Liebe Forumsmitglieder,
ich möchte mich mit einer bestimmten Frage an Euch wenden, da ich gerne Input von völlig Unbekannten haben möchte, um eine Frage für mich zu klären bzw. natürlich auch auf mein Verhalten zu reflektieren.
Diese Frage lautet:
Wie gehe ich mit bestimmten Arten von KollegInnen um (ca. 20-30%), die
a) auf die zügige/pünktliche Erfüllung von offen vereinbarten Arbeitszielen (z.B. in kollegialen Arbeitsgruppen)
und/oder
b) das Durchsetzen von offen vereinbarten oder sogar besonders betonten pädagogischen Zielen (z.B. Raucherkontrolle, dauerhaftes & offen kommuniziertes Verstossen gegen Unterrichtsregeln durch immer gleiche SuS)
negativ reagieren?
Die Frage klingt vielleicht merkwürdig, daher schildere ich die Lage, die zu der Frage führt aus meiner (natürlich subjektiven) Sicht:
Zu meiner erlebten Situation / der Problemsituation:
Ich bin Lehrer in der Probezeit an einer weiterführenden Schule mit integrativem Unterricht - ich bin also im Kollegium und auch im Beruf ein Neuling.
Ich unterrichte Englisch und ein (bzw. effektiv zwei) Nebenfächer.
Vor dem Lehrerberuf (regulär mit Ref und Studium, kein Quereinstieg) habe ich auch ausserhalb der Schule Berufserfahrung gesammelt - einerseits in der Bundeswehr, andererseits in körperbetonten Nebenjobs im Studium.
Ich habe in den Lehrerberuf "gewechselt" bzw. mich sehr im Leben frühzeitig dazu umentschieden, da Lehrer mein Traumberuf geworden ist.
Nun bin ich also auf meiner ersten Stelle und erlebe diese eigentlich äusserst positiv - ich gehe praktisch jeden Morgen sehr gerne zur Schule, mag alle meine Lerngruppen wirklich gerne usw.
Viele Befürchtungen von anderen Kolleginnen und Kollegen, die gerade anfangen teilte ich schon vorher nicht und wurde auch nicht damit konfrontiert - so habe ich etwa keinerlei Probleme mich durchzusetzen, bekomme meine Unterrichtsinhalte eigentlich immer durch und bin bei den SuS beliebt bis zum Teil extrem beliebt. (Alle diese Aussagen beruhen auf Feedback durch mehrere Dritte, das ich in meinem pädagogischen Tagebuch festhalte. Ich glaube daher nicht, dass ich mir das "schönrede")
Auch mit den (scheinbar teilweise regelrecht gefürchteten oder unter der "politisch-korrekten pädagogischen Maske" geradezu gehassten) "ADHS-Jungen in der Pubertät" oder "Jugendlichen mit Migrationshintergrund" / "total aggressiven Eltern" / "Übermüttern" usw. usf. habe ich bisher (bis auf eine einzige Ausnahme) immer positive Erfahrungen gemacht und konnte meine Ziele bzw. gemeinsame Zielvereinbarungen praktisch immer erreichen - auch ohne Konflikte. (Ob dann alles so läuft wie besprochen oder alles auf Dauer erreicht wird ist natürlich wieder eine andere Frage - Alltag eben )
Neben dem Unterricht mache ich in zwei Arbeitsgruppen mit, die sich mit Schulentwicklung beschäftigen. Eine davon halte ich für Unfug, aber Probezeit eben...bei der anderen stehe ich auch privat dahinter und finde sie wichtig für unsere Schule. In den Arbeitsgruppen sind meine Beiträge aus meiner Sicht eigentlich eher langsam in der Produktion und/oder inhaltlich mittelmässig bis schwach - dienstalte Kolleginnen und Kollegen spiegeln mir aber das Gegenteil. Also mache ich da wohl nicht alles falsch.
Also alles toll?
Leider nicht...denn mit grob 20-30% der Kolleginenn und Kollegen gibt es imemr wieder kleinere Probleme/Konflikte.
Ich erlebe in letzter Zeit immer wieder, dass verschiedenen Kolleginnen und Kollegen (längst nicht alle, aber schon eine starke Minderheit) verdrückt bzw. fast schon passiv-aggressiv auf mich reagieren.
Typisch dafür ist folgender genereller Ablauf einer Interaktion bei b):
1) Ich stosse ausserhalb meiner Lerngruppen (denn dort finden solche Dinge nicht statt, zumindest bei mir nicht) auf irgendein Verhalten, dass mit (im weitesten Sinne) "Disziplinproblemen" zu tun hat - beispielweise offen demonstriertes Rauchen (oder in Einzelfällen gar kiffen!) direkt in Sichtweite der Schule.
2) Ich gehe so vor, wie es die Schulregeln vorsehen bzw. wie es zum Teil sogar auf Konferenzen AUSDRÜCKLICH vorgesehen ist oder "wieder mal" betont wird - und worüber sich auch viele der Kolleginnen und Kollegen in Pausengesprächen usw. wortreich beklagen.
3) Die Kolleginnen und Kollegen reagieren verbal zustimmend, sind aber offensichtlich (ich bitte die direkte Ansage zu entschuldigen) angepi**t, wenn man das dann macht.
4) Die Maßnahmen, die darauf folgen sollten werden direkt oder indirekt (ich kann es nicht anders sagen) sabotiert. Jede Ausrede ist genehm, wenn nur bloß kein wirksamer Zugriff auf den/die SoS erfolgt: Von der SL angeordnete bzw. feststehende Maßnahmen werden nicht kontrolliert (was die SuS genau wissen, logischerweise, die sind ja nicht dumm ), Anrufe bei den Eltern werden selbst bei schwerem Fehlverhalten (z.B. massive sexistische Beschimpfungen, ein "Dei-Mudda-Spruch" oder ähnliche "Harmlosigkeiten" sind damit nicht gemeint!) noch besserwisserisch-pädagogisch kommentiert ("Oh, gleich zu Hause anrufen?" + Augenrollen) usw. usf.
Beispiel:
Eine Gruppe SuS steht offensichtlich und provokant am Rande des Schulhofes genau ausserhalb des Schulgeländes, raucht, wirft Müll in den Garten eines Anwohners, quatscht Passanten provokant an. (Aufsicht schaut weg bzw. wird nicht ordnungsgemäß durchgeführt)
Ich bekomme das auf meinem Weg zur Schule zufällig(!) mit. (Ich betone: Zufällig, ich spioniere SuS nicht hinterher, finde ich unredlich)
Ich sammele die SuS ein und bringe sie wie "offiziell" vorgesehen zum Büro, wo sie registriert werden und eigentlich bestimmte Maßnahmen erfolgen sollten.
Im Büro sofort "saure Mienen" und offensichtlich will man das alles nicht haben/machen/hören - dabei wurde genau dieses Verhalten immer wieder angeprangert - und zwar genau von den Leuten, die dann offensichtlich "sauer" sind.
Ich kontrolliere das später inoffiziell nach:
- Großteil: Keine Maßnahme irgendeiner Art erfolgt
- Ein/zwei mit (aus meiner Sicht) vernünftige KlassenlehrerInnen: Maßnahmen erfolgen ohne Unterstützung (und daher natürlich ohne Biss dahinter), diese sind aber dann kaum abschreckend. --> effektive Wirkung auf Verhalten = natürlich gleich null.
Schlußfolgerung für mich (denn ich bin auch sicher kein "Überlehrer" bzw. will nicht zum allseits gehassten "Überbringer schlechter Botschaften" werden, auch habe ich noch ein Privatleben):
Ok, ich kriege in der inoffiziellen Hierarchie auf die Finger, also Finger weg/wegschauen.