Erfahrungsbericht
Zur Einordnung: Ich bin Lehrer an einer großstädtischen Hauptschule (Brennpunkt) in NRW. Ich habe neulich einen Förderantrag unterschrieben, der den Migrantenanteil mit 93% ausgewiesen hat. Ich habe es nun nicht durchgezählt, aber 90% kommt sicherlich hin.
Um es klar zu sagen: Wir haben ja so allerlei Probleme, aber mit der im Film angesprochenen Thematik sicherlich nicht!
Weder mit Fremdenfeindlichkeit der wenigen Deutschen, noch mit "Deutschenfeindlichkeit". Auch gibt es keine Animositäten zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen (v.a. Türken, Kurden, Russen und "Deutschrussen" (was ja keine fremde Ethnie ist, ich weiß)).
Die einzelnen Peer-Groups mischen sich ohne erkennbares System. Es gibt jede Menge (eigentlich nur) interkulturelle Beziehungen und bei den älteren SuS auch Liebschaften.
Auch das Kollegium setzt sich aus unterschiedlichen Ethnien zusammen. Ich erlebe dieses täglich als immensen Vorteil: Wenn sich Elternteile beispielsweise darauf zurückziehen möchten, dass sie die Kommunikation (mit der Schule) ja eigentlich und grundsätzlich gerne gesucht hätten, sie aber leider kein Deutsch können, ist dieser Zahn schnell gezogen. Telefonate sind ein gutes Beispiel. Wenn ich sprachlich an meine Grenzen stoße, da mich mein Gegenüber nicht versteht (nicht verstehen will), ist nahezu immer eine Kollegin greifbar, die kurz und bündig und v.a. muttersprachlich perfekt, den Gesprächsgegenstand dezidiert auf den Punkt bringt. Zack!
Darüber hinaus gewinnt man doch enorm an innerer Ruhe, wenn man denn auf die Nachfrage hin, warum die Eltern von XYZ das Kind nicht krankgemeldet haben, XYZ ins Feld führt, dass seine Eltern halt nur russisch können, man gelassen antworten kann: "Frau … ist Russin! Sie lässt ausrichten, dass sei sprachlich unproblematisch!"
Zusammengefasst: Die im Film beschriebene Problematik kenne ich persönlich nicht. Sie wird weder von den SuS, noch von den KuKs "gelebt". Das ist, angesichts der vielen tatsächlichen Probleme, auch einfach mal gut so!
Dennoch und auch das will ich nicht verhehlen, ist nicht alles eitel Sonnenschein: Es gibt beispielsweise den männlichen, türkischen (wahrscheinlich eher islamischen) Machismo (nicht alle!!!) und die sich daraus ergebenden Probleme für (deutsche) Lehrerinnen an unserer Schule durchaus. Allerdings würde ich diese Thematik nicht direkt unter der Ursprungsthematik dieses Threads subsumieren (eher tradierte, noch eher anachronistische Wertevorstellungen der Hinzugezogenen, welche dieses Rollenbild pflegen), daher der Kleindruck.