Provokante Thesen eines Berliner Schulleiters

  • Mal ne dumme Frage : Dürfte ein Kollegium so über seinen Schulleiter in der Zeitung schreiben wie der o.g. der Schulleiter über sein Kollegium es getan hat ? 8_o_)


    Das verbietet schon die Loyalitätspflicht. Aber umgekehrt: Wenn ein SL so ein Interview gibt (was er ja in seiner Position als SL abgibt): Warum hat keiner aus dem Kollegium den Mut, eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den SL einzureichen? Denn der Loyalitätspflicht des Kollegiums gegenüber dem SL steht spiegelbildlich die Fürsorgepflicht des SL als Vorgesetztem gegenüber seinem Kollegium gegenüber: Ein Pauschalverurteilung großer Teile des eigenen Kollegiums entspricht sicher nicht dieser Fürsorgepflicht.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Zitat Mikael :

    Zitat

    Warum hat keiner aus dem Kollegium den Mut, eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den SL einzureichen?

    Ich nehme mal an, weil das Kollegium dort von den Persönlichkeiten dominiert wird, die den Schulleiter in seiner Ansicht noch bestärken, wie z.B. der o.g. Kollege, der auf den Schulleiter zugekommen sein und geäußert haben soll, dass nicht 50% sondern 70% der Kollegen im Lehrerberuf falsch seien. Die vom Schulleiter stolz erwähnte Offenheit im o.g. Kollegium nehme ich da nicht so ganz ab.


    Mich würde es interessieren, wie die 50-70% Falschen das Ganze so sehen und beurteilen.8_o_)

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  • Darüber hinaus finde ich es immer recht amüsant, wenn ausgerechnet Lehrer der 68er-Generation, also der Lehrergeneration, denen Pfründe und Planstellen schaufelweise hinterhergeworfen wurden, sich über die Vorteile der "freien Wirtschaft" auslassen...


    Nele

  • Zitat Nettmensch :

    Zitat

    ehrlich, beim durchlesen der Selbstdarstellung der Schule habe ich nicht den Eindruck von Kuschelpädagogik:

    Zitat

    der reformpädagogische Ansatz scheint sich auf die Unterrichtsgestaltung und Feedbackkultur zu beziehen. Auf die Einhaltung von Regeln wird dagegen sehr geachtet. Eine Besetzung mit 2 Lehrern ist aber erstaunlich- geht das ohne zusätzliche Mittel? Oder sind gibt es verdoppelte Klassenfrequenzen?

    Naja, Homepagepropaganda und die reale Situation für den einzelnen Lehrer in der Schulstube sind oft zwei Paar (verschiedene) Schuhe, geehrter Nettmensch !


    Fakt ist für mich nur, dass die Homepage ansprechend und selbstdarstellerisch gut gelungen und gestaltet ist. Umgekehrt gibt es auch real gut funktionierende und vorbildliche Schulen mit miserabler Homepage. Vielleicht, weil sie keine toll aufgemachte Homepage nötig haben ?


    Mag sein, dass es an der o.g. Schule nicht kuschelpädagogisch zu geht, geehrter Nettmensch ! Allein der aufgestellte Regelkanon für die Schüler, Regeln die für mich selbstverständlich sind und auch andere Schulen formulieren, ist für mich aber dafür noch kein Beweis. Und über welche Instrumente die Lehrer zur Durchsetzung der Regeln effektiv verfügen, erhalten wir keine Informationen und auch nicht inwieweit der Schulleiter den Kollegen den Rücken stärkt, wenn es mit der Disziplin mal nicht so klappt. Der o.g. Zeitungsartikel lässt diesbezüglich Raum für Spekulationen. Auch Raum für Spekulationen über das Betriebsklima im Kollegium, das sich letzendlich auf das Unterrichtsklima in der Schulstube auswirken wird.


    Bei der o.g. Besetzung mit 2 Lehrern ist es wahrscheinlich so gemeint, dass sich die Klassenleitungen jeweils 2 Lehrer teilen. Dass sich 2 Lehrer zeitgleich in der selben Klasse befinden, nehme ich eher nicht an. Die Klassenleitung mit 2 Lehrern haben wir auch bei einigen Klassen an unserer Realschule eingeführt. Ist also nichts besonderes.


    Kurzum : Die Entwicklung dieser Schule in den letzten Jahrzehnten kann ich nicht beurteilen. Ebensowenig die Arbeit des o.g. Schulleiters. Generell zurückhaltend wäre ich
    jedoch, von der Aufmachung der Homepage auf die reale Situation in einer Schule zu schließen. Im Kollegium und in der (realen) Schulstube sieht es oft anders aus. 8_o_)

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  • Das "provokant" im Titel war auf jeden Fall schon mal treffend. Fühlt ihr euch jetzt kollektiv angesprochen?


    Dass es einen erheblichen Prozentsatz von Lehrern gibt, die überfordert sein dürften, ist doch bekannt. Schon wenn ich an meine eigene Schulzeit zurückdenke, fallen mir fünf oder sechs Namen ein (Herr H., Frau F., Herr D., Herr St., Herr W.), von denen schulbekannt war, dass sie NICHT UNTERRICHTEN. Das dürfte damals etwa 10% des Kollegiums ausgemacht haben. Nicht mitgezählt sind hier alle Lehrer mit schlechtem Unterricht, ständigen wochenlangen Fehlzeiten oder Trunkenheit im Unterricht. Auch der Begriff "Wanderpokal" ist ja nichts Neues. Und wenn ich mich jetzt so umsehe, hat sich daran doch gar nicht so viel geändert. Was sich auch nicht geändert hat: Es herrscht eine große Bereitschaft, dafür zu sorgen, dass diese Leute über Jahre im Dienst bleiben.


    Wenn man dem Text glauben darf, muss die Schule ja irgendwas richtig machen. Vor allem, da die Anmeldezahlen (angeblich) so steigen, obwohl regelmäßig Lernstandskontrollen durchgeführt werden (was ganz offensichtlich gar nichts mit laissez faire oder Kuschelpädagogik zu tun hat...) Man kann das toll finden oder nicht. Ich glaube auch nicht, dass ich da unbedingt arbeiten wollte... Aber ich glaube nicht, dass die Lösung von Schulproblemen darin liegt, auf solche Interviews mit Dienstaufsichtsbeschwerden oder bösen Briefen zu reagieren.

  • Dass es einen erheblichen Prozentsatz von Lehrern gibt, die überfordert sein dürften, ist doch bekannt. Schon wenn ich an meine eigene Schulzeit zurückdenke, fallen mir fünf oder sechs Namen ein (Herr H., Frau F., Herr D., Herr St., Herr W.), von denen schulbekannt war, dass sie NICHT UNTERRICHTEN. Das dürfte damals etwa 10% des Kollegiums ausgemacht haben. Nicht mitgezählt sind hier alle Lehrer mit schlechtem Unterricht, ständigen wochenlangen Fehlzeiten oder Trunkenheit im Unterricht.

    Weder zu meiner eigenen Schulzeit noch an meiner jetzigen Schule gibt es Lehrer, die nicht unterrichten. Was meinst du denn damit?
    Ich fand grundsätzlich meine Mathelehrer doof und meine Deutschlehrer nett. Obs an derem Unterricht lag, oder an meiner (Anti-)Präferenz für die jeweiligen Fächer... hm. *Ironie an: Eines weiß ich sicher, dass ich Mathe nicht konnte, lag nur an den Lehrern. Ironie aus*
    Ich habe im Leben nicht erlebt, dass ein Lehrer im Unterricht betrunken war (klar, gemunkelt wurde viel, aber ich selbst habe es nie erlebt).

  • Zitat

    Weder zu meiner eigenen Schulzeit noch an meiner jetzigen Schule gibt es Lehrer, die nicht unterrichten. Was meinst du denn damit?


    Lehrer, die die Stunden damit füllen, von Privaterlebnissen zu erzählen; die wochenlang Filme zeige, die mehr oder weniger thematisch zusammenhängen; die den "König der Löwen" mit den Kindern gucken und dann ins Klassenbuch schreiben: "Thema der Stunde: Raubkatzen und ihre Lebensräume"; die auf einem Stuhl sitzen und mit Papierkugeln auf einen Mülleimer werfen, während die Kinder Hausaufgaben für andere Fächer machen; die im Sommer in jeder Stunde aus dem Supermarkt Eis holen lassen, mit den Schülern darauf warten und es dann essen; die ihre Sportstunden nach 10 Minuten Umkleidezeit beginnen und zehn Minuten später beenden.


    Das gibt es bei euch nicht? Dann hast Du Glück. Vielleicht.


    Zitat

    Eines weiß ich sicher, dass ich Mathe nicht konnte, lag nur an den Lehrern. Ironie aus*


    Dass ich Mathe nicht konnte, lag nicht nur, aber auch an den Lehrern (in der Mittel- und Unterstufe).


    In Klasse 5 und 6 war ich schlecht in Englisch und in 7 und 8 auch. Trotzdem war mir klar, dass in Klasse 5 und 6 eine gute Lehrerin unterrichtet hat (die auch sehr gut erklären konnte), in Klasse 7 und 8 ein weniger guter Kollege.


    In Klasse 10 hatte ich eine tolle Französischlehrerin, obwohl ich auf "3" stand. In der Sek II hatte ich einen schlechten Sozialwissenschaftslehrer, obwohl ich 14 Punkte hatte.


    Zitat

    Ich habe im Leben nicht erlebt, dass ein Lehrer im Unterricht betrunken war (klar, gemunkelt wurde viel, aber ich selbst habe es nie erlebt).


    Gemunkelt wird viel. Aber geredet wird nicht drüber. Wenn jemand auch nur anonym dieses Thema berührt, heißt es schließlich: Er schadet dem Ansehen des Berufsstandes, der Schule etc.

  • Zitat unter uns :

    Zitat

    Das "provokant" im Titel war auf jeden Fall schon mal treffend.

    Jaja, darin waren die 68er ja schon immer Meister !


    Aber dann möchte ich zum o.g. Zeitungsartikel eine paar provokante Gedanken in den Raum werfen, geehrter unter uns :


    Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass es innerhalb der Lehrerschaft auch einige Kollegen gibt, die schlecht aufgestellt sind, wie in jedem anderen Beruf. Bei mir schrillen allerdings die Alarmglocken wenn hier von ca. 50-70% Versager die Rede ist. Ich denke, dass das sonst für kein Kollegium der Welt zutreffend sein kann. Der o.g. Schulleiter ist mit dem Unterricht etlicher seiner Kollegen nicht zufrieden. Vielleicht haben einige Kollegen jetzt wirklich einen Durchhänger. Aber hat der Schulleiter wirklich die wahren Gründe dafür benannt ? Dass 50-70% seines Kollegiums sich schlichtweg in einem falschen Beruf befinden, ist mir als Begründung zu wenig.


    Was immer wieder im Zeitungsartikel und Selbstdarstellung der Schule erscheint, ist der Hinweis auf die enorme pädagogische Aufbauarbeit in den letzten Jahren.


    Dazu ein paar Fragen :


    Welchen Preis hatte diese Aufbauarbeit für das Kollegium ? Wieviel musste von den Kollegen an (wahrscheinlich unentgeltlicher) Mehrarbeit geleistet werden ? Wenn Mehrarbeit geleistet wurde, wie schwer war sie zu bewältigen ? Wie belastend empfand das Kollegium die gesamte Umstellung ? Inwieweit hatte man trotz der Aufbauarbeit die Lehrergesundheit im Focus ? War wirklich jeder Kollege in der Lage, die Belastung durch die Aufbauarbeit und Umstellungsprozess gesundheitlich durchzustehen ? War es am Ende kräftemäßig und gesundheitlich für alle, auch für die älteren und gesundheitlich etwas labileren Kollegen, wirklich möglich, den Alltagsbetrieb durchzuhalten und ihren Unterricht zur vollsten Zufriedenheit des Schulleiters auszuführen ? Und ist die Arbeit an dieser Schule überhaupt für einen normal ausgestatteten Durchschnittslehrer
    bis zur Pension durchhaltbar ?


    Ich frag ja nur deshalb so dumm (Ich weiß, dass ich dumm bin!), weil mir die 50-70% Im-Falschen-Beruf-Lehrer anteilsmäßig sehr alarmierend hoch erscheinen.Ich geh mal davon aus, dass es in der Zeitung kein Druckfehler war und in Wirklichkeit nicht 5-7% gemeint waren. 8_o_)

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  • Zitat unter uns :

    Zitat

    Dass ich Mathe nicht konnte, lag nicht nur, aber auch an den Lehrern (in der Mittel- und Unterstufe).


    Trotzdem war mir klar, dass in Klasse 5 und 6 eine gute Lehrerin unterrichtet hat (die auch sehr gut erklären konnte), in Klasse 7 und 8 ein weniger guter Kollege.


    In Klasse 10 hatte ich eine tolle Französischlehrerin, obwohl ich auf "3" stand. In der Sek II hatte ich einen schlechten Sozialwissenschaftslehrer, obwohl ich 14 Punkte hatte.

    Das klingt aber alles sehr objektiv, besonders die Wahrnehmung ab dem Backfischalter ! 8_o_)

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  • Gemunkelt wird viel. Aber geredet wird nicht drüber. Wenn jemand auch nur anonym dieses Thema berührt, heißt es schließlich: Er schadet dem Ansehen des Berufsstandes, der Schule etc.


    ... tja, und deshalb reagieren Lehrer wohl so betroffen, wenn mal jemand herumpoltert ... na und? Politiker müssen sich ständig vorwerfen lassen, dass sie nichts können, aber das gründlich. Die sind bei Weitem nicht so larmoryant wie die Lehrerschaft.


    Ehrlich gesagt verstehe ich das nicht wirklich. Fühlt ihr euch angegriffen? Geht es niemandem von euch so, dass er sich ärgert über eigene Kollegen, die respektlos mit Schülern umgehen, ihre Pflichten nicht erledigen, den Stoff nicht durcharbeiten (und stattdessen viel Privates erzählen, viel!)? Ist euch nicht unwohl dabei, wenn ihr den Verdacht habt, eure Kinder werden von jemand unterrichtet, der ein Alkoholproblem hat? Hat niemand von euch ein Trauma aus der eigenen Schulzeit mitgenommen? Ich schon!


    Und nein: Jemand, der über 60 ist und seit Jahrzehnten Schüler mehr quält als sie zu unterrichten, der wird sich nicht mehr "entwickeln". Und wieso ein Lehrer eher schlechte Arbeit machen kann als ein Pilot, weiß ich nicht.


    Gut, es sind vermutlich und zum Glück nicht 70 Prozent, aber als Schüler an ein einziges solches Exemplar zu geraten kann schon fatal sein. Und das Problem ist ja, dass man einen schlechten Lehrer nicht los wird. Und darunter leiden nicht nur Schüler, sondern eben auch die anderen Lehrer.

  • Ehrlich gesagt verstehe ich das nicht wirklich. Fühlt ihr euch angegriffen? Geht es niemandem von euch so, dass er sich ärgert über eigene Kollegen, die respektlos mit Schülern umgehen, ihre Pflichten nicht erledigen, den Stoff nicht durcharbeiten (und stattdessen viel Privates erzählen, viel!)? Ist euch nicht unwohl dabei, wenn ihr den Verdacht habt, eure Kinder werden von jemand unterrichtet, der ein Alkoholproblem hat? Hat niemand von euch ein Trauma aus der eigenen Schulzeit mitgenommen? Ich schon!

    Nein, mir geht es nicht so. Es gibt vereinzelt Lehrer aus meiner eigenen Schulzeit, Kollegen, aber ebenso Bekannte, Verwandte, Nachbarn und Vermieter, die könnte ich auf den Mondschießen. Aber deswegen behaupte ich nicht, dass 50-70 % aller Kollegen, Nachbarn und Verwandte Vollidioten sind.
    Gerade in Bezug auf meine eigene Schulzeit sehe ich vieles anders als damals.
    Übrigens habe ich kein Trauma aus meiner Schulzeit, und ich hoffe auch, dass ich keinem meiner Lehrer eins verschafft habe ;)

  • Zitat

    Das klingt aber alles sehr objektiv, besonders die Wahrnehmung ab dem Backfischalter ! 8_o_)


    Versteh ich nicht. Ich würde einfach mal im Zusammenhang lesen. Hier noch mal die Kurzform:


    - Eine Kollegin vertritt die These: Sie konnte als Schülerin die Qualität der Lehrer nicht einschätzen. Beleg dafür: Sie mochte die Lehrer in einem Fach, in dem sie gut war. Sie mochte die Lehrer in einem Fach, in dem sie weniger gut war, nicht.


    Wenn es Dir an Objektivität fehlt, frag also bei der Kollegin nach. (Dass Du das nicht tust, hat vermutlich nichts mit Objektivität zu tun, sondern damit, dass Dir die Ansichten der Kollegin sympathisch sind. Wie ja manches, was hier geschrieben wird, aus meiner Sicht eher vorgeschoben ist.)


    - Aber weiter im Kontext: Ich habe nun reaktiv darauf hingewiesen, dass es für mich den behaupteten Zusammenhang nicht gegeben hat, zumindest nicht in allen Fällen. Und ich glaube auch nicht, dass er generell vorhanden ist.


    - Damit aber scheint mir die Behauptung zweifelhaft: Schüler können Lehrerqualität nicht beurteilen, weil sie alle Lehrer gut finden, in deren Unterricht sie gute Noten hatten/deren Fach sie mochten.


    - Das Gerede vom Backfisch habe ich nicht verstanden, aber wenn Du auf das Geschlecht der Lehrer anspielst: Sorry, das habe ich mir nicht ausgesucht. Aber wenn es Dich beruhigt: Ich hatte auch ganz tolle Lehrer und ganz schreckliche Lehrerinnen...


    Zitat

    Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass es innerhalb der Lehrerschaft auch einige Kollegen gibt, die schlecht aufgestellt sind, wie in jedem anderen Beruf. Bei mir schrillen allerdings die Alarmglocken wenn hier von ca. 50-70% Versager die Rede ist.


    Ich halte das auch für sehr hoch. Allerdings reden wir hier über EINE Schule - je nachdem, wie dort manches (nicht) gehandhabt wurde, scheint mir viel möglich.


    Außerdem scheint mir in Berlin (Klischee, aber vielleicht nicht ganz unbegründet) ohnehin vieles möglich.


    Wie würdest Du Dich übrigens äußern, wenn der Schulleiter gesagt hätte: "Das Berliner Problem ist, dass 50 bis 70% unserer Lehrer Kuschelpädagogen sind und deshalb den Kindern nicht genug beibringen?" Ich will Dir, geehrter Elternschreck, ja nicht zu nahe treten, aber ich vermute, Deine Kommentare und Fragen würden anders klingen...


  • Gerade in Bezug auf meine eigene Schulzeit sehe ich vieles anders als damals.


    Ich auch. Aber das gilt durchaus in zwei Richtungen. Wenn ich mich als Grundschulkind in den ersten beiden Jahren sehe, dann tue ich mir jetzt noch leid - damals habe ich das Problem noch nicht so gesehen, da fühlte ich mich selbst schuld.


    Aber ich sehe auch vieles anders, seit ich eigene Kinder habe. Wenn ich die Klassenlehrer sehe, die sich mit den immergleichen Problemkollegen plagen und sie den Eltern und Schülern gegenüber irgendwie in Schutz nehmen müssen, dann tun die mir leid. Und ich bin sauer. Es geht dann nicht um ein paar schlechte Noten, es geht um richtig schlechten Unterricht.

  • Bei mir persönlich ist mein Unterricht stark von der Leitung abhängig. Unter guten Rektoren, die einem Flügel geben und grundsätzliches Vertrauen in das Kollegium setzen, erziele ich persönlich besseren Unterricht und kann diese Freude auch an die Schüler weitergeben, was sich dann wiederum deutlich im Schulklima zeigt. An solchen Schulen ist das Kollegium und die Schülerschaft einfacher.
    Bei verbissenen Schulleitungen oder den Erbsenzählern merkt man auch, dass das Kollegium und somit die Schülerschaft darauf reagiert. Da kann man als einzelner Lehrer etwas versuchen zu bewegen, aber der Lauf gegen die Windmühlen macht einen träge und auch tranig und dann fällt die Motivation.


    Meine These ist somit, dass so eine schlechte Lehrerschaft nur unter einem schlechten Rektor zustande kommen kann!

  • Zitat Friesin :

    Zitat

    also ich habe kein Trauma aus meiner Schulzeit mitgenommen. Wie kann man unter solchen Umständen selbst Lehrer werden?

    Das frage ich mich auch schon die ganze Zeit. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Weder zu meiner eigenen Schulzeit noch an meiner jetzigen Schule gibt es Lehrer, die nicht unterrichten. Was meinst du denn damit?
    Ich fand grundsätzlich meine Mathelehrer doof und meine Deutschlehrer nett. Obs an derem Unterricht lag, oder an meiner (Anti-)Präferenz für die jeweiligen Fächer... hm. *Ironie an: Eines weiß ich sicher, dass ich Mathe nicht konnte, lag nur an den Lehrern. Ironie aus*
    Ich habe im Leben nicht erlebt, dass ein Lehrer im Unterricht betrunken war (klar, gemunkelt wurde viel, aber ich selbst habe es nie erlebt).


    Zumal wir hier wohl von anderen Zeiten reden, oder? Ich erinnere mich an einen meiner Mathelehrer (wir hatten heuer 20-jähriges Abi-Jubiläum), Herrn S. - Stalingradveteran, Kettenraucher, Trinker mit ständig präsenter Bier- und Knoblauchfahne. Sein Unterricht fand stets im Physiksaal statt, dann konnte er nämlich zwischendurch immer mal wieder in die Sammlung verschwinden (Eingang war neben der Tafel), um eine zu quarzen. Klausurnachschriften fanden ebenfalls in jener Sammlung statt, unter passivem Konsum von etlichen Gauloises, und wer nicht rechnen konnte, wurde trotzdem an die Tafel gerufen, musste dort aber nicht rechnen, sondern nach Diktat Sinnsprüchlein anschreiben wie z.B. "Siehst Du dort im Waldesgrün / Feindliches Gewehrmaschin / Ja, was ist denn schon dabei / Ziel wie gestern, Feuer frei!"


    - Nein, das ist weder gelogen noch übertrieben. Das war so. Und das hat damals weder Eltern noch (offiziell) den Schulleiter sonderlich aufgeregt. Heute wäre der Mann nach spätestens einer Woche suspendiert und nach drei Wochen entlassen. Wer heute als unfähiger Lehrer unterrichten will, muss also etwas unauffälliger auftreten. Aber es geht immer noch, und es geht lange.



    Viele Grüße
    Fossi

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Es gibt Lehrer die nicht in ihren Job gehören - das trifft wie bereits von anderen angeführt auf Angehörige vieler Berufe zu. Das bezweifelt auch niemand. Sofern es nur einige wenige betrifft (1%-2% die soziale/fachliche Extremfälle darstellen), kann man überlegen wie man damit umgeht - an andere Stelle als Sachbearbeiter versetzen, frühpensionieren etc. - da könnte man auch gerne ein "Vorschlagsrecht" einführen. Bei höheren Prozentsätzen ist es dann eine Frage des Anspruches. Ist jemand ein ungeeigneter Lehrer, falls er keine AGs am Nachmittag betreut? Falls er die Hälfte seiner Stunden "aus-dem-Buch" gibt? Falls er nicht am neuen Schulkonzept und Kompetenzrastern mitbasteln möchte? Ab wann ist man ein geeigneter Lehrer?


    Ist jeder der nicht mit Herzblut Lehrer ist und gerne dauerhaft viel zusätzliche Zeit für die Schule aufbringt ein ungeeigneter Lehrer?


    Dieser Lehrer/Schulleiter vertritt offenbar diese Auffassung, ansonsten kann man nicht auf 50% und mehr ungeeignete Lehrer kommen. Psychologisch ist es denke ich auch nachvollziehbar. Der Mann hat über die Jahre mit viel Einsatz eine Problemschule auf Vordermann gebracht. Er sieht, dass man mit systematischer Evaluation und rationalem rangehen (angenommen die Selbstdarstellung trifft zu) viel erreichen kann. Dafür hat er selbst und viele seiner Kollegen viel Zeit investiert (Schule = Berufung/Lebensinhalt). Diese Ansprüche an sich selbst überträgt er nun auf andere. Das ist nicht zwangsläufig falsch! Im Idealfall wären sogar alle Lehrer so einsatzbereit, bereit zur Selbstverbesserung von sich und der Schule und durch die Zufriedenheit burnoutresistent (=> keine Gratifikationskrise).



    Nun zur Realität. Es gibt rund 800.000 Lehrer im Land (d.h. 1% der Gesamtbevölkerung sind berufstätige Lehrer *sic* !), die nach Bedarf eingestellt sind. Falls man nur die "idealen" Lehrer einstellen würde, wären entweder Klassenstärken jenseits der 60 normal, oder viele Kinder würde eine unzureichende/keine Schulbildung erhalten. So einfach. Kaum eine andere Berufsgruppe (keine?) ist so zahlreich wie die Lehrer, sie stellen daher fast schon zwangsläufig einen gewissen Schnitt der Bevölkerung in Sachen Charakter(-schwächen) dar. Auch bei Professoren gibt es verdammt schlechte, die nach ihrer Ernennung kaum publizieren und schlechte Lehre und Betreuung der Doktoranden/Studenten ist regelmäßig der Fall. Auch in der Wirtschaft gibt es viele "underperformer" und schlechte Manager, die man kaum los wird und zu Positionen befördert an denen sie wenig Schaden anrichten können (außer bei grober Pflichtverletzung ist man als fest angestellter kaum kündbar; da muss der Betrieb schon viel tricksen).


    Ganz realistisch-pragmatisch muss man die Lehrer also dort abholen wo sie stehen. Eine Kultur der Evaluation der Lehre ist prinzipiell gut (das es nicht um Noten sondern Lernfortschritte relativ zu einer vergleichbaren Gruppe geht ist selbstverständlich). Es muss akzeptiert werden, dass es keine Schande ist, Tipps zu bekommen und anzunehmen. Das ein Lehrer nicht mit dem 2. StEx ausgelernt hat. Das es bei einigermaßen objektivierbarem Verbesserungspotential (z.B. Regeln und deren geeignete Umsetzung statt kuscheln) verpflichtend auch ganz normale Trainings für bereits examinierte Lehrer gibt, die implementiert und evaluiert werden (ist ja z.T. bereits der Fall). Sofern Zeitarbeit für Lehrer (hypothetisch) nicht die Regel werden soll - MINT-Unterricht würde aus Mangel an Kandidaten dann oft wohl völlig flach fallen - kann man mit dem Problem mangelhafter Lehre nicht anders umgehen. Fantasien über ideale Lehrer und Entlassung signifikanter Prozentsätze des Lehrkörpers sind dabei absolut realitätsfern und fehl am Platz.



    hmm... ich z.B. sollte lernen mich kürzer zu fassen :whistling:

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