Tatsächliche Inklusion...

    • Offizieller Beitrag

    Sek I und II meint oft, dass sie dafür völlig überqualifiziert sind aber vielleicht ist es auch doch eher eine Unterqualifizierung und das Kollegium sollte sich mal zusammensetzen und einen Plan schmieden. Frag mal deine Schulleitung, was sie zu tun gedenkt, um dir zu helfen.


    Interessante Wahrnehmung. Kein einziger meiner Sek I-Kollegen, mit denen ich Kontakt habe, sieht sich als überqualifiziert an. Wie auch? Wir haben überhaupt nicht gelernt, so und mit dieser Bandbreite an Schülern zu arbeiten, das pulen wir uns ganz mühsam durch Versuch und Irrtum selbst bei. ICH jedenfalls sehe mich als hoffnungslos überfordert. Da hilft mir auch kein Zusammensetzen mit dem Kollegium und eine nette Schulleitung, solange der Mist so von oben vorgegeben wird.


    Ich hab mich über deine Bemerkung ziemlich geärgert.

  • Hallo!


    Ja,bei uns wird eine Schülerin mit LE besonders veräppelt bzw ausgeschlossen....Mir tut dieses Mädchen total leid. Habe auch schon wiederholt mit der Klasse gesprochen. Aber man ist eben nicht in jeder Situation dabei. Sie hat nicht nur massive Lernschwierigkeiten,sondern ist stark entwicklungsverzögert. Nur einige Beispiele: Sie nuckelt im Unterricht am Finger,schläft ein,popelt und isst es....Das ist eklig und ich kann die Regelschüler auch verstehen,dass sie das abstoßend finden. Trotzdem ist es für dieses Mädchen traurig u gemein,niemand will neben ihr sitzen,mit ihr spielen...es geht sogar soweit,d die anderen fiese Spielchen mit ihr spielen wie "Fass ins Klo!"
    Und in welcher Weise profitiert dieses Mädchen von der Inklusion? Sie ist null integriert und wird es auch kaum, weil der Unterschied in Entwicklung u Leistung stetig größer wird.
    Sie soll nun ggf eine I-Helferin bekommen.Die kann sie zwar vor Übergriffen schützen. Aber äußerlich ist sie noch weiter weg von den anderen,wenn sie den ganzen Schultag mit einer Erwachsenen verbringt. Abgesehen von noch mehr Unruhe und Paralellgetuschel im Unterricht...


    LG

  • Hallo!


    Ich erkenne vieles von deinen Ausführungen wieder,leider. BEVOR die Inklusion begann,fand ich den Grundgedanken gut.
    Jetzt bin ich mitten drin mit allen Bedingungen und muss sagen,in dieser Form bin ich dagegen.
    Zu deiner Schlussfrage "Was hat abgeholt werden mit Inklusion zu tun" : Auf dem ersten Blick wenig. Aber kann es Schule sein,wenn SuS keine Erfolgserlebnisse erleben können,wenn sie gespiegelt und von den anderen auch deutlich gesagt bekommen,was sie alles nicht können,wenn die Regelschüler auf der Stelle treten,weil eben die schwächsten Kinder den Ablauf aufhalten? Ich denke,das kann auch nicht gewollt sein.
    Und die Aussage,dass man jedes Thema für GE,LE,Haupt u Realschüler vor u "zu"bereiten kann,ist für mich Augenwischerei. Wie soll ein Regelschullehrer ohne jegliche Sonderpädagogische Ausbildung das alleine können? Denn die unterstützenden Förderschule-Kollegen sind immer nur stundenweise da. So ist in meiner Paralellklasse eine Fö-Kollegin,die drei Schulen "beliefert." Sie ist stets auf der Weiterreise. Ich hab's immer noch gut,dass der Fö-Kollege immerhin meine Deutschstunden abdeckt. Und das auch nur,weil es zufällig im Stundenplan passt. Das kann nächstes Schuljahr schon anders sein. Aber sonst ist er oft auch weg.
    Und mal ganz ehrlich was sollen SuS auf Stand 1. bis max 3.Klasse zusammen mit Realschülern bearbeiten? Dann endet es doch nur damit,dass die Ikids Plakate malen o.ä. Ach ja und in vielen Fächern gibts nicht mal Förderschul oder Grundschulmatarial dass thematisch zu den Themen der anderen passt. So hat mein Kollege,der Physik u Chemie unterrichtet wie ein blöder gesucht und gegoogelt. Da gibt es kaum themengleiches. Also ist es so,dass die I-Kids entweder das Gleiche bekommen und kaum was verstehen/können,fast alles von der I-Helferin gesagt bekommen oder eben Plakate/Bilder malen.


    LG

  • Hallo!


    Mit Regelschülern meine ich jene Schüler die eine Empfehlung für eine Regelschule ( in diesem Fall HS u RS) haben.
    Und ja,Frontalarbeitszeit ist wichtig. Es gibt vielfach Studien die den "bösen" Frontalunterricht "entteufeln."
    Denn auch unter den Regelschülern gibt es viele die nicht nur nicht eigenständig arbeiten können,sondern auch die die sehr "verhaltensauffällig" sind.
    Kürzlich wunderte sich mein Mann als ich ihm erzählte,dass ich im Unterricht die meiste Zeit stehen muss u nicht hinterm Pult sitze wie die Kollegen früher. Ist man nicht optisch u fachlich präsent,geht schnell dadurch Chaos los. Das beginnt schon beim Rücken zudrehen,wenn man sich mal mit einem einzelnen Schüler befasst. Manchmal komme ich mir vor wie ein "Affenbändiger" im Zirkus. Besonders in der Paralellklasse ist das schlimm. Da weiß ich nach 45min manchmal nicht mal,was die Ikids überhaupt geschafft haben bzw konnte sie oft nicht mal ansprechen. Denn ich bin damit beschäftigt,die anderen auf den Plätzen zu halten,die Lautstärke zu minimieren,Zickereien zu unterbinden, Respektlosigkeiten zu ahnden,ggf S rauzuschmeissen....und wenn dann tatsächlich Zeit u Raum für UNTERRICHT ist, dann gewiss nicht für methodische Feuerwerke. Gut in meiner Klasse ist es nicht ganz so schlimm. Aber ich habe u.a auch einen S der oft im Unterricht Ärger anzettelt,ausflippt,wegrennt....und der hat nicht mal einen ES Status. Sondern ein kognitiver Regelschüler mit "massivem Ausnahmeverhalten."


    LG,
    B

  • Hallo!


    Du sprichst mir aus der Seele.
    Wenn mal als Regelschullehrer allen gerecht werden will,ist Frust und sich zerreiben vorprogrammiert.
    Etwas überspitzt gesagt: Entweder man versucht das und wird stetig frustrierter u kräftemässig geschlauchter "Hamster im Rad" oder man findet sich damit ab,dass über kurz o lang eine Gruppe abgehängt wird u man sein Augenmerk auf die anderen legt. Das klingt gemein, soll es aber nicht sein. Wir haben auch Verantwortung für die Regelschüler,die sollen u werden einen Abschluss machen,sie sollen für ein "richtiges" Berufsleben vorbereitet werden. Es klingt hart,aber im Zuge der veränderten Ansprüche haben SuS ohne oder mit einem Förderschulabschluss kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Und da sie ihre Schuljahre in einer Regelschule verbringen mussten,sind sie nicht mal mehr auf Alltagsanforderungen vorbereitet. Denn die Inhalte der Förderschule,die die Kids aufs Leben vorbereiten,kommen wenig bis gar nicht vor. Aber immerhin waren sie auf einer Regelschule mit nicht eingeschränkten/behinderten Kindern...*frustriertironisch*
    Na denn..."Hurra,Inklusion".... :schreien:


    LG

  • Kein Rollstuhlfahrer sollte mehr durch die Vorurteile der Lehrerschaft vom Besuch einer Regelschule ausgeschlossen werden ***.

    Den möchte ich mal kennenlernen: den normalintelligenten Rollstuhlfahrer, der von dem Besuch einer Regelschule ausgeschlossen war und dann auf eine Schule musste, wo er nicht entsprechend seinen Fähigkeiten gefördert wurde, weil er nämlich in Wahrheit ein Einser-Abiturient ist und nicht studieren konnte und auf der Schule für Behinderte nur den Hauptschulabschluss machen durfte!!!


    Wer nach Inklusion schreit und dieses Beispiel des Rollstuhlfahrers nimmt, der vergisst, dass dem schon immer alle Türe entsprechend seinen Möglichkeiten offen gestanden haben!!

  • Neiiin, bei der Inklusion wird doch keiner ausgeschlossen! Die Regelschüler kümmern sich (alle und grundsätzlich) ja um die schwächeren Schüler, unterstützen diese...
    Ist das bei jemandem etwa NICHT so?


    Ironie mal bei Seite: Doch, ich glaube immer noch, dass Inklusion funktionieren kann. Andere Länder bekommen das ja auch hin. Aber eben nicht SO.
    Ich war ein (leider nur) Jahr an einer Schule, in der ich in Mathe in dem Schuljahr eine Stunde frontal unterrichtet habe.
    Das Konzept an dieser Schule (Lernbüros) wäre super geeignet, für eine Klasse, wie ich sie jetzt habe.
    Ich hatte immer wieder mal Zeit, mich gezielt um wenige Schüler zu kümmern. Die Schüler konnten das Lernen, was sie brauchen. Und nicht zum Beispiel wochenlang die schriftlchen Rechenverfahren wiederholen, wenn sie diese schon konnten. Es war wirklich individuell. Aber das funktionierrt nicht, wenn zum Zeitpunkt x alle Kinder eine Klassenarbeit schreiben müssen und ich Noten geben muss.
    Außerdem wusste dort eben auch nicht alle anderen kinder, was ein Kind alles nicht kann.
    Nun kann ich ja nicht allein beschließen, keine Arbeiten mehr zu schreiben und keine Noten mehr geben. Genau so wenig kann ich allein beschließen, künftig fächerübergreifend in doppelter Besetzung zu unterrichten.


    Inkusion erfordert einfach ein neues Konzept für Schule und Unterricht. Mit Fahrstühlen und zusätzlichen Räumen ist es da nicht getan.

  • Genau! SO und mit so einschränkenden Mitteln und so vielen Vorgaben kann Inklusion nichts werden.
    Inklusion ist eine Sparmaßnahme unter dem Deckmantel pädagogischer Integration! Denn "Behinderte Kinder soll man nicht ausschließen" ist schließlich ein Totschlag-Argument...Aber von was ausschließen? Von einem vollem Klassenzimmer mit Mitschülern die fast alles deutlich besser können,von einem Lehrer der gerne mal einen Blick darauf wirft,aber mehr nicht schafft(weil noch 19 andere da sind), von einer Pause in der man den anderen Kindern beim Spielen u gemeinsamen "Pubertieren" zusieht,aber man selbst mit einer I-Helferin durch den Tag muss,von Klassenarbeitssituationen in denen die anderen sagen "So ne Babyarbeit will ich auch!"........
    Aber dieses Kind ist ja dabei,es wird inklusiv beschult,aber integriert ist es leider nicht...


    LG

  • Die Realschulkids sind ebenfalls eine "Minderheit" von 5 SuS,davon spricht aber keiner.

    Das ist eben die falsche Denkweise. Du hast eine Gruppe von 25 Schülern, jeder davon ist in jedem Fach auf einem anderen Lernstand. Egal, welche Gutachten er hat. Davon ausgehend müsstest du individualisierten Unterricht machen. Dass dieser Spagat ein Wahnsinn ist, ist mir bewusst, daher der Appell: was denkt sich der Schulleiter, was das Kollegium? Frontal geht nicht. Frontalunterricht geht so nicht. Es funktioniert nicht. Euer Förderschullehrer sollte mit euch die Lehrpläne der beiden Schularten abgleichen. Er sollte Tips geben dürfen, wie man mit Flippi-Kindern umgeht. Aber will das jemand hören? oder wollt ihr nur, dass er kommt, um mal die nervigsten rauszunehmen? Geht es um Lösung oder um Überbrückung der Probleme?


    Ich sage nicht, dass du selbst Schuld bist, weil du momentan nicht weiterweißt. Aber du und dein Kollegium, ihr seid dafür verantwortlich, dass die Vorgaben des Bundeslandes so umgesetzt werden, dass die Lehrer halbwegs frustfrei durch den Tag kommen. Ich würde mir das für meine Schule auch wünschen!


    Denn natürlich sind die Sonderschulen genauso inklusiv, wie jede andere auch. Rate doch mal, an was für einer Förderschule ich bin: Ich habe in der achten Klasse 3 SchülerInnen, die nicht lesen können, einige, die lesen, wie Zweitklässler, zwei, die lesen, wie ein Erwachsener, einer der seine halbe Kindheit im Krankenhaus war und daher bis heute nicht alleine Straßenbahnfahren darf, Teenies, die regelmäßig vor Gericht sitzen und deswegen kaum in der Lage, irgend einem normalen Unterricht zu folgen, einen Jungen, der ausflippt, wenn sein Tagesablauf durcheinandergerät, 2 Schüler, die Dreisatzaufgaben im Kopf lösen, 5 die noch nicht die Zehnerüberschreitung problemlos hinkriegen, eine 14-Jährige, die trotzig die Mitarbeit verweigert, weil z.B. ihre Mitschülerin ihr nicht die Schere leiht und einen, der ein hervorragendes Zeugnis vom Praktikumsbetrieb erhalten hat. Bei jedem einzelnen versuchen die Klassenlehrer mit den Jugendlichen irgendeinen Platz im Leben zu ergattern. Aber mir fehlt ein sinnvolles Konzept jenseits des überholten Frontal-Fachunterrichts.

  • Interessante Wahrnehmung. Kein einziger meiner Sek I-Kollegen, mit denen ich Kontakt habe, sieht sich als überqualifiziert an. Wie auch? Wir haben überhaupt nicht gelernt, so und mit dieser Bandbreite an Schülern zu arbeiten, das pulen wir uns ganz mühsam durch Versuch und Irrtum selbst bei. ICH jedenfalls sehe mich als hoffnungslos überfordert. Da hilft mir auch kein Zusammensetzen mit dem Kollegium und eine nette Schulleitung, solange der Mist so von oben vorgegeben wird.


    Ich hab mich über deine Bemerkung ziemlich geärgert.


    Tut mir leid, ich wollte dich nicht persönlich angreifen. Ich sehe nur, dass die Grundschulen ab Klasse 1 mit jedem Kind klarkommen müssen und Kollegen in Klasse 5 häufig davon ausgehen, dass vorsortiert bei ihnen abgeliefert wird. (Siehe die Beiträge à la "was macht eigentlich die Grundschule 4 Jahre lang?") Ist ja auch logisch, man hat sich ja nicht grundlos für Gymnasiallehramt oder Förderschule entschieden. Aber nun zeigt sich eben, dass unser System völlig überholt ist, weltweit wird sich über das ungerechte deutsche Schulsystem aufgeregt und dann müssen nunmal Konzepte her. Macht es da Sinn, sich über "die da oben" aufzuregen? Wem nützt das was?

  • selbst wenn das 100% individualisiert wird und wir nur noch gemeinschaftsschulen haben - wenn das funktioniert, haben wir am ende bestenfalls überspitzt gesagt einen unterricht, in dem zwar alle auf ihrem level individuell arbeiten, aber das sach- und problemorientierte gespräch miteinander letztlich nicht mehrauf augenhöhe möglich ist, weil spätestens ab klasse 5 das arbeitsniveau zu weit auseinander liegt. sicherlich, das lernbehinderte kind kann so erzogen werden, dass es sich präsentationen ansieht, die es nicht versteht, und umgekehrt kann ein hochbegabter auch lernen, dass er ständig "anderen zu helfen hat" und sich präsentationen von lernbehinderten aus höflichkeit anzusehen, während er sich langweilt. arbeiten tun sie ja eh schon alle individuell vor sich hin.


    warum ist es nicht möglich, zuzugeben, dass vom leistungsvermögen her homogenere lerngruppen für alle beteiligten angenehmer und im sinne eines weitreichenden kompetenzerwerbs zumindest für die begabten kinder (und ich vermute, wenn man die lebenspraktischen kompetenzen dazunimmt, auch für die weniger begabten i-kinder...) zielführender sind? nichts gegen individualisierten unterricht, nichts gegen 'frontalunterricht' (was auch immer das genau sein mag), aber wenn die leute zu unterschiedlich sind, dann wird es schwer, irgendwas gemeinsam anzugehen, was über das bloße erlernen von kulturtechniken und elementarster sachkunde (primarunterricht) hinausgeht. von gemeinsamer wissenschaftspropädeutik möchte man ja schon gar nicht mehr träumen.

  • Ich komme mit der Inklusion grundsätzlich gut zurecht. Das liegt daran, dass wir ein stimmiges Konzept mit fast durchgehender Doppelbesetzung haben und alle Ressourcen, die wir haben, zusammenkratzen, um es auch nach dem neuen SchrRäG so weiterzuführen, wie es sich bewährt hat (dass das massiv auf Kosten anderer Bereiche geht, lasse ich mal außen vor). Was mir persönlich fehlt, ist ein Schulbuch, das inklusiven Unterricht unterstützt. Also nicht nur die üblichen differenzierten Aufgabenkataloge anbietet, sondern WIRKLICH differenziertes Material passend aufeinander abgestimmt. Z.B. Texte auf verschiedenem Niveau, Abbildungen von versch. Komplexität zu einem Thema. Das alles jedes Mal für jede Reihe und die aktuelle Zusammensetzung der Klasse herzustellen, sprengt mein Zeitbudget. Hier haben die Schulbuchverlage die Entwicklung schlicht verträumt.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.


  • Ich sehe nur, dass die Grundschulen ab Klasse 1 mit jedem Kind klarkommen müssen und Kollegen in Klasse 5 häufig davon ausgehen, dass vorsortiert bei ihnen abgeliefert wird. (Siehe die Beiträge à la "was macht eigentlich die Grundschule 4 Jahre lang?")


    Na, dann bring das doch jetzt mal zusammen. Die Grundschule kommt vergibt keine Abschlüsse. Sie vergibt Empfehlungen, die nach Zensuren erstellt werden. Nur werden die Zensuren eben nicht nach dem vergeben was ein Kind können musste. Sondern nach dem, was andere können. Und unter den Blinden ist der Einäugige König.
    Es macht da einfach weniger aus, wenn das Niveau absinkt.
    An den weiterführenden Schulen müssen aber Abschlüsse vergeben werden. Und da kann ich nicht nur nach individueller und sozialer Bezugsnorm benoten. Es werden Abschlussarbeiten geschrieben, und die sind nicht individuell.


    Und ja, wenn in der Grundschule schon benotet und selektiert wird, dann erwarte ich, dass ich mich darauf halbwegs verlassen kann.


    Was ist wohl zuvor passiert, wenn ein Fördergutachten von Ende Klasse 4 stammt? "Ooops, das Kind kann ja gar nichts, Da können wir nichtmal HS empfehlen..."-> Fördergutachten.


    Unter solchen Bedingungen finde ich es auch deutlich einfacher, alle Kinder zu unterrichten. Wenn sowieso egal ist, was am Ende rauskommt.
    An den weiterführenden Schulen reicht es aber eben nicht, dass die Kinder Freude am Unterricht und Spaß am Lernen haben.


    Was ist das eigentlich für eine komische Förderschule, mit deutlich über 20 Kindern in der Klassse?

  • Im Land mit dem universellen Gesamtschulsystem - den USA - wird das ganze nach meinem letzten Informationsstand recht pragmatisch gehandhabt. Da werden in jedem Jahr möglichst homogene Lerngruppen auf 2 Niveaus für die Regelschüler gebildet (die besonders Leistungsstarken und die schwachen sind also nicht unbedingt zusammen im Klassenraum) und die intellektuell überforderten Schüler werden primär in Fächer gedrängt, die ihnen mehr liegen (Sport, Haushaltsführung, Werkstattarbeit statt Politik und Physik). Dort gibt es aber auch ein anderes de-facto-System des Hochschulzugangs, indem jeder den SAT oder ACT Test ablegt, auf die die Colleges besonderen Wert legen (in etwa, als ob jeder ein bundeseinheitliches Zentralabitur ablegt, und für die Hochschulzulassung nur die Note der Abiturprüfungen zählen). Soviel zur "normalen" Inklusion.


    Sofern es jetzt um die "neue" Inklusion geht: wer die englischsprachigen Bildungsportale verfolgt bekommt mit, dass es in den USA und im UK exakt dieselben Probleme gibt. Es gab (und gibt) also ein System von Förderschulen und die Kinder sollen nun auf Regelschulen, niemand hat ein echtes Konzept oder Geld um dieses umzusetzen und die Lehrer sprechen sich entsprechend gegen die Inklusion aus. Man fährt hier also nicht nur in Deutschland sondern auch international den Karren vor die Mauer.

  • selbst wenn das 100% individualisiert wird und wir nur noch gemeinschaftsschulen haben - wenn das funktioniert, haben wir am ende bestenfalls überspitzt gesagt einen unterricht, in dem zwar alle auf ihrem level individuell arbeiten, aber das sach- und problemorientierte gespräch miteinander letztlich nicht mehrauf augenhöhe möglich ist, weil spätestens ab klasse 5 das arbeitsniveau zu weit auseinander liegt. (...)

    Da geb ich dir vollkommen Recht!
    Selbst in der Grundschule liegt das Niveau oftmals schon so weit auseinander, dass sach- und problemorientierte Gespräche mit der ganzen Gruppe wenig Sinn machen.
    Es ist genau wie du sagst: Jeder arbeitet dann individuell vor sich hin.
    Aber problemorientierte Gespräche zu gemeinsamen Themen kommen viel zu kurz. Klar kann man auch "Kleingruppengespräche" anleiten, aber in der Praxis sieht das dann meist anders aus.
    Ich war mal vertretungsweise an zwei Grundschulen, die als Vorzeigeschulen gelten, was Inklusion betrifft. Eben schon seit vielen vielen Jahren GU-Kinder, jahrgangsübergreifend, ausgearbeitete Konzepte, viel Doppelbesetzung und so weiter.
    Letztlich findet dort natürlich ein sehr individuelles Arbeiten statt, jeder schön in seinem Tempo, an seinen Materialien, an seinen Inhalten.
    Es wird auch an gemeinsamen Themen gearbeitet, fächerübergreifend.
    Das ist alles schön und gut, aber was unter diesen Voraussetzungen eben viel zu kurz kommt, sind gemeinsame Gespräche zu einem Thema, der Austausch auf Augenhöhe untereinander.
    Es funktioniert einfach nicht so, wie sich das viele in der Theorie vorstellen.

  • Man fährt hier also nicht nur in Deutschland sondern auch international den Karren vor die Mauer.


    Das riecht doch alles sehr nach TISA:


    Zitat

    Die Vereinbarungen dienen dem Ziel, Handelshemmnisse im öffentlichen Dienstleistungssektor zu beseitigen – begleitet von bereits von ACTA und TTIP bekannten und massiv kritisierten Geheimhaltungsvereinbarungen. Ein taz-Journalist charakterisiert die Verhandlungs-Ziele wie folgt: „Öffentliche Dienstleistungen zur Gesundheits-, Wasser- und Energieversorgung, bei der Bildung, im Finanzsektor sowie in allen anderen Bereichen sollen über das bereits in den letzten 20 Jahren erreichte Ausmaß dereguliert und internationaler Konkurrenz ausgesetzt werden.“

    http://de.wikipedia.org/wiki/Trade_in_Services_Agreement


    Man muss den Karren des öffentlichen Schulsystems erst richtig gegen die Wand fahren, bevor der Rubel im Privatschulsystem rollen kann...


    Seltsam nur, dass sich gerade die linksorientierten Kräfte für dieses Projekt einspannen lassen.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen


  • Was ist das eigentlich für eine komische Förderschule, mit deutlich über 20 Kindern in der Klassse?

    18 sinds pro Gruppe, das reicht.


    Was ist wohl zuvor passiert, wenn ein Fördergutachten von Ende Klasse 4 stammt?

    Die Grundschulen warten 1-2 Jahre, bis sie ihre Gutachten kriegen. Ich hab schon Gutachten für Kinder in Klasse 4 geschrieben, da sagten mir die Klassenlehrerinnen: ich brauchs jetzt nicht mehr, aber machen Sie mal, sonst beschweren sich wieder die Weiterführenden, warum wir uns nicht gekümmert haben. (Um die beiden Jungs hatten sich die Lehrerinnen jeweils jahrelang bemüht, es ging um schwer auffälliges Verhalten).


    Aber egal, die gemeinsame Frage bleibt: Inklusion ist an der Tagesordnung, nach mindestens 2 Lehrplänen muss man sich gleichzeitig richten. Da sind Schulleitung und Kollegium gefragt, sich was auszudenken, obs dem einen oder anderen nun passt oder nicht. Also, man kann natürlich auch jammern, ist klar.

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