Liebes Forum,
Zunächst möchte ich mich entschuldigen, dass ich euch hier so einen langen Text gespikt mit meinem seelischen Kummer präsentieren muss, aber ich denke ich bin hier an der richtigen Stelle für meine Sorgen (wo hier doch Leute sind, die vielleicht in der gleichen Lage sind, oder eine ähnliche Lage überwunden haben, etc).
Vorne hinweg: Ich war eh seit Beginn des Studiums nie 100%ig sicher, ob ich das richtige Studium angegangen bin, aber die wirkliche Unsicherheit und Selbstzweifel (vielleicht auch Zukunftsängste) kamen, als ich merkte, dass ich kein passendes Zweitfach zu meinem wirklich geliebten Erstfach (Englisch) zu finden scheine. Nach langem hin und her (in dem auch ernsthaft Überlegungen um ein Versuchen, die Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule zu absolvieren involviert waren, diese aber neben dem erheblichen zeitlichen Aspekt und nach einer nüchternen Einschätzung eines Musikdozenten an der örtlichen Musikhochschule eher wieder zunichte gemacht wurden) entschied ich mich daher (vielleicht als notwendiges aber kleinstes Übel?? Ich kann es nicht genau sagen) für das Zweitfach Germanistik.
Dass ich am liebsten einfach nur Englisch alleine unterrichten würde hat sich vermutlich auch etwas wie eine Art Motivationsblocker auf das Fach Germanistik gelegt, dem ich, offen gestanden, doch einfach auch mal eine Chance geben sollte, jedenfalls so auch die Meinung meiner Eltern.
Nachdem das erste Modul in Deutsch (Sprachwissenschaft, das ich sowieso viel lieber mache als Literaturwissenschaft) mit einer soliden 2,0 gut bestanden war und ich mich mittlerweile auch nach einigem Aufwand an Eigenantrieb mit der mittelalterlichen Mediävistik-Vorlesung arrangieren konnte, schöpfte ich allmählich ein bisschen Mut und sagte mir, dass es vielleicht ja doch nicht die falsche Wahl war - ich war ja jedenfalls nie sonderlich schlecht im Fach Deutsch in der Schule, zumindest nicht sonderlich schlechter als ich in Englisch war, das ich ja sehr gerne studiere. Es stand anfangs halt einfach nie für mich zur Debatte, sondern kam erst so als "letzte Lösung" dazu. Sollte es mit Deutsch auch nicht klappen, wird daran dann wohl leider auch das Lehramt scheitern, denn ein anderes Fach (und ich bin die Studienliste rauf und runter) findet sich entweder interessenshalber, oder eignungshalber einfach nicht.
Nach dieser kleinen Vorgeschichte, damit ihr wisst, wie die Ausgangssituation ist, komme ich nun zum eigentlichen Thema:
Ich bin vor kurzem beim Googlen auf Forumseinträge (nicht von diesem Forum) gestoßen, wo mal wieder heftig über mögliche Prognosen der Einstellungschancen für künftige Gymnasiallehrer diskutiert wurde. Da ich weiß, dass man die Prognosen nicht immer für bare Münze nehmen sollte, aber dennoch ja sicherlich auch nicht gerade alles Fiktion sein wird, habe ich mal spezifischer nach meiner Fachkombination Englisch/Deutsch recherchiert und hatte nach dem Lesen vieler gleichklingender Beiträge am Ende wirklich kalte Hände und einen flauen Magen.
Gerade hier, ich möchte jetzt damit keine Werbung machen, sondern nur mal einige der Meinungen und Beiträge zeigen, ( http://www.studis-online.de/Fr…rett/read.php?101,1105927 ) war es doch eher wirklich der einstimmige Tenor, dass man mit so einer Kombination doch geradewegs in die Arbeitslosigkeit studiere, dass nicht einmal mehr Naturwissenschaften zur Zeit im Trend liegen und bei den Geisteswissenschaften sowieso jeder, der schlechter als ein 1,3er Schnitt liege, sich keine großen Hoffnungen machen brauche.
Untermauert wurde das Ganze noch von einem Beiträg einer langzeitarbeitslosen Lehrerin Ende 50, die Latein und Geschichte (oder ein ähnliches Zweitfach hatte) berichtete, wie sie sich von Aushilfskraft zu Aushilfskraft hängeln musste und immer gerade am Existenzminimum lebte.
Zudem viele Berichte darüber, dass man mit einer abgeschlossenen Lehrerausbildung aufgrund der sehr speziellen Ausbildung in der freien Wirtschaft als sehr unattraktiv gelte, sprich, woanders kaum unterkommen könne. Manche zweifelten sogar darüber, ob das erste Staatsexamen denn nun als anerkannter eigenständiger Abschluss gelte oder nicht.
Ich habe ohnehin schon meine Selbstzweifel und Zukunftsängste, habe große Angst später arbeitslos zu enden und einfach nicht so leben zu können, wie ich es mir für mein späteres Leben vorstelle, aber nach diesen Recherchen bekomme ich allmählich vom Lehramtsstudium das Bild einer "Alles-Oder-Nichts"-Einbahnstraße, die mit viel Glück und teils nur durch höhere Gewalt (Horrorgeschichten übers Referendariat über Prüfer, die Refs absichtlich durchfallen lassen, oder auf dem Kicker haben) entschieden wird.
Finanzielle und jobliche Sicherheit für meinen späteren Beruf war ein wichtiger Aspekt, nicht der einzige, aber ein wichtiger Aspekt für den Schritt in's Lehrerstudium. Ich bin nun leider aber verunsicherter denn je, was durch folgende Punkte verstärkt wird:
- Durch meinen Versatz in den beiden Fächern (Englisch Anfang 6tes Semester, Deutsch Anfang 2tes) werde ich sowieso länger als die Regelstudienzeit brauchen, was mich sehr betrübt, da ich nicht weiß, wie spätere Arbeitgeber darauf reagieren.
- Durch meinen Versatz kann ich das Praxissemester (was eigentlich vergangenes Semester laut Verlaufsplan bereits angestanden hätte) noch nicht machen, da im Zweitfach erst die Zwischenprüfung erreicht werden sollte.
- Ich wollte unbedingt ein Jahr ein Auslandssemester in den USA oder Canada machen - wegen des Versatzes und da ich ohnehin schon länger brauchen werde bin ich nun gar nicht sicher, ob der Auslandsaufenthalt so gut wäre, da nicht immer alles 1:1 an der fremden Uni angerechnet werden kann und ich dann nochmal länger brauchen würde.
- Einfach Abbrechen? Dann hätte ich gar keinen Abschluss und hätte nun seit 2 Jahren umsonst studiert. Kommt sicher nicht gut im Lebenslauf.
- Lehramtsstudium durchziehen damit ich immerhin den Abschluss (erstes Staatsexamen) habe und dann mit Anfang 30 etwas anderes suchen? Ob es für Leute in dem Alter überhaupt noch Ausbildungen gibt, in denen man dann unter 16-jährigen sitzt?
Ihr seht, es geht mir zur Zeit nicht so gut. Diese Fragen und Sorgen beschäftigen mich so sehr, dass ich nachts nicht recht schlafen kann und sogar davon träume.
Am liebsten würde ich so breitgefächert wie möglich fahren: Dass ich mir einfach neben des Lehramts noch andere Möglichkeiten offen halten kann. Ich will durch das Lehramtsstudium nicht so eingleisig eine Sackgasse entlang schlittern, an deren Ende ich entweder wegen Überqualifizierung keine Ausbildung in einem anderen Bereich mehr anfangen kann oder wegen der "sehr spezifischen Ausbildung" sonst im Arbeitsmarkt nirgends mehr unterkommen kann.
So habe ich mir mein Berufsstart nach dem Abi jedenfalls nicht vorgestellt. Mein ganzes Studium lief von Anfang an im Zick-Zack. Jetzt habe ich einen Versatz zwischen den Fächern, eine Handkuss-Kombi ist es auch nicht gerade und wegen des Zweitfachs bin ich auch etwas verunsichert, ein mögliches Ausprobieren des Berufes im Praxissemester kann ich nicht vor mindestens einem Jahr, noch mehr Zeit geht in's Land.
Ich bin einfach gerade echt in einer Krise.
Ich entschuldige mich herzlich, dass ich euch das alles zugemutet habe, aber manchmal muss auch einfach mal die Last von der Seele. Ich hoffe ihr könnt mir gute Meinungen bzw. Anhaltspunkte geben.
Mit meinen Eltern kann ich zwar theoretisch auch reden, habe ich auch schon, aber die unterstellen mir bei jedem Gespräch wenn ich meine Sorgen und Zweifel erwähne Pessimismus im höchsten Grad und Schwarzmalerei. Zu den gängigen Prognosen über Einstellungschancen sagen sie dann immer nur, dass die sich bis ich fertig bin wieder geändert haben und das Thema ist für die erledigt. Ich finde diese Haltung eine etwas blauäugige und teils vielleicht auch naive.
Sie lassen mir im Prinzip frei, was ich aus mir mache, aber besonders meine Mom kriegt des öfteren die Krise, wenn ich ihr mal wieder von meinen Ängsten berichte:
"Mach, was du für richtig hältst, aber MACH es endlich. Seit Beginn des Studiums eierst du hin und her, hinterfragst alles und jeden; ich garantiere dir, egal was du nun anfangen würdest, nach ein paar Wochen hättest du dort die gleichen Zweifel. Komm endlich dahinter, was du willst"
Und wenn ich dann von den schlechten Prognosen berichte, heißt es dann halt meistens ganz flappsig: "Dann bleib an der Uni und mach dort weiter und werde Professor. Die verdienen auch sehr gut."
Wenn ich dann antworte, ob sie sich überhaupt vorstellen können, wie der Weg bis hin zu einem Professor aussieht und dass das auch nicht gerade jeder "gerade mal so" werden könne, dann bekomme ich nur wieder Pessimismus und Schwarzmalerei unterstellt und mit meiner Haltung würde ich es so wirklich zu nichts bringen...
Ich stecke einfach wirklich gerade in einem Loch, bin auch vermutlich schon leicht depressiv. Ich bitte um eure Meinungen, Hilfen, Ratschläge!
Herzlichen Dank.