Sehr schwierige 4. Klasse - was tun?

  • hallo liebe forenmitglieder!


    ich bin im referendariat an einer schule mit "schwierigem" klientel. nun muss ich eine ziemlich prügelbereite, renitente vierte klasse unterrichten (habe dort zweimal pro woche unterricht). konkret heißt das:


    ca. 2/3 der klasse quatschen laufend dazwischen. es gibt immer mindestens 5 schüler, die keine hausaufgaben oder materialien haben und dann stören. nach meinen beobachtungen ist es in dieser sozialen gruppe die norm, im unterricht nur halbherzig oder gar nicht mitzumachen. man muss die schüler selbst zu spielerischen aktivitäten (die anderen klassen spaß machen) zwingen. in der pause prügeln sich meist 2-3 jungen. dies passiert auch hin und wieder während des unterrichts. der o-ton der anderen lehrer ist, dass sie mit der klasse auch nicht zurecht kommen. im grunde kommt niemand mit derklasse zurecht.


    ich als referendar muss es nun - wenn ich pech habe, wird dies auch meine prüfungsklasse. davor graut mir ein bißchen. toll ist natürlich, dass gerade ich als blutiger anfänger diese äußerst schwierige klasse unterrichten "darf". momentan vergeht mir dadurch nämlich echt ein bißchen die lust auf den beruf... obwohl ich weiß, dass die klasse ein extrem darstellt.


    hat jemand ähnliches erlebt? könntet ihr mir maßnahmen/tricks/kniffs nennen, die in vergleichbar schwierigen klassen schon funktioniert haben? ich freue mich auf viele antworten!


    dafür wäre ich euch sehr dankbar!!!


    viele grüße
    andré

  • Ich würde erstmal beobachten, wer da der sprachführer der Klasse ist. Ganz oft sind es 1-3 schüler, die es schaffen, eine komplette
    Klasse ins Chaos zu stürzen. Ist bei uns ähnlich. Zum einen dann bei denen mit Maßnahmen ansetzen, zum anderen natürlich einen weg finden, die ganze Klasse einzubinden. Die berühmten belohnungssysteme fallen mir da ein. Wenn ich das richtig gelesen habe, bist du aber nur wenige Stunden den in der Woche in dieser Klasse, dann wäre das etwas, das auf jeden Fall mit dem Klassenlehrer abgestimmt werden sollte, denn wenn du allein dann versuchst, da etwas durchzusetzen, die Kollegen aber nicht mitziehen, merken das die Schüler sehr schnell, sagen dann nur “bei Frau x dürfen wir das aber“ und machen weiter. Außerdem macht man sich so bei den Schülern recht schnell unglaubwürdig, wenn man Konsequenzen androht, die dann aber nicht kommen.

  • der o-ton der anderen lehrer ist, dass sie mit der klasse auch nicht zurecht kommen. im grunde kommt niemand mit derklasse zurecht.


    Was sind denn bei euch die Konsequenzen, wenn sich Schueler so benehmen? Kann ja nicht sein, dass man es einfach hin nimmt mit "die sind halt schwierig". Was machen andere Lehrer denn? Laeuft es bei denen irgendwie besser?
    Vor allem, wenn du nur so wenige Stunden hast, wuerde ich schon sehen, was die KL mit der Klasse macht und ob der Unterricht dort klappt.



    ca. 2/3 der klasse quatschen laufend dazwischen. es gibt immer mindestens 5 schüler, die keine hausaufgaben oder materialien haben und dann stören.


    Aehm,...wer daemliche Sprueche macht oder staendig reinquatscht endet bei mir auf dem Fussboden vor der Tafel. Ich glaub aber nicht, dass man das in Deutschland macht. :teufel: Meine fanden das nur beim ersten Mal witzig. Unsere vorige Lehrerin der 4. hatte die Jungs nie unter Kontrolle und ich hab die letzen zwei Jahre jeden September mit Klassen angefangen, die dachten es waere ok daemliche Sprueche zu machen um Lacher zu bekommen. Inzwischen ist das kein Problem mehr. Sie duerfen nun hin und wieder mal nen dummen Kommentar von sich geben, weil sie aufhoeren, wenn ich es sage. :stumm:


    nach meinen beobachtungen ist es in dieser sozialen gruppe die norm, im unterricht nur halbherzig oder gar nicht mitzumachen. man muss die schüler selbst zu spielerischen aktivitäten (die anderen klassen spaß machen) zwingen. in der pause prügeln sich meist 2-3 jungen. dies passiert auch hin und wieder während des unterrichts.


    Dann mach halt keine spielerischen Aktivitaeten. Sitzen, Klappe halten, abschreiben. Ende Gelaende. Wer das nicht kann, geht raus und uebt woanders.
    Meine pruegeln sich nur sehr selten in den Pausen. Zwei meiner Jungs haben sich vor ein paar Wochen gepruegelt,...und Eltern wurden am gleichen Tag in die Schule gebeten. Die beiden haben die naechste Woche in Pausen aufgeraeumt, Sachen sortiert und Stifte gespitzt. Wenn sich aber jemand in meiner Klasse pruegelt, darf kind gleich zur SL...(und unser Schulleiter macht es zwar nicht oft, aber er kann ordentlich bruellen).


    Ich hatte vor ein paar Jahren mal ne absolute Chaosklasse (die Dame von der Sonderschule fuer Verhaltensschwierigkeiten konnte es kaum glauben). Hat ne lange Zeit und viel Kraft gebraucht, aber irgendwann ging es dann auch. Fuer eine Woche haben wir erst einmal nur in Stille gearbeitet. Arbeitsblaetter benoetigten keiner Erklaerung und sie haben mit ihnen angefangen sobald sie in meinen Raum kamen. Ich hab in der Woche keinen "Unterricht" gemacht. Wir haben nur geuebt, wie man ruhig ist und auf nem Stuhl sitzt (statt auf dem Boden rumzukrabbeln und andere Schueler mit Taschenrechnern zu bewerfen; ueber Tische zu springen und sich gegenseitig anzuschreien und zu verpruegeln). Die Tuer war immer weit auf und unsere Stufenleiterin lief ein paar Mal pro Stunde vorbei. Wer das nicht geschafft hat, wurde zur Stufenleitung geschickt und hat dort im Gang gearbeitet. Zusaetzlich wurden Eltern informiert.
    Ich hab danach langsam mehr "Unterricht" gemacht, aber meist mit sehr kurzen Aktivitaeten. Sie hatten immernoch eine Aufgabe sobald sie den Raum betraten. Dann kurze Erklaerung, Aufgabe, Erklaerung, Aufgabe, etc. Aufgaben wurden immernoch in Stille bearbeitet. Im naechsten Jahr war es dann schon nicht mehr so ein grosses Problem. Wir konnten ordentlich arbeiten und ich konnte ihnen mehr Freiheiten geben.
    So bloed es vielleicht klingen mag, aber ich finde es macht keinen Sinn all die "schoenen spielerischen Aktivitaeten" machen zu wollen, wenn die Grundlagen fehlen.

  • Was ich mich gerade frage ist: Wieso musst du als Referendar überhaupt in diese Klasse? Alleine??? Und noch schlimmer: als potenzielle Prüfungsklasse???? Ich finde das ehrlich gesagt eine Unverschämtheit (oder zumindest:Fahrlässigkeit) seitens der Schulleitung. Sie hat die Aufgabe dich auszubilden und dazu gehört, dir eine Lerngruppe zuzuordnen, in der du die Chance hast, dass was du in den Seminaren lernst auch umzusetzen. Klar, kann man jetzt sagen, dass es auch zum Handwerk gehört, sich in schwierigen Klassen durchzusetzen. Und klar, lernst du mit Sicherheit auch dabei etwas. Der Punkt ist aber, dass am Ende der begrenzten(!) Zeit eine Prüfung steht, in der du zeigen sollst was du hinsichtlich Unterricht gelernt hast. Wie sollst du das in einer Klasse ausprobieren in der du nur mit Disziplinproblemen zu tun hast??? Das ist jetzt auch nicht nur meine Privatmeinung, sondern war in meiner Ausbildung auch Ansicht des Hauptseminarleiters, der sich zur Not auch an den Schulen dafür eingesetzt hat, dass die Referandare nicht verheizt wurden. Wie sieht es denn da bei euch aus? Hast du das Problem gegenüber Seminarleitung und/oder Schulleitung überhaupt schon mal angesprochen? Also wenn sie dir schon so eine Klasse zumuten (mit der wie du sagst auch alle anderen nicht zurechtkommen!), dann sollten sie dich 1. aktiv unterstützen mit dieser Klasse zurechtzukommen und 2. zumindest dafür sorgen, dass du eine weitere Lerngruppe hast, mit der du in die Prüfung gehen kannst. An meiner Schule würde das so jedenfalls nicht vorkommen (und wir haben auch eine schwierige Schülerschaft).

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Hallo,


    unabhängig davon, warum dir die Schulleitung diese Klasse zumutet, kann ich dir zum Überleben Folgendes raten: mach so wenig wie möglich Neues. Keine Einführungsstunden, vor allem keine Spiele, bevor sie nicht auf dich hören. Wenn irgend möglich, lass sie üben. Päckchen rechnen, abschreiben, Arbeitsblätter- Dinge die sie aus dem Effeff beherrschen. "Wer leise und fleißig diese Übungen macht, darf sich am Ende der Stunde ein Ausmalbild nehmen. Wer jetzt noch einen Mucks von sich gibt, holt die Stunde mittags nach." Ziehe das Nachsitzen unbedingt durch. Kündige nur an, was du umsetzen kannst und tu es ohne "letzte Chance". Rufe die Eltern der betreffenden Kinder an, sprich wertschätzend über ihre Kinder (mit Positivem einsteigen) aber mach deutlich, dass sie dich unterstützen müssen, damit erfolgreiches Arbeiten in diesem wichtigen 4. Schuljahr möglich wird. Keine Vorwürfe, zieh die Eltern auf deine Seite. Wenn garnichts mehr geht, bitte den Schulleiter, einen Elternabend einzuberufen.
    Der Unterricht geht erst los, wenn alle am Platz sitzen, nach vorne schauen, den Stift aus der Hand gelegt haben. Ruhe jetzt. Max, Beine unter den Tisch. Justin-James, schau nach vorne.
    Wenn du das Bedürfnis hast und es dir zutraust, über Konflikte in der Pause zu sprechen, dann machs. Ansonsten überlasse es dem Klassenlehrer, du musst damit rechnen, dass alles Mögliche hochkocht und dann der Übergang zum Unterricht noch schwerer fällt.


    Lass dir und den Kindern perspektivisch Zeit. Erst wenn du dir einen Stand erarbeitet hast, kannst du sinnvollen Unterricht machen. Sagt sich so leicht, ich weiß, du hast nur noch ein Vierteljahr in der Gruppe und bist Anfänger, der mitten in einer Prüfungssituation steckt. Aber versuche, dich selbst nicht zu sehr unter Druck zu setzen, ihr könnt jetzt kein Methodenfeuerwerk machen. Mach das Beste draus, indem du dir Zeit gibst. Z.B. bis zu den Pfingstferien Nachsitzen und Elterngespräche und FRÜHESTENS dann ein Spiel, bei dem jeder an seinem Platz sitzt, wie Bingo und wenns zu laut wird, brechen wir ab und schreiben Klassenregeln. Keine Gruppenarbeit, kein Sitzkreis, keine Werkstatt etc.pp. das sind Dinge, für die man Erfahrung braucht und eine Klasse, die dafür bereit ist.

  • ^ ^ Ich schließe mich mal diesem alten Thread an, weil ich in einer ähnlichen Situation bin wie zuvor beschrieben und langsam auch nicht mehr weiter weiß. Meine "Problemklasse" ist eine dritte Klasse mit einigen aufmerksamkeitsbedürftigen (und dadurch unruhigen) Schülern, die häufig gleichzeitig auch noch leistungsschwach sind. Hinzu kommt, dass sie weder Verantwortungsgefühl für sich noch für die Klasse haben, was dazu führt, dass mögliche Interventionen auf Gruppen- oder Individualebene ihren Zweck verfehlen. Die Klassenregeln haben wir schon oft besprochen und in der Theorie kennen sie sie (= bei Nachfragen oder im Reflexionskreis), aber im Unterricht können sie sie nicht anwenden. Notendruck bringt nichts und bei spaßigen wie zu "trockenen" Unterrichtsmethoden flippen sie aus. Sie sind schwer für etwas zu begeistern. Die Schulleitung ist kaum eine Unterstützung, weil sie der Meinung ist, dass ich das als Referendar hinzukriegen habe (obwohl selbst erfahrene Kollegen ihre Schwierigkeiten bei der Klasse haben). Es müsse ein Lernzuwachs erkennbar sein und ich müsse abwechslungsreichen und guten Unterricht halten, um sie zu kriegen - nur Arbeitsblätterarbeit darf ich nicht (und selbst in solchen Phasen kommt ihnen die Langeweile und damit ein Anlass zum Quatsch machen). Habt ihr eine Idee, wie ich der Klase Herr werden kann?

  • Morgen!


    Deine Regeln müssen mit Konsequenzen absolut transparent und klar sein. Niemals gibt es irgendeine Ausnahme (für kein Kind). Überlege dir deshalb genau, was du überhaupt praktisch durchführen kannst. Gibt es vielleicht schon einen festen Regelkatalog für eure Schule? (Eintrag ins Hausaufgabenheft, Brief, Anruf, an einen Einzelplatz setzen, auf den Flur setzen, in die Parallelklasse setzen, Trainingsraum, Eltern in die Schule bestellen, Kind abholen lassen,...). Habt ihr vielleicht auch Schulsozialarbeiter an eurer Schule? Vielleicht können sie dich unterstützen. Ich nehme an, dass bereits deutliche Gespräche mit den Eltern stattgefunden haben? Falls es ganz heftig ist, kann natürlich auch über ein AOSF Verfahren nachgedacht werden, Förderschwerpunkt Emotional-Sozial.


    Schaffe feste Rituale und Arbeitsabläufe. Ich finde immer Phasen mit Arbeitsplänen sehr dankbar. Starte immer gleich (z.B. mit einem passenden Spiel, das die Motiavation hochhält). Danach wird das Ziel des Arbeitsplans benannt und die SuS schwärmen aus. Sie haben Pflicht- und Wahlaufgaben, können EA oder PA machen, es gibt Selbstkorrekturbögen und du läufst als Lernbegleiter herum und hast Zeit, dich um die schwierigen Fälle zu kümmern. Die meisten SuS arbeiten so nämlich sehr engagiert, die bist du quasi "los". Wenn nun ein Chaot ausrastet, stört das die restlichen SuS fast nicht, weil sie bereits versorgt sind. Strukturiere deinen Unterricht so, dass du nahezu überflüssig bist. Am Ende wird überprüft, ob das Ziel erreicht wurde.
    Noch ein Tipp, auch wenn es blöd klingt. Finde doch mal heraus, was deine Chaoten gerne machen. Unterhalte dich mit ihnen, interessiere dich für sie, lobe sie. Die Beziehung zu diesen Kids ist häufig ausschlaggebend für einen entspannten Unterricht.


    Also: Streng, konsequent, zieltransparent, vertrauensvoll und gerne noch eine Prise Humor ;)

  • Danke Jazzy!


    Einen Regelkatalog gibt es durchaus: Bei den anspruchsvollsten Schülern wurde das mit den Hausaufgabenhefteintrag gemacht und die Eltern nehmen es auch zur Kenntnis. Wie sie damit umgehen, weiß ich jedoch nicht. Einzelplatz + Flur + Parallelklasse sind zwar möglich, aber setzen irgendwo auch eine Kollaboration des Schülers voraus und wenn der nicht macht, was ich sage, stehe ich im Prinzip blöd da, weil ich die Schüler ja nicht anfassen darf. Es gibt eine Lärmampel und die Kinder auf "rot" müssen eine rote Karte abschreiben, was sie jedoch aufgrund der fehlenden Verantwortung für sich und andere einfach machen, ohne dass es als "Strafe", die man zukünftig vermeiden möchte, empfindet. Abholen lassen war ursprünglich mal eine geplante Maßnahme, dürfe aber wohl nur in schwerwiegendsten Fällen gemacht werden. Gerne würde ich mal mit den Eltern in Kontakt treten, aber ich vermute mal, dass sie über das Verhalten ihrer Kinder bereits Bescheid wissen, da es ja bereits in Klasse 1 und 2 so war. Ob das wirklich etwas bringt... Schulsozialarbeit gibt es, die zuständige Frau ist aber nicht oft da. Bisher hatte ich keinen Kontakt mit ihr, vlt. müsste ich aber mal den Kontakt zu ihr suchen.


    Ich bin auch ein Fan von Arbeitsplänen, habe es in der Klasse einmal ausprobiert und festgestellt, dass meine Arbeitsaufträge nicht deutlich genug waren und so immer wieder Fragen kamen, was gemacht werden müsse. Jetzt weiß ich "kurz, prägnant und dennoch idiotensicher", was jedoch gar nicht so leicht ist...
    Was meine Chaoten gerne machen... Da habe ich mir lange schwer getan, weil sie sich gefühlt für nichts interessierten. Was sie anscheinend mögen, sind Computerspiele und Waffen (also die Jungs) - also alles mit viel "Action". Was mir das jetzt für den Unterricht nützt, kein Plan...


    An der Strenge könnte ich noch arbeiten, weil ich immer fürchte, dass das zulasten der Schüler-Lehrer-Beziehung geht. Vertrauensvoll kriege ich bestimmt hin und das mit der Prise Humor ist schwierig, da sie mir bei zu viel Humor entgleiten (also die Jungs). Konsequenz und Zieltransparenz... Da geht noch mehr, sicherlich!


    Mit freundlichen Grüßen

    Einmal editiert, zuletzt von Lindbergh ()

  • setzen irgendwo auch eine Kollaboration des Schülers voraus und wenn der nicht macht, was ich sage, stehe ich im Prinzip blöd da, weil ich die Schüler ja nicht anfassen darf.

    Dann liegt hier schon ein großes Problem. Wenn der Lehrer eine Ansage macht, muss der Schüler gehorchen. Gehorcht er nicht, muss ich wissen, wie ich das Problem löse. Hier ist jedoch das gesamte Kollegium gefragt. Habt ihr hier keinen Handlungsrahmen festgesetzt? Wir haben z.B. einen Trainingsraum, in den dann die Schüler geschickt werden. Bei schwierigeren Situationen und völliger Verweigerung wird die SL eingebunden und es werden die Eltern sofort angerufen und die Schüler müssen abgeholt werden, alle verpassten Fächer werden als 6 gewertet. Die Option, dass ein Schüler nicht gehorcht, gibt es nicht. Wenn du bereits Angst hast, eine Konsequenz auszusprechen, weil du damit rechnest, dass du sie praktisch nicht durchführen kannst, ist das ein riesiges Problem.

  • Gerne würde ich mal mit den Eltern in Kontakt treten, aber ich vermute mal, dass sie über das Verhalten ihrer Kinder bereits Bescheid wissen, da es ja bereits in Klasse 1 und 2 so war. Ob das wirklich etwas bringt...

    Nun, du hast eine Mitteilungspflicht den Eltern gegenüber. Die haben außerdem die Erziehungspflicht. Wenn du es nicht schaffst, Schüler zu erziehen, müssen die Eltern deutlich informiert werden. Am besten mit Protokoll, alle unterschreiben, Ziele vereinbaren, ab in die Akte. Frag sie mal, welche Lösung sie haben, wenn ihr Kind durchdreht, alle stört, nicht den Raum verlassen möchte. Dann kannst du auch vorschlagen, dass du sie direkt anrufst und im Härtefall das Kind abgeholt werden müsste. Wenn die Eltern dem zustimmen, wäre das Problem gelöst.

  • Ich bin auch ein Fan von Arbeitsplänen, habe es in der Klasse einmal ausprobiert und festgestellt, dass meine Arbeitsaufträge nicht deutlich genug waren und so immer wieder Fragen kamen, was gemacht werden müsse. Jetzt weiß ich "kurz, prägnant und dennoch idiotensicher", was jedoch gar nicht so leicht ist...

    Dann übe das ;) Sprich dich mit deinem Mentor ab. Jeder Arbeitsplan sollte identisch aufgebaut sein, die Materialien immer an den gleichen Stellen. Dann läuft das irgendwann ganz einfach.

  • An der Strenge könnte ich noch arbeiten, weil ich immer fürchte, dass das zulasten der Schüler-Lehrer-Beziehung geht.

    Meine Schüler wurden letztens gefragt, was einen guten Lehrer ausmacht: Strenge! Das war die Meinung der gesamten Klasse. Erst wenn sie dich ernst nehmen, kannst du guten Unterricht machen.

  • Ich sehe das genauso wie Jazzy. Wenn du die Aufgaben zu schwer gestellt hast, stell sie anders und beschwere dich nicht über die Kinder. Eltern musst du anrufen- hoffen, zweifeln, vermuten bringen dich nicht weiter. Wenn einer den Raum nicht verlässt, stell dich mit beiden Beinen hin, guck das Kind an und sage: du gehst jetzt, sonst rufe ich den Papa an und dann ist Holland in Not, mein Freund. Geh zum Klassenbuch, hol dein Handy raus und wähle die Nummer...


    Beispielsweise, es gibt sicher noch andere Wege. Wichtig ist es m.E., dass du aus der Hilflosigkeitsschleife rauskommst. Was wie sein sollte und was passieren könnte und ob das alles was bringt... Die Fragen stellen sich gar nicht, du musst handeln, damit du Unterricht machen kannst. Zunächst mal völlig egal, was die Schulsozialarbeiterin macht, woran Hänschen Freude hätte, ob Susi mehr wissen müsste, was der Schulleiter findet oder wie Mäxchens Mutter ihr Kind erzieht. Du bist der Lehrer und gibst den Rahmen vor.

  • Lehramtsstudent: Es geht weniger um "Strenge", als um Konsequenz. Regeln transparent machen (eventuell visulisieren an der Tafel mithilfe einer selbstgebastelten Lärmpampel oder ein "Lärmthermometer" an die Tafel malen etc., damit die SuS sehen, wo sie sich aktuell befinden), klare Folgen nennen, wenn jemand auf rot steht und diese Folgen selbst auch "aushalten", also z.B.konsequent Email an die Eltern mittags um eins, um diese über größeres Fehlverhalten zu informieren, ggf.Eltern zum persönlichen Gespräch bitten, wenn du den Eindruck hast, es fruchtet nicht bei den SuS.
    Klare Regeln beschädigen eine L-S-Beziehung erstmal nicht. Vielen Kindern fehlt gerade diese Regelklarheit im Elternhaus. Nicht allen ist klar, dass sie das im Leben benötigen werden, manchen aber durchaus, weshalb sie dankbar sind für Stabilität, Klarheit und Belastbarkeit der zwischenmenschlichen Beziehung im Umgang mit Lehrern. Die wichtige Ergänzung zu den klaren Regeln hat Jazzy dir ja auch genannt: Investitionen in die L-S-Beziehung z.B.in Form von Interesse für deine SuS. Das beginnt mit Kleinigkeiten wie der Frage nach dem Fußballtraining, der Lieblingsmannschaft oder der Nachfrage, wie das Spiel der Jugendmannschaft am WE denn gelaufen ist. Wenn ich meine SuS mit einer neuen Zeitschrift aus unserer Schulbib kommen sehen frage ich sie beim nächsten Mal, ob sie mir einen Artikel daraus empfehlen können, den sie besonders spannend fanden. Die vielen Kleinigkeiten zählen und summieren sich, weil sie den SuS zeigen, dass du sie auch jenseits des Unterrichts als Menschen wahrnimmst und schätzt. Auch Fehler einzugestehen oder Nichtwissen gehört dazu: Freitag habe ich mit meinen SuS zwei Modelle entwickelt. Modell 2 war die umgekehrte Version von 1 mit entsprechend veränderter Beschreibung. Ein Wort habe ich übersehen und nicht verändert. Einem Schüler fiel der Widerspruch zum Glück auf. Als ich mich bedankt habe und meinte, das hätte ich glatt übersehen, hat die gesamte Klasse sich gefreut. Der Schüler, der den Fehler bemerkt hatte meinte, normalerweise würden Lehrer immer sagen, das wäre ein Test gewesen und nicht zugeben, dass sie etwas übersehen hätten. Mich hat es nichts gekostet ehrlich zu sagen, dass ich nicht unfehlbar bin und etwas übersehen habe an der Tafel, für die Beziehung zur Klasse war es Gold wert, gerade, weil in der KLasse viele sehr leistungsschwache Schüler sind, die sich oft von Lehrern Hinweise zu eigenen Fehlern anhören dürfen.


    Wenn deine Jungs begeisterte Gamer sind, frag sie, welche Spiele sie spielen, was sie daran begeistert. Gamer sind häufig interessiert an strategischen Überlegungen, die Teil vieler Spiele sind. Bestimmte Unterrichtsmethoden fordern genau diese Art von Denken. Gerade simulative, handlungsorientierte Unterrichtsmethoden können deine Gamer evtl.begeistern und einbinden helfen. Ich habe auch sehr viele Gamer in meinen Klassen, die sich zumindest teilweise auf diese Weise einbinden lassen. Teilweise verknüpfe ich auch einfach andere Themen mit Gamingaspekten oder Gaming-Themen (z.B. in GK ist Gaming ein zentraler Baustein im Bereich Medienkompetenz, in Wirtschaft arbeite ich beim Thema Kaufverträge mit Ingame-Währungen, etc.), um diese Schülergruppen "mitzunehmen".

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich sehe das genauso wie Jazzy. Wenn du die Aufgaben zu schwer gestellt hast, stell sie anders und beschwere dich nicht über die Kinder. Eltern musst du anrufen- hoffen, zweifeln, vermuten bringen dich nicht weiter. Wenn einer den Raum nicht verlässt, stell dich mit beiden Beinen hin, guck das Kind an und sage: du gehst jetzt, sonst rufe ich den Papa an und dann ist Holland in Not, mein Freund. Geh zum Klassenbuch, hol dein Handy raus und wähle die Nummer...


    Beispielsweise, es gibt sicher noch andere Wege. Wichtig ist es m.E., dass du aus der Hilflosigkeitsschleife rauskommst. Was wie sein sollte und was passieren könnte und ob das alles was bringt... Die Fragen stellen sich gar nicht, du musst handeln, damit du Unterricht machen kannst. Zunächst mal völlig egal, was die Schulsozialarbeiterin macht, woran Hänschen Freude hätte, ob Susi mehr wissen müsste, was der Schulleiter findet oder wie Mäxchens Mutter ihr Kind erzieht. Du bist der Lehrer und gibst den Rahmen vor.

    OT: Beim Lesen des Beitrags hörte ich innerlich eine Peitsche knallen 8)

  • OT: Beim Lesen des Beitrags hörte ich innerlich eine Peitsche knallen 8)

    Sorry, das macht die bald 10-jährige Arbeit mit ausflippenden Kindern :(


    Natürlich kommen Zeiten, in denen man schöne Aktionen machen, die Wünsche der Kinder einbeziehen und ihnen bei ihren Problemen helfen kann. Das alles geht aber erst, wenn sie überhaupt zuhören.

    • Offizieller Beitrag

    Dann liegt hier schon ein großes Problem. Wenn der Lehrer eine Ansage macht, muss der Schüler gehorchen. Gehorcht er nicht, muss ich wissen, wie ich das Problem löse. Hier ist jedoch das gesamte Kollegium gefragt. Habt ihr hier keinen Handlungsrahmen festgesetzt?

    Mein Eindruck ist, dass das ein leidiges Problem an (Grund-?)-Schulen ist.
    An meiner letzten Schule gab es irgendwann zwar ein Konzept, das funktionierte aber zu 50% nicht, weil Personalmangel, Krankheit, wichtige Aufgaben der Schulleitung dem entgegenstanden. Eltern sind eben in der Regel nicht einverstanden mit dem Abholen. Der Lehrer muss das machen, der Lehrer hat das studiert und der Lehrer ist der Pädagoge und muss sich um's Kind kümmern und das hinbekommen, was Eltern versäumt haben. Eltern gehen z.T. dann auch nicht mehr an's Telefon.
    Was bei uns in den Klassen abging, geht auf kein Schaffell.


    Arbeitspläne mit mehreren Ausflippern funktionieren in der Regel nicht, die sabotieren das. Alles schon durch.
    Und gerade bei emotional-sozial auffälligen Schülern im Grundschulalter hat man es als Fachlehrer immer schwer, weil die i.d.R. nur den Klassenleiter akzeptieren, mehr ist zu viel für die Entwicklungsstufe.


    Lehramtsstudent:
    Willkommen in der Schule.
    Sieh zu, dass du den Klassenleiter in die Pflicht nimmst, dich zu unterstützen sowie deine Mentoren.
    Sieh zu, dass du deine Sprache verkürzt und vereinfachst.
    Arbeitspläne müssen immer gleich aussehen, wurde hier schon genannt.


    Und: Ich würde nienichtnimmer in so einer Klasse mit einem Spiel starten. Eher die Stunde mit einem Spiel abschließen. Idealerweise mit einem, an dem auch nur ein Teil der Klasse teilnehmen kann. Oder Stempel oder Bonbons oder Weißdergeier.

  • Und: Ich würde nienichtnimmer in so einer Klasse mit einem Spiel starten.

    Sehr wichtig, ich meine zwar, das wurde schon weiter oben im alten Thread genannt, kann aber nicht oft genug betont werden.


    Und ja, jetzt zeigt sich, wie man Uniwissen und Realität in Einklang bringt, deswegen bin ich auch gegen Reform und vor allem gegen Abschaffen des Referendariats.


    Alle Probleme, die hier in regelmäßigen Abständen benannt werden sind keine, die das Ref. hervorruft sondern typische Anfängerfehler und Überforderung im realen Klassenzimmer, die ohne Ref 100x schlimmer würden -> siehe Quer-/Seiteneinstieg.

    Einmal editiert, zuletzt von Krabappel ()

  • Danke für eure vielen Nachrichten!


    @Jazzy: Ich habe eine Kollegin, die mir mal anbot, dass ich Schüler, die nicht parieren, zu ihr schicken könne. Ansonsten habe ich bereits früh gemerkt, dass das Thema "Strafen" nicht sehr einheitlich an der Schule geregelt wird. Zu Beginn wurde mir gesagt, dass man, wenn die Schüler sich absolut nicht benehmen, die Eltern zwecks Abholen anrufen könne. Als ein Kind an dem Punkt angelangt war und ich im Begriff war, die Eltern anzurufen, wurde mir gesagt, dass ich das nur dürfe, wenn quasi die Hütte brennt und sich die Kinder die Köpfe einschlagen. Musste ich also erst einmal zurückrudern und stand quasi wie ein Depp vor der Klasse... In einer Situation (schon ein paar Wochen her) wollte ich ein Kind in den Nachbarraum schicken, aber es folgte meiner Anweisung nicht. Erst als die Parallelkollegin kam, tat es das Kind. Das sind Machtspielchen, aber da muss ich schon überlegen, wann ich wie reagiere, sodass ich, da hast du völlig Recht, meine Androhung auch durchsetzen kann. Ich muss die Eltern wohl tatsächlich dringend mal informieren: Was rätst du dabei - Brief oder Telefon?


    @Krabappel: Wie oben geschrieben, gestaltet sich das mit dem Anrufen schwierig, weil ich es wohl nur im Notfall dürfe. "Kind stört permanent den Unterricht" reicht da nicht aus. Ich muss handeln, das ist klar. Es muss nur etwas sein, was ich auch tatsächlich durchsetzen kann - und das ist mein Knackpunkt.


    CDL: Letzens im Reflexionskreis erzählte ich den Schülern auch, dass ich bei Häufung wohl mal mit den Eltern in Kontakt treten müsse. Und dass evtl. die Störenfriede ein paar mehr Hausaufgaben bekommen, sodass sie sich in Zukunft stärker zusammenreißen. Setzt jedoch voraus, dass sie dies als Strafe empfinden und das nicht einfach stoisch abarbeiten, nur um das nächste Mal wieder Quatsch zu machen. Ich hoffe, dass gerade die herausfordernden Schüler in der 3 etwas von sich erzählen, sodass ich deren Interessen durchaus auch mal aufgreifen kann. Ab und an erzählen sie "Ich war am Wochenende da und da." und dann kommen natürlich von mir Folgefragen, aber das sind dann keine ernsthaften Interessen oder Hobbys ihrerseits. Die Verbindung zum Thema "Gaming" muss ich mir merken; ist in Englisch bestimmt schwerer (wegen des beschränkten Vokabulars), aber sicher durchaus in Mathematik.


    Conni: Ich hatte mehrfach die Situation "Wenn die Stunde gut funktioniert, gibt es zum Schluss ein Spiel." und wenn es dann nicht zum Spiel kam, waren die Schüler leider nicht enttäuscht. Das mit der Belohnung hat bei einer anderen Lehrerin einmal geklappt, als die damalige erkrankte KL ihnen ein Päckchen zur Adventszeit schickte. Die Situation mit der KL ist schwierig, da es aktuell eine Übergangssituation ist und die neue KL erst nach den Osterferien kommt. Die von dir angesprochene Kollaboration findet nur bedingt statt - auch wenn ich es mir anders wünschen würde. Mit meiner Mentorin arbeite ich zwar gut zusammen, aber sie hat einen Teil der Klasse nur in einem Nebenfach...


    @Krabappel: Es liegt vor allem daran, dass kein Mensch einen auf diese Situationen vorbereitet und es einfach heißt "Mach mal. Du MUSST das jetzt können." Woher um Himmels Willen? Dass das Studium nicht sonderlich auf die Praxis vorbereitet, war klar, aber es ist schade, dass das Referendariat in meinen Augen seinen Zweck als Ausbildung verfehlt.

  • Die Schulleitung ist kaum eine Unterstützung, weil sie der Meinung ist, dass ich das als Referendar hinzukriegen habe (obwohl selbst erfahrene Kollegen ihre Schwierigkeiten bei der Klasse haben). Es müsse ein Lernzuwachs erkennbar sein und ich müsse abwechslungsreichen und guten Unterricht halten, um sie zu kriegen - nur Arbeitsblätterarbeit darf ich nicht (und selbst in solchen Phasen kommt ihnen die Langeweile und damit ein Anlass zum Quatsch machen). Habt ihr eine Idee, wie ich der Klase Herr werden kann?


    Hallo Lehramtsstudent,


    im Grunde kannst du da alleine als Referendar gar nichts machen. Deine Schilderungen klingen für mich eher nicht danach, dass du etwas grundlegend falsch machst.


    Du schreibst, dass gestandene Kollegen ebenfalls Probleme mit der Klasse haben. Wenn dem so ist, müsste das Kollegium gemeinsam über eine Lösung nachdenken. Meiner Erfahrung nach kommt man als Einzelkämpfer in solchen Extremsituationen nicht weiter, wenn sich in Problemklassen 3-4 Schüler gegenseitig befeuern und den Unterricht destruktiv sabotieren, hilft auch die Beziehungsebene nicht weiter, zumal du ja als Referendar in der Regel wenige Stunden da bist und dann meist mit Unterrichtsvorbereitung und Unterrichten ausgelastet bist. Normalerweise sollte man keinem Berufseinsteiger solche Klassen geben, das ist meines Erachtens fahrlässig und verstößt auch gegen die Fürsorgepflicht sowohl dir als auch den Schülern gegenüber. Aber was hilft es, die Praxis sieht häufig so aus, wie du es gerade erlebst.


    Mein Tipp also: Suche das Gespräch mit denjenigen Kollegen, die auch in dieser Klasse Schwierigkeiten haben und du wirst feststellen, dass es dieselben Schüler sind, die aus der Reihe tanzen. Überlegt dann gemeinsam eine Konsequenz. In meiner schwierigen Klasse half nur das und rigoroses Eintragen im Klassenbuch nebst Androhung des zeitweiligen Schulausschlusses. Wenn alle Lehrer an einem Strang ziehen, können schwierige Schüler auch nicht mehr so einfach Kollegen gegeneinander ausspielen.


    Wenn das nicht klappt, weil das Kollegium oder ein Teil davon dich als Referendar bewusst auflaufen lassen möchte, hast du ein ernsthaftes Problem und solltest frühzeitig in Richtung Schulwechsel/Seminarwechsel und ggf. zeitweilige Unterbrechung des Referendariats denken, bevor die diesbezüglichen Fristen, wo das noch recht einfach möglich ist, ablaufen.


    Ist die Schule in einer größeren Stadt bzw. Problembezirk?


    der Buntflieger

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