Muslimischer Schüler isst beim gemeinsamen Essen Schweinefleisch

  • Erst mal vielen Dank an die, die sich wirklich mit meinem Problem auseinandergesetzt haben. Ich weiß nicht, woraus manche ableiten, dass ich panikartig das Kind zum Mülleimer geschleift hätte und es dort "gezwungen" hätte, das Brot auszuspucken? Nachdem seine Mitschülerin ihn sehr aufgeregt darauf hingewiesen hatte, dass er gerade Schweinefleisch isst, sah er mich entsetzt an. Ich sagte ihm daraufhin in einem ganz normalen Ton, dass, wenn er es nicht essen wolle, es über dem Mülleimer ausspucken solle. Die Alternative wäre gewesen, ihm zu sagen, er solle es runterschlucken. Oder komme ich grade nicht auf das, was ich ihm noch hätte unterbreiten können?
    Mir gefällt es selber nicht, wenn Schüler essen wegwerfen und ich bin die Erste, die sie tadelt, wenn sie sagen, etwas schmecke ihnen nicht und es dann in die Tonne wandert. Wie dem auch sei, ich habe meiner Sl heute Bescheid gegeben. Sie meinte, dem Vater solle ich nicht Bescheid geben, wahrscheinlich käme das Ganze gar nicht zu Hause an. Ich kann manche Reaktionen hier verstehen, von wegen "Wie kann man sich nur darüber SOLCHE Gedanken machen..." Leider ist es aber zumindest hier im Stadtgebiet sowie, wie ich beobachte, im Primarbereich ganz allgemein eher so, dass die Eltern denken, sie können sich uns Grundschullehrern gegenüber so einiges rausnehmen (egal welcher Religion sie nun angehören, das hat damit nichts zu tun). Da kommen Beschwerden, an die ich vorher im Traum nicht gedacht hätte. Ich habe eine zeitlang an einer Gesamtschule gearbeitet. Dort fiel mir auf, dass sich die Eltern einfach "nicht soviel trauen" in Bezug auf Kritik an den Lehrern im Vergleich zur Grundschule. Daher meine -teilweise sicher unbegründete - Sorge.


    Ein schönes Wochenende!


    mrsy

  • Hm, ok, dein Post hatte halt einen merkwürdigen "Ton", da schrillen bei mir zumindest einige Alarmglocken. Zum grundsätzlichen Problem, dass sich die Grundschuleltern zuviel erlauben, würde ich mich - am besten mit - oder, falls es nicht passt, ohne SL,
    mit allen Kollegen zusammensetzen und eine gemeinsame Linie besprechen. Bei den Eltern spricht sich schnell herum, wie die Kollegen im Allgemeinen auf "Beschwerden" reagieren. Und aufgrund deines Ausgangsposts habe ich das Gefühl, dass da dringend was
    geschehen müsste.

  • Schön, dass dein Problem quasi behoben wurde.


    Ich kann übrigens völlig bestätigen, dass sich die Eltern gegenüber Grundschullehrern anders verhalten. Ich habe 4 Jahre in der GS gearbeitet hatte häufig das Gefühl, dass die Eltern etwas bevormundend waren, sehr kritikfreudig. Inzwischen arbeite ich in der Sek 1 und erlebe (teilweise die gleichen Eltern,weil gleiche Stadt) einen völlig anderen Umgang.


  • Die Schulleitung würde ich immer informieren, wenn ich die Vermutung hätte, es könnte eine Beschwerde ins Haus flattern.


    Das wiederum finde ich ausgesprochen putzig. Die Schulleitung hatte eine Menge zu tun, wenn sie alle *eventuell drohenden* Beschwerden verwalten wollte ...


    Hinzu kommen ja außerdem die Beschwerden, die dann tatsächlich vorgetragen werden und die niemand voraussehen konnte ...


    Da bräuchte man dann wohl eine Stelle für das Beschwerdenmanagement für befürchtete, herbeiphantasierte und tatsächliche Beschwerden.

  • Du arbeitest in einem Berufskolleg. In einer Grundschule läuft es nun mal anders. Und es geht nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen Satz, den man rein informell weitergibt.

  • Hallo,
    rund ein Drittel der türkischstämmigen Einwanderer sind Aleviten, und die dürfen durchaus Schweinefleisch essen.
    Ciao

  • es ist nicht dein job, die einhaltung aller glaubensvorschriften der jeweiligen religion deiner schüler sicherzustellen. weder musst du mädchen anhalten, ihre kopftücher aufzusetzen, noch die zeugen jehovas dran erinnern, dass sie kein geburtstagslied mitsingen dürfen, noch die christlichen kinder dazu anhalten, doch bitte freitags kein fleisch zu essen oder nicht zu fluchen. du hast deine pflicht mit der info an alle was mit schweinefleisch und was ohne mehr als erfüllt. keiner ist gestorben, und auf die religiösen empfindungen aller wurde ausreichend rücksicht genommen.

    Dem würde ich mich anschließen. M. E. hast du alles richtig gemacht, moralisch als auch rechtlich. Du respektierst die religiösen Empfindungen deiner Schüler und achtest sogar auf die Einhaltung. Mehr kann man doch nicht verlangen.
    Ist es schon mal vorgekommen, dass sich Eltern wegen sowas beschwert haben? Bist du diesbzgl. ein "gebranntes Kind"? Ansonsten finde ich deine Sorge ehrlich gesagt auch etwas übertrieben...

  • Das wiederum finde ich ausgesprochen putzig. Die Schulleitung hatte eine Menge zu tun, wenn sie alle *eventuell drohenden* Beschwerden verwalten wollte ...


    Das ist nicht putzig, sondern ermöglicht ein schnelles und professionelles Reagieren, wenn z.B. ein Elternteil anruft und die SL direkt schon die Lehrerversion der Geschichte kennt. Es geht ja nicht darum, jede 3-, die Schüler gerne in eine 3 umgewandelt sehen würden, direkt zu melden, sondern um Informationsfluss.

    • Offizieller Beitrag

    Ein Gedanke noch am Rande.


    Es wäre vielleicht auch noch ein Tipp, mal jemanden einzuladen, der ein wenig Klarheit in diese Dinge bringt, am besten aus der regionalen muslimischen Gemeinde. Ich glaube und habe erlebt, dass man sich da, viele seltsame Vorstellungen macht.


    Ein Freund von mir, gläubiger Muslim, der als Islamlehrer unterrichtet und mit dem ich mich seit Jahren über Themen rund um Koran, Islam, muslimische Schüler austausche, würde das hier wahrscheinlich entspannt sehen. Das jedenfalls, was ich bisher über Lehren des Koran inklusive Auslegungen des Propheten gehört habe, wird die Tatsache, dass der Schüler aus Versehen Schweinefleisch gegessen hat oder auch nur darauf gekaut hat, nicht als Sünde oder sonstwas bewerten. Und dir würde sicher kein Vorwurf daraus gemacht werden.


    Natürlich gibt es weniger liberale Auslegungen der Vorschriften, aber aus deiner Beschreibung höre ich heraus, dass der Junge dann entsetzt schaute, als die Kinder neben ihm etwas panisch reagierten. Also scheint ja so in den nicht-muslimischen Kinderköpfen übertriebene Ängste bezüglich der Essensvorschriften vorhanden zu sein.


    Gibt es in NRW eigentlich schulischen Islamunterricht? Oder nur hier im (Ironieon)rückständigen(/ironieoff) Bayern?

  • Bei den Muslimen, die ich kennengelernt habe und kenne, gibt es eine ganze Bandbreite - von einem allgemeinen, antrainierten Ekelgefühl gegenüber Schweinefleisch (so ähnlich, wie sich manche Leute vor Meeresfrüchten oder Harzer Rollern ekeln) bis hin zu einem entsetzten "mein Gott, das ist haram, jetzt brauche ich Reinigungsrituale." Kann so oder so ausfallen - wie bei allen Lebensvorschriften, religiös oder säkular (z.B. Veganer)


    Als Dortmunder Nordstadtbewohner und Lehrer im 2. Bildungsweg sind einem solche Dinge einfach bewusst und man kann ganz undramatisch darauf reagieren. Bei Schulfeiern weiß ich schlicht und einfach, welche Wurst die Geflügelwurst ist, und auf welchem Grill keine Schweinekotletts waren. Ich würde auch einen Moslem ganz neutral darauf hinweisen, wenn er sich Schwein nimmt - nicht anders als ich es bei einem Vegetarier tun würde, der sich Kartoffelsalat mit Rinderansatz auf den Teller schaufelt.


    Ja, Gott, dem Kind ist es passiert, dass es Schweinefleisch im Mund hatte. Ja, es hat das wieder ausgespuckt und zwar, wie es sich gehört, in den Mülleimer. Würde ich mir jetzt keine Sorgen drum machen. Wenn die Eltern einen Bohei anfangen wollen, werden sie es sowieso tun - andererseits, das Kind wächst nuneinmal in einer Gesellschaft auf, in der Schweinefleisch nicht "unrein" ist und muss lernen, damit klarzukommen.


    Würde ich den Schulleiter verständigen? Wahrscheinlich nicht, sowas könnte ich selber mit den Eltern austragen.


    Nele

  • Dein Ausgangspost klingt irgendwie merkwürdig, deshalb sicher die verwunderten Reaktionen. Hattet ihr keine Servietten oder Taschentücher? Ich finde es irgendwie eklig: Die Kinder frühstücken gerade, und eines spuckt Lebensmittel in den Mülleimer. Entschuldige bitte, aber BÄH! Schon sehr gewöhnungsbedürftig und ja -es klingt panisch!
    Du solltest dir keine Gedanken ob der Verantwortung machen. Das ist nicht dein Problem! Das Kind ist alt genug, sich diesbezüglich selbst zurechtzufinden. Meiner Meinung nach hättest du auch vor dem Frühstück gar nichs erklären brauchen, sehr nett von dir das du das getan hast! Warum zur Schulleitung? Das ist übertrieben.
    Das Leben als Grundschllehrerin scheint sehr stressig diesbezüglich zu sein. Das meine ich ernst! Sind es die Eltern, die Lehrer dahin bringen, dass man knapp 9jährigen so rein gar nichts mehr zutraut?
    Zu erkennen, was ich (aus religiösen oder gesundheitlichen Gründen) nicht essen darf, traue ich in gewissem Rahmen schon 5jährigen zu. Na, ja, auf jeden Fall solltest du dich nicht weiter damit belasten. Es besteht wirklich kein Anlass dazu!

    • Offizieller Beitrag

    Ist "Islamkunde" in Bayern ordentliches Lehrfach? In NRW seit 2011 (zumindest in der Theorie): http://www.rp-online.de/nrw/la…stundenplan-aid-1.2990398


    Bei uns gibt es ihn, aber regional begrenzt und im Aufbau. Dies liegt zum einen daran, dass die Ausbildung der entsprechenden Lehrer noch dauert, zum anderen daran, dass nicht an allen Schulen gleichermaßen Bedarf besteht - ich gehe mal davon aus, hier in Bayern, vor allem in den Gegenden um Nürnberg, Würzburg, Regensburg, Augsburg, München herum.
    Es ist an diesen Schulen dem Religionsunterricht gleichgestellt/angegliedert. D.h. es gibt Lehrpläne, Schulbücher, Noten, Prüfungen...


    http://www.izir.de/index.php?o…iew=article&id=2&Itemid=7


    Was meinst du mit sonst mit "ordentlich"?


    Mein Freund unterrichtet Islam ganz ordentlich ;).

  • Was meinst du mit sonst mit "ordentlich"?
    Mein Freund unterrichtet Islam ganz ordentlich ;).

    In Brandenburg ist LER (Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde) ordentliches Unterrichtsfach, d.h. mit Noten, die in die Versetzung einfließen; es hat den gleichen Rang wie jedes andere Fach. Religionsunterricht ist dagegen kein ordentliches Unterrichtsfach, d.h. selbst die Note 6 (wenn überhaupt Noten erteilt werden; dies kann die Lehrkraft bestimmen) zählt nicht zur Versetzung.

  • Ja, mit "ordentlich" meinte ich: Lehrplan, staatliche [!] Lehrerausbildung, Standards der Notenvergabe etc. Daneben gibt es ja die Möglichkeit, an einer Schule begrenzt weitere Fächerangebote zu machen (z. B. "Glück" oder "Lebensgestaltung"), diese Angebote sind aber eher informell.

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