Wie würdet ihr folgendes Verhalten beurteilen?

  • Hallo,


    das Thema passt nicht ganz zum Themenbereich Schule, es ist eher privat. Aber die Meinung von pädagogisch geschulten Leuten würde mich sehr interessieren.


    Ich möchte gerne das Verhalten eines Kindes bzw. eine Situation
    beschreiben und hätte ganz gern eure spontanen Meinungen dazu.
    (Hintergrund möchte ich erstmal nicht nennen, damit ihr unvoreingenommen
    seid.)


    Es geht um einen 4,5jährigen Jungen, folgende Situation hat sich im KiGa zugetragen:
    Der
    Junge war mit einer Erzieherin A alleine beschäftigt. Da meinte A, dass
    sie B (eine andere Erzieherin) fragen muss, ob sie von ihr ein
    bestimmtes Gerät ausleihen kann. Sie (also A und das Kind) gingen
    zusammen zu B. A fragte B: "Kann ich von dir das Gerät ausleihen"? B
    antwortete (mit einem Grinsen): "Nein." Daraufhin nahm A das Gerät
    mit...


    Kind war sichtlich irritiert und hat sofort nachgefragt,
    warum A das Gerät genommen hat, obwohl B nein gesagt hat. Sie hat ihm
    dann erklärt, dass das ein Witz war und dass sie das nicht so gemeint
    hat.
    Daraufhin hat das Kind mehrmals nachgefragt, ob das so wirklich
    richtig ist, dass sie nein gesagt hat, aber dass das nur ein Witz war,
    dass sie also eigentlich ja gemeint hat...


    Wie findet ihr das Verhalten von diesem Kind?


    Ich hoffe auf möglichst viele Antworten!


    LG
    Ketfesem

  • Ist doch vollkommen i.O.
    da Kinder in diesem Alter Ironie noch nicht erfassen können.
    Ist das Kind erst seit kurzer Zeit im KiGa?
    Möglicherweise setzt es sich zur Zeit mit dem Thema Regeln auseinander:
    Welche Regeln gibt es? Für wen gelten welche Regeln?
    Darf man Regeln missachten? Usw.


    gruß simone

  • Ironiefähigkeit ist eine der komplexesten kognitiven Kompetenzen überhaupt - dass Kinder und Jugendliche bis in die Pubertät hinein nicht ironiefähig sind, ist doch eigentlich bekannt; sogar für viele Erwachsene ist Ironie noch verwirrend.


    Ich finde die Reaktion des Kindes nicht verwirrend - im Gegenteil, das Kind stellt einen Widerspruch zwischen Erwartung und Realität fest und beharrt auf einer Erklärung.


    Nele

  • Vielen Dank schon mal für eure Antworten. "Auflösen" bzw. meine Frage genauer erklären werde ich natürlich auch noch, aber ich hoffe erst noch auf mehr Antworten. Meine Erklärung würde eure Antworten vermutlich beeinflussen...

  • Also für mich erscheint die Reaktion des Kindes vollkommen normal und angebracht, würde sogar so weit gehen zu sagen, dass es schon kapiert hat, das Eigentum anderer zu achten.



    Jetzt habe ich natürlich ein paar Mutmaßungen, was es mit dem Kind auf sich haben könnte, aber da warte ich mal die Auflösung ab.

    Quiet brain, or I'll stab you with a Q-Tip!

  • Nur kurz zum Verhalten der Erzieherin: Sie hat das Kind vermutlich gar nicht gesehen, sondern dachte, dass sie "unter sich" sind... Also ihr würde ich jetzt nichts vorwerfen...

  • Wie ich das Verhalten des Kindes finde? Relativ normal. Da wird einem staendig gesagt, "nein" bedeutet "nein"...und dann bedeutet es das dann doch mal nicht,...und ueberhaupt..woher soll man das in dem Alter denn wissen? Da wird einem mit 4 schon mal etwas wuschig im Kopf und dann muss man eben nachfragen. Eigenartig finde ich das nun gar nicht.


    Das Verhalten der Erzieherin finde ich nun auch nicht unbedingt bemerkenswert. Kinder kommen staendig mit Erwachsenen in Kontakt, die nicht meinen, was sie sagen...oder nicht sagen, was sie meinen. Die meisten Leute gehen ja nicht durchs Leben und ihren Alltag und denken sich staendig: "Hab ich das jetzt kindgerecht ausgedrueckt? Wird das auch nicht verwirrend fuer irgendwelche Kinder in der naeheren Umgebung?" Es gehoert zum Aufwachsen dazu, langsam zu lernen, wie man Koepersprache und Gesichtsausdruecke deuten kann. Das damit auch Erwachsene nicht immer besonders zielsicher sind, heisst ja nicht, dass man nicht dennoch den Umgang damit lernen sollte.


    Wir haben einige Schueler, die Asperger haben...und mit Ironie oder dergleichen gar nichts anfangen koennen. Das weiss man dann aber... Ab ca. der 3. Klasse fangen wir bei unseren an Ironie zu benutzen (unserer KL in der 3. ist da schlimmer als ich). Manche peilen es, manche nicht. Normalerweise ist es aber auch nur Erfahrung. Wenn ich Aufsicht hab, kommen die "Kleinen" (3. Klasse) auch immer und fragen, ob sie auf die Toilette gehen duerfen. Meine gelegentlich entsetze Antwort: "WAS? HIER?? Aber nicht doch! Also sowas,..die Kinder heutzutage..." verstehen die meisten inzwischen schon als Spass und einige fragen jetzt schon gleich grinsend: "Miss,...darf ich auf die Toilette gehen?...Aber nicht hier...in der Toilette!"

  • Also ich habe schon öfter mal ironische Witze dieser Art gerissen - auch vor Kindern. ICH finde da nichts dabei. Und das Kind hat doch völlig normal reagiert. Kinder verstehen oft Ironie nicht. Dann muss man es ihnen eben erklären.

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Hallo nochmal,


    also das richtige Stichwort wurde hier sogar schon mal gennant... ;)


    Es geht im zitierten Fall um meinen kleinen Sohn, der Asperger Autist ist. Die Diagnose an sich bezweifle ich auch nicht...


    Die Situation hat sich wie beschrieben zugetragen und das wurde uns als Beispiel genannt, dass er "auffällig" ist, also dass er alles wortwörtlich versteht, also Ironie eben nicht versteht. Das ist ja alles typisch für Asperger. Aber ich persönlich bin erstens der Meinung, dass diese Situation überhaupt nicht unnormal für ein 4,5jähriges Kind ist - ich sehe es sogar eher so, dass der Kleine deswegen etwas gesagt hat, weil es ihm sehr wichtig ist, dass Regeln eingehalten werden. Das würde ich eher als sehr gutes Sozialverhalten werten und nicht als Defizit...


    Mir (und meinem Mann) kommt es halt teilweise so vor, dass sie im Kindergarten unseren Kleinen nur noch durch eine "Autismus-Brille" sehen und jedes Verhalten von ihm entsprechend eingeordnet wird... Und das gefällt uns nicht wirklich. Er hat das Asperger Syndrom eigentlich recht schwach ausgeprägt und wir befürchten, dass sie ihn dadurch immer mehr in diese "Sonderrolle" drängen...


    Übrigens finde ich jetzt das Verhalten der Damen ansonsten auch nicht besorgniserregend, keiner überlegt jedes Wort vorher fünfmal, bevor man mit Kollegen in Gegenwart von Kindern redet... DARUM gings mir nicht, sondern darum, dass dieses Verhalten bei meinem Sohn als "unnormal" eingeordnet wurde...


    LG
    Ketfesem

  • Zitat Ketfesem :

    Zitat

    Das würde ich eher als sehr gutes Sozialverhalten werten und nicht als Defizit...

    Selbst auf die Gefahr hin, dass ich hier mal wieder tüchtig abgewatscht werde, sehe ich das Verhalten des o.g. Kindes in diesem o.g. Moment nicht so ganz unkritisch und hochjubelnd, weil es sich in dieser Situation in die Belange der Erwachsenen eingemischt und sich auf ihre Augenhöhe begeben hat, das wiederum von der o.g. Erzieherin geduldet wurde. Hat natürlich nichts mit Asperger zu tun. Die meisten Kinder werden heutzutage auf Augenhöhe mit den Erwachsenen erzogen. Deswegen sind ja die meisten Kinder im Kindergarten und in der Schule innerlich und äußerlich unruhig. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • sehe ich das Verhalten des o.g. Kindes in diesem o.g. Moment nicht so ganz unkritisch, weil es sich in dieser Situation in die Belange der Erwachsenen eingemischt und sich auf ihre Augenhöhe begeben hat, das wiederum von der o.g. Erzieherin geduldet wurde.


    Ist ja auch ungeheuerlich - das Kind löckt wider den Stachel und wagt es, Fragen zu stellen! :D Unerhört, hätten wir uns damals nie getraut...


    Nele

  • Eine Asperger-Diagnose mit 4,5 Jahren? Da muss ich mich aber wundern über den sensationell kompetenten Arzt, der das in dem Alter schon so differenziert diagnostizieren kann. (Zumal wenn das Syndrom nur "schwach ausgeprägt" ist.) Das ausschlaggebende Kriterium für Asperger-Autismus ist doch der Beginn der Auffälligkeiten erst jenseits des 3. Lebensjahres.


    Das Alter, in dem Kinder ein Ironieverständnis entwickeln, ist tatsächlich sehr unterschiedlich. Mit 4,5 Jahren kann man es nicht voraussetzen.
    Verstehen kann ich aber die Erzieherinnen, die nun einen Symptom-Katalog vor sich haben und versuchen, Dein Kind darin wiederzufinden.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Also Asperger wird ab drei Jahren diagnostiziert, das war kein einfacher Kinderarzt, der das "festgestellt" hat, das hat schon Hand und Fuß...

  • Die Situation hat sich wie beschrieben zugetragen und das wurde uns als Beispiel genannt, dass er "auffällig" ist, also dass er alles wortwörtlich versteht, also Ironie eben nicht versteht. Das ist ja alles typisch für Asperger. Aber ich persönlich bin erstens der Meinung, dass diese Situation überhaupt nicht unnormal für ein 4,5jähriges Kind ist - ich sehe es sogar eher so, dass der Kleine deswegen etwas gesagt hat, weil es ihm sehr wichtig ist, dass Regeln eingehalten werden. Das würde ich eher als sehr gutes Sozialverhalten werten und nicht als Defizit...


    Welcher Hobbypsychologe ist denn da am Werk?
    Erst ein Verhalten provozieren und sich dann darüber beschweren...

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Zitat

    Die Situation hat sich wie beschrieben zugetragen und das wurde uns als Beispiel genannt, dass er "auffällig" ist,


    Unsinn. Das ist kein Beispiel für irgendeine "Auffälligkeit".

  • Irgendwo habe ich mal gelesen, dass Entwicklungspsychologen schätzen, dass Kinder erst ab ca. 10 Jahren Ironie erkennen. (weiß aber nicht, wie aktuell das nun ist).
    Für mich ist das ein vollkommen normales Verhalten für ein Kindergartenkind. Man bedenke nur was los wäre, wenn das Kind jemanden gefragt hätte, und es trotz eines "Neins" sich den Gegenstand dann einfach genommen hätte...

  • Danke, ihr habt mich beruhigt... Eigentlich war ich mir selber auch sicher, dass DIESES Verhalten vom Kleinen nicht ungewöhnlich oder bedenklich war - aber man ist beim eigenen Kind manchmal doch unsicher, ob man nicht "blind" ist...

  • Mein erster Gedanke war zunächst Asperger Autismus. Der zweite sofortige Gedanke war der, dass es sich hier nicht um einen meiner Schüler handelt, sondern um ein kleines Kind von noch nicht mal 5 Jahren. Da sich das Ironieverständnis erst viel später ausbildet, war es logisch, dass dein Sohn die Ironie nicht verstanden hat. Folglich und folgerichtig fragt er nach, da er diesen Vorfall richtig in sein Weltbild verankern möchte. Allerdings ist mir auch aufgefallen, dass er nicht über die Mimik und das Verhalten der Erzieher schlussfolgern und anerkennen konnte, dass die Wegnahme des Gerätes ok war.
    Deshalb kam ich wieder kurz auf den Gedanken Asperger, dann gleich danach die Vermutung, dass das Kind wohl sehr regelbewusst handelt und hier eine neuerlernte Regel hinterfragt und gründlich verstehen will. Auch hier hatte ich wieder den aufkeimenden Gedanken Asperger.
    Dann habe ich mich an meinen Sohn erinnert, der da ähnlich war und bei dem ich auch die Aspberger Vermutung lange Zeit hatte, der sich aber dann aber, gerade nach Schulbeginn, deutlich "normaler" verhielt, so dass ich heute diesen Gedanken nicht mehr hege oder gar verfolge.
    Dann kam ich zu meinem dritten Gedanken. Es handelt sich um ein sicher gebundenes Kind, dass zu Hause klare Antworten erhält und einfach verstört aus dieser Situation herausging und deshalb so häufig und ausdrücklich hinterfragte.


    Fazit: Wenn man auf alles achtet, kann dies ein Beispiel für Asperger Autismus sein. Weniger wegen des Missverständnisses der Ironie (das können die Kinder in dem Alter eigentlich gar nicht), sondern eher wegen der Suche nach einer Schublade, in die das Verhalten der Erzieherinnen einordnen kann und dem häufigen Verifizieren seiner Theorie.
    Wenn man das Beispiel der Erzieherinnen nicht gelten lassen möchte, dann kann man deutlich argumentieren, dass das Verständnis der Ironie nicht von Kindergartenkindern geleistet werden kann.
    Ein "Lehrbuchbeispiel" haben sie mit diesem Vorfall jedenfalls nicht gewählt.


    Was wollen sie eigentlich mit dem Beweis der Auffälligkeit bewirken?? Eine Diagnose ist da. Sicherlich ist dein Sohn mit Asperger manchmal anders als andere Kinder. Aber das macht ihn doch nicht zu einer Belastung. Wollen sie einen Integrationshelfer? Oder worum geht es????

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