Außerschulischer Lernort - fremde Schüler in den Griff bekommen?

  • Hallo ihr lieben Lehrer :)


    Da ich jetzt doch recht viel und recht durcheinander geschrieben habe, hier vorweg mal kurz eine Zusammenfassung:


    1. Wie kann man als Kursleiter an einem außerschulischen Lernort eine fremde und schwierige 7. oder 8. Klasse Oberschule ruhig halten, ohne Rituale anwenden zu können oder die Namen zu wissen etc.?


    2. Kritik von einer Lehrerin: Ich stelle zu viele Fragen und lasse sie von den wenigen gut mitarbeitenden Schülern beantworten. Der Rest klinkt sich aus. Schüler-Lehrer-Pingpong. Gibt es zu diesem Frage-Antwort-Spiel eine bessere Alternative, wenn man nur 15 Minuten Zeit hat für eine Besprechung vor oder nach einem spannenden Praxisteil?


    Und hier nochmal mein Gejammer in Langform:


    Ich bin selbst gar kein studierter Lehrer, sondern Ökologe. Da ich aber seit Dezember in einem außerschulischen Lernort naturwissenschaftliche Kurse für Schüler aller Altersstufen gebe, stehe ich doch jeden Tag vor mindestens einer Schulklasse.
    Bisher lief das auch gerade mit Grundschülern hervorragend und ich bekam viel Lob für meine Begeisterungsfähigkeit (was bei einem Thema wie "Tropische Schmetterlinge" natürlich auch nicht ganz so schwierig ist).
    Heute hatte ich jedoch eine 8. Klasse einer Oberschule hier, die nicht zu begeistern war und viel gestört hat. Ein Junge hat ständig mit Absicht Geräusche gemacht, während ein paar Mädels jede Bitte um Ruhe völlig ignoriert haben. Mitgemacht haben nur drei Schüler, während aus den anderen nichts herauszubekommen war. Dabei sind das nur jeweils ca. 15-20 Minuten Unterricht, die vor oder nach einem praktischen Erlebnisteil stattfinden. Die Praxisteile sind auch alle immer sehr beliebt (auch bei den Störenfrieden), aber die theoretische Vor- und Nachbesprechung ist ein Problem.


    Wie könnte ich Schüler in diesem Alter besser packen und Störungen in den Griff bekommen? Ruherituale oder Ähnliches funktionieren ja nicht, wenn man die Klasse zum ersten Mal trifft. Ich habe gemerkt, dass ich irgendwann einfach nur noch genervt war von den Schülern. Und so sprach mich ein Junge in der Pause auch an, ob ich überhaupt Spaß an meinem Beruf hätte, weil ich so gelangweilt wirken würde. Gelangweilt war ich ja nicht, aber wie gesagt genervt, dass zuviel Unruhe herrschte. Das hat mich ziemlich getroffen, weil bisher gerade meine Begeisterung die Schüler mitgerissen hat. Zumindest galt das für die Klassen 1-6.


    Wahrscheinlich liegt es auch zu großen Teilen an mir... die Lehrerin hat mich zwar schon gewarnt, dass es eine schwierige Klasse sei, nach dem Kurs aber auch gemeint, ich hätte zuviel Schüler-Lehrer-Fragepingpong gespielt. Zu viele Fragen von zu wenigen und immer denselben Schülern beantwortet. Welche Methoden könnte man da stattdessen einsetzen? Für die Theorie habe ich wie gesagt nur ca. 15 Minuten Zeit, was für Gruppenarbeiten mit Besprechung der Ergebnisse ja zu kurz sein dürfte.


    So viel Gedankenmatsch gerade ;) Vielleicht habt ihr ja trotzdem den ein oder anderen hilfreichen Tipp für mich? Ich würde mich sehr freuen!



    I

  • ...aber die theoretische Vor- und Nachbesprechung ist ein Problem.


    Kannst du da nicht die Lehrer der entsprechenden Klassen einbinden?
    Ich denke da so:

    • Telefonische Absprache mit den Lehrern vor dem Besuch (evtl. schickst du ein paar Stichpunkte, die die jeweiligen Lehrer in ein Arbeitsblatt zum Thema überführen),
    • theoretische Vorbereitung der Exkursion an der Schule durch den Lehrer
    • Exkursion
    • Nachbereitung der Exkursion durch den Lehrer an der Schule


    Dann mache die Lehrer das, worin sie Experten sind und du das, worin du der Experte bist.


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Meiner Meinung nach kann man eine Schulklasse nicht einfach an einen Kursleiter "abgeben", allerdings habe ich das auch schon oft erlebt (Fremdschämen vom feinsten...)
    Ich denke, dass da klare Absprachen im Vorfeld helfen könnten: Ich übernehme das inhaltliche, aber erzieherische Maßnahmen obliegen Ihnen.

  • Zitat Ara84:

    Zitat

    Ein Junge hat ständig mit Absicht Geräusche gemacht, während ein paar Mädels jede Bitte um Ruhe völlig ignoriert haben.

    Zitat Raket-O-Katz :

    Zitat

    Hat die Kollegin gar nicht auf die störenden Schüler reagiert?

    Das habe ich mich auch gefragt, geehrter Raket-O-Katz ! Aber wahrscheinlich kann sie sich selbst bei ihren Schülern nicht durchsetzen. So ein o.g. Verhalten geht gar nicht. Da hätte sie ihre Schüler richtig zusammenscheißen müssen.


    Zitat Ara84 :

    Zitat

    Wahrscheinlich liegt es auch zu großen Teilen an mir... die Lehrerin hat mich zwar schon gewarnt, dass es eine schwierige Klasse sei, nach dem Kurs aber auch gemeint, ich hätte zuviel Schüler-Lehrer-Fragepingpong gespielt.

    Aha, Lehrerin bekommt ihre Klasse selbst disziplinarisch nicht in den Griff und schiebt es auf die vermeintlich falsche Methodik des Vortragenden. Kennen wir das nicht von irgendwo her ?


    Als Lehrer würde ich mir folgende Fragen stellen und dementsprechend handeln : 1. Kann die Klasse sich außerhalb der Schule so benehmen, wie es sich gehört ? Wenn nicht, muss das Benehmen vorher in der Schulstube trainiert werden. 2. Trägt das Benimmtraining Früchte ? Wenn nicht, wird mit der betreffenden Klasse kein außerschulischer Lernort aufgesucht und aus die Maus !


    Ich würde mir um die Methodik keinen großen Kopf machen, geehrter Ara84 ! Vielleicht beim nächsten mal versuchen, passive Schüler im Gespräch mehr einzubinden (Schüler muss man ab und zu aufwecken), an der Stimmführung und Körpersprache feilen, und gut ist ! Die Schüler müssen zuhören und basta !


    Benehmen und Disziplin sind nicht verhandel- und interpretierbar ! 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    Einmal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

    • [*}Telefonische Absprache mit den Lehrern vor dem Besuch (evtl. schickst du ein paar Stichpunkte, die die jeweiligen Lehrer in ein Arbeitsblatt zum Thema überführen),
    • theoretische Vorbereitung der Exkursion an der Schule durch den Lehrer
    • Exkursion [=Begleitung durch den Lehrer]
    • Nachbereitung der Exkursion durch den Lehrer an der Schule


    Und genau deshalb besuche ich außerschulische Lernorte nur noch, wenn sie 100% ins Currculum passen. Sonst lohnt sich der Aufwand nicht, insbesondere wenn man bedenkt, dass für so etwas oft ein kompletter Tag draufgeht und Klassen, die vertreten werden müssen, mit Aufgaben versorgt werden müssen, man dem Fahrgeld der Schüler hinterherrennt, einen Reisekostenantrag für sein eigenes Fahrgeld ausfüllen muss usw. usf.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen


  • Ein Junge hat ständig mit Absicht Geräusche gemacht, während ein paar Mädels jede Bitte um Ruhe völlig ignoriert haben.


    Was hat denn die Lehrerin gemacht? Sowas waere doch sicherlich ihre Aufgabe, nicht deine?
    Ich hab auch einen Schueler, der gelegentlich Geraeusche macht (hat sich schon sehr gelegt, seit Anfang des Jahres). Den entfernt man dann eben von der Gruppe, bis sich kind wieder eingekriegt hat. Ungehorsam wird in meiner Schule allerdings generell nicht geduldet...und wenn das mit einer fremden Person passieren wuerde, wuerde sich kind schnellstens neben dem Lehrer wiederfinden.


    Mitgemacht haben nur drei Schüler, während aus den anderen nichts herauszubekommen war. Dabei sind das nur jeweils ca. 15-20 Minuten Unterricht, die vor oder nach einem praktischen Erlebnisteil stattfinden. Die Praxisteile sind auch alle immer sehr beliebt (auch bei den Störenfrieden), aber die theoretische Vor- und Nachbesprechung ist ein Problem.


    1) Kinder untereinander besprechen lassen und dann erst um Ergebnisse bitten. Damit hatten sie dann wenigstens die Zeit und die Moeglichkeit ihre Gedanken etwas in Ordnung zu bekommen.
    2) In Gruppen antworten lassen, statt einzelne Schueler heraus zu picken.
    3) Ich entscheide, wer antwortet. Meiner Klasse ist das klar...ob sie sich nun melden oder nicht, ist mir die meiste Zeit ziemlich schnuppe. So koennen sie sich nicht einfach ausklinken und in die Ferne starren.
    4) Als KL auf einem Ausflug besteche ich meine Schueler auch mal. ;) Sie bekommen dann "house points" fuer gute Fragen und Antworten. Dazu muss man aber auch als Lehrer der Besprechung folgen und kann nicht einfach sein eigenes Sueppchen kochen (was bei deiner Problemgruppe ja der Fall gewesen zu sein scheint).


    Wahrscheinlich liegt es auch zu großen Teilen an mir... die Lehrerin hat mich zwar schon gewarnt, dass es eine schwierige Klasse sei, nach dem Kurs aber auch gemeint, ich hätte zuviel Schüler-Lehrer-Fragepingpong gespielt. Zu viele Fragen von zu wenigen und immer denselben Schülern beantwortet.


    Ganz ehrlich, ich denke, es lag eher an der Lehrerin und der Vorbereitung der Klasse. Meine Klasse letztes Jahr war auch sehr schwierig und ich hab daher Veranstalter vorgewarnt. ABER von meiner Klasse hab ich an dem Tag genauso gutes Benehmen erwartet, wie von jeder anderen Gruppe. Meine waren immer ein Traum, wenn sie auf nem Ausflug waren.
    Meine jetzige Klasse ist generell sehr gut erzogen,...aber beim letzten Ausflug hab ich auch drei meiner Jungs am naechsten Tag ins Nachsitzen verfrachtet, weil die Leiterin sie zweimal bitten musste sich nicht so kindisch zu benehmen und zuzuhoeren. (Danach war dann aber auch Ruhe im Karton..., obwohl ich sie ja verstehen konnte. Fluss, Wiese, Stoecke und Gummistiefel,...da will man als kleiner Junge eben rumrennen und fechten. War ja als kleines Maedchen selbst nicht anders. :rotwerd: )
    Unsere wissen, dass sowohl Schulleitung als auch Eltern darueber informiert werden, wie der Tag gelaufen ist. Meistens ist das eine sehr positive Unterhaltung. Ich hab allerdings null Skrupel Kinder abholen zu lassen oder ihre Eltern am Ende des Tages ueber schlechtes Benehmen zu informieren. Unsere SL unterstuetzt das...


    Meistens bekommen wir ein Schreiben vor dem Ausflug, in dem klar gemacht wird, dass der Lehrer fuer das gute Benehmen der Klasse verantwortlich ist. Finde ich auch angemessen.

    • Telefonische Absprache mit den Lehrern vor dem Besuch (evtl. schickst du ein paar Stichpunkte, die die jeweiligen Lehrer in ein Arbeitsblatt zum Thema überführen),
    • theoretische Vorbereitung der Exkursion an der Schule durch den Lehrer
    • Exkursion
    • Nachbereitung der Exkursion durch den Lehrer an der Schule


    Dann mache die Lehrer das, worin sie Experten sind und du das, worin du der Experte bist.

    Genau so sehe ich das auch. Würde aber bzgl. Punkt 1 auf eine Belehrung bzgl. des außerschulischen Lernortes bestehen. Wobei dies aber Normalität sein sollte.


    Denn:


    Aber wahrscheinlich kann sie sich selbst bei ihren Schülern nicht durchsetzen. So ein o.g. Verhalten geht gar nicht. Da hätte sie ihre Schüler richtig zusammenscheißen müssen.

    Der Vermutung schließe ich mich auch an.
    Und im Zweifelsfall, wenn schon bei dem Vorgespräch nichts mehr geht, die Lerneinheit abbrechen. Und die Klasse nach Hause schicken. Was nicht geht, bleibt eben.
    Auf diese letzte Option sollte der Lehrer in der Belehrung vorher auch eingehen.


    Du musst dich nicht verbiegen. An der Fragetechnik feilen oder einen besseren altersgerechten Einstieg als Motivation suchen, kannst du natürlich trotzdem. So grundsätzlich. ;)

  • Egal wie lange oder kurz dein Besprechungsteil ist, würde ich vorab den Kindern die Regeln mitteilen (am besten auch mit Piktogrammen oder bei den Großen natürlich schriftlich auf einem Plakat). Wird bei uns im Zoo auch so gemacht. Bevor es inhalltich anfängt, werden als erstes Regeln geklärt und ggf. auch direkt KOnsequenzen gezogen, z.B. Schüler umsetzen o.ä.
    Ich finde es gut, wenn das direkt geklärt ist, denn dann läuft es bis zum Ende problemlos. Kostet dich auch nicht viel mehr als 5 Minuten.
    Bei anderen außerschulischen Lernorten, wo das so nicht gehandhabt wird, ist es - auch für mich als begleitende Lehrkraft - deutlich schwieriger, vor allem, wenn dort Leute ohne pädagogisches Wissen teilweise vom NIveau und der Sprache her die Kinder nicht so ansprechen.

  • Erstmal vielen lieben Dank für die zahlreichen Meinungen und Vorschläge! Toll, dass hier so ein reger Betrieb herrscht, obwohl ihr doch vermutlich selbst alle genug zutun habt :)


    Ich möchte im Laufe des Tages gern noch auf eure Nachfragen antworten, aber der Arbeitstag hat begonnen und die nächste 8. Klasse ist schon im Anmarsch :zahnluecke: Mal schauen, wie ich das heute vielleicht ein Stück besser hinbekomme. Könnte ja auch eine Horde friedlich pubertierender Engel sein :engel: :engel: :engel:

    • Offizieller Beitrag

    Mal abgesehen davon, dass ich den Vorrednern zustimme, was die Zuständigkeit für das Benehmen der Klasse angeht, kann die Aufmerksamkeit / Einbeziehung aller trotzdem erhöht werden durch
    - Miniquizze (ggf. für Schülerpaare) zum Ankreuzen, deren Ergebnisse man dann jeden abfragen kann, nicht nur die Aktiven
    - Schüler einfach ansprechen, auf Meldungsaufruf zunächst verzichten
    - offene Fragen (was wisst ihr über ... ) statt ein-Wort-Antwort-Fragen "welches Tier/Pflanze hat denn...?"
    - Bildimpulse statt Fragen
    - Rätsel / Miniwettbewerbe

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Heute hatte ich jedoch eine 8. Klasse einer Oberschule hier, die nicht zu begeistern war und viel gestört hat. Ein Junge hat ständig mit Absicht Geräusche gemacht, während ein paar Mädels jede Bitte um Ruhe völlig ignoriert haben. Mitgemacht haben nur drei Schüler, während aus den anderen nichts herauszubekommen war. Dabei sind das nur jeweils ca. 15-20 Minuten Unterricht, die vor oder nach einem praktischen Erlebnisteil stattfinden. Die Praxisteile sind auch alle immer sehr beliebt (auch bei den Störenfrieden), aber die theoretische Vor- und Nachbesprechung ist ein Problem.

    1. Eigentlich müsste der Lehrer die Spezialkandidaten zu Hause lassen sollte bzw. sich wenigstens angemessen um sie kümmern im Theorieteil. Würde freundlich und bestimmt darum bitten, dass der Lehrer mit den Nervkindern rausgeht. Du musst dich nicht zum Affen machen, die Schule sollte dankbar sein für deine Arbeit. Mach nicht in deinem Beitrag weiter, wenns unruhig ist.
    2. Mach dir keinen Kopf, ob dein Unterricht spannend genug ist und du begeistert genug wirkst. Wenn dir ein Kind auch noch unverschämt kommt nach deinen Bemühungen, ignorier es mindestens. Nimm nix persönlich.
    3. Jemand schrieb hier ja schon was von Regelplakaten. Ich würde kurz und knapp sagen, dass ihr jetzt 15 min. Theorie macht, x min. Schmetterlinge beobachtet etc. und dann wieder 15 min. Theorie. Auch gestörte Kinder können 15 min. die Klappe halten, mit dieser Erwartungshaltung darfst du herangehen.


    Du darfst dich guten Gewissens sicher fühlen, die Kids sind bei dir zu Gast und du vertrittst das Hausrecht :victory: Trau dich, gelassen und bestimmt für Ruhe zu sorgen. Jede Klasse ein Lernprojekt, du siehst sie ja nicht wieder...

Werbung