Frage an die Ethiklehrer unter euch

  • Hallo,


    ich habe jetzt begonnen in meiner Altenpflegeklasse das Thema Ethik zu unterrichten. Nun sind wir gerade dabei ein paar Grundbegriffe zu klären. So ganz hilfreich ist das Lehrbuch da manchmal nicht und eine insbesondere für die Schüler klar nachvollziehbare Erklärung für einige Begriffe fehlt mir noch. Insbesondere folgende Begriffe machen mir (uns) da noch Schwierigkeiten:


    Moral
    Gewissen
    Werthaltung


    HAbt ihr da vielleicht gute Definitionen, die auch den Unterschied deutlich machen (sofern da einer ist). Google hat mir bisher noch nicht so richtig weitergeholfen.


    Gruß

  • So aus dem Bauch heraus:
    Moral (im Sinne von Ethik) ist der Teilbereich innerhalb de rPhilosophie, der der Frage "Was soll ich tun?" (s. 4 Kantischen Fragen) bzw. der Frage nach dem richtigen Handeln nachgeht. Moralische Normen oder Gebote sind von rechtlichen Normen (also Gesetzen) abzugrenzen. Moralische Normen sind allgemeine Vorschriften für moralisch gutes Handeln bzw.bieten eine Richtschnur für moralisch richtiges Handeln.
    Das Gewissen ist die Instanz des Menschen, die darüber bestimmt und urteilt, was moralisch gut oder verwerflich ist. Wenn wir (bewusst) moralische Normen verletzen werden wir demzufolge mit einem schlechten Gewissen bestraft.
    Den Begriff Werthaltung kenne ich nicht. Werte im Allgemeinen legen fest, was für einen Menschen oder eine Gruppe von Menschen als "wertvoll" und somit als erstrebenswert gilt.


    Wichtig finde ich, die Begriffe rechtliche und moralische Norm zu unterscheiden und den Schüler zu verdeutlichen, dass sie im Hinblick auf moralisch richtiges oder falsches Handeln in erster Linie ihre eigenen Richter sind.

  • Hallo,
    noch eine Bauchantwort:
    Moral ist ein Set von Verhaltungsnormen, die in der gegebenen Gesellschaft akzeptiert werden. Das muss aber von Ethik, also dem Gegenstand der Kantschen Frage, getrennt werden. Es gibt ja auch Doppelmoral, bürgerliche M., die Moral der rk. Kirche, usw.
    Bei den Inuit war früher moralisch akzeptiert, dass man die Alten im Eis aussetzt, damit sie einen friedlichen Erfrierungstod erleiden, bei den Menschenfressern war es moralisch, Mitglieder des Nachbarstammes genüsslich zu verspeisen.
    Ethik kommt immer dann ins Spiel, wenn eine moralische Norm keine befriedigende Antwort auf ein Dilemma gibt, hier muss man also fragen: "Was soll ich tun?". Bei Moral muss man nicht fragen, die Antwort ist schon vorproduziert.
    Ciao

  • Das Video finde ich klasse. Aber ich würde es nicht als Einstieg verwenden. Ich würde eher mit einem praktischem Beispiel - am besten aus dem Bereich Altenpflege - anfangen.

  • Beim Thema Moral würde ich immer Lawrence Kohlberg abchecken, der mit seinem Stufenmodell sehr weit vorne beim Thema Moral dabei ist. Und in diesem Zuge kann ich dir auch sog "moralische Dilemmata" (einfach mal nach Beispielen googlen) und Dilemmadiskussionen als seehr anschaulich und fruchtbar empfehlen. Ich weiß, das hilft dir jetzt nur indirekt beim Begriffsverständnis weiter, aber ich wollte an dieser Stelle gerne darauf hinweisen.

  • Ich würde eher mit einem praktischem Beispiel - am besten aus dem Bereich Altenpflege - anfangen.


    Habe ich auch genau so gemacht. Konnten die S. sich auch gut mit identifizieren. Sie sollten dann zu pflegerischen Themen selbst ethische Fragestellungen entwerfen, was auch gut hingehauen hat. Ja, und jetzt machen wir gerade die begriflichen Grundlagen, bevor wir den ICN-Code als Berufskodex behandeln und dann auch ethische Entscheidungsfindungsmodelle kennen lernen und anwenden. Ach so, Ethische Prinzipien stehen auch noch auf dem Plan (Autonomie, Wohltätigkeit, Aufrichtigkeit, etc.).


    Mein Buch definiert so:


    Moral = das geltende Verständnis und das Befolgen bzw. die tatsächliche Umsetzung von Werten und Normen eines Einzelnen oder einer Gruppe von Menschen in praktisches HAndeln.
    Werthaltung = innere Haltung des Menschen, unbewusst, Neigung, sich so zu verhalten, dass das eigene Wertsystem im HAndeln zum Ausdruck kommt,
    Gewissen = Fähigkeit, die Menschen dabei unterstützt, Gutes von Bösem zu unterscheiden, persönliche moralische Instanz, 'innere' Stimme, die den einzelnen Menschen in seinem Handlen verpflichtet, das sittlich Gute zu tun.


    SO ganz glasklar bekomme ich die Trennung nicht hin. Ich versuche es mal so: Moral ist erstmal was vom Menschen unabhängiges, es ist eine Gesamtheit von Werten, Normen, die in einer Gesellschaft anerkannt und gelebt werden. Die Werthaltung eines Menschen bezeichnet die Tatsache, dass Menschen Werte und Normen verinnerlichen, ohne dass ihnen das bewusst sein muss. In Erziehung, etc. werden diese weitergegeben und leiten unser Handeln. Wir handeln dann so, dass diese Werte bedient werden ohne dass wir uns darüber immer bewusst sind. Eine Werthaltung ist also schon etwas sehr persönliches. Die 'psychische' Instanz in uns, die uns sagt, was gut oder schlecht ist, ist das Gewissen. Unser Gewissen meldet sich, wenn etwas gegen unsere Werthaltung geht. dann fühlen wir uns schlecht.


    Kann man das so sagen?


    Gruß

  • Beim Thema Moral würde ich immer Lawrence Kohlberg abchecken, der mit seinem Stufenmodell sehr weit vorne beim Thema Moral dabei ist. Und in diesem Zuge kann ich dir auch sog "moralische Dilemmata" (einfach mal nach Beispielen googlen) und Dilemmadiskussionen als seehr anschaulich und fruchtbar empfehlen. Ich weiß, das hilft dir jetzt nur indirekt beim Begriffsverständnis weiter, aber ich wollte an dieser Stelle gerne darauf hinweisen.


    Dank dir.


    JA, Kohlberg kenne ich noch aus dem Studium. Auch natürlich das Heinz-Dilemma. Dilemmadiskussion werde ich wohl machen. Ich habe auch einen praktischen Artikel über Dilemmadiskussionen im Pflegeunterricht hier rumfliegen. Bezieht sich auf die sogenannte 'Konstanzer Methode'.


    GRuß

  • Beim Thema Moral würde ich immer Lawrence Kohlberg abchecken, der mit seinem Stufenmodell sehr weit vorne beim Thema Moral dabei ist. Und in diesem Zuge kann ich dir auch sog "moralische Dilemmata" (einfach mal nach Beispielen googlen) und Dilemmadiskussionen als seehr anschaulich und fruchtbar empfehlen.

    Ich persönlich finde diese konstruierten Dilemmata ganz schrecklich für die Schule. Noch schlimmer das sog. Trolleyproblem. Ich würde eher zu alltagsnahen Beispielen raten. Im Bereich Altenpflege lässt sich das sicher so einiges finden.

    • Offizieller Beitrag

    Beim Thema Moral würde ich immer Lawrence Kohlberg abchecken, der mit seinem Stufenmodell sehr weit vorne beim Thema Moral dabei ist. Und in diesem Zuge kann ich dir auch sog "moralische Dilemmata" (einfach mal nach Beispielen googlen) und Dilemmadiskussionen als seehr anschaulich und fruchtbar empfehlen. Ich weiß, das hilft dir jetzt nur indirekt beim Begriffsverständnis weiter, aber ich wollte an dieser Stelle gerne darauf hinweisen.


    Das interessante bei Kohlberg ist ja, dass nur irgendwelche Leichen (Gandhi, M. L. King) postum, Kohlberg und seine engsten Mitarbeiter jemals die Stufe 6 erreicht haben ;)

  • Konstruierte Dilemmata ...? 8| also ich hab mich wirklich viel mit Kohlberg beschäftigt und ich finde viele Beispiele wirklich seehr gut. Und es spricht hier niemand davon, nur die Vorlagen zu benutzen. (Abgesehen davon, dass es ja eher um die Argumentationen geht als um die Dilemmata) wenn man das Prinzip verstanden hat, darf man als Lehrer auch eigene thematisch passende Beispiele geben, versprochen! ;)


    In der Uni hat unser Dozent uns damals (in Frankfurt) das Daschner Dilemma (Stichwort Folterandrohung um ein Kindesleben zu retten) diskutieren lassen. Das hat sich Kohlberg wohl kaum ausgedacht.

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