle kann man so höchstens zufällig erwischen. Das ist auch sowas, was Schüler im Hinblick auf ihre spätere Berufstätigkeit lernen sollten...


    (Disclaimer: Ich gehöre keiner Partei, Religion oder Gewerkschaft an, werde von niemandem für meine Meinungsäußerung bezahlt, denke selbstständig und hege keine Ambitionen hinsichtlich schulischer, gewerkschaftlicher, politischer oder sonstiger Posten.)

  • Brauchen unsere Kinder nicht andere Fähigkeiten (s.o.) mindestens so dringend wie eine normgerechte Rechtschreibung und ein im Schlaf herzubetendes Einmaleins?


    Tja, welche Fähigkeiten genau meinst du da? Einfach "guten Willen, die Welt besser zu machen"? Womit genau bekämpft man denn die Gier? Und wie kann man das lernen?
    Kann man ein politisches Problembewusstsein entwickeln, wenn man nicht sinnentnehmend lesen kann? Kann man seine guten Absicht zum Ausdruck bringen, ohne die Orthographie zu beherrschen? Kann man neue Technologien entwickeln, ohne mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen zu beherrschen?


    Nein, es geht nicht um Kopfrechnen. Es geht um Kernkompetenzen, und wenn die fehlen, kann die nachwachsende Generation eben nichts zur Verbesserung der Welt tun. Dafür braucht man nämlich gute Ideen, Wissen, Problemlösungsfähigkeit. Träumerei und Schimpfen über das, was die Elterngeneration getan hat, hilft da leider nicht weiter, und Nichtwissen macht durchaus nicht kreativ, sondern verleitet nur zu unüberlegtem Handeln.

  • Nein, es geht nicht um Kopfrechnen. Es geht um Kernkompetenzen, und wenn die fehlen, kann die nachwachsende Generation eben nichts zur Verbesserung der Welt tun. Dafür braucht man nämlich gute Ideen, Wissen, Problemlösungsfähigkeit. Träumerei und Schimpfen über das, was die Elterngeneration getan hat, hilft da leider nicht weiter, und



    Meines Wissens braucht es dazu Geld. Und die Fähigkeit mit Geld umgehen zu können. Also Kopfrechen abzuschaffen halte ich für falsch.


    Die GS soll auch nicht die Welt retten. Aber die Fähigkeit lesen und schreiben zu können, mit einem Lineal eine gerade Linie zu ziehen, auch im mündlichen auf die Grammatik zu achten und und . Das alles sollte man nach vier Jahren Schule schon erwarten können.

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